Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.5.12

Keine Ansprüche mehr aus der Marke „Zappa“

Die Erben des verstorbenen Musikers Frank Zappa können keine Ansprüche aus der Gemeinschaftsmarke „Zappa“ mehr herleiten. Die Marke ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31.05.2012 (I ZR 135/10) wegen Nichtbenutzung verfallen und deshalb zu löschen.

Der Zappa-Family-Trust hatte die Veranstalter der „Zappanale“ auf Unterlassung verklagt und sich postwendend eine Widerklage eingefangen.

Der BGH entschied jetzt, dass die Marke nicht rechtserhaltendend benutzt worden ist. Die Verwendung des Domainnamens „zappa.com“ stellt nach Ansicht des BGH keine markenmäßige Verwendung der Bezeichnung „ZAPPA“ dar. Das Publikum fasst den Domainnamen nur als Hinweis auf eine Internetseite mit Informationen über den Musiker Frank Zappa auf. Durch die Benutzung des Zeichens „ZAPPA Records“ wird der kennzeichnende Charakter der Marke „ZAPPA“ beeinflusst mit der Folge, dass eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. a GMV ausscheidet. Da die Marke „ZAPPA“ verfallen ist, ist das begehrte Verbot, die Bezeichnung „Zappanale“ für ein Musikfestival zu verwenden, nicht gerechtfertigt.

Quelle: PM des BGH vom 31.05.2012

posted by Stadler at 17:49  

31.5.12

Honorarbedingungen von Springer teilweise rechtswidrig

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 31.05.2012 (Az.: I ZR 73/10) entschieden, dass die Honorarbedingungen, die der Axel-Springer-Verlag seinen Verträgen mit freien Journalisten zugrunde legt, teilweise unwirksam sind.

Gegenstand der Überprüfung war auch die in den Verträgen verwendete Total-Buy-Out-Klausel, durch die dem Verlag umfassende Rechte am Text des Journalisten eingeräumt werden.

Der BGH hat die umfassende Einräumung von Nutzungsrechten als solche nicht beanstandet, aber die damit verbundene Vergütungsregelung als intransparent erachtet, weil nach den Honorarregelungen des Springer-Verlages völlig unklar sei, ob der Journalist für weitergehende Nutzungen eine gesonderte Vergütung erhalten soll oder nicht.

Der Bundesgerichtshof  betont allerdings, dass damit keinesfalls eine undifferenzierte Vergütungsregeln rechtlich unbedenklich sei, durch die mit dem vereinbarten Honorar sämtliche weitergehenden Nutzungen abgegolten werden. Denn eine solche pauschale Vergütung wird sich häufig – so der BGH – nicht als angemessen erweisen und daher zu einer nachträglichen Vertragsanpassung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG führen müssen.

Quelle: PM des BGH vom 31.05.2012

posted by Stadler at 17:08  

31.5.12

LG München I: Verteilungspraxis der VG Wort rechtswidrig

Die VG Wort darf nach einem Urteil des Landgerichts München I (Urteil vom 24. Mai 2012 – 7 O 28640/11) keine Einnahmen an Verlage ausschütten. Der Verteilungsplan (Wissenschaft) und damit die derzeitige Verteilungspraxis der VG Wort verstößt nach Ansicht des Landgerichts gegen das Willkürverbot des § 7 UrhWahrnG. Die derzeitige Praxis der VG Wort sieht den Abzug eines pauschalen Verlegeranteils bei der jährlichen Ausschüttung vor, wofür es nach Ansicht des LG München I keine Rechtsgrundlage gibt.

Die VG Wort hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen.

posted by Stadler at 11:52  

30.5.12

Streit um Domain „schuhbeck.com“ wird fortgesetzt

Bereits Ende letzten Jahres hatte ich über einen beim Landgericht München I anhängigen Rechtsstreit berichtet, in dem der Fernsehkoch Alfons Schuhbeck seinen entfernt verwandten Namensvetter Sebastian Schuhbeck auf Unterlassung der Domain „schubeck.com“ in Anspruch nimmt.

Das Gericht hatte Ende des letzten Jahres einen bereits bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung wieder abgesetzt, um den Parteien eine außergerichtliche Einigung zu ermöglichen, die jetzt allerdings gescheitert ist, wie das Portal Chiemgau24 berichtet. Die Sache soll nun also im Juni doch vor dem Landgericht verhandelt werden.

