Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.8.11

Scheitert die Reform der Rundfunkgebühren in NRW?

Der nordrhein-westfälische Landtag hat Ende des letzten Jahres bereits für Furore gesorgt, als er der umstrittenen Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) quasi in letzter Minute die Zustimmung versagte.

Etwas ähnliches könnte nach einem Bericht der RP nun auch der Reform des Rundfunkgebührenrechts drohen. Nachdem zuletzt die Kritik an dem Konzept der Haushaltsabgabe, insbesondere aber an den im Entwurf des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vorgesehenen Auskunftsansprüchen., lauter wurde, scheint es in Düsseldorf parteiübergreifend erheblichen Widerstand gegen die Neuregelung zu geben. Nicht nur die Auskunftsansprüche, sondern auch die Mehrbelastung, die vor allen Dingen auf Unternehmen zukommen dürfte, geben Anlass zur Kritik.

Die Rundfunkgebühr würde damit in systematischer Hinsicht jedenfalls endgültig dem Bereich der Steuern und Abgaben angenähert, da die tatsächliche Nutzung kein Kriterium für die Zahlungspflicht mehr darstellt.

posted by Stadler at 17:32  

30.8.11

Brauchen wir eine differenzierte Betrachtung zur Vorratsdatenspeicherung?

Netzpolitiker der SPD fordern eine differenzierte Herangehensweise bei der Vorratsdatenspeicherung und haben einen entsprechenden Musterantrag für den Bundesparteitag vorbereitet. Diese Kompromisslinie, die maßgeblich auf Alvar Freude zurückgehen dürfte – und von diesem auch schon länger vertreten wird – wird in der Netz-Community auf wenig Gegenliebe stoßen. Der erste Rant zum Thema ist deshalb auch schon da und er kommt, wenig überraschend, von Fefe, der den seit Tagen offen im Netz stehenden Musterantrag, seiner verschwörungstheoretischen Neigung nachgebend, übrigens für einen Leak hält.

Weshalb ich diesem Ansatz einer Vorratsdatenspeicherung light skeptisch gegenüberstehe, auch wenn sie verfassungsrechtlich machbar ist, habe ich vor längerer Zeit schon erläutert.

Was ist also jetzt von diesem neuen SPD-Musterantrag zu halten? Wenn man die Speicherung von Verkehrsdaten (z.B. IP-Adressen) erlauben, ihren Abruf aber nur bei schweren Straftaten (Katalogtaten des § 100a StPO) ermöglichen will, muss man sich zuerst fragen, welche Straftaten man damit aufklären kann und will. Eine Frage, die leider zu wenig gestellt wird.

IP-Adressen spielen im Bereich der Schwerstkriminalität praktisch keine Rolle, auch wenn gelegentlich etwas anderes behauptet wird. Denn es gibt in diesem Bereich ganz andere Möglichkeiten, den Ermittlern stehen eine Fülle von Befugnissen der TK-Überwachung zur Verfügung. Im Fällen von Katalogstraftaten besteht daher auch kaum ein praktisches Bedürfnis für den Abgleich von IP-Adressen. Den Hauptanwendungsfall bilden vielmehr Betrugsstraftaten, Urheberrechtsverletzungen und Äußerungsdelikte (Beleidigung, Verleumdung). Das ist auch naheliegend, wenn man sich die Frage stellt, welche Erkenntnisse man aus der Verknüpfung einer IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber gewinnen kann.

Die Speicherung speziell von IP-Adressen ist deshalb ermittlungstechnisch nur im Bereich der Massenkriminalität sinnvoll. Im Bereich der Schwerstkriminalität spielt sie keine nennenswerte Rolle.

Die SPD-Netzpolitiker haben auf der Suche nach einem vermeintlich sinnvollen Kompromiss wenig Sinn für die Realitäten der Strafverfolgung bewiesen. Ein Vorschlag, der gerade aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden keine relevante Verbesserung bringt, aber dennoch beträchtlich in Grundrechte eingreift, kann auch kaum als differenzierter  Ansatz betrachtet werden.

