Besonderheiten des Bayerischen Wahlrechts
Die anstehende Landtagswahl in Bayern bietet Anlass, die Unterschiede des Bayerischen Wahlrechts und des Bundestagswahlrechts zu beleuchten. In persönlichen Gesprächen bemerke ich immer wieder, dass die durchaus signifikanten Unterschiede vielfach gar nicht bekannt sind.
Bei der Bundestagswahl entscheidet über die Sitzverteilung, von der Sonderthematik der Überhangmandate mal abgesehen, allein die Zweitstimme, während man mit der Erststimme (nur) einen Direktkandidaten wählt. Die Zweitstimme ist damit die deutlich wichtigere Stimme.
Das ist in Bayern anders. Zunächst hat man auch bei der Wahl zum Bayerischen Landtag zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählt man den sog. Stimmkreisabgeordneten und mit der Zweitstimme einen Wahlkreisabgeordneten. Hier zeigt sich bereits ein deutlicher Unterschied zur Bundestagswahl. Man wählt mit der Zweitstimme nämlich nicht die Liste einer Partei, sondern kann auch dort zwischen den verschiedenen auf der Liste vertretenen Wahlkreiskandidaten wählen und macht sein Kreuz bei einer bestimmten Person.
Wesentlicher relevanter ist aber, dass in Bayern, anders als bei der Bundestagswahl, die Erst- und die Zweitstimme das gleiche Gewicht haben und in gleicher Weise die Sitzverteilung bestimmen. Wenn ich also mit der Erststimme den Stimmkreiskandidaten der SPD wähle und mit der zweiten Stimme eine Wahlkreiskandidatin der Grünen, habe ich am Ende zu gleichen Teilen SPD und Grüne gewählt. Auch wenn der SPD-Kandidat den Stimmkreis nicht gewinnt, sondern wie in Bayern üblich der Kandidat der CSU, geht meine Erststimme nicht verloren, sondern wird ebenso wie meine Zweistimme für die Sitzverteilung gezählt. Dieses System, das manchmal auch als verbessertes Verhältniswahlrecht bezeichnet wird, hat den Charme, dass man im Grunde zwei Parteien gleichberechtigt wählen kann.
Vielen Menschen ist allerdings gar nicht bewusst, dass ihre Erststimme dasselbe Gewicht hat wie ihre Zweitstimme.