Haften Blogger für Embedded Content?
Letzte Woche haben mehrere Blogs über Abmahnungen von Universal berichtet, in denen Blogbetreiber aufgefordert wurden, Embedded Links auf ein Musikvideo bei YouTube zu entfernen. Beispielsweise der Kollege Dosch hat unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf die Auffassung vertreten, dass Blogger bei dieser Art der Einbindung von Videos urheberrechtlich haften würde. Der rechtliche Hintergrund wird bei Telemedicus gut erläutert.
Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung ist das Postulat der Paperboy-Entscheidung des BGH, dass im Falle eines (Deep-) Links keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung stattfindet. Denn der BGH geht davon aus, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk durch einen bloßen Link nicht öffentlich zugänglich gemacht werden kann, weil es bereits zugänglich ist. Der BGH hat sich in diesem Urteil ausdrücklich der von mir vertretenen Ansicht angeschlossen, wonach grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen wird, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) nur erleichtert wird.
Die Frage ist jetzt, ob sich an dieser Betrachtung dadurch etwas ändert, dass man ein Video einbettet, indem man einen von YouTube angebotenen HTML-Code in sein Blog integriert, der dazu führt, dass ein Vorschaubild des Videos angezeigt wird und das Video dann zwar direkt über das Blog gestartet werden kann, aber tatsächlich weiterhin über die Videoplattform abgerufen wird.
Auch beim Embedded-Video wird nämlich nur der Zugang zu einem Werk erleichtert, das an einer anderen Stelle im Netz bereits zugänglich ist. Die Argumentation aus dem Paperboy-Urteil passt also auch hier. Der zusätzliche Aspekt der Einbettung kann m.E. daher nur über ergänzende juristische Konstruktionen, wie etwa der Annahme eines Zueigenmachens, zur Bejahung einer Urheberrechtsverletzung führen.
An dieser Stelle muss m.E. zwischen unterschiedlichen Formen des Einbettens differenziert werden. Ein Inlinelink, bei dem der Betrachter tatsächlich den Eindruck gewinnt, beispielsweise ein Bild sei integraler Bestandteil der eigenen Website, muss nicht zwingend mit einem Embedded-Video gleichzusetzen sein. Denn beim eingebundenen Video ist dem Durchschnittsnutzer natürlich bewusst, dass es sich um ein YouTube-Video handelt, weil man das YouTube-Logo einerseits bereits auf dem Vorschaubild sieht und es sich andererseits mittlerweile um eine ebtalierte und verbreitete Form der Verlinkung von Videos handelt, an die sich der User gewohnt hat.
Nach meiner juristischen Einschätzung liegt in diesen Fällen also weder eine originäre Urheberrechtsverletzung vor, noch besteht eine Störerhaftung für eine fremde Urheberrechtsverletzung. Da diese Frage höchstrichterlich nicht geklärt ist und die Rechtsansichten der Gerichte durchaus auseinandergehen, besteht derzeit für Blogger allerdings ein Haftungsrisiko, wenn sie Videos einbetten.
Wenn man etwas auf die Seite einbettet, ist das technisch-logisch auf der Seite eingebaut, denn es spielt keine große Rolle ob ich die Daten vom gleichen Server beziehe wie die Seite auf der sie läuft oder ob ich die Daten auf einem anderen Server ausgelagert habe, so wie in Clouds (Amazon S3) oder eben bei größeren Portalen wo einzelne Server verschiedene Aufgaben haben (wie z.B. Ads oder Bliderserver).
Am Ende bleibt es immer gleich, es ist auf meiner Seite eingebettet, also Bestandteil meiner Seite, unabhängig davon, wo nun die Daten tatsächlich herkommen. Sonst könnte man ja bei manchen Hostern spekulieren, dass der Text der im Blog erscheint, ja gar nicht auf meiner Seite gehostet wird, sondern auf einem anderen Server (Webserver und Datenbank sind oft getrennt), dem Datenbankserver, und dafür sei dann der Hoster verantwortlich.
Es ist ein Unterschied, ob ich nur einen Link setze der mich zum Besuch einer anderen Seite bewegt (falls ich es sehen will) oder aber ob ich die Inhalte auf meiner Seite einbette und dem Besucher die Inhalte auf meiner Seite bereits anbiete.
