Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.5.13

Bundesprüfstelle indiziert Punksampler

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat am 02.05.2013 den Tonträger „Chaostage – We are Punks“ in die Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen.

Als indizierungsrelevant hat die Bundesprüfstelle vor allen Dingen den Uralttitel „Bullenschweine“ der Band Slime bewertet.

Der Musiker Alec Empire (Atari Teenage Riot), der den Song für den Sampler und Filmsoundtrack neu aufgenommen hat, beklagt sich auf Twitter über „state controlled art in Germany„.

Der Fall macht einmal mehr deutlich, dass die Maßstäbe des Jugendschutzes deutlich strenger sind als die des Strafrechts, worüber man in Zukunft sicher noch rechtspolitisch zu diskutieren haben wird. Die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart (Beschluss vom 15. März 201, Az. 9 Qs 9/13) nach der der Songtext nicht strafrechtlich relevant ist, ändert aus Sicht der Bundesprüfstelle nichts an der Qualifizierung als einfach jugendgefährdend im Sinne von § 18 Abs. 1 JuSchG.

Dass der Songtext von Slime – den ich bereits aus meiner Jugend kenne – geeignet ist, bei Kindern und Jugendlichen anno 2013 Sadismus und Gewalttätigkeit, Hinterlist und gemeiner Schadenfreude zu wecken und damit einen verrohenden Einfluss auszuüben, darf man getrost bezweifeln. Wenn man sich zudem die Liste der Künstler ansieht, die Slime zitieren oder covern, muss man mittlerweile außerdem eine gewisse kulturelle Bedeutung unterstellen.

Der Jugendschutz treibt in Deutschland immer wieder seltsame Blüten.

posted by Stadler at 18:47  

29.5.13

Namensrechtsverletzung durch Nennung in einem Zeitschriftenimpressum

Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 10.04.2013 (Az.: 2a O 235/12) entschieden, dass die Nennung einer Person im Impressum einer Zeitschrift in der Rubrik Mitarbeiter die Namensrechte dieser Person verletzen kann. Nach Ansicht des LG Düsseldorf wird hierdurch der Anschein erweckt, die betroffene Person sei tatsächlich ein ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift. Ist dies nicht der Fall, wird durch die Benennung das Namensrecht verletzt.

Der Kläger des Verfahrens hatte der Zeitschrift im Jahre 2006 mehrere Manuskripte zur Verfügung gestellt. Seither wurde er im Impressum als Mitarbeiter genannt. Der Kläger wollte für diese unberechtigte Bennennung insgesamt EUR 17.000,- Schadensersatz. Das Landgericht hat zwar eine Verletzung seiner Namensrechte bejaht, ihm aber lediglich Schadensersatz in Höhe von EUR 660,- und weitere EUR 1.000,- Vertragsstrafe zugebilligt.

posted by Stadler at 15:08  

28.5.13

Der SPIEGEL und die hohe Kunst des Tendenzjournalismus

Der Spiegel macht in seiner aktuellen Ausgabe (22/2013) mit dem reißerischen TitelBordell Deutschland – Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert“ auf. Tenor des Artikels: Prostituierte werden in noch stärkerem Maße als früher von Zuhältern und Menschenhändlern ausgebeutet, wofür maßgeblich das Prostitutionsgesetz aus dem Jahre 2001 verantwortlich sei.

Auch wenn die Darstellung des Spiegels sicherlich eine ganze Reihe zutreffender Einzelaspekte enthält, ist sie in wesentlichen Teilen unrichtig bzw. verzerrend, was auch den Autoren, sofern sie ein Mindestmaß an Recherche angestellt haben, bewusst sein muss.

