Was bedeutet die Datenschutzgrundverordnung für Blogger und Webseitenbetreiber?
Nicht nur mich erreichen in letzter Zeit immer wieder Anfragen von besorgten Bloggern, ob sie ihr Blog wegen der ab 25.05.2018 geltenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht besser vom Netz nehmen sollten. Die Unsicherheit ist enorm. Bei Privatleuten, die im Internet präsent sind, ebenso wie bei Unternehmern und Freiberuflern. Es ist der Eindruck entstanden, dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen durch die DSGVO erheblich ansteigen, was allenfalls zum Teil richtig ist. Vieles von dem, was die DSGVO verlangt, entspricht schon seit Jahren der geltenden Rechtslage in Deutschland, aber es gibt auch neue bzw. geänderte Anforderungen und eine ganze Reihe von Unklarheiten. Der folgende Beitrag versucht, einige der zentralen Aspekte zu beleuchten, auf die Blogger und Webseitenbetreiber achten müssen.
Die erste Frage, die sich viele stellen: Muss ich als nichtkommerzieller Blogger oder Webseitenbetreiber die DSGVO überhaupt beachten? Die Antwort lautet: In aller Regel ja. Die DSGVO gilt auch für Privatleute, es sei denn, die Datenverarbeitung erfolgt ausschließlich zur Ausübung persönlicher oder familiärer Tätigkeiten. Diese Ausnahme wird sehr eng verstanden. Ein Blog, das sich an eine allgemeine Öffentlichkeit richtet, fällt nicht mehr unter diese Ausnahme.
Am Anfang aller Überlegungen sollte die Frage stehen, welche Daten beim Betrieb des eigenen Blogs überhaupt erhoben und verarbeitet werden. Denn davon hängt es ab, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Blog oder die Website datenschutzkonform betreiben zu können. Wer sich da unsicher ist, sollte zunächst mittels Tools wie Ghostery überprüfen, welche Tracking Tools sich im Einsatz befinden. Der pragmatische Tipp für diejenigen, die bislang noch gar nichts unternommen haben, ist es, zunächst zumindest das anzugehen, was man nach außen hin sieht und das ist bei einem Blog vor allem die Datenschutzerklärung.
Die Diskussion rund um die DSGVO hat mittlerweile hysterische Züge angenommen. Die Aufregung wird sich vermutlich sehr bald legen, denn es wird zunächst gar nichts passieren. Die Aufsichtsbehörden werden Blogger und Webseitenbetreiber, wenn überhaupt, zunächst anhören, auf Verstöße hinweisen und ggf. (kostenfrei) verwarnen. Es ist kaum damit zu rechnen, dass es hier bei einem Erstverstoß zur Verhängung von Geldbußen kommen wird.
Auch die vielbeschworene Abmahngefahr wird in der Diskussion stark übertrieben. Insoweit ändert sich an der bestehenden Rechtslage nichts, das juristische Risiko wegen eines Datenschutzverstoßes wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden, hat sich nicht erhöht. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften wurden schon bislang von den Gerichten häufig für wettbewerbsrechtlich relevant erachtet. Es wird jetzt im Gegenteil sogar die Auffassung vertreten, dass Verstöße gegen die DSGVO nicht mehr nach § 3a UWG verfolgt werden könnten. Es ist allerdings nicht unbedingt davon auszugehen, dass sich diese Ansicht tatsächlich durchsetzen wird.
Neue Datenschutzerklärung
Viele Blogger haben bereits jetzt eine Datenschutzerklärung online. Die sollte nunmehr sinnvollerweise neu gestaltet werden, weil die Anforderungen der DSGVO andere sind als sie es nach dem TMG waren. Der notwendige Inhalt einer Datenschutzerklärung ergibt sich aus Art. 13 DSGVO. Tools wie der Datenschutzgenerator von Thomas Schwenke helfen bei der Erstellung der Datenschutzerklärung, wenn man keinen Anwalt beauftragen will. Auch die ausführlich erläuterte Musterdatenschutzerklärung von Hören, ist als Orientierungshilfe gut geeignet ist. Meine eigene Datenschutzerklärung finden Sie hier.
