Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

25.2.13

Bundestag will Leistungsschutzrecht schon am 01.03.2013 beschließen

Nachdem heute noch eine kurfristig anberaumte zweite Ausschussanhörung zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse abgehalten wurde, ist die 2. und 3. Lesung des Leistungsschutzrechts nun doch auf der Tagesordnung der Sitzung des Bundestages für den 01.03.2013.

Nachdem die Bundesregierung das Leistungsschutzrecht beschlossen hat, ist unter normalen Umständen auch davon auszugehen, dass die Koalition das Gesetzesvorhaben mit ihrer Mehrheit auch im Bundestag beschließen wird.

Sollte es so kommen, wird es für die Bundesregierung und die Abgeordneten vermutlich lehrreich sein, anschließend die praktischen Folgen beobachten zu können. Und vielleicht ist gerade ein solcher Lerneffekt notwendig. Möglicherweise ergibt sich so ja auch noch ein Wahlkampfthema, das bisher noch niemand auf der Rechnung hatte.

Das Gesetz wird allerdings erst drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten, um – wie es in der Gesetzesbegründung heißt – es der urheberrechtlichen Praxis zu ermöglichen, sich auf die neue Gesetzeslage einzustellen.

posted by Stadler at 18:25  

22.2.13

Kauder kritisiert die Auswahl der Sachverständigen für die Anhörung zum Leistungsschutzrecht

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages Siegfried Kauder – der dem nächsten Bundestag übrigens nicht mehr angehören wird – hat heute eine eigene Pressekonferenz zum Thema Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse abgehalten, über die u.a. netzpolitik.org berichtet.

Kauder wird dort folgendermaßen wiedergegeben:

Die Auswahl der Sachverständigen sei einzig nach ihrer Haltung zum LSR erfolgt, es habe sich um Parteivorträge gehalten, unabhängige Sachverständige seien nicht zum Zug gekommen.

Als einer der zu dieser Anhörung geladenen Sachverständigen fühle ich mich jetzt doch bemüßigt, dazu etwas zu sagen.

Es erscheint mir etwas merkwürdig, dass Kauder das Fehlen unabhängiger Sachverständiger beklagt, dann aber zu seiner Pressekonferenz mit Till Kreutzer ebenfalls einen Sachverständigen beizieht, der auch bei der Anhörung war. Warum hat er sich keinen unabhängigen Verfassungsrechtler dazu geholt?

Ich bin sicherlich von den Grünen auch deshalb benannt worden, weil ich ein erklärter Gegner des Leistungsschutzrechts bin. Aber haben nicht die Ausschussanhörungen im Bundestag seit jeher so funktioniert und weiß Siegfried Kauder als erfahrener Parlamentarier und Ausschussvorsitzender das nicht zu gut? Es war schließlich seine Fraktion, die Verlagsvertreter und Lobbyisten als Sachverständige benannt hatte.

Experten werden von Fraktionen natürlich auch deshalb benannt, weil man von ihnen weiß, welche Meinung sie vertreten. Der Vorwurf der fehlenden Unabhängigkeit stört mich persönlich dennoch, denn ich vertrete, wenn ich gefragt werde, immer meine eigene Meinung und die wird nicht von einem Auftraggeber oder einer Partei bestimmt.

Dass verfassungsrechtliche Fragen in der Anhörung nicht erörtert wurden, lag auch daran, dass man als Sachverständiger nur auf Fragen antworten kann und dazu kaum Fragen gestellt wurden. Von den Sachverständigen hat Spindler sich in seiner schriftlichen Stellungnahme ausführlich mit verfassungsrechtlichen Fragen beschäftigt und auch meine Stellungnahme enthält dazu Ausführungen.

Das von eco und Google in Auftrag gegebene Gutachten ist natürlich auch nicht neutral, zeigt aber die verfassungsrechtlichen Probleme zutreffend auf.