Mich erinnert diese Kompromisssuche der SPD eher an diejenige beim Zugangserschwerungsgesetz. Die Netzpolitiker der SPD haben ganz offensichtlich wenig aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.

posted by Stadler at 23:02  

30.8.11

„Anwaltsleaks“ und das „Anwaltsblog der Wahrheit“

Ein Rechtsanwaltskollege hat gerade das „Anwaltsblog der Wahrheit“ gestartet und kündigt außerdem die Whistleblower-Plattform „Anwaltsleaks“ an. Puh! Dass ausgerechnet ein Anwalt Verbraucheraufklärung für Anwaltskunden betreiben will, erinnert mich doch irgendwie an die alte Geschichte vom Bock und vom Gärtner.

Trotz der Ankündigung vom 21.08.2011 weist das „Anwaltsblog der Wahrheit“ aber noch keinen einzigen Eintrag auf. Vermutlich hat der Kollege noch keine Whistleblower gefunden.

Dieser Rechtsanwalt, der unlängst noch anwaltliche Dienstleistungen für 36 EUR anbieten wollte, gibt übrigens jetzt vor, es im Dienste der guten Sache nunmehr völlig kostenlos zu machen.

posted by Stadler at 11:04  

30.8.11

Schönheit von innen

Den Rechtsbegriff der „wettbewerblichen Eigenart“ haben einige vermutlich kürzlich zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Apple und Samsung um eine Nachahmung des iPad gehört.

Einen anschaulichen Beispielsfall für diese wettbewerbsrechtliche Besonderheit liefert das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 03.08.2011 (Az.: 6 W 54/11).

Danach genießt der Werbeslogan „Schönheit von innen“, den ein Unternehmen jahrelang benutzt hat, sog. wettbewerbliche Eigenart, mit der Konsequenz, dass ein Konkurrent diesen Werbespruch auch dann nicht als Produktbezeichnung benutzen darf, wenn keinerlei Markenschutz besteht.

Dieser ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz ist einerseits nachvollziehbar, weil sich der Konkurrent zweifellos gezielt an seinen Mitbewerber angelehnt hat, andererseits aber bedenklich, weil dies faktisch zu einer Ausweitung des Rechtsschutzes führt, der deutlich über den Sonderrechtsschutz, hier des Markenrechts, hinausreicht.


posted by Stadler at 09:28  

29.8.11

Kritik und Zustimmung für das ULD in der Causa Facebook

Das Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) veranstaltet gerade seine Sommerakademie unter dem zweifellos nicht selbstkritisch gemeinten Titel „Optimierte Verantwortung/slosigkeit Wer verantwortet eigentlich was in unserer smarten“ Welt?“.

Das passt thematisch jedenfalls ganz gut zu der immer noch tobenden Diskussion um das Vorgehen des ULD gegen Webseitenbetreiber und Unternehmer die den Facebook Like-Button verwenden bzw. auf Facebook eine sog. Fanseite betreiben.

Auch wenn sich weitere Datenschutzbehörden hinter das ULD gestellt haben, überwiegt in juristischer Hinsicht bislang eher die Kritik. Eine (unvollständige) Übersicht der juristischen Stellungnahmen:


    posted by Stadler at 11:57  

    26.8.11

    Das BKA und die Hysterie

    Daran, dass der Präsident des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke selten sachlich argumentiert, aber dennoch von Teilen der Politik Ernst genommen wird, habe ich mich gewöhnt, ebenso wie an den Umstand, dass Ziercke Bürgerrechtlern Hysterie vorwirft, während er gleichzeitig Ängste schürt.

    Dass er flankierend eine gezielte Irreführung betreibt, muss aber immer und immer wieder deutlich angesprochen werden.  Ziercke behauptet nach einem Bericht von Heise-Online zum wiederholten Male, dass man schwerste Straftaten im Internet mit klassischen polizeilichen Ermittlungsmethoden nicht mehr aufklären könne, weshalb es bei schweren Straftaten wie Kinderpornografie oder im Kampf gegen den internationalen Terrorismus möglich sein müsse, auf Verbindungsdaten mindestens sechs Monate zurückzugreifen.

