Wie gestern bekannt wurde, hat Apple gegen den Konkurrenten Samsung beim Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es Samsung untersagt, das Android-Tablet Galaxy Tab 10.1 in der Europäischen Union zu vertreiben. Die Antragsschrift von Apple, die von der Kanzlei Freshfields stammt, ist mittlerweile als Leak online, weshalb konkret nachvollzogen werden kann, wie Apple argumentiert hat.
In der Sache geht es um Designschutz. Apple macht also geltend, das Design seines iPad sei von Samsung für dessen Produkt Galaxy Tab 10.1 praktisch kopiert worden. Apple beruft sich primär auf ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster, durch das das Design des iPad geschützt sein soll.
Ein Geschmacksmuster ist ein eingetragenes gewerbliches Schutzrecht durch das ganz konkret die (äußere) Erscheinungsform eines Gegenstands (Produkts) geschützt wird. Schutzvoraussetzung und damit Voraussetzung für eine Eintragung als Schutzrecht ist nach Art. 4 GemeinschaftsgeschmacksmusterVO, dass das Design neu und eigenartig ist. Bei der Frage der Neuheit und der Eigenart ist der ästhetische Gesamteindruck maßgeblich. Apple hat bereits 2004 ein Design für einen Taschencomputer als Gemeinschaftsgeschmacksmuster schützen lassen, worauf sich der jetzige Antrag stützt. Dieses Muster ist offenbar auch nie angegriffen worden.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf – das an die Eintragungsentscheidung des zuständigen Harmonisierungsamts gebunden ist – nachvollziehbar.
Andererseits lassen sich mit diesem Muster vermutlich beliebige Tablets der aktuellen Generation untersagen, denn Gegenstand des Schutzes ist letztlich ein flacher rechteckiger Bildschirm, mit einem schmalen Rahmen und abgerundeten Ecken.
Apple beruft sich zudem auf den sog. ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Das Argument hierbei ist, dass das iPad sog. wettbewerbliche Eigenart besitzt, weil jedermann das Produktdesign des iPad mit Apple in Verbindung bringen würde. Hier kommt Apple in der Tat die hohe Bekanntheit des iPad zugute. Auch wenn es schon längere Zeit Tablets gibt, hat erst das iPad diesen Markt überhaupt in nennenswerter Art und Weise in Schwung gebracht.
Es wird für Samsung daher gar nicht so einfach sein, die Entscheidung zu kippen, zumal jedem klar ist, dass sich Samsung an das Design des iPad anlehnt, auch wenn Apple das Rad natürlich nicht erfunden hat.
Streitigkeiten dieser Art, über die viele Leute vermutlich nur den Kopf schütteln, werden übrigens laufend geführt. Nur in den meisten Fällen eben unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Fall ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass gewerbliche Schutzrechte eingesetzt werden, um Wettbewerb zu verhindern. Wer sich hieran stört, sollte aber nicht auf die Gerichte schimpfen, sondern muss das bestehende Konzept des gewerblichen Rechtsschutzes kritisch hinterfragen.
Udo Vetter befasst sich im LawBlog ebenfalls mit dem Thema.
Update vom 11.08.2011:
Der Verfügungsantrag von Apple lautet: „wird untersagt, es (…) zu unterlassen (…) zu benutzen, insbesondere herzustellen, anzubieten (einschließlich zu bewerben), in den Verkehr zu bringen, einzuführen, auszuführen und/oder zu diesen Zwecken zu besitzen“.
Das ist natürlich doppelt gemoppelt und bedeutet aus sprachlichen Gründen eigentlich, dass Samsung verpflichtet ist, das Tablet zu vetreiben. ;-)
Ob das Gericht auch so tenoriert hat, ist mir nicht bekannt. Im Zweifel wäre dieser Fehler vom Gericht über eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit (§ 319 ZPO) zu beseitigen.