Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

9.10.13

Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken heute in Kraft getreten

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das u.a. die Beseitigung von Missständen bei urheberrechtlichen Abmahnungen zum Ziel hat, wurde gestern im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist heute in Kraft getreten. Ich habe bereits mehrfach über das Gesetz bzw. den Gesetzsvorschlag gebloggt. Das Gesetz möchte vor allem die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing eindämmen. Ob das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Man darf gespannt sein, wie die großen Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer oder Rasch auf die gesetzliche Neuregelung reagieren und wie die Gerichte das Gesetz dann auslegen werden.

Die neue Vorschrift § 97a Abs. 3 UrhG bestimmt, dass der Anspruch auf Erstattung von anwaltlichen Abmahnkosten auf Rechtsanwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch von EUR 1.000,- gedeckelt wird. Bei Anwendung der 1,3-Regelgebühr entspricht dies aktuell Anwaltskosten in Höhe von EUR 124,- (netto). Das Gesetz sieht allerdings vor, dass aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls davon abgewichen werden kann, wenn der Wert unbillig ist.

Das Gesetz bringt übrigens noch eine Reihe weiterer Neuerungen, die in der Berichterstattung bislang eher untergegangen sind.

So werden beispielsweise bestimmte Darlegungs- und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen normiert, die sowohl für Inkassobüros als auch für Rechtsanwälte gelten. Inkassoschreiben müssen künftig klar und verständlich folgende Angaben enthalten:

1. den Namen oder die Firma des Auftraggebers,
2. den Forderungsgrund, bei Verträgen unter konkreter Darlegung des Vertragsgegenstands und des Datums des Vertragsschlusses,
3. wenn Zinsen geltend gemacht werden, eine Zinsberechnung unter Darlegung der zu verzinsenden Forderung, des Zinssatzes und des Zeitraums, für den die Zinsen berechnet werden,
4. wenn ein Zinssatz über dem gesetzlichen Verzugszinssatz geltend gemacht wird, einen gesonderten Hinweis hierauf und die Angabe, aufgrund welcher Umstände der erhöhte Zinssatz gefordert
wird,
5. wenn eine Inkassovergütung oder sonstige Inkassokosten geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund,
6. wenn mit der Inkassovergütung Umsatzsteuerbeträge geltend gemacht werden, eine Erklärung, dass der Auftraggegber diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

Auch urheberrechtliche Abmahnungen müssen transparenter werden. § 97a Abs. 2 UrhG verlangt, dass die Abmahnung in klarer und verständlicher Weise folgende Angaben enthalten muss:

1. Name oder Firma des Verletzten, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
2. die genaue Bezeichnung der Rechtsverletzung,
3. die geltend gemachten Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Eine Abmahnung, die nicht diesen Vorgaben entspricht, ist künftig unwirksam! Damit beinhaltet die bislang weit verbreitete Praxis eine sehr weitgehende Unterlassungserklärung zu fordern, das Risiko der Gesamtunwirksamkeit solcher Abmahnungen.

Dieser Aspekt wird mit Sicherheit demnächst Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen werden.

posted by Stadler at 09:53  

8 Comments

  1. Nicht zu vergessen die Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstands“ für Urheberrechtsklagen gegen Privatpersonen: § 104a UrhG.

    Comment by OG — 9.10, 2013 @ 10:53

  2. Mir fallen da ja schon als Laie gleich mehrere Möglichkeiten ein, den Gesetzeszweck zu „unterlaufen“:

    – Die Kanzleien fangen an, sich „offieziell“ zu vernetzen und warten, biss mehrere Verstöße Festgestellt wurden.

    – Es wird überhaupt keine Unterlassungserklärung mehr beigefügt. So wird beim Abgemahnten ein schwierig zu kalkulierendes Prozesskostenrisiko für den Fall einer nicht ausreichenden Erklärung erzeugt bzw. sich ein Vorteil aus einer „sicherheitshalber“ zu weitreichenden Erklärung abgegriffen. Oder es werden Kosten aus Verfügungsklagen generiert, wenn jemand nicht versteht, was er machen muss und gar keine Erklärung abgibt.