Die Titelgeschichte beginnt mit der Schilderung des Einzelschicksals einer jungen Frau aus Rumänien, die unter falschen Voraussetzungen nach Berlin gelockt wurde und dort in einem Bordell unter ausbeuterischen Umständen der Prostitution nachgeht. Der Vorteil einer solchen Darstellung ist es, dass ohnehin niemand überprüfen kann, ob sie authentisch ist oder nicht. Ich will das zugunsten des SPIEGEL aber gerne annehmen. Als Jurist weiß man allerdings, dass die Qualität eines Gesetzes, also einer Regelung die für eine unbestimmte Vielzahl an Einzelfällen eine abstrakte Regelung trifft, niemals anhand eines Einzelfalles beurteilbar ist. Gleichwohl ist es ein beliebtes journalistisches Stilmittel, eine kritische Darstellung entlang eines Einzelfallschicksals aufzubauen. Wenn in dem Artikel des SPIEGEL die sonstigen Fakten und Aussagen stimmen würden, könnte man den Einsatz dieses Mittels noch hinnehmen. Aber das ist leider nicht der Fall.

Bezeichnend ist beispielsweise folgende Aussage in dem Artikel:

Mit der Einführung des Prostitutionsgesetzes wurde auch das Strafrecht geändert. An die Stelle der „Förderung der Prostitution“ trat als Straftat die „Ausbeutung von Prostituierten“. Zuhälterei ist strafbar, wenn sie „ausbeuterisch“ oder „dirigistisch“ ist. Polizisten und Staatsanwälte verzweifeln, weil ein solcher Tatbestand kaum zu beweisen ist. Als ausbeuterisch kann ein Zuhälter gelten, wenn er mehr als die Hälfte der Einnahmen an sich nimmt. Das ist aber selten zu belegen. Im Jahr 2000 wurden 151 Personen wegen Zuhälterei verurteilt, 2011 waren es nur noch 32.

Das Bundesfamilienministerium, das die Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes untersucht hat, gelangt freilich zu anderen und deutlich differenzierteren Ergebnissen:

Die Anzahl der Ermittlungsverfahren auf der Grundlage der §§ 180 a I, 181 a II StGB hat sich seit Inkrafttreten des ProstG nach Einschätzung circa der Hälfte der befragten Strafverfolgungsbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft, verringert. Die andere Hälfte gab an, die Verfahrenszahlen seien bereits vor Inkrafttreten des ProstG gering gewesen. Die überwiegende Anzahl der befragten Vertreter und Vertreterinnen von Polizei und Staatsanwaltschaft sah dadurch für ihren Arbeitsbereich keine große Veränderung.

Die Strafverfolgung auf der Grundlage von §§ 180 a I StGB spiele seit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes in der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis keine Rolle mehr.

60 % (33) derer, die eine Einschätzung vorgenommen haben, sahen keinen Zusammenhang zwischen dem Prostitutionsgesetz und ihren rechtlichen Möglichkeiten bei der Strafverfolgung.

34,5 % (19) der Vertreter und Vertreterinnen von Staatsanwaltschaften sahen darin einen Erschwernisgrund für ihre Arbeit im Bereich der Strafverfolgung von Menschenhandel und Zuhälterei. Handlungen, die den Straftatbestand der Förderung erfüllten, wurden bereits vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes häufig als wenig strafwürdig angesehen. Die alte Fassung wurde als „realitätsfremd“ angesehen. Dort, wo die Strafverfolgung auf den Tatbestand der Förderung zurückgegriffen hat, wurde sein Nutzen in einer Art Vehikelfunktion1 gesehen. § 180 a I Nr.2 StGB a. F. leistete den Einstieg in Ermittlungen, legitimierte die Anordnung weiterführender Maßnahmen wie z. B. Durchsuchungen und bot letztlich die Möglichkeit für eine Verurteilung, wenn schwerwiegendere Delikte nicht nachweisbar waren. (…)

Die Entwicklung der Verfahrenszahlen sowie die Bewertung der strafrechtlichen Veränderung durch das Prostitutionsgesetz scheinen somit auch von der jeweiligen Arbeitsroutine und dem Erkennen von Handlungsalternativen in den einzelnen Regionen abzuhängen.

Letztlich wurde nur aus einer von 52 Staatsanwaltschaften und einer von 20 Polizeidienststellen die Forderung nach der Wiedereinführung des § 180 a I Nr. 2 StGB a. F. erhoben.

