Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.10.13

Unterlassungserklärung beinhaltet kein Anerkenntnis

Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beinhaltet nicht das Anerkenntnis des zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten. Dies gilt auch dann, wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung abgibt, ohne zu erklären, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geschieht.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Abgemahnte den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten förmlich anerkennt oder sonst ausdrücklich zu erkennen gibt, dass der Vorwurf des Abmahnenden zu Recht erfolgt ist.

Das hat der BGH mit Urteil vom 24.09.2013 (Az.: I ZR 219/12) entschieden.

Die immer noch vereinzelt von Abmahnkanzleien vertretene Auffassung, dass die Abgage einer Unterlassungserklärung auch ein Anerkenntnis der Zahlungspflicht beinhaltet, ist damit endgültig vom Tisch.

posted by Stadler at 12:10  

31.10.13

BGH: Spam durch Weiterempfehlungsfunktion

Wenn ein Unternehmen auf seiner Website eine Weiterempfehlungsfunktion anbietet, mit deren Hilfe die Nutzer andere Personen auf die Inhalte der Website aufmerksam machen können, entspricht das der Versendung einer Werbe-E-Mail durch das Unternehmen selbst. Das hat der BGH mit Urteil vom 12.09.2013 (Az.: I  ZR 208/12) entschieden. Die Weiterempfehlungsfunktion wird vom BGH also als Mittel zum Versand unerlaubter Werbung betrachet, mit der Folge, dass der Anbieter entsprechend auf Unterlassung haftet.

Der BGH geht zunächst von einem sehr weiten Werbebegriff aus, der neben der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch sonstige Formen der mittelbaren Absatzförderung umfasst. Für die Einordnung als Werbung kommt es nach Ansicht des BGH auch nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht. Entscheidend sei vielmehr allein das Ziel, das mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen werden soll. Eine solche Funktion habe nämlich, so der BGH, erfahrungsgemäß den Zweck, Dritte auf die angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen.

Aus diesem Grund haftet der Betreiber der Website auch als Täter der Rechtsverletzung, weil die Weiterleitungsfunktion gerade dazu dient, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben.

Wer also auf seiner Website eine Weiterempfehlungsfunktion bereit hält, muss das Risiko wegen der unerlaubten Zusendung von Werbung (Spam) auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, in Kauf nehmen.

posted by Stadler at 10:48  

30.10.13

Drosselklauseln der Telekom bei Flatrates unwirksam

Das Landgericht Köln (Urteil vom 30.10.2013, Az.: 26 O 211/13) hat laut einer Pressemitteilung der Verbraucherzentrale NRW AGB-Klauseln der Telekom für unwirksam erklärt, die eine Drosselung des Surftempos bei Internet-Flatrates im Festnetz vorsehen.

Diese Entscheidung ist nicht überraschend, ähnliche Entscheidungen auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage gab es bereits für den Mobilfunkbereich.

Man darf hieraus aber keinesfalls die Schlussfolgerung ziehen, dass den Providern damit eine Drosselung generell untersagt wäre. Die unangmessene Benachteiligung, die das Landgericht Köln offenbar angenommen hat, dürfte vor allen Dingen daraus resultieren, dass die Telekom den Tarif als Flatrate vermarktet hat und der Kunde bei Flatrates, die ja auch gerne entsprechend vollmundig beworben werden, nicht mit einer Volumenbeschränkung rechnen muss.

Tarifmodelle, die nach dem Verbrauch eines bestimmten Datenvolumens gedrosselt werden, müssen dann eben anders bezeichnet und beworben werden und mit einem deutlichen Hinweis auf die Drosselung versehen sein. Sie sind aber sicherlich nicht per se unzulässig.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es ist damit zu rechnen, dass die Telekom Berufung einlegen wird.

Update:
Nachdem das Urteil bereits im Volltext vorliegt, lässt sich die rechtliche Einschätzung nunmehr noch ergänzen. Das Gericht geht davon aus, dass es sich um eine überraschende AGB-Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB) handelt und diese zudem nach §§ 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam ist. Das Landgericht ist der Ansicht, dass durch die Drosselklausel das Hauptleistungsversprechen (Flatrate) erheblich eingeschränkt und der Kunde dadurch unangmessen benachteiligt wird. Maßgbelich hierfür ist die Verwendung des Begriffs der „Flatrate“, durch den die Telekom zu erkennen gibt, dass sie einen Internetzugang ohne Einschränkung und versteckte Kosten gewährt.