Vielleicht sollte der Rechtsausschuss einfach eine weitere Anhörung mit urheberrechts- und netzaffinen Verfassungsrechtlern machen.

posted by Stadler at 19:13  

19.2.13

Das Leistungsschutzrecht und der Taxifahrer namens Google

Google hat gestern bekannt gegeben, dass es eine Taxikampagne gegen das geplante Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse gestartet hat. Auf den Kopfstützen von 600 Berliner Taxis kritisiert Google das Leistungsschutzrecht mit einem  Zitat von Mario Sixtus „Mit der gleichen Logik könnte ein Restaurantbesitzer von Taxifahrern Geld verlangen, die ihm Gäste bringen„, das einem Kommentar für den Tagesspiegel entstammt.

Dieser Taxivergleich wird andernorts natürlich sofort kritisiert, u.a. mit dem Argument, Google sei gar kein neutraler Transporteur und würde die Leute, anders als ein Taxi, nicht unbedingt dort abliefern wo sie hinwollten. Dieser Einwand ist sicherlich berechtigt, allerdings nicht in der hiesigen Diskussion. Mit ihm wird vielmehr die Frage nach der Notwendigkeit einer Suchmaschinenneutralität gestellt. Das wird künftig möglicherweise noch ein zentrales Diskussionsthema sein, hat aber nichts mit dem geplanten Leistungsschutzrecht zu tun.

Der Taxivergleich stammt übrigens nicht originär von Mario Sixtus. Ich habe diesen Vergleich – der natürlich auch nicht von mir stammt – im Rahmen eines Beitrags für die Zeitschrift Always On bereits im Jahre 2009 (Ausgabe 11/2009, S. 13) gezogen und zwar folgendermaßen:

In einem Blog wurde das Verhalten der Verlage mit dem eines Zoodirektors verglichen, der keinen Eintritt mehr für den Zoo verlangt, aber anschließend von Verkehrbetrieben und Taxifahrern fordert, sie sollten ihre Einnahmen mit dem Zoo teilen, denn ohne den Zoo hätten die Verkehrsbetriebe schließlich auch keine Fahrgäste die zum Zoo gefahren werden wollen. Der anschauliche Vergleich macht deutlich, dass die Verlage kein neues Leistungsschutzrecht fordern, sondern eine staatliche Umverteilung der Gewinne von Google zu ihren Gunsten.

Der Taxivergleich ist aus meiner Sicht durchaus stimmig und veranschaulicht die Herangehensweise der Verlage sehr gut. Weil sie im Netz kein Geld mehr für ihre Verlagserzeugnisse verlangen, sondern diese vielmehr kostenlos und natürlich suchmaschinenoptimiert einstellen, verdienen sie weniger als früher. Und weil der Transporteur Google gut verdient, soll er eben etwas von seinen Gewinnen an die Verlage abgeben. Oder wie es der Vorsitzende des Rechtsausschusses Siegfried Kauder in der Anhörung zum Leistungsschutzrecht so treffend formuliert hat: „Die einen wollen Geld und die anderen wollen nicht zahlen„. Ob Google jetzt ein guter oder ein schlechter Taxifahrer ist, ist jedenfalls in diesem Kontext unerheblich.

posted by Stadler at 10:19  

2.2.13

Meine Nachbetrachtung der Anhörung zum Leistungsschutzrecht im Rechtsausschuss

Vergangenen Mittwoch war ich als Sachverständiger zu einer Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestage geladen. Das Thema: Die Einführung eines sog. Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse.

An dieser Stelle möchte ich nochmals die vier Kernaussagen meines Eingangsstatements wiedergeben und im Anschluss meine Eindrücke der sich anschließenden Sachverständigenbefragung schildern. Meine ausführliche schriftliche Stellungnahme kann man hier nachlesen.

1. Das Leistungsschutzrecht verstößt gegen europäisches Recht

Nach der Rechtsprechung des EuGH und auch des BGH müssen Suchmaschinen als sog. Dienste der Informationsgesellschaft betrachtet werden, die sich auf die Haftungsprivilegierungen der E-Commerce-Richtlinie berufen können.