Beim Embedded Video wird nicht der Zugang nur erleichtert, sondern ich binde das Video bei mir ein. Es befindet sich logisch auf meiner Seite, unter meiner Domain. Das ist kein Link, sondern ich hole Daten zur Laufzeit um sie darstellen zu können. Genausogut hätte ich eine Kopie machen und auf meinem Server speichern können, hat den gleichen erfahrbaren Effekt.
Comment by Frank — 23.10, 2012 @ 11:41
Ich muss Frank in einem Teil Recht geben: Eine Verlinkung (wie deep auch immer) ist etwas anderes, als eine Einbettung. Ich kann per iFrame auch diesen Blogpost in mein Blog einbinden, was auch erkennbar wäre, und von Thomas Stadler sicher anders als ein Link verstanden würde ;-).
Allerdings geht es im genannten Fall sicher um Nutzungs- und Urheberrechte an einem (Musik?)video. Und da bietet Youtube – bewährte Mechanismen an.
Wenn ich als Eigentümer des Videos zum Beispiel nicht will, dass es eingebettet werden darf, kann ich das abschalten. Einbetten ist dann zunächst technisch so sehr erschwert, dass die fehlende Erlaubnis zur Einbettung nicht übersehen werden kann.
Gleichzeitig kann ich davon ausgehen, dass Musikvideos, die ich auf Youtube sehen kann, nicht per se „illegal“ hochgeladen wurden, die Eigentümer also berechtigt waren, das zu tun.
Insbesondere also, wenn das Video (auch) im Videostream des Künstlers auftaucht und der Einbettungscode dort verfügbar ist, unterstelle ich eine schlüssige Einwilligung in das Einbetten auf anderen Seiten.
Wenn der Youtube-Eigentümer des Videos damit seine Nutzungsrechte überschritten hat, kann der Urheber sich bitte an ihn als eigentlichen Störer wenden und wahlweise das Video löschen (klappt ja auch über die DMCA-Beschwerde in wenigen Stunden) die Einbettung verhindern lassen.
Ein Rückgriff auf eine Vielzahl (gutgläubiger) Zustandsstörer ist m.E. nicht rechtmäßig, wenn man die Störung mit demselben Aufwand mit Maßnahmen an einer einzigen Stelle beseitigen kann.
Comment by VolkerK — 23.10, 2012 @ 15:11
Die selbe Fragestellung gab es bei der Einbettung in Frames. Auch da ist die Rechtsprechung unterschiedlich.
Es geht hierbei weniger um das Recht, um Ethik, Gerechtigkeit etc., sondern darum, wo ist Geld herauszuholen, für wen, an wen.
Außerdem bietet dieses Rechtskonstrukt eine gute Grundlage für Zensur über Urheberrechte. Unheberrechte werden nur vorgeschoben. Die Zensoren wenden sich an die unbeteiligten Urheber und verleiten diese zu Klagen. Blogger werden zu Rechtsstreitigkeiten verleitet, und haben weniger bis keine Zeit mehr, unabhängig zu schreiben, zu berichten.
Im Ergebnis konzentriert sich das Ganze auf wenige Multimonopole, die verbleibenden, und die, die es sich leisten können, in einem solchen verrückten Rechtssystem, welches sie sich selbst geschafft haben, zu funktionieren.
Die herrschenden Kommunisten des 20sten Jahrhunderts sind mit dem Versuch, alles zu regeln, angeblich wissend, wie die Gesellschaft funktioniert zu funktionieren hat, die Wünsche der einzelnen Menschen verachtend, gescheitert.
Nicht anderes versuchen die Juristen mit ihren ausgefeiltesten Rechtskonstruktionen, Gedankenspielne, Egomanie. Gerichte, Polizei, Gerichtsvollzieher, Haftanstalten, Bundeswehr, VS und andere gewährleisten die gegenwärtige Stabililtät dieser Perversion.
Irgendwie erinnern mich die juristischen Argumente auch an die vielen, vielen Arbeiten von Bibelforschern.
Das reale Leben läuft vorbei an den in den Gerichtsälen Praktiziertem, Verhandeltem.