    – Auch der Gerichtsstand wird vermutlich erst nach sehr langer Zeit (wenn überhaupt) echte Entlastung bringen: Zum einen bezweifle ich, dass die meisten in kürze davon betroffenen Richter auch nur Ansatzweise die Thematik der Abmahnungen und deren technische Grundlagen verstehen wird (oder will). Zum anderen sehe ich da eine Menge Testballon-Klagen und dann eine Klagekonzentration auf Gerichte, die Abmahnerfreundlich Urteilen. Dann sind es halt ein paar mehr als Frankfurt, Köln und München. Den Vorteil haben dann halt nur die Menschen, die in weniger Abmahnerfreundlichen Gerichtsbezirken wohnen. Vermutlich wird sich dann so etwas wie „Geoabmahning“ entwickeln.

    Und hinsichtlich des Inkassos sehe ich da vor allem bei unseriösen Forderungen (z.B. denen der „Glückspielvermittler“) auch kein Bisschen Entlastungspotential. Weder beim Inhalsso noch bei dem Schriftvorhalt. Das Kerngeschäft scheint in meiner Wahrnehmung nicht „Schließen wirksamer Verträge und deren Durchsetzung“ zu sein, sondern „Aufbauen einer Drohkulisse und Zahlungen durch Angst“ zu generieren. Solange ein gewisser Anteil der Gemahnten bei ausreichender Drohkullise zahlen wird, wird das Geschäftsmodell weiter bestehen.

    Comment by Johannes — 9.10, 2013 @ 11:06

  3. Gleichzeitig erlässt man aber das für/von/mit Frieda Springer massgeschneiderte Leistungsschutzrecht für die Presseverleger, damit die am Hungertuch nagende Armwaltschaft anderweitig pfründen kann. Das ganze nennt sich dann rautenmässig ausgewogen. *Murkels Lache im Off*

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 9.10, 2013 @ 11:10

  4. Danke für den Hinweis Herr Kollege. Dann wirds bald vorbei sein mit der Abzocke.

    Comment by Hechler — 9.10, 2013 @ 17:08

  5. Sie verkennen, dass die neuen Informationspflichten gemäß Artikel 10 des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken NICHT ab gestern (09.10.2013), sondern erst ab 01.11.2014 gelten.

    Comment by Michaela — 10.10, 2013 @ 06:50

  6. Eine Aufstellung wann was in Kraft tritt und eine Gegenüberstellung von alter und neuer Fassung für die bereits geltenden Änderungen findet sich hier http://www.buzer.de/gesetz/10942/l.htm

    Comment by Daniel — 10.10, 2013 @ 12:29

  7. Bin selbst betroffen von einer solchen Hetzjagt.
    Soll für ein Bild 61KB das auf meiner Homepage war 2500€ zahlen. Massenabmahnung von Eurolufblaba und Kanzlei Dene v.Handgarage&Partner.(Namen verändert)
    Das sind ganz üble Praktiken.
    Ich hoffe die Richter erkennen daß die Firmen nur unser bestes wollen, unser Geld.Nicht falsch verstehen ich bin für Urheberrecht und habe auch einen Vergleich vorgeschlagen, aber hier wird mit den Säbeln gerasselt und mit der Angst gespielt. Das ist ein Verstoß gegen die Moral.

    Comment by Roland — 19.12, 2013 @ 12:23

  8. Bei der Suche nach alten Artikeln bin ich auf Ihren Beitrag hier gestoßen. Ohne zweifel war das Inkafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken der Weg in die richtige Richtung! Kollegiale Grüße.

    Comment by Müller — 14.12, 2017 @ 09:54

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