In Widerspruch dazu würde die geplante Regelung eine (unbeschränkte) Haftung von Suchmaschinen für den Fall der Aufnahme von Presserzeugnissen in den Suchindex bewirken und damit unmittelbar die Vorgaben der Richtlinie unterlaufen.

2. Das Leistungsschutzrecht beeinträchtigt die Möglichkeit Hyperlinks zu setzen

Auch wenn der Hyperlink als solcher von der Regelung nicht unmittelbar betroffen sein mag, muss bedacht werden, dass Links nicht isoliert stehen, sondern regelmäßig einen Linktext unterlegen. Sobald dieser Verweistext aber auch nur aus einem kleinen Schnippsel eines journalistischen Textes besteht, greift das Leistungsschutzrecht ein.

Dieser Effekt wirft zudem die Frage eines Konflikts mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit auf.

3. Das Leistungsschutzrecht betrifft nicht nur Suchmaschinen und News-Aggregatoren, sondern voraussichtlich auch zahlreiche andere Dienste

Betroffen sind in jedem Fall alle Dienste, die in irgendeiner Form eine Suchfunktionalität vorhalten, sowie voraussichtlich auch soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Xing.

4. Das geplante Leistungsschutzrecht schützt keine verlegerische Leistung

Es ist nicht ersichtlich, weshalb sich die verlegerische Leistung deren Schutz begehrt wird, bereits in sog. Snippets widerspiegeln sollte. Was der Gesetzesentwurf  letztlich beanstandet, ist das bloße Sichtbarmachen von kleinen Textteilen durch Suchmaschinen und News-Aggregatoren.

Wenn man aber bereits die Darstellung von Überschriften und kurzen Textauszügen in den Suchergebnissen einer Suchmaschine als rechtswidrig ansieht, stellt man damit die Arbeitsweise und Funktionalität von Suchmaschinen generell in Frage.

 

Mein Eindruck war insgesamt der, dass die Gegner eines Leistungsschutzrechts auch in dieser Anhörung die deutlich besseren Sachargumente vorbringen konnten, was nicht zuletzt an Gerald Spindler und Till Kreutzer gelegen hat.

Es scheint darüber hinaus aber tatsächlich so zu sein, dass ein Teil der Befürworter des Leistungsschutzrechts weiterhin die Auffassung vertritt, Snippets würden für einen Verstoß nicht ausreichen und normale Suchmaschinentreffer, wie sie heute bei Google üblich sind, wären gar nicht betroffen. Diese Auslegung erscheint mir angesichts des Gesetzeswortlauts und der Gesetzesbegründung allerdings eher fernliegend und dürfte auch kaum der Intention der Verlage entsprechen. Die Argumentation von Verlagsvertretern wie Christoph Keese ist speziell an dieser Stelle immer nebulös geblieben, was Till Kreutzer zu der Bemerkung veranlasst hat, er müsse sich jetzt erst einmal von dem ganzen Nebel befreien.

Auch die ebenfalls gestellte Frage, wie ein Suchmaschinenbetreiber die gesetzlichen Anforderungen eigentlich umsetzen soll, wie also die Maschine erkennen soll, dass ein bestimmter Text einem Leistungsschutzrecht unterfällt, erscheint mir wichtig. An dieser Stelle war es sicherlich ein Manko, dass die Fraktionen zwar Verlagslobbyisten wie Keese zur Anhörung geladen hatten, aber keinen Vertreter von Google. Arnd Haller, der Justitiar von Google Deutschland, musste unter den Zuhörern Platz nehmen.

Die äußerst selektive Auswahl der Sachverständigen ist ohnehin eine Sache für sich. Wie ich von mehreren Seiten gehört habe, war zunächst auch der Juraprofessor Malte Stieper als Sachverständiger geladen, was beispielsweise auch Heise bereits gemeldet hatte.  Als man dann bei den Regierungsfraktionen etwas verspätet bemerkte, dass Stieper ein erklärter Gegner des Leistungsschutzrechts ist, wurde er kurzerhand wieder ausgeladen.