Ich bin in der Sache übrigens auch weiterhin der Ansicht, dass die Prozessaussichten des Starkochs nicht übermäßig gut sind.

posted by Stadler at 17:57  

30.5.12

BGH zur Haftung bei der Einbindung von RSS-Feeds

Der BGH hat mit Urteil vom 27. März 2012 (Az.: VI ZR 144/11), das heute im Volltext veröffentlicht wurde, entschieden, dass der Betreiber eines Informationsportals, der erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien (hier: RSS-Feeds) ins Internet stellt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist erst verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.

Der BGH nimmt in seinem Urteil zunächt zu der Frage Stellung, unter welchen Voraussetzungen man sich online fremde Inhalte zu eigen macht und erläutert, dass jemand, der Nachrichten aus fremden Blogs und Websites einbindet, sich diese Nachrichten grundsätzlich nicht zu eigen macht, wenn keine redaktionelle Kontrolle stattfindet und erkennbar bleibt, dass es sich um Fremdinhalte handelt. Hierzu führt der Senat aus:

Maßgeblich für die Frage, ob sich der Anbieter die auf seinem Internetportal eingestellten Inhalte, die er nicht selbst geschaffen hat, zu eigen macht, ist eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere die Frage der inhaltlichen redaktionellen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind. Ein Zu-Eigen-Machen liegt regelmäßig vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Auch lediglich undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem Vertreiber zugerechnet werden, wenn er sie sich zu Eigen gemacht hat. Ob dies der Fall ist, ist jedoch mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen. Schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung kann sich ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; WM 2009, 1706, 1709; Senatsurteil vom 17. November 2009 – VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN). Im Streitfall liegt es vergleichbar.

Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts wird im Streitfall eine redaktionelle Kontrolle nicht durchgeführt; vielmehr ist der beanstandete Feed automatisiert im Rahmen eines bestehenden Abonnementvertrages zwischen der Beklagten und der Streithelferin ungeprüft übernommen worden.
Die auf der Website der Beklagten dargestellten Inhalte sind auch als fremd gekennzeichnet worden, indem sich direkt unter der Überschrift der Verweis auf die Ursprungs- bzw. Zielseite – hier: „Bild.de“ – befindet. Dadurch wird dem Leser hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei dem Artikel nicht um eine eigene Berichterstattung der Beklagten, sondern um eine fremde Nachricht – hier: der Streithelferin – handelt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als Betreiberin des Informationsportals eine inhaltliche Verantwortung für die veröffentlichten Nachrichten Dritter übernehmen wollte, finden sich nicht. Die Internetseite der Beklagten war nach den unangegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen als Informationsportal ausgestaltet, welches keine eigenen Inhalte enthielt, sondern mit Hilfe sogenannter RSS-Feeds Schlagzeilen aus Medien und Blogs wiedergab und jeweils einen Link zu dem entsprechenden Ursprungsartikel bereit hielt. In dem Impressum wies die Beklagte insofern unter anderem darauf hin, dass „alle Artikel und grafischen Elemente, so wie sie sind, … weiterverbreitet werden“.
Unter diesen Umständen reicht entgegen der Auffassung der Revision im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung allein die Tatsache, dass die Beklagte die Medien, von denen sie mittels eines Abonnementvertrages die RSS-Feeds bezog, vorausgewählt hatte, nicht aus, um einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des „Zu-Eigen-Machens“ zu begründen.

Anschließend verneint der BGH eine Störerhaftung in Form der sog. Verbreiterhaftung. Hierzu wird im Urteil folgendes ausgeführt:

Die Störerhaftung in der Form der Verbreiterhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Denn zu dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Kommunikationsprozess kann die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung auch dann zählen, wenn der Mitteilende sich diese weder zu Eigen macht noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet, sondern die fremde Äußerung lediglich verbreitet (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2009 – VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 13 mwN; BVerfGE 85, 1, 22; BVerfG, WM 2009, 1706). Eine Haftung des Verbreiters fremder Nachrichten als Störer setzt deshalb die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, aaO Rn. 22 und vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 – Domainverpächter, jeweils mwN).