Vor diesem Hintergrund liegt nach Ansicht des LG Köln zudem eine ungewöhnliche Klausel vor, der ein Überrumpelungseffekt innewohnt, so dass auch die Voraussetzungen einer Unwirksmkeit nach § 305c BGB vorliegen. Der Kunde muss nicht damit rechnen, dass die Flatrate durch die AGB eingeschränkt wird.

posted by Stadler at 11:56  

29.10.13

Machen Geheimdienste die Welt sicherer?

Der britische Premierminister droht der Presse mittlerweile mit Zensur, sollte die Berichterstattung über „schädliches Material„, das von Edward Snowden stammt, nicht aufhören. Die Presse müsse laut Cameron gesellschaftliches Verantwortungsgefühl zeigen. Gleichzeitig wird immer wieder behauptet, die Tätigkeit von Geheimdiensten würde Menschenleben retten. Cameron sagt zum Beispiel über die Snowden-Enthüllungen, dass die Welt durch sie nicht sicherer, sondern gefährlicher werde.

Die ausufernde Überwachungstätigkeit der Dienste wird also mit ihrem angeblichen gesellschaftlichen Nutzen begründet, der sich freilich in den USA und im Vereinigten Königreich stets an einer nationalen Perspektive ausrichtet. Dass so argumentiert wird, ist nicht überraschend. Denn sobald sich auf breiter Basis die Erkenntnis durchsetzt, dass Geheimdienste den Menschen nicht nutzen, sondern vielmehr eine Gefahr darstellen, dann würde damit die letzte Fassade fallen. Selbst Politikern wie Obama oder Cameron wäre es dann nicht mehr möglich, die Tätigkeit ihrer Geheimdienst öffentlich zu verteidigen.

Es ist deshalb, jenseits der Diskussion um die Beschneidung der Bürgerrechte und auch jenseits des Mantras von der Balance zwischen Sicherheit und Freiheit, notwendig, zwei Grundthesen zu hinterfragen:

1. Die Geheinmdienste retten Menschenleben, ihre Tätigkeit macht die Welt sicherer

Wenn es darum geht, darzustellen, welche konkreten und ernsthaften Anschlagspläne durch die Tätigkeit von Geheimdiensten tatsächlich vereitelt worden sind, wird es sowohl in den USA als auch in Deutschland immer äußerst dünn. In Deutschland greift die Bundesregierung dann zumeist auf die Sauerlandgruppe zurück, aber selbst dieser einzige Beispielsfall erweist sich bei näherer Betrachtung als eher zweifelhaft.

Demgegenüber steht das Wissen, dass falsche Geheimdienstinformationen den Irakkrieg ausgelöst haben und dass amerikanische Dienste in den letzten gut zehn Jahren hunderte von Menschen entführt und gefoltert haben. Bei US-Drohnenangriffen in Pakistan sind tausende Menschen ums Leben gekommen, die zur Ortung dieser Zielpersonen erforderlichen Informationen stammen zumeist von Geheimdiensten.

Es lässt sich deshalb mit Fug und Recht behaupten, dass Geheimdienste diese Welt unsicherer machen und, dass sie sicherlich mehr Menschenleben vernichtet als gerettet haben. Diesen zentralen Aspekt habe ich in zwei Blogbeiträgen „„Vom Nutzen der Geheimdienste für unsere Sicherheit“ und „Empört Euch!“ näher dargelegt.

2. Die Geheimdienste betreiben doch nur Terrorbekämpfung

Spätestens der Umstand, dass die USA das Handy von Bundeskanzlerin Merkel überwacht haben, dürfte auch dem letzten Zweifler deutlich gemacht haben, dass die vordergründige Zielsetzung amerikanischer Geheimdienste die der Polit- und Wirtschaftsspionage ist. Weil man das aber natürlich offiziell nicht einräumen kann, ist der Vorwand der Terrorbekämpfung willkommen. Die amerikanische und auch die britische Politik will stets vorab über die politischen Vorhaben und Ziele anderer Staaten und Institutionen wie der EU oder der UN informiert sein. Der amerikanischen Wirtschaft wird durch Industriespionage ein Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Unternehmen anderer Staaten verschafft. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Tätigkeit von Geheimdiensten im Grunde nur als Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln. Nationalstaaten bekämpfen den Rest der Welt, um des eigenen Vorteils willen. Es ist daher die Aufgabe des Völkerrechts, die Tätigkeit von Geheimdiensten ebenso zu ächten wie kriegerische Auseinandersetzungen. Auch wenn die Erreichung dieses Ziels vielen unrealistisch erscheinen mag, wird man es ernsthaft diskutieren und ins Auge fassen müssen.

posted by Stadler at 17:20  

29.10.13

Wie kann man sich beim Filesharing als Anschlussinhaber entlasten?