Ob diese Anhörung noch etwas bewirkt, bleibt abzuwarten. Aber auch beim Thema Netzsperren schien eine (politische) Wende nahezu unmöglich und sie kam dennoch. Hilfreich wäre sicherlich ein noch größerer Widerstand seitens der Nutzer/Bürger, zumal die Auswirkungen eines solchen Leistungsschutzrechts voraussichtlich für sehr viele Menschen spürbar wären.

posted by Stadler at 16:37  

24.1.13

DAV lehnt Leistungsschutzrecht für Presseverlage ebenfalls entschieden ab

Dass der Deutsche Anwaltverein (DAV) das geplante Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse ebenfalls ablehnt, ist nicht neu. Es gibt hierzu allerdings jetzt noch eine aktuelle und meines Erachtens äußerst fundierte Stellungnahme des Ausschusses Geistiges Eigentum des DAV, die einige der wesentlichen juristischen Argumente auf den Punkt bringt.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass der Gesetzesentwurf das bloße Sichtbarmachen von Textteilen zu deren Auffindbarmachung durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen und gewerbliche „News-Aggregatoren“ rechtlich beanstandet, was nicht nachvollziehbar sei. Der Ausschuss betont, dass nach dem Gesetzesentwurf nicht nur Überschriften sondern auch einzelne Wörter oder sogar „Wortfetzen“ dem Leistungsschutz unterfallen könnten. Dies sei schon deshalb verfehlt, weil sich in einzelnen Wörtern keine konkrete Leistung eines bestimmten Presseverlegers niederschlagen könne.

Der DAV sieht die Gefahr von bislang unbekannten Eingriffen in die grundgesetzlich gewährleistete Informations- und Meinungsfreiheit. Der Ausschuss betont,  dass Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG für den Staat eine strikte Neutralitätspflicht begründet und  Verzerrungen des publizistischen Wettbewerbs durch Förderungsmaßnahmen nach der Rechtsprechung des BVerfG zu vermeiden sind.

posted by Stadler at 14:48  

24.1.13

Dem DJV geht der aktuelle Gesetzesentwurf zum Leistungsschutzrecht nicht weit genug

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat nunmehr im Vorgriff auf die Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages ebenfalls eine Stellungnahme zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse vorgelegt, die stolze 40 Seiten umfasst.

Während die Rechtswissenschaft die Einführung eines solchen Leistungsschutzrechts nahezu einhellig ablehnt, geht dem DJV der aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindliche Entwurf noch nicht weit genug. Der DJV möchte das Leistungsschutzrecht nicht auf  Suchmaschinenbetreiber und vergleichbare Diensteanbieter beschränkt lassen. Außerdem soll das Leistungsschutzrecht nicht auf die öffentliche Zugänglichmachung beschränkt werden, sondern die Vervielfältigung ebenfalls umfassen.

Der DJV erneuert außerdem die alte Forderung  nach Schaffung einer Verwertungsgesellschaft und fordert eine gesetzliche Regelung wonach die Urheber zur Hälfte an den Erlösen die dieser Verwertungsgesellschaft zufließen zu beteiligen sind. Was zunächst aus Sicht der Autoren gut klingen mag, erweist sich als zweifelhaft, wenn man bedenkt, dass das Landgericht München I bzgl. der VG Wort unlängst entschieden hat, dass deren aktuelle Verteilungspraxis rechtswidrig ist und überhaupt nicht an Verlage ausgeschüttet werden darf, sondern ausschließlich an Urheber. Die Forderung des DJV klingt vor diesem Hintergrund schon weit weniger autorenfreundlich.