Der Betreiber eines Informationsportals, der wie die Beklagte erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien und Blogs ins Internet stellt, ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Das würde den Betrieb des dem Informationsinteresse der Mediennutzer dienenden, auf schnelle und aktuelle Information ausgerichteten Informationsportals unzuträglich hemmen. Den Betreiber eines Informationsportals trifft deshalb erst dann eine Prüfpflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber eines Informationsportals auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Inhalt einer in das Portal eingestellten Nachricht hin, kann der Betreiber des Portals als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, aaO Rn. 24 – Hostprovider und vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, aaO Rn. 27 – Domainverpächter).

Wichtig erscheint mir auch noch folgende Urteilspassage:

Im Streitfall hat die Beklagte, nachdem sie von den Klägern auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts ihrer Mandantin durch die Streithelferin hingewiesen worden ist, die beanstandete Berichterstattung aus ihrem Angebot genommen. Infolgedessen ist sie nicht zur Störerin geworden und war auch keinem Unterlassungsanspruch ausgesetzt.

Wer also als sog. mittelbarer Störer einen bestimmten fremden Inhalt entfernt, nachdem er von einer Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt worden ist, hat damit die ihn treffende Verpflichtung erfüllt. Ein Unterlassungsanspruch besteht in diesem Fall gegen ihn dann nicht mehr.

posted by Stadler at 11:22  

30.5.12

Gesetzesentwurf der LINKEN zum Urhebervertragsrecht

Neben der SPD und den Piraten hat auch die LINKE ein Thesenpapier zum Urheberrecht vorgelegt, das von netzpolitik.org gar als der aussagekräftigste und zugleich progressivste der drei Vorschläge bewertet wird. Diese Bewertung möchte ich hier nicht weiter kommentieren, zumal Thesenpapiere immer eher vage formuliert sind und nur eine grobe Marschrichtung andeuten.

Konkreter wird es bei der Linkspartei allerdings mit einem neuen Gesetzesentwurf zum Urhebervertragsrecht, der vor einigen Tagen vorgestellt wurde.

Eines der erklärten Ziele – sowohl im Thesenpapier als auch im Gesetzesentwurf – ist es, sog. Total-Buy-Out-Verträge künftig zu verhindern. Nun ist es allerdings so, dass solche Total-Buy-Out-Verträge, durch die Urheber/Autoren sämtliche Nutzungsrechte an ihrem Werk auf einen Verlag gegen eine Einmalzahlung übertragen, regelmäßig bereits nach geltendem Recht unwirksam sind. Zumindest ist das die eindeutige Tendenz in der jüngeren Rechtsprechung.

Nach dem Entwurf der Linkspartei soll nun geregelt werden, dass eine Einräumung von Rechten für alle Nutzungsarten künftig nicht mehr wirksam möglich sein soll und, dass im Falle der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren eine Kündigungsmöglichkeit des Urhebers bestehen soll.

Ob dieses Konzept tatsächlich den Anforderungen der Praxis entspricht und den Bedürfnissen der Urheber gerecht wird, darf man bezweifeln. Denn der Urheber hat nicht unbedingt ein Interesse daran, dass der Gesetzgeber seine Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt. Es kann durchaus auch aus Sicht des Urhebers den Wunsch geben, sein Werk praktisch vollständig zu veräußern, solange er dafür nur angemessen bezahlt wird. Vorrangig muss es also darum gehen, den Urhebern für eine Rechtseinräumung tatsächlich ein in jedem Fall angemessenes Entgelt zu sichern, weshalb man auch unmittelbar an diesem Punkt ansetzen sollte.

Insoweit bleibt der Gesetzesentwurf der Linken allerdings deutlich hinter dem zurück, was der über 10 Jahre alte Referentenentwurf des BMJ schon einmal vorgeschlagen hatte. Dieser alte Entwurf, dessen Inkrafttreten die Verlagslobby verhindert hat, sah einen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung vor, was mir konzeptionell auch heute noch zukunftsweisender erscheint als der aktuelle Vorschlag der Linkspartei.