Ansonsten verneinten selbst diejenigen Vertreter und Vertreterinnen von Staatsanwaltschaften und Polizei, die vereinzelt den Wegfall der Förderung als Erschwernis ihrer Arbeit werteten, die Frage nach dem Wunsch der Wiedereinführung einhellig. Die Streichung des Tatbestandes sei ein Schritt in die richtige Richtung von verbesserten Arbeitsbedingungen für Prostituierte.

Was die oben zitierten Aussagen des SPIEGEL angeht, stellt sich zunächst die Frage, woher die Zahlen zu den Verurteilungen in den Jahren 2000 und 2011 stammen. Nachdem es keine bundesweite Statistik über strafrechtliche Verurteilungen gibt, können diese Angaben nur aus Umfragen bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften stammen. Derartige Umfragen sind mit Vorsicht zu genießen, da sie in erheblichem Maße unvollständig sind.

Ergänzung vom 29.05.2013: Nachdem ich darauf hingewiesen wurde, dass es sich hierbei um die Zahlen des Statistischen Bundesamts handeln könnte, ist an dieser Stelle eine Ergänzung geboten. Meine vorherige Aussage war insoweit unzutreffend, als, dass es vom Statistischen Bundesamt zumindest seit 2007 eine bundesweite Statistik gibt. Die Daten des Bundesamtes weisen für das Jahr 2011 51 Verurteilungen wegen Zuhälterei aus und nicht wie vom SPIEGEL angegeben 32. Die Zahlen des SPIEGEL sind also offenbar nicht die des Bundesamtes. Wenn man sich jetzt aber z.B. die Zahlen des StBA für das Jahr 2003 – die nur das alte Bundesgebiet betreffen! – ansieht, also das zweite Jahr nach Inkraftrteten des Prostitutionsgesetzes, werden dort 144 Veururteilungen wegen Zuhälterei angegeben. Sollten die Zahlen des Spiegel – deren Herkunft mir nach wie vor unklar ist – stimmen, dann hat sich die Zahl der Verurteilungen wegen Zuhälterei durch Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes nicht signifikant verändert und ist erst in späteren Jahren zurückgegangen. Gerade bei derartig geringen absoluten Zahlen, stellt sich immer aber auch die Frage der Genauigkeit dieser Statisitik. Nach meinem Kenntnisstand waren die Zahlen, die die Strafgerichte an die statistischen Landesämter noch vor 10 Jahren oder früher geliefert haben, nicht unbedingt vollständig und exakt.

Die weitere Aussage des SPIEGEL, Polizei und Staatsanwaltschaften würden an der Neuregelung verzweifeln – was suggeriert, dass eine Rückkehr zum alten Recht gewünscht sei – ist definitiv unrichtig. Diese Haltung existiert mehrheitlich bei Polizei und Staatsanwaltschaften laut der Untersuchung des Ministeriums gerade nicht.

Auch die Aussage, Zuhälterei sei nur strafbar, wenn sie „ausbeuterisch“ oder „dirigistisch“ ist, was kaum nachweisbar sei, ist zumindest tendenziös.

Nach der geltenden gesetzlichen Regelung liegt Zuhälterei nur dann vor, wenn der Zuhälter eine Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder diese Person wegen eines Vermögensvorteils bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

Insoweit mag es in Einzelfällen, wie sonst in Strafverfahren auch, Nachweisschwierigkeiten geben. Man muss aber auch hier die Frage stellen, was denn eigentlich Zuhälterei ist und wie der Gesetzgeber das definieren soll. Nach der alten Rechtslage war u.U. bereits die Schaffung einer angenehmen Atmosphäre ausreichend, womit potentiell jeder zum Zuhälter gemacht wurde, der irgendeine Aktivität im Dunstkreis einer Prostituierten entfaltet hat. Wenn sich die Zahl der Verurteilungen redziert haben sollte, sind möglicherweise nur die rechtspolitisch ohnehin fragwürdigen Verurteilungen weggefallen. Und das wäre dann sicherlich kein Rückschritt.

Der zentrale Kritikpunkt am Artikel des SPIEGEL ist aber ein anderer. Denn der Text befasst sich im wesentlichen gar nicht mit Zuhälterei, sondern mit dem, was man juristisch als Zwangsprostitution bezeichnet. Und an diesem Punkt ist die Darstellung des SPIEGEL geradezu grotesk falsch.