Ferner fordert der DJV eine Schutzdauer von fünfzehn Jahren für das Leistungsschutzrecht. Der Gesetzesentwurf sieht derzeit eine Schutzdauer von nur einem Jahr (!) vor.

Die Stellungnahme des DJV geht an einer ganz entscheidenden Stelle auch auf einen Blogbeitrag von mir ein, weshalb ich hierzu kurz Stellung nehmen möchte. Der DJV schreibt auf S. 27 f.:

Der Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil „Metall auf Metall“ hat dazu geführt, dass gegenüber dem Gesetzesvorhaben der Vorwurf erhoben wurde, bei Umsetzung des Gesetzes werde die Sprache monopolisiert. Würde das Gesetz auch kleinste Teile, also einzelne Worte, Satzteile oder Bestandteile der Interpunktion dem Leistungsschutzrecht unterstellen, würde das zu einer massiven Gefährdung der Presse- und damit der Meinungsfreiheit führen. Dieser Vorwurf negiert den Umstand, dass Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechts nicht der einzelne journalistische Beitrag, sondern die jeweilige organisatorische, wirtschaftliche oder technische Leistung ist, so dass schon deswegen, aber auch wegen der Nachschaffungsfreiheit die Gefahr nicht besteht, dass Sprache monopolisiert werden könnte.

Der DJV versucht den Einwand, das Leistungsschutzrecht würde wegen des Verweises auf die BGH-Rechtsprechung bereits kleinste Wortfetzen umfassen, dadurch zu entkräften, dass Schutzgegenstand nicht der einzelne journalistische Beitrag sei, sondern das Presseerzeugnis als solches.

Es handelt sich hierbei leider um die übliche Nebelkerze, die die Diskussion insgesamt so schwierig macht, weil sie – in diesem Fall vom DJV – häufig unsachlich, irreführend und verfälschend geführt wird.

Der Gesetzesentwurf erläutert in § 87f Abs. 2 was ein Presseerzeugnis ist:

Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient. Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen.

Der Eingriff in dieses Presseerzeugnis besteht nach § 87g Abs. 4 des Entwurfs darin, dass gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder von Diensten, die Inhalte entsprechend von Suchmaschinen aufbereiten, Presseerzeugnisse oder Teile hiervon öffentlicht zugänglich machen.

Der Knackpunkt ergibt sich also aus der Formulierung „Teilen hiervon“, die nach der Gesetzesbegründung bereits kleinste Teile aus Presseartikeln umfasst, entsprechend der Ausführungen des BGH in der Entscheidung „Metall auf Metall“. Der BGH spricht von „kleinsten Tonfetzen“, was übertragen auf das geplante Leistungsschutzrecht nur kleinste Wortfetzen bedeuten kann. Diese Schlussfolgerung ist auch deshalb zwingend, weil Suchmaschinen die redaktionelle Festlegung als solche gar nicht übernehmen können, sondern immer nur kurze Textpassagen wiedergeben.

Der DJV versucht ganz gezielt zu verschleiern, dass das tatsächliche Kernanliegen des Gesetzes darin besteht, die Erfassung kleinster Textschnipsel (Snippets) zu pönalisieren.

posted by Stadler at 12:29  

21.1.13

Meine Stellungnahme zum Leistungsschutzrecht für den Rechtsausschuss des Bundestages

Am 30.01.2013 findet im Rechtsausschuss des Bundestages eine Anhörung zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse statt, zu der ich als Sachverständiger geladen bin. Meine elfseitige schriftliche Stellungnahme ist mittlerweile fertig. Diese Stellungnahme befasst sich primär mit den rechtlichen Fragen des geplanten Leistungsschutzrechts, geht aber auch auf rechts- und wirtschaftspolitische Aspekte ein.