Wichtig ist, dass die Datenschutzerklärung diejenige Datenverarbeitung abbildet, die tatsächlich stattfindet. Man stößt immer wieder auf Datenschutzerklärungen, die offenbar nur unreflektiert per Copy & Paste übernommen worden sind und Tools benennen, die auf der Website gar nicht eingesetzt werden, während andere Datenverarbeitungsvorgänge, die offensichtlich stattfinden, gar nicht erwähnt werden. Bislang besteht eine gewisse Neigung zu sehr ausführlichen, zum Teil ausufernden Datenschutzerklärungen, die manchmal auch deshalb so lang sind, weil stellenweise lediglich der Gesetzeswortlaut wiederholt wird. Eine eher knappe Datenschutzerklärung hat demgegenüber allerdings den Vorteil, dass die notwendigen Informationen noch am ehesten bei den betroffenen Nutzern ankommen.
Man muss in der Datenschutzerklärung u.a. Serverlogs, WordPress-Plugins, Tracking- und Statistiktools wie Google Analytics oder Matomo abbilden, ebenso wie Social-Media-Plugins, Kommentarfunktionen, Spamfilter wie Akismet, Newsletterdienste wie MailChimp oder die Einbindung fremde Inhalte z.B. via YouTube oder Instagram. Auch die Datenverarbeitung durch Marketing-Tools ist darzustellen.
Verschlüsselung
Aus Art. 32 DSGVO ergibt sich nunmehr explizit, dass ggf. eine Pseudonymisierung und Verschlüsselung personenbezogener Daten zu erfolgen hat, wenn dies nach Durchführung einer Risikoabwägung geboten erscheint. Aufgrund dieser Regelung wird empfohlen, Websites generell mit einer SSL-Verschlüsselung zu versehen. Aus meiner Sicht wird man jedenfalls dann, wenn eine direkte Kommunikation mit dem Nutzer z.B. über Kontaktformulare stattfindet, vertreten können, dass eine Verschlüsselung erforderlich sein kann. Aber auch in diesem Fall wird weiterhin die Möglichkeit bestehen, den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die von ihm eingegebenen Daten unverschlüsselt übermittelt werden. Was die Kommentarfunktion angeht, kann das, was ohnehin vom Nutzer bewusst öffentlich gepostet wird, auch zuvor unverschlüsselt übertragen werden, weil es ohnehin öffentlich zugänglich wird. Anders mag dies sein, wenn Informationen zur Person des Nutzers übermittelt werden, die nicht veröffentlicht werden. Aus Datenschutzsicht ist es sinnvoll, möglichst wenig zu speichern und von vornherein anonyme Kommentare zuzulassen. Hier gibt es aber bekanntlich unterschiedliche Philosophien und sicherlich auch Gründe, keine anonymen Postings zuzulassen. Eine allgemeine Verschlüsselungspflicht lässt sich aus Art. 32 DSGVO, entgegen anderslautender Aussagen, nicht ableiten. Gleichwohl kann die Risikoabwägung im Einzelfall zur Annahme einer Verschlüsselungspflicht führen. Wer hier Diskussionen vermeiden will, sollte im Zweifel ein SSL-Zertifikat einrichten.
Einsatz von Tracking-Tools und Cookies
Die Datenschutzkonferenz (Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder) hat vor vier Wochen ein Positionspapier veröffentlicht, das für erhebliche Aufregung und auch zu deutlicher Kritik geführt hat. Die Aufsichtsbehörden vertreten hierbei die Auffassung, dass Tracking-Tools ab dem 25.05.2018 nur noch mit Einwilligung des Nutzers legal eingesetzt werden können. Diese Haltung ist nicht nur von Branchenverbänden wie Bitkom, sondern auch von Datenschutzfachleuten wie Stephan Hansen-Oest oder Nils Haag kritisiert worden.
Abgesehen davon, dass das Papier der DSK keine tragfähige Begründung enthält, verstärkt es nur die Tendenz zum Wegklick-Internet und schafft keinen datenschutzrechtlichen Mehrwert. Es wird interessant sein zu sehen, wie gerade große Websites auf das Papier reagieren werden. Wenn man bedenkt, dass die großen Medien- und Verlagsseiten durchgehend Tracking Tools in zweistelliger Anzahl einsetzen, erscheint die Einholung von Einwilligungen für jedes einzelne dieser Tools kein wirklich realistisches Szenario zu sein.