Dennoch muss man den grundsätzlichen Vorstoß der Linken begrüßen, denn das Urhebervertragsrecht gehört zu den reformbedürftigen Brennpunkten des Urheberrechts. Gleichzeitig handelt es sich aber auch um den Bereich, in dem die größten lobbyistischen Hürden zu überwinden sind. Denn es sind schließlich die Verlage, die ihre Autoren dann angemessen bezahlen müssten.

 

posted by Stadler at 10:39  

29.5.12

Impressumspflicht eines Vereins

Das Landgericht Essen hat mit Urteil vom 26.04.2012 (Az.: 4 O 256/11) entschieden, dass ein Verein seiner Impressumspflicht nach § 5 TMG nicht dadurch genügt, dass sich die notwendigen Angaben aus der Vereinssatzung ergeben, die über die Website des Vereins abrufbar ist.

Das Gericht betrachtet dies als eine versteckte Angabe, die nicht der gesetzlichen Vorgabe genügt, die notwendigen Informationen leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar bereitzuhalten.

Die Angabe e.V. für einen eingetragenen Verein erachtet das Landgericht allerdings als eine ausreichendeBezeichnung der Rechtsform, vollständig angeschrieben muss die Angabe also nach Ansicht des Gerichts nicht sein.

Insgesamt keine wirklich überraschende Entscheidung.

posted by Stadler at 16:54  

27.5.12

Die Informationszugangsfreiheit ist auch als Grundrecht notwendig und sinnvoll

Vor einigen Tagen habe ich über einen Gesetzvorschlag der Grünen zur Einführung eines neuen Grundrechts auf Informationszugangsfreiheit berichtet. Die Kritik fast aller im Parlament vertretenen Parteien ließ nicht lange auf sich warten. Union, SPD und FDP lehnen das Vorhaben ab.

Wer allerdings wie der CDU-Abgeordnete Sensburg von Informationsfreiheit spricht und davon, dass die Verfassung durch ein solches Grundrecht zu einem „Verwaltungsverfahrensgesetz“ degradiert würde, hat zumindest in rechtsdogmatischer Hinsicht keine stichhaltigen Einwände formuliert.

Denn die Informationsfreiheit garantiert Art. 5 Abs. 1 GG bereits. Sie umfasst das Recht sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Dieses Grundrecht soll nach der Vorstellung der Grünen nunmehr um ein Recht erweitert werden, sich auch aus behördlichen Quellen, die zunächst gerade nicht allgemein zugänglich sind, unterrichten zu dürfen.

Das ist eine in rechtsdogmatischer Hinsicht naheliegende und konsequente Erweiterung des Grundrechtsschutzes. Mit Verwaltungsverfahrensrecht hat das wenig zu tun, denn die verfahrensmäßige Ausgestaltung des Grundrechts würde (weiterhin) einem Bundesgesetz vorbehalten bleiben. In dogmatischer Hinsicht handelt es sich bei dem Vorschlag der Grünen um eine plausible und nachvollziehbare Konstruktion, weshalb auch der von der SPD stammende Einwand, der Gesetzesvorschlag sei nicht gut gemacht, eher dem Bereich der politischen Stimmungsmache zuzuordnen ist. Der einzige konstruktive Einwand der erhoben werden könnte, ist die Stellung dieses neuen Grundrechts nach Art. 5 Abs. 2 als neuer Art. 5 Abs. 2a GG. Es würde m.E. näher liegen, die Informationszugangsfreiheit als Erweiterung der Informationsfreiheit anzusehen und demzufolge in Art. 5 Abs. 1 GG anzusiedeln. Damit würden für die Informationszugangsfreiheit auch dieselben Schranken gelten wie für die Meinungs- und die Informationsfreiheit.

Wenn man sich die Bedenken von Union und SPD betrachtet, hat man nach wie vor den Eindruck, es ginge darum, den Staat vor dem Bürger schützen. Die Wirkungsweise der Grundrechte als Schutzrechte des Bürgers gegenüber dem Staat ist allerdings exakt gegenläufig.

Für eine moderne Verwaltung sollte Transparenz eine Selbstverständlichkeit darstellen. Stattdessen pflegt man in Deutschland weiterhin ein Verwaltungsverständnis, das den Bürger als Bittsteller und nicht als Grundrechtsträger begreift und möchte sich am liebsten auch weiterhin nicht in die Karten schauen lassen. Aber die Exekutive bedarf der Kontrolle und zwar nicht nur durch die Gerichte, sondern auch unmittelbar durch das Volk.