Nach meiner Ansicht ist es zweifelhaft, ob das geplante Leistungsschutzrechts mit europarechtlichen, völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Das Gesetzesvorhaben würde – entgegen anderslautender Behauptungen – auch die Möglichkeit der Linksetzung und Auffindbarkeit von Inhalten im Internet erschweren. Der Gesetzesentwurf weist außerdem eine Reihe handwerklicher und regelungstechnischer Mängel auf. Auch in rechts- und wirtschaftspolitischer Hinsicht fehlt es an einer überzeugenden und tragfähigen Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Leistungsschutzrechts.

posted by Stadler at 22:41  

17.1.13

Prof. Spindler zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse

Im Vorgriff auf die Sachverständigenanhörung zum Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse im Rechtsausschuss des Bundestages, ist mittlerweile die schriftliche Stellungnahme von Gerald Spindler – einem der renommiertesten Rechtswissenschaftler im Bereich des IT-Rechts – veröffentlicht worden, der u.a. darauf hinweist, dass der Gesetzesentwurf von deutschen Urheberrechtlern einhellig zu Recht abgelehnt wird.

Spindler beklagt in seiner lesenswerten Stellungnahme eine Ungleichbehandlung von Urhebern und Presseverlagen, äußert rechts- und wirtschaftspolitische Kritik am Gesetzesvorhaben und führt zudem eine ganze Reihe rechtsdogmatischer Bedenken ins Feld.

Da ich ebenfalls als Sachverständiger zu der Anhörung des Rechtsausschusses geladen bin, wird voraussichtlich auch meine schriftliche Stellungnahme – an der ich noch arbeite – vorab veröffentlicht werden.

Meine wesentlichen Argumente können aber ohnehin anhand meiner Blogbeiträge zum Thema nachvollzogen werden. Hier nochmals eine Auswahl:

Die handwerklichen Mängel des Leistungsschutzrechts

Was ist von den “Fakten und Argumenten” des BDZV zu halten?

Wen betrifft das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse jetzt eigentlich?

Kurzanalyse des Gesetzesentwurfs zum Leistungsschutzrecht

posted by Stadler at 17:17  

2.1.13

Brauchen wir eine beitragsfinanzierte Presse?

Die große Seite-3-Geschichte in der heutigen Print-Ausgabe der SZ trägt den Titel „Lass uns leben“ und beschäftigt sich mit dem was man aktuell immer wieder unter dem Schlagwort „Zeitungssterben“ oder „Zeitungskrise“ zu lesen bekommt.

Die SEITE-3-Story der SZ erzählt wie immer eine Geschichte bzw. in diesem Fall mehrere kleine Geschichten, von einer Schülerzeitungsredaktion, von einem Lokalredakteur, von einem Politiker (Martin Dörmann), von einem Wissenschaftler (Mafred Spitzer!) und vom Zeitungsmarkt in Indien. Die kleinen Geschichten, die die Autoren Thorsten Schmitz und Renate Meinhof erzählen, sollen dem Leser deutlich machen, dass die auf Papier gedruckte Zeitung erhalten bleiben muss. Um das zu gewährleisten, wird bereits eingangs des Artikels die Forderung nach einer beitrags- bzw. gebührenfinanzierten Presse erhoben. Die simple Frage lautet: Sind FAZ und SZ für einen unabhängigen Journalismus nicht ebenso wichtig wie ARD und ZDF? Nachdem die Antwort auf der Hand zu liegen scheint, erscheint auch die Schlussfolgerung naheliegend.

Die Idee einer gebührenfinanzierten Presse geistert offensichtlich schon seit längerer Zeit durch die Chefetagen großer deutscher Verlage. Denn die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse verfolgt, zumindest in dem von Verlagsseite definierten Ausgangspunkt, genau diesen Ansatz.