Was den Menschenhandel betrifft, so ist dieser natürlich strafbar. Das Strafgesetzbuch enthält in § 232 StGB sogar eine eigene Strafvorschrift zum sog. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Der Strafrahmen dieser Vorschrift beträgt sechs Monate bis 10 Jahre. Diese Vorschrift wurde erst 2005 eingeführt und beinhaltet im Vergleich zu ihrer Vorgängerregelung des § 180b StGB (a.F.) eine deutliche Verschärfung, sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich des Strafrahmens.

Da mit dieser Vorschrift gerade die sog. Zwangsprostitution – um die es im Artikel des SPIEGEL eigentlich geht – strafrechtlich erfasst wird, ist der gesamte Grundtenor des Spiegeltitels unrichtig. Eine seriöse Berichterstattung hätte vielmehr darauf hinweisen müssen, dass der Gesetzgeber die Regelungen zur Zwangsprostitution 2005 deutlich verschärft hat. Es kann also wahrlich keine Rede davon sein, dass der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert. Das Gegenteil ist vielmehr richtig. Der Gesetzgeber hat die Regelungen zu Zwangsprostitution und Frauenhandel deutlich verschärft. Mit strafrechtlichen Grundkenntnissen und etwas Recherche hätte man das auch beim SPIEGEL herausfinden müssen. Es stellt sich deshalb die Frage, weshalb der SPIEGEL eine bekannte konservative, um nicht zu sagen reaktionäre, Position übernimmt und sodann mit einer falschen Darstellung der Fakten untermauert. Geht es hier nur um den reißerischen Aufmacher? Mit seriösem Journalismus hat das jedenfalls nichts zu tun. Das was der SPIEGEL hier anbietet, ist nichts anderes als Tendenzjournalismus in Reinkultur.

Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Blogbeitrag der Sexarbeiterin Carmen, die in einem ergänzenden Artikel des aktuellen SPIEGEL porträtiert wird und zwar nach ihrer Aussage in einer Art und Weise, die mit dem interviewenden Journalisten nicht abgesprochen war.

posted by Stadler at 18:31  

28.5.13

Warum reden wir so wenig über das Urhebervertragsrecht?

Torsten Kleinz berichtet für Heise über die Jahrestagung des Instituts für Rundfunkrecht, die sich mit dem Thema Urhebervertragsrecht beschäftigt hat. Kleinz schließt mit dem Satz, auf der Tagung in Köln würde niemand erwarten, dass der Bundestag in absehbarer Zeit das Urhebervertragsrecht klarstellt oder wesentlich überarbeitet. Und das obwohl viele Fachleute die geltenden Regelungen des Urhebervertragsrechts für unzureichend bzw. misslungen halten.

Warum wir kein für die tatsächlichen Urheber besseres und griffigeres Urhebervertragsrecht haben, habe ich in diesem Blog bereits mehrfach erläutert. Der zunächst vielversprechende Gesetzesentwurf wurde im Gesetzgebungsverfahren vor über 10 Jahren von der Verlagslobby solange erfolgreich verwässert, bis er einen den Verlagen genehmen aber praxisuntauglichen Inhalt hatte.

Warum wird aktuell in der öffentlichen Diksussion vergleichsweise wenig über das Urhebervertragsrecht geredet, dafür aber umso mehr über die Bedrohungen, die Phänomene wie Filesharing angeblich mit sich bringen? Weil die Rechteinhaber wie Verlage oder Musikkonzerne kein Interesse daran haben, die Position der Urheber zu stärken und es ihnen gleichzeitig gelungen ist, eine Reihe prominenter und damit auch gutverdienender Autoren und Künstler vor ihren Karren zu spannen.

Letztlich wäre gar kein großer Aufwand zu betreiben, denn es gab vor mehr als 10 Jahren bereits einen gelungenen Gesetzesentwurf, der auch wesentlich progressiver war als das, was beispielsweise die Linken derzeit fordern. Was am Ende fehlt, ist der politische Wille bzw. die politischen Mehrheiten für eine sachgerechte Reform des Urhebervertragsrechts. Dass es sich die (jeweils) regierenden Kräfte mit den Verlagen nicht verscherzen wollen, konnte man zuletzt in der Diskussion um ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse beobachten. Die Aufgabe ist also schlicht und einfach die, die Lobbymacht der Rechteinhaber zu durchbrechen und hierfür politische Mehrheiten zu organisieren.