    Diese Aussagen sind gleich in mehrfacher hinsicht falsch und stehen z.T. auch in Widerspruch zu eigenen Veröffentlichungen des BKA. Wenn man auf die Polizeiliche Kriminalstatistik – auf deren begrenzte Tauglichkeit ich mehrfach hingewiesen habe – zurückgreift, dann zeigt sich, dass die Aufklärungsquote bei Internetstraftaten nach wie vor über dem Durchschnitt liegt. Davon, dass Internetstraftaten nicht mehr aufklärbar seien, kann also gar keine Rede sein. Außerdem ist selbst das BKA der Ansicht, dass ein Zusammenhang zwischen Aufklärungsquoten und Vorratsdatenspeicherung nicht nachweisbar ist. Auf der Website des BKA kann man hierzu folgendes lesen:

    Aufklärungsquoten der PKS können also weder als Argument für noch gegen Mindestspeicherfristen herangezogen werden

    Vielleicht sollte Herr Ziercke einfach die Veröffentlichungen seines eigenen Hauses aufmerksamer verfolgen.

    Wenn man mit Beamten des BKA spricht – ich hatte im letzten Jahr Gelegenheit dazu – ist im Zusammenhang mit Internkriminalität primär von der Bekämpfung von Betrugsstraftaten die Rede. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn nach der PKS sind mehr als 80 % der Internetdelikte Betrugsfälle. Davon spricht Ziercke allerdings nicht.

    Wenn der BKA-Präsident redlich argumentieren würde, so müsste er sagen, dass man mit der Vorratsdatenspeicherung die Hoffnung verbindet, zusätzlich eine gewisse – allerdings eher geringe – Anzahl von Betrugsdelikten aufzuklären. Stattdessen polemisiert er und redet ständig von schwersten Straftaten und von Terrorismus. Denn nur wenn es drastisch genug ist, kann man die Bevölkerung von der Notwendigkeit einer Vorratsdatenspeicherung überzeugen. Denn wer wird es schon für sinnvoll und angemessen halten, die Telekommunikationsverbindungsdaten sämtlicher Bürger für 6 Monate auf Vorrat zu speichern, wenn damit allenfalls – und selbst dies ist ungewiss – eine Handvoll Betrugsdelikte zusätzlich aufgeklärt werden können. Genau diese Diskussion wäre aber zu führen.

    posted by Stadler at 10:42  

    25.8.11

    DAV zum Cloud Computing

    Der Ausschuss Informationsrecht des Deutschen Anwaltvereins hat zum Thema Cloud Computing, speziell aus datenschutzrechtlicher Sicht Stellung genommen.

    Seine zentralen Thesen lauten:

    • Cloud Computing mit Dienstleistern außerhalb der EU ist (rechtlich) derzeit nicht möglich.
    • Wegen der strengen deutschen Regeln zur Auftragsdatenverabreitung ist Cloud Computing in der Regel selbst dann unzulässig, wenn die Datenverarbeitung in solchen Ländern stattfindet, die nach Ansicht der EU ein geeignetes Datenschutzniveau aufweisen.

    Das bedeutet aber im Grunde nichts anderes, als, dass die Cloud-Dienste von amerikanischen Anbietern wie Apple oder Google nach deutschem Datenschutzrecht unzulässig sind und, dass eigentlich jegliches Cloud Computing bei denen die Server außerhalb der EU stehen, nicht den Anforderungen unseres Datenschutzrechts genügt.

    Bereits der Bundesdatenschutzbeauftragten hatte in seinem letzten Tätigkeitsbericht zum Ausdruck gebracht, dass er Cloud Computing als globales Modell für nicht mit dem Datenschutzrecht vereinbar hält. Dass die Vorschriften über die Auftragsdatenverarbeitung bei entsprechender Auslegung auch das Hosting in Frage stellen können, habe ich bereits in einem früheren Beitrag erläutert.

    posted by Stadler at 17:26  

    25.8.11

    Mündliche Verhandlung in Sachen Apple vs. Samsung

    Das Landgericht Düsseldorf hatte auf Antrag von Apple am 09.08.2011 eine einstweilige Verfügung erlassen, die Samsung den Vertrieb des Tablets Galaxy Tab 10.1 in der Europäischen Union untersagt. Diese Verfügung hatte das Gericht – ohne mündliche Verhandlung – in Richtung der koreanischen Muttergesellschaft von Samsung anschließend auf ein nur für Deutschland geltendes Verbot beschränkt.