Das aktuelle Lamento um ein Zeitungssterben blendet allerdings den Umstand aus, dass es in Deutschland eine ganze Reihe von Verlegern und Verlegerfamilien gibt, die Multimillionäre sind, weil man mit Zeitungen und Zeitschriften bis vor wenigen Jahren dickes Geld verdient hat. Das unterscheidet sie von Anstalten des öffentlichen Rechts wie es ARD und ZDF sind. Die Sozialisierung von Verlusten ist vor diesem Hintergrund kein tragfähiges Konzept, nachdem zuvor Privatunternehmen jahrzehntelang enorme Gewinne erzielt haben. Wenn man in diese Richtung denkt, dann müssten sich Verleger, die eine solche Finanzierung in Anspruch nehmen wollen, gleichzeitig aber von einer Gewinnerzielungsabsicht lösen. Ein solcher Verlag könnte dann kein klassisches Wirtschaftsunternehmen mehr sein. Wollen die Verleger das wirklich oder sind diese Forderungen einfach nicht durchdacht?

Die Rundfunkgebühren bzw. ab dem 01.01.2013 Rundfunkbeiträge beinhalten zudem als Gegenleistung das Recht, Rundfunkprogramme zu empfangen. Ein an den Rundfunkbeitrag angelehnter Pressebeitrag müsste konsequenterweise also ebenfalls dazu führen, dass der Bürger die Zeitungen umsonst bezieht. Es zeigt sich also deutlich, dass das Modell der Rundfunkgebühren nicht ohne weiteres auf die Presse übertragen werden kann.

Die Bürger zahlen außerdem bereits jetzt 7,5 Milliarden EUR Rundfunkgebühren pro Jahr – Tendenz steigend – weshalb man ihnen zusätzlich wohl kaum auch noch einen Zwangsbeitrag für die Presse abverlangen kann.

posted by Stadler at 12:10  

13.12.12

Neues zum Leistungsschutzrecht

Der Frage, ob es beim Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse nicht nur Vettern-, sondern vielleicht sogar Brüderwirtschaft gibt, versucht das Blog netzpolitik.org nachzugehen.

Hintergrund ist der Umstand, dass der Staatsminister im Kanzleramt Eckart von Klaeden der Bruder von Dietrich von Klaeden ist, der beim Springer-Verlag die Leitung der Regierungsbeziehungen für Deutschland inne hat und der sich öffentlich – u.a. auf Twitter – für ein Leistungsschutzrecht stark gemacht hat. Diese Konstellation verfügt auch unabhängig vom Leistungsschutzrecht über ein gewisses „Geschmäckle“.

Ein Auskunftsersuchen von netzpolitik.org nach dem Informationsfreiheitsgesetz das auch die Rolle des Staatsministers von Klaeden im Hinblick auf den Kabinettsbeschluss zum Leistungsschutzrecht erhellen sollte, wurde von der Bundesregierung erwartungsgemäß abschlägig verbeschieden. Da braucht sich dann allerdings auch niemand über die Entstehung von Verschwörungstheorien zu beklagen.

Interessant im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht ist auch eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion zum Thema. Danach sieht es die Bundesregierung als offen an, ob auch soziale Netzwerke, Twitter, Dienste wie Rivva, Delicious oder Topsy betroffen sind, weil sie Nachrichten vergleichbar zu Suchmaschinen aufbereiten. Die Bundesregierung verweist insoweit lapidar auf eine spätere Klärung durch die Gerichte.

Die Bundesregierung spricht in dieser Antwort auch mehrfach von einer Verpflichtung zum Lizenzerwerb. Diese Aussage ist allerdings schwer nachvollziehbar. Denn der Gesetzesentwurf sieht gerade nicht vor, dass Suchmaschinen und Aggregatoren lizenzieren müssen. Es ist vielmehr so, dass der Entwurf die Anbieter dazu zwingt, Verlagsinhalte nicht ohne ausdrückliche Rechtseinräumung zu indizieren. Dieser gesetzlichen Vorgabe können die Anbieter auf zwei Arten nachkommen. Indem sie die Verlagsinhalte schlicht aus dem Index werfen oder indem sie Lizenzvereinbarungen schließen. Eine Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen sieht das Gesetz aber gerade nicht vor, eine solche Pflicht wäre auch schwerlich begründbar.

posted by Stadler at 15:48  
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