Und weil es nicht schaden kann, wiederhole ich an dieser Stelle meinen Appell aus dem letzten Jahr: Wir müssen wieder über das Urhebervertragsrecht reden!.

posted by Stadler at 12:34  

27.5.13

Warum ist Zypries im Kompetenzteam von Steinbrück für Verbraucherschutz zuständig?

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat Brigitte Zypries in sein Kompetenzteam berufen, allerdings nicht für Rechtspolitik, sondern für Verbraucherpolitik, wie man auf Steinbrücks Website nachlesen kann.

Das finde ich insofern überraschend, als Zypries von 2002 bis 2009 Bundesjustizministerin war. Sie war in dieser Zeit allerdings auch ressortverantwortlich für mehrere Verschärfungen des Urheberrechts zu Gunsten der Rechteinhaber und zu Lasten der Nutzer und steht daher jedenfalls in diesem zentralen Bereich nicht unbedingt für eine zukunftsorientierte Rechtspolitik. In ihre Zeit als Ministerin fallen u.a. die Einschränkung der Schrankenbestimmung zur Privatkopie, die Einführung des Verbots der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen sowie die Schaffung eines Auskunftsanspruchs gegen Access-Provider, durch den die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing überhaupt erst möglich wurden.

Vermutlich deshalb ist die Neuregelung des Urheberrechts im Kompetenzteam von Steinbrück bei Gesche Joost angesiedelt. Denn bei dieser Neuregelung ginge es dann auch um die Korrektur derjenigen Regelungen des Urheberrechts, die man als Regierungspartei, die noch dazu die zuständige Fachministerin gestellt hat, selbst zu verantworten hatte. Gerade deshalb ist es im Wahlkampf wohl notwendig, an dieser Stelle ein unverbrauchtes Gesicht wie Gesche Joost nach vorne zu schicken, die von Rechtspolitik allerdings wenig Ahnung hat. Die erfahrene Rechtspolitikerin Zypries, die schließlich ihre eigenen Urheberrechtsreformen kritisieren müsste, nimmt man da vorsichtshalber aus der Schusslinie und verschiebt sie vorerst auf das Verbraucherressort.

Das sieht mir doch sehr stark nach einer eher durchsichtigen Camouflage aus.

posted by Stadler at 11:47  

24.5.13

Urteil des BGH zur Haftung von Google für die Suchwortvervollständigung im Volltext

Das Urteil des BGH vom 14.05.2013 (Az.: VI ZR 269/12 ) zur Haftung von Google für seine Autocompletefunktion liegt nunmehr im Volltext vor. Ich hatte zu der Thematik bereits vor längerer Zeit gebloggt und letzte Woche das jetzige Urteil auch vorläufig für Heise analysiert.

Der BGH geht in seiner Urteilsbegründung davon aus, dass der Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers in die Suchmaschine und den dann „automatisch“ angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen „Scientology“ und „Betrug“ die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger und den negativ konnotierten Begriffen bestehe ein sachlicher Zusammenhang.

Der BGH beantwortet allerdings dann die Frage nicht, wann Google im Rahmen seiner nach Kenntnis entstehenden Prüfpflichten von einem solchen sachlichen Zusammenhang tatsächlich ausgehen darf bzw. muss. Wenn sich gar keine einschlägigen Suchtreffer finden, wird man nach dieser Rechtsprechung davon auszugehen haben, dass Google künftig dafür zu sorgen hat, dass solche Ergänzungsvorschläge nicht mehr angezeigt werden. Wie aber wäre der – hier offenbar nicht vorliegende – Fall zu beurteilen, in dem tatsächlich einschlägige Suchtreffer vorhanden sind, in denen über eine Verbindung zu Scientology oder über Betrugsvorwürfe berichtet wird? Wie weit reicht die Prüfpflicht von Google in diesem Fall?