    Auf den Widerspruch von Samsung hin, hat das Landgericht Düsseldorf heute mündlich zur Sache verhandelt. Nachdem Spiegel Online bereits vorschnell vermeldet hatte, dass das Gericht die einstweilige Verfügung bestätigt hätte, ist tatsächlich noch keine Entscheidung ergangen und Termin zur Verkündung einer Entscheidung erst auf den 09.09.2011 bestimmt worden.

    Das bedeutet allerdings, dass die einstweilige Verfügung bis zu diesem Datum bestehen bleibt. Auch wenn man sich mit Ferndiagnosen zurückhalten sollte, deutet dies sehr stark darauf hin, dass das Gericht die Unterlassungsverfügung nicht aufheben wird. Hätten sich – aus Sicht des Gerichts – ernstliche Zweifel ergeben, dann wäre es nämlich gehalten gewesen, die Verfügung sofort aufzuheben. Man muss also damit rechnen, dass das Gericht die Verfügung durch Urteil bestätigt.

    posted by Stadler at 16:24  

    25.8.11

    Vorratsdatenspeicherung: Die FDP antwortet nun doch

    Vor einem Monat hatte ich darüber berichtet, dass die Mitglieder der Bundestagsfraktion der FDP einen offenen Brief von Netzaktivisten, Juristen, Journalisten und Bloggern zum Thema Vorrastdatenspeicherung unbeantwortet gelassen haben.

    Am 08.08.2011 erreichte mich dann ein auf den 05.08.2011 datiertes Schreiben des Abgeordneten Horst Meierhofer, der mitteilt, er habe das Schreiben zuständigkeitshalber an Justizminsterin Leutheusser-Schnarrenberger weitergleitet.

    Nun hat Patrick Breyer – einer der Unterzeichner des offenen Briefs – doch noch eine inhaltliche Antwort erhalten und zwar von MdB Sebastian Blumenthal, wobei die Dateibezeichnung des per E-Mail als PDF übersandten Schreibens eher darauf hindeutet, dass die Antwort inhaltlich von Staatssekretär Max Stadler stammt. In der Sache sind die Ausführungen eher enttäuschend, zumal auf die wesentlichen inhaltlichen Kritikpunkte des offenen Briefs gar nicht erst eingegangen wird.

    Man scheint bei der FDP auch noch nicht wirklich realisiert zu haben, dass ihr Konzept eines Quick-Freeze Plus mit Einführung von IPv6 sehr schnell die Ausmaße der Vorratsdatenspeicherung alten Zuschnitts erreichen könnte.

    posted by Stadler at 11:14  

    24.8.11

    OLG Oldenburg: Formularverträge aus dem Netz sind AGB

    Vom OLG Oldenburg (Urteil vom   27.05.2011, Az.: 6 U 14/11) kommt eine Entscheidung, die den Juristen nicht besonders überrascht, dafür aber vermutlich die Nutzer von Vertragsformularen aus dem Internet umso mehr.

    Kaufvertragsformulare, die aus dem Internet heruntergeladen wurden, sind danach nämlich AGB und unterfallen der strengen AGB-Kontrolle des BGB.

    Aus diesem Grund war der im Formularvertrag vorgesehene vollständige Gewährleistungsausschluss unwirksam. Klauseln, die die Gewährleistung ohne Ausnahme ausschließen, so das Oberlandesgericht, erfassen auch Schadensersatzansprüche, die auf Körper und Gesundheitsschäden wegen eines vom Verkäufer zu vertretenen Mangels beruhen oder auf grobes Verschulden des Verkäufers gestützt sind. Solche Klauseln sind aber mit § 309 Nr. 7 BGB nicht vereinbar und deshalb unwirksam.

    posted by Stadler at 21:32  
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