Möglicherweise wird die DSGVO beim Thema Werbung/Marketing sogar eine deutlich liberalere Praxis etablieren, als dies bisher in Deutschland der Fall war. Denn Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO betrachtet laut der Erwägungsgründe beispielsweise das Interesse von Unternehmen Werbung zu treiben ausdrücklich als schützenswert und es muss dann schon ein überwiegendes grundrechtliches Interesse des betroffenen Nutzers entgegenstehen, damit eine gesetzliche Gestattung für die Datenverarbeitung ausscheidet. Das erfordert letztlich immer eine Abwägung im Einzelfall, weshalb die schematische Betrachtung der DSK in ihrer Pauschalität ersichtlich falsch ist. Möglicherweise werden sich einige Datenschützer noch darüber wundern, was über diese, nunmehr gemeinschaftsrechtlich auszulegende Norm alles gerechtfertigt werden kann und wird. Es ist also mitnichten entschieden, dass die DSGVO ein höheres Datenschutzniveau etabliert als das bislang geltende Datenschutzrecht. Die DSGVO schafft sicherlich mehr Informations- und Dokumentationspflichten, aber am Ende könnte sie dennoch eine Datenverarbeitung in größerem Umfang als bislang erlauben. Art. 6 DSGVO bietet jedenfalls das Potential dafür.
Verarbeitungsverzeichnis
Jeder der nicht nur gelegentlich personenbezogene Daten verabeitet, muss nach Art. 30 DSGVO ein sog. Verarbeitungsverzeichnis führen. Diese Voraussetzungen dürften auf die meisten Blogger zutreffen. Dieses Verzeichnis muss aber nicht veröffentlicht werden, sondern ist nur der Aufsichtsbehörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.
Auftragsverarbeitung
Wer ein Blog oder eine Website betreibt, muss nach Auffassung der Aufsichtsbehörden mit seinem Hoster einen Vertrag über eine Auftragsverarbeitung (früher: Auftragsdatenverarbeitung) schließen. Auch wenn diese Ansicht sicherlich vertretbar ist, erschien sie mir immer merkwürdig inkonsistent. Denn ob man als Blogger im Verhältnis zu einem großen Hoster oder gar zu Google oder Amazon tatsächlich die Rolle des Controllers einnimmt und einnehmen kann, darf bezweifelt werden. Der Datenschutz verkommt hier zu einem Placebo, denn das Ausfüllen vorformulierter Musterverträge begründet keinen wirklichen Mehrwert und Nutzen. Außerdem lässt sich nicht mehr schlüssig erklären, warum man dann nicht auch mit Facebook, Twitter und Instagram eine Vereinbarung über eine Auftragsverarbeitung schließen müsste, wenn man seinen Account nicht ausschließlich zu persönlichen oder familiären Zwecken nutzt.
Mittlerweile bieten fast alle Hoster den Abschluss solcher Vereinbarungen an, ein Service den man als Blogger und Seitenbetreiber im Zweifel auch in Anspruch nehmen sollte.
Die DSGVO ist insgesamt nicht der große Wurf, für den manche sie halten. Vielmehr verfolgt die EU ihren bekannten paternalistischen Ansatz, den nicht sonderlich mündigen Bürger fast zu Tode zu informieren, konsequent weiter, ohne, dass hierdurch ein tatsächlicher Mehrwert für den Datenschutz entsteht. Die DSGVO enthält ein bisschen mehr von allem. Mehr Informationspflichten, mehr Dokumentationspflichten und höhere Geldbußen. Außerdem haben Versäumnisse des europäischen und des deutschen Gesetzgebers im meinungsrelevanten Bereich zu einer gefährlichen Rechtsunklarheit geführt, die die Gerichte beseitigen werden müssen. Sowohl die Begeisterung der einen, wie auch die Panik der anderen ist unangebracht. Die DSGVO beinhaltet ein wenig innovatives Update des bekannten Datenschutzkonzepts, gekoppelt an etwas mehr Bürokratie.