Hierzu führt der BGH lediglich aus, dass nach dem Vortrag des Klägers revisionsrechtlich davon auszugehen ist, dass er weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht und er die Äußerung von solchen unwahren Tatsachen nicht hinnehmen muss. Ob Google allerdings in dem Fall, in dem die Wahrheit einer bestimmten Tatsachenbehauptung in Streit steht, den Wahrheitsnachweis führen muss oder es für eine Enthaftung genügt, dass einschlägige Suchtreffer auffindbar sind, bleibt damit letztlich offen.

Der Fall könnte durchaus noch ein verfassungsgerichtliches Nachspiel haben, denn die Interessen von Google berühren die Grundrechte aus Art. 5 und Art. 14 GG, worauf der Senat in seiner Urteilsbegründung auch hinweist. Die Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht einerseits und Meinungs- und Informationsfreiheit andererseits, kann man möglicherweise aber auch anders vornehmen, als dies der BGH getan hat.

posted by Stadler at 10:24  

23.5.13

Denic will Domains nach Vertragsende nicht mehr sofort löschen

Die Denic wird eine „Redemption Grace Period“ von sieben Tagewn für DE-Domains einführen. Eine Domain wird nach Beendigung des Domainvertrags danach nicht mehr sofort gelöscht, sondern zunächst in eine „Cooldown-Phase“ versetzt.

Der alte Domaininhaber hat während eines Zeitraums von sieben Tagen dann die Möglichkeit einen sog. Restore-Auftrag zu erteilen, mit der Folge, dass die Domain mit den alten Inhaberdaten wiederhergestellt wird. Wenn inherhalb dieser sieben Tage ein AUTHINFO-Request (Antrag auf Providerwechsel) bei DENIC eingeht, verlängert sich diese Cooldown-Phase um maximal 30 Tage. Weitere Infos zu diesem neuen Verfahren finden Sie direkt bei Denic.

posted by Stadler at 18:41  

23.5.13

Die Verfassungsbeschwerde gegen die Bestandsdatenauskunft und das Problem von Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität

In einem Gastbeitrag für mein Blog beschäftigt sich Hanna Sammüller-GradlMitglied des Think Tank 30 – mit der Frage, ob die angekündigte Verfassungsbeschwerde gegen die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft überhaupt zulässig ist.

Am 22.3.2013 und am 3.5.2013 grüßte wieder einmal das Murmeltier: Bundestag bzw. Bundesrat stimmten einer Änderung im Telekommunikationsgesetzes (im Folgenden: TKG) zu. Dabei geht es unter anderem um Änderungen im § 113 TKG (TKG alt: http://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/__113.html, Gesetzesentwurf § 113 TKG neu: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712034.pdf, S. 5), durch die sehr weitreichende Möglichkeiten für Polizei und Geheimdienste geschaffen werden, auf die Bestandsdaten von Telekommunikationsdienstleistern zuzugreifen.

Gegen diese Gesetzesänderung soll nun „Sammelverfassungsbeschwerde“ eingereicht werden (www.stopp-bda.de). So sehr ich mich über diese inhaltlich gut begründete Initiative freue, hatte ich im ersten Moment doch Zweifel, ob eine solche „Sammelverfassungsbeschwerde“ gegen ein Gesetz überhaupt zulässig sein kann.

Grundsätzlich kann die Verfassungsbeschwerde nämlich nur gegen Vollzugsakte erhoben werden – also die Anwendung eines Gesetzes  auf den konkreten Einzelfall. Im Gegensatz dazu ist die verfassungsrechtliche Überprüfung eines abstrakten Gesetzes anderen Antragsarten und AntragsstellerInnen vorbehalten (wie etwa der abstrakten Normenkontrolle, die durch die Bundes- oder Landesregierung oder ¼  der MdBs eingereicht werden kann, http://dejure.org/gesetze/GG/93.html ).

Aus diesem Grund sind Zulässigkeitsvoraussetzung der Verfassungsbeschwerde unter anderem die sog. Subsidiarität und die Rechtswegerschöpfung. Beide gehen Hand in Hand: Subsidiarität bedeutet, dass der Einzelakt, also sozusagen der Umsetzungsakt des abstrakten Gesetzes auf den konkreten Einzelfall, abgewartet werden muss.