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 27.09.2013 (Az.: 29 C 275/13 (85)) eine Filesharing-Klage eines Musiklabels abgewiesen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich damit verteidigt, dass er zum angegebenen Verletzungszeitpunkt auf einer Geschäftsreise im Ausland war und sein Anschluss außerdem regelmäßig auch von seiner Ehefrau und seinen Kindern benutzt wird. Das hat dem Amtsgericht Frankfurt ausgereicht, um eine Täter- und Störerhaftung des Anschlussinhabers zu verneinen.

Vergleichbare Sachverhalte werden von anderen Gerichten, insbesondere vom Amtsgericht München, nach wie vor anders entschieden. Die Streitfrage ist hierbei immer, was der Anschlussinhaber im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vortragen muss. Das Amtsgericht München geht bislang davon aus – wobei es hier offenbar mittlerweile auch andere Tendenzen gibt – dass der Vortrag, andere Familienmitglieder würden den Internetanschluss ebenfalls mitbenutzen, nicht ausreichend sei. Vielmehr müsse zusätzlich vorgetragen werden, dass diese Familienmitglieder zum fraglichen Zeitpunkt auch tatsächlich zuhause waren und auch das Internet genutzt hätten. Ein solcher Vortrag ist dem Anschlussinhaber – zumal wenn er selbst nicht zuhause war und zwischenzeitlich mehrere Jahren vergangen sind – nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig aber nicht möglich, weshalb man sich in vielen Fällen nicht effektiv gegen den Vorwurf der Urheberrechtsverletzung verteidigen kann.

posted by Stadler at 14:01  

28.10.13

Darf die NSA in Deutschland die Telekommunikation überwachen?

Der Historiker Josef Foschepoth – dessen Forschung mit Sicherheit verdienstvoll ist – behauptet regelmäßig, die NSA würde deutsche Bürger und deutsche Politiker auch nach deutschem Recht ganz legal abhören. Nachzulesen zuletzt in einem aktuellen Interview mit ZEIT-Online.

Zum Beleg seiner These beruft sich Foschepoth stets auf Verträge zwischen Deutschland und den ehemaligen Alliierten. Konkret sagt er gegenüber ZEIT-Online, dass die ehemaligen Westmächte die gleichen geheimdienstlichen Rechte wie nach dem G10-Gesetz in einem Zusatzvertrag zum Nato-Truppenstatut von 1959 dauerhaft erhalten hätten.

Juristisch betrachtet sind die Aussagen von Foschepoth schlicht falsch. Beschränkungen des Grundrechts aus Art. 10 GG dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Das von Foschepoth herangezogene Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut ist kein Gesetz in diesem Sinne, weshalb eine solche Vereinbarung Deutschlands mit den USA, dem UK und Frankreich nicht mit der Verfassung vereinbar wäre.

So weit braucht man aber gar nicht zu gehen, denn ein Blick in das Zusatzabkommen macht sehr schnell deutlich, dass die von Foschepoth behaupteten Überwachungsbefugnisse dort überhaupt nicht geregelt sind.

In einem Interview mit der SZ erläuterte Foschepoth, dass sich beide Seiten in dem Zusatzabkommen zu engster Zusammenarbeit verpflichten, was insbesondere „die Sammlung, den Austausch und den Schutz aller Nachrichten“ beinhaltet. Und genau hierauf stützt Foschepoth seine Schlussfolgerung von der Überwachungsbefugnis der NSA.

Er bezieht sich damit offenbar auf Art. 3 Abs. 2 a) dieses Zusatzabkommens, der wie folgt lautet:

Die in Absatz (1) vorgesehene Zusammenarbeit erstreckt sich insbesondere

(a) auf die Förderung und Wahrung der Sicherheit sowie den Schutz des Vermögens der Bundesrepublik, der Entsendestaaten und der Truppen, namentlich auf die Sammlung, den Austausch und den Schutz aller Nachrichten, die für diese Zwecke von Bedeutung sind;

Es stellt bereits eine äußerst kühne These dar, aus dieser Formulierung in dem Abkommen eine Befugnis zur Post- und TK-Überwachung ableiten zu wollen, die den Befugnissen des G10-Gesetzes entspricht. Denn ein Mindestmaß an Bestimmtheit und Normklarheit muss jede Regelung aufweisen. Man kann deshalb unschwer feststellen, dass dieses Zusatzabkommen den USA und anderen Staaten keinerlei Befugnisse verleiht, in Deutschland Maßnahmen der TK-Überwachung durchzuführen. Eine Vereinbarung mit diesem Inhalt existiert nicht. Zumal Art. 3 Abs. 3 b) des Abkommens klarstellt, dass keine Vertragspartei zu Maßnahmen verpflichtet ist, die gegen ihre Gesetze verstoßen würden. Eine derartige Überwachungsbefugnis zugunsten ausländischer Staaten wäre nach deutschem Recht aber nicht nur verfassungswidrig, sondern wegen §§ 98 und 99 StGB auch strafrechtlich relevant.