Wer gegen ein Grundrecht auf Informationszugang ins Feld führt, dass der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ebenfalls Verfassungsrang genieße und Vorrang vor einem Auskunftsinteresse eines Bürgers haben könne, offenbart ein merkwürdiges Verfassungsverständnis. Diejenigen Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten, müssen auch mit einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit rechnen. Man sollte ihnen erst gar nicht die Möglichkeit einräumen, sich hinter dem Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu verschanzen, sondern vielmehr bereits die Auftragsvergabe davon abhängig machen, dass vordefinierte Transparenzanforderungen erfüllt werden.

Der auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zielende Einwand ist aber ganz prinzipiell untauglich, denn selbst schrankenlos gewährte Grundrechte unterliegen einerseits verfassungsimmanenten Einschränkungen und andererseits wird in der konkreten Ausgestaltung durch das Merkmal des überwiegenden Allgemeininteresses ohnehin eine Interessenabwägung gefordert. Auch ein Grundrecht auf Informationszugang hätte damit keinen absoluten Vorrang vor anderen Rechtspositionen. Wer mit der Grundrechtsdogmatik vertraut ist, weiß dies aber ohnehin.

Der Grundansatz der Grünen, die Informationszugangsfreiheit gleichwertig neben die Grundrechte der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit und der Informationsfreiheit zu stellen, ist richtig und ausdrücklich zu begrüßen. Die hiergegen von Union, SPD und FDP erhobenen Einwände sind nicht überzeugend und offenbaren einmal mehr ein fragwürdiges Grundrechtsverständnis. Es ist die Angst vor der Freiheit und den Grundrechten, die die Politik von Union und SPD prägt. Das wird an diesem Beispiel wieder einmal deutlich.

posted by Stadler at 12:57  

25.5.12

Urheberrecht: Google bereinigt seine Suchergebnisse in großem Umfang

Google erhält derzeit ca. 300.000 Löschanfragen pro Woche allein wegen der Behauptung von Urheberrechtsverstößen. Löschungsaufforderungen wegen Urheberrechtsverletzungen stellen damit laut Google den Hauptgrund für die Bereinigung der Suchergebnisse dar.

Die meisten dieser Anfragen stammten in den letzten Monaten von Microsoft und der BPI (British Recorded Music Industry). In den meisten Fällen entfernt Google die beanstandete Website dann auch aus dem Suchindex.

Google teilt in einem aktuellen Blogbeitrag mit, dass man über diesen Aspekt nunmehr regelmäßig berichten wird, um mit diesen Daten zur öffentlichen Diskussion über Urheberrechtsverletzungen im Internet beizutragen.

 

posted by Stadler at 09:56  

24.5.12

Grüne wollen neues Grundrecht auf Informationszugang

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat einen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes in den Bundestag eingebracht, das die Schaffung eines neuen Grundrechts auf Informationszugang vorsieht.

Nach dem Gesetzesentwurf soll in Art. 5 GG ein neuer Abs. 2a eingefügt werden, der wie folgt lautet:

(2a) Jeder hat das Recht auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen sowie zu Informationen nicht öffentlicher Stellen, soweit diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Der Zugang zu Informationen sonstiger nichtöffentlicher Stellen ist zu gewährleisten, soweit dies, insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der natürlichen Lebensgrundlagen, den überwiegenden Interessen der Allgemeinheit dient. Das Nähere wird bundesgesetzlich geregelt.

Brauchen wir ein solches Grundrecht? Wenn man die derzeitige behördliche Praxis betrachtet, die allzu häufig auf eine Verweigerung der Information hinausläuft, ist die Idee sicherlich nicht abwegig. Denn das Grundrecht gibt der Informationszugangsfreiheit ein anderes Gewicht als ein nur einfaches Gesetz, zumal dann auch das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden kann und wird, durch welche Rechte Dritter und welche Belange des Gemeinwohls und unter welchen konkreten Voraussetzungen dieses Grundrecht beschränkt sein kann.

posted by Stadler at 17:18  
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