Grund dafür ist, dass dann gegen diesen Einzelakt wiederum zunächst vor den Verwaltungsgerichten vorgegangen werden soll, damit der Rechtsstreit von dort den Weg durch die Instanzen bis zum letztinstanzlichen Urteil antritt. Erst dann ist die sog. Rechtswegerschöpfung eingetreten.

Grund  für diese Voraussetzungen ist neben einer quantitativen Entlastung auch, dass sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dann nicht mehr mit Sachverhaltsfragen auseinandersetzen muss. Die sollen durch den Instanzenzug aufgeklärt werden, so dass das BVerfG sich nur noch mit den rechtlichen Fragen der Vereinbarkeit von Normen mit dem GG beschäftigt.

Bei einer Verfassungsbeschwerde, die sich direkt gegen ein Gesetz richtet – wie die Sammelverfassungsbeschwerde gegen die Gesetzesänderung im TKG – und die nicht erst die konkreten Einzelakte und deren Weg durch die Instanzen abwartet, sind Subsidiarität und Rechtswegerschöpfung  gerade nicht erfüllt.

Ausnahmen von diesen beiden Kriterien lässt das BVerfG jedoch dann zu, wenn das Abwarten des Einzelaktes für den Einzelnen „unzumutbar“ ist. Typischerweise etwa dann, wenn der oder die Einzelne sich durch einen Verstoß gegen ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz erst strafbar machen müsste um dann gegen die strafrechtliche Verurteilung als Einzelakt vorgehen zu können.

Ob im Falle der Änderungen im TKG eine solche „Unzumutbarkeit des Abwartens des Einzelaktes“ vorliegt?  Schwer zu sagen.

Teilweise hat das BVerfG sehr rigide auf die Einhaltung des Subsidiaritäts- und Rechtswegerschöpfungserfordernisses geachtet, wie etwa bei der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Versammlungsgesetz (http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20120321_1bvr249208.html, Rn. 12). Dort wird die Unzumutbarkeit des Abwartens des Vollzugsaktes explizit dadurch verneint, dass die gerügten Vorschriften nicht straf-oder bußgeldbewährt seien. Dies würde auch auf die Änderungen im TKG zutreffen.

Andererseits hat die das BVerfG in seiner 2012 veröffentlichen Entscheidung über die damaligen Änderungen im TKG die fehlende Subsidiarität und die fehlende Rechtswegerschöpfung zumindest nicht gerügt.

Zwar hat sich das BVerfG zu Subsidiarität und Rechtswegerschöpfung an sich gar nicht geäußert, allerdings im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwerdebefugnis explizit ausgeführt, dass eine unmittelbare Selbstbetroffenheit nicht schon deshalb verneint werden könne, weil „diese erst auf der Grundlage weiterer Vollzugsakte in Form von Auskunftsersuchen oder -verlangen und dann der Auskunftserteilung wirksam werden.“ Die Begründung dieser Ausnahme liegt in der Heimlichkeit der Maßnahme: Denn da „die Beschwerdeführer keine Kenntnis von den Vollzugsakten erlangen, reicht die Darlegung aus, mit einiger Wahrscheinlichkeit von solchen Maßnahmen berührt zu werden.

Sollte diese Argumentation auch der Grund sein, weshalb bei der Entscheidung 2012 eine Ausnahme von den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Subsidiarität und der Rechtswegerschöpfung gemacht wurden, würde dies auch auf die jetzige Sammelverfassungsbeschwerde zutreffen. Denn auch bei der aktuellen Neuerung geschieht der Zugriff auf die Bestandsdaten „heimlich“ – erschwerend kommt dabei nach Ansicht des BVerfG von 2012 noch dazu, dass der heimliche Zugriff auch gerade gegenüber völlig unbeteiligten Dritten erfolgen kann.