Die Thesen Foschepoths kann man deshalb mit Fug und Recht als abwegig bezeichnen.

Damit ist natürlich noch nichts darüber ausgesagt, ob frühere Bundesregierungen nicht von einer entsprechenden Tätigkeit ausländischer Geheimdienste Kenntnis hatten und dies geduldet haben. Mit einer derartigen Duldung hätte die Bundesregierung sich allerdings ihrerseits rechtswidrig verhalten. Legal hören amerikanische Dienste in Deutschland jedenfalls nicht ab.

posted by Stadler at 11:46  

27.10.13

Massenabmahnungen: Ist ein Ende in Sicht?

Ein kurzer Hinweis in eigener Sache: Meine erste Kolumne für die neugestaltete Site der Anwaltauskunft des DAV trägt den Titel „Massenabmahnungen: Ist ein Ende in Sicht?“ und beschäftigt sich mit dem vor zwei Wochen in Kraft getretenen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, durch das der Gesetzgeber u.a. Missständen bei urheberrechtlichen Abmahnungen den Kampf ansagen will.

posted by Stadler at 13:18  

25.10.13

NSA-Affäre: Was nun Frau Merkel?

Der Kollege Axel Spieß stellt sich im Beck-Blog die Frage, welche rechtlichen Maßnahmen die Bundesregierung von Deutschland aus ergreifen könnte, um gegen das Ausspähen des Handys von Angela Merkel vorzugehen. Er spricht eine Klage vor dem IGH und Ermittlungen der Bundesanwaltschaft an und hält diese Maßnahmen für unwahrscheinlich bzw. nicht erfolgsversprechend.

Kündigung des Swift-Abkommens

Die Aussetzung des Safe-Harbor-Abkomens wird von Spieß ebenfalls angesprochen. Insoweit liegt die Entscheidung, ebenso wie beim Swift-Abkomen, allerdings bei der EU. Das ändert freilich nichts daran, dass Deutschland sich offensiv dafür einsetzen könnte, das Swift-Abkommen zu kündigen. Die Vorzeichen hierfür sind nicht so ungünstig, nachdem sich bereits das EU-Parlament für eine Kündigung des Swift-Abkommens ausgesprochen hat. Deutschland könnte hierfür eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten organisieren. Die Kündigung des Safe-Harbor-Abkommens wäre aufgrund des intensiven Datenaustausches im geschäftlichen Bereich sicherlich ein ambitioniertes Vorhaben, das kurzfristig kaum denkbar erscheint.

Zusammenarbeit zwischen BND und NSA beenden

Die Bundesregierung könnte außerdem die intensive Zusammenarbeit zwischen dem BND und amerikanischen Diensten beenden oder zumindest auf Eis legen. Gerade auch in Richtung des BND wäre ohnehin einiges zu veranlassen und aufzuklären. Auch die Anerkennung Edward Snowdens als politisch verfolgt, wäre ein starkes politisches Signal.

Nachdem die US-Geheindienste sowohl die UN, die EU als auch die Bundesregierung und die französische Regierung überwachen, ist nunmehr endlich eine scharfe und spürbare Reaktion geboten.

All das wird voraussichtlich aber nicht passieren, denn dieses Land wird schließlich immer noch von Angela Merkel regiert. Dass diese Bundesregierung der US-Überwachungsmaschinerie nichts entgegenzusetzen hat, zumal hierfür bereits der politische Wille fehlt, hat sie ausreichend unter Beweis gestellt. Vielleicht führen die aktuellen Erkenntnisse aber auch dazu, dass im politischen Berlin noch einige von denen aufwachen, die sich bislang geweigert haben, die Welt so zu sehen wie sie ist. Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn diese Bundesregierung bislang wenig Anlass zur Hoffnung gegeben hat.

posted by Stadler at 09:10  

24.10.13

Die Datenschutzgrundverordnung regelt die Überwachungsthematik nicht

In der gestrigen Pressemitteilung der Bundestagsfraktion der Grünen zur Zustimmung des Innenausschusses des EU-Parlaments zum Entwurf der geplanten Datenschutz-Grundverordnung steht ein bemerkenswerter Satz:

Endlich besteht die Chance, dass Daten europaweit effektiv geschützt werden – auch im Internet und gegen die Zugriffe von Geheimdiensten außerhalb der EU.

Ist das wirklich so? In einem Blogbeitrag zum Kanzlerduell hatte ich vor einigen Wochen erläuert, weshalb die Aussagen Angela Merkels zur NSA-Affäre und zum EU-Datenschutz falsch sind. Hat man also den Entwurf der Verordnung in diesem Punkt entscheidend nachgebessert? Es sieht auf den ersten Blick nicht so aus. In Art. 2 Nr. 2 des vom Innenausschuss beschlossenen Verordnungsentwurfs heißt es jetzt (die Streichung stellt die Änderung im Vergleich zur vorherigen Entwurfsfassung dar):

2. This Regulation does not apply to the processing of personal data:
(a) in the course of an activity which falls outside the scope of Union law , in particular national security;
(…)
(e) by competent public authorities for the purposes of prevention, investigation, detection or prosecution of criminal offences or the execution of criminal penalties.

Die Streichung des Insbesonderezusatzes zur nationalen Sicherheit hat m.E. nur kosmetische Funktion und bewirkt keine materielle Änderung. Die Datenerhebung durch Behörden im präventiven und repressiven polizeilichen Bereich wird ebensowenig erfasst, wie die Datenerhebung aus Gründen der (nationalen) Sicherheit durch irgendeinen Nationalstaat.

Aufschlussreich ist dazu auch der Erwägungsgrund 14:

This Regulation does not address issues of protection of fundamental rights and freedoms or the free flow of data related to activities which fall outside the scope of Union.

Der gesamte Bereich der TK-Überwachung – auch der durch ausländische Dienste – fällt also nach wie vor nicht in den Anwendungsbereich der geplanten EU-Verordnung. Man sollte sich insoweit also weder von der Union noch von den Grünen etwas anderes erzählen lassen.

posted by Stadler at 12:30  

21.10.13

Filesharing: Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken läuft leer

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist am 09.10.2013 in Kraft getreten. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es,  die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing eindämmen. Dies sollte durch eine Deckelung der Abmahnkosten erreicht werden.

Nach noch nicht einmal zwei Wochen ist bereits erkennbar, dass dieses Ziel wohl nicht erreicht werden wird. Dies möchte ich anhand einer aktuellen Abmahnung der Kanzlei Waldorf Frommer – der mittlerweile wohl größte Player im Bereich der Filesharing-Abmahnungen – näher erläutern. Die Kanzlei Waldorf Frommer hat vor Inkrafttreten des Gesetzes in sehr vielen Fällen Anwaltskosten in Höhe von 506 EUR und Schadensersatz in Höhe von 450 EUR geltend gemacht, was einem Gesamtforderungsbetrag von 956 EUR entsprach.

Nach der Neuregelung wird der Schadensersatz, jedenfalls in mir vorliegenden Abmahnungen, auf 600 EUR beziffert. Man hat also bei Waldorf Frommer zunächst mit einer Erhöhung der Schadensersatzforderung auf das Gesetz reagiert. Anwaltskosten werden nunmehr in Höhe von EUR 215 geltend gemacht. Hierzu nimmt man einen Gegenstandswert für die Unterlassung von EUR 1.000 und addiert den Gegenstandswert für den Schadensersatz von EUR 600 – der bislang nicht in Ansatz gebracht worden war – hinzu, was einen Gesamtgegenstandswert von 1.600 EUR ergibt. Eine 1,3-Geschäftsgebühr hieraus ergibt nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes dann den Betrag von 215 EUR für die Anwaltskosten. Man hat die Anwaltskosten nach dieser Berechnung also im Vergleich zu früher um knapp 300 EUR reduziert, aber gleichzeitig den Schadensersatzbetrag um EUR 150,- erhöht, woraus sich nur eine Reduzierung der Gesamtforderung um 141 EUR ergibt.

Waldorf Frommer hat allerdings textbausteinartig die Formulierung aufgenommen, dass man für den Fall einer gerichtlichen Geltendmachung darlegen und beweisen werde, dass ein Streitwert von 1.000 EUR unbillig sei. Wie man das machen will, ist zwar unklar, aber die Drohung mit einem deutlich höheren Aufwendungsersatzanspruch steht damit im Raum.

Meine Vermutung, dass die Abmahnkanzleien versuchen werden, die Reduzierung der Anwaltskosten durch eine Erhöhung der Schadensbeträge (teilweise) zu kompensieren hat sich also sehr schnell als zutreffend erwiesen. Dass das Gesetz nicht wirklich geeignet ist, die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing einzudämmen, war leider im Grunde von vornherein klar.

posted by Stadler at 11:55  
Nächste Seite »