Einleuchtend wäre diese Argumentation allemal: Denn auch ganz praktisch kann gegen eine heimliche Maßnahme schon mangels Kenntnis der Betroffenen von diesem Vollzugsakt gar kein Rechtsschutz auf einer fachgerichtlichen Ebene erreicht werden. Vereinfacht ließe sich diese Situation mit „wo keine Kenntnis, da kein Kläger, da kein Richter“ zusammenfassen. Und unter dieser Prämisse kann dann auch das Abwarten des Einzelaktes im Rahmen der Subsidiarität nicht mehr als zumutbar gewertet werden.

Letztendlich bleibt also abzuwarten, ob das BVerfG auch diesmal eine Ausnahme der Zulässigkeitsvoraussetzungen von Subsidiarität und Rechtswegerschöpfung annimmt und eine Verfassungsbeschwerde direkt gegen das Gesetz zulässt. Um eine Klärung der interessanteren inhaltlichen Fragen der Bestandsdatenabfrage zu erreichen wäre dies natürlich begrüßenswert. Und jedenfalls begrüßenswerter als das Murmeltier, das uns fast jährlich den erneuten Versuch einer TKG-Änderung zur Bestandsdatenabfrage ankündigt.

posted by Stadler at 09:36  

16.5.13

Kann eine Akteneinsicht am Urheberrecht scheitern?

Der Kollege Burhoff berichtet über verschiedene Entscheidungen, in denen immer wieder die Frage thematisiert wird, ob eine Akteneinsicht in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren am Urheberrecht desjenigen scheiteten kann, dessen Werk Aktenbestandteil ist.

Auch wenn das offenbar immer wieder mal als Vorwand benutzt wird, um einem Verfahrensbeteiligten die Akteneinsicht zu verweigern, muss ein solcher juristischer Begründungsansatz als eher abwegig betrachtet werden.

Denn zu den vermutlich wichtigsten Schranken des Urheberrechts zählt die Vorschrift des § 45 Abs. 1 UrhG. Danach ist es zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen oder herstellen zu lassen. Dafür genügt es, dass die Kopie der Verwendung in einem Verfahren dient.

Ob der Urheberrechtsinhaber das Kopieren gestattet hat oder nicht, spielt keine Rolle. Er muss es unter den Voraussetzungen des § 45 UrhG dulden.

Das Urheberrecht wird leider immer wieder als Vehikel dazu missbraucht, Informationen vorzuenthalten oder zu unterdrücken. Gerade der Staat zweckentfremdet das Urheberrecht neuerdings gerne auf diese Art und Weise.

posted by Stadler at 22:12  

16.5.13

BGH legt Frage der Urheberrechtsverletzung wegen Embedded Content an den EuGH vor

Die Frage, ob derjenige eine Urheberrechtsverletzung begehen kann, der beispielsweise ein Video mitttels des von YouTube zur Verfügung gestellten Codes in seine eigene Website oder sein Blog einbettet, ist bislang umstritten. Während beispielsweise das OLG Düsseldorf eine Urheberrechtsverletzung bejaht, wird eine solche vom OLG Köln verneint. Die Thematik hatte ich hier im Blog bereits ausführlich erläutert.

Der BGH hat eine solche Fragestellung nunmehr an den Europäischen Gerichtshof vorgelegt (Beschluss vom 16. Mai 2013, Az.: I ZR 46/12 – Die Realität). Auch wenn in der Pressemitteilung des BGH missverständlích von „Framing“ gesprochen wird, handelt es sich nicht um einen Fall eines HTML-Frames, sondern um einen Inline-Frame (iframe), der externen Content einbettet. Der Unterschied ist bei SelfHTML anschaulich erläutert. Während beim klassischen Framing der Eindruck entstehen kann, es würde sich um eigenen Content handeln, ist beim Einbetten, speziell von YouTube-Videos, regelmäßig für den Nutzer erkennbar, dass man auf einen externen Inhalt zugreift.

Der BGH macht in seiner Pressemitteilung deutlich, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des „Framing“ grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.

Gleichwohl hat der BGH Bedenken, ob nicht die InfoSoc-Richtlinie verletzt sein könnte. Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union daher die Frage vorgelegt, ob bei Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt.

Quelle: Pressemitteilung des BGH

posted by Stadler at 10:54  
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