Comment by Rolf Schälike — 23.10, 2012 @ 16:13
Zunächst muss ich auch Frank Recht geben. Bettet ein Blog-Betreiber dergestalt Inhalte in seinen Blog ein, möchte er diese wie eigene Inhalte in dem von ihm gestalteten Kontext präsentieren. Es handelt sich um ein Paradebeispiel für „zu-eigen-gemachte Inhalte“, für die der Blogbetreiber die Verantwortung trägt.
Soweit VolkerK meint, es gäbe von Youtube bereitgestellte Mechanismen, Videos „sperren“ zu lassen, muss er sich die Frage gefallen lassen: Wieso sollte man (nur) bei einem undurchsichtig agierenden Privatunternehmen anklopfen und nur scheinbar „bewährte“, teilweise jedoch ungeignete Werkzeuge benutzen? Liegt eine deratige Rechtsverletzung vor, sollte Der in seinen Rechten verletzte alle Wege beschreiten, um diese zu unterbinden. Einen Blogbetrieber in Kenntnis zu setzen, ist insofern (u.a.) die angezeigte Vorgehensweise.
Diesbezüglich ist offenbar auch ein Hinweis in Richtung dieses Blogbetriebers erforderlich: Ich hätte von einem Kollegen erwartet, dass er den Sachverhalt etwa gründlicher durchleuchtet, bevor er sich zu einer öffentlichen Meinungsäußerung hinreißen lässt. Ganz offensichtlich geht aus den veröffentlichten Dokumenten hervor, dass es sich eben nicht um Abmahnungen handelte. Eine Differenzierung sollte einem IT-Rechtler eigentlich nicht schwer fallen, zumal ihm z.B. das Beck´sche Mandantshandbuch für IT-Recht und dort insbesondere §18 nicht unbekannt sein sollte…
Comment by Mark — 25.10, 2012 @ 10:20
Die urheberrechtliche Haftung wird von Gerichten bei Frames idR mit dem “Zu-Eigen-Machen“ begründet. Dabei findet sich dieser Begriff weder im Gesetz, noch wird er von den Gerichten näher definiert. Die technische Seite wird hier völlig übersehen.
@Mark: Wenn man sich unter “Kollegen“ kritisiert, dann geht das auch freundlicher. Diese Besserwisserei finde ich vollkommen unangebracht und hat mit dem rechtlichen Problem gar nichts zu tun.
Comment by Duke — 26.10, 2012 @ 11:41
#4 Mark: Das sich zu eigen Machen beim Einbinden eines YouTube-Videos ist nicht immer zwingend. Man möchte auch nicht immer die Inhalte des Videos zwingend als die eigenen präsentieren. Das Einbinden ist lediglich eine bestimmte Form eines Verweises mit all den Möglichkeiten, welche hinter einem Verweis stecken mit nur einem Teil an Gründen und Gedanken, welche in den entsprechenden Textinhalten stecken. Es ist, wie mit den Textpassagen: Schlussfolgerungen, Ideen, Zusammenhänge, falsche und richtige Eindrücke, welche aus den Textpassagen folgen, macht man sich nicht unbedingt zu eigen und möchte diese auch nicht unbedingt präsentieren. Vergleichbar mit Literatur und Kunst. Jedes Werk verselbständigt sich und löst sich von Autor bzw. Urheber. Autoren und Urheben wissen oft nicht, was sie vollbringen.
Mark: Liegt eine derartige Rechtsverletzung vor, sollte Der in seinen Rechten verletzte alle Wege beschreiten, um diese zu unterbinden. Einen Blogbetreiber in Kenntnis zu setzen, ist insofern (u.a.) die angezeigte Vorgehensweise.
RS: Es ist meist nicht eindeutig, ob tatsächlich eine justiziable Rechtsverletzung vorliegt und ob der Rechteinhaber tatsächlich die Rechtverletzung auch beim Blogger verfolgen will. Das Vorgehen gegen eine Rechtverletzung kann nur vorgeschoben sein. Vom Blogger wird etwas verlangt, was lebensfremd ist: fehlerfreies Arbeiten.
Comment by Rolf Schälike — 27.10, 2012 @ 15:23
Ich denke, Mark wollte darauf hinaus, dass RA Stadler von „Abmahnungen von Universal“ spricht, obwohl er weiß, dass es keine Abmahnungen gab. Das erinnert an die Art von ideologischer Falschberichterstattung, die in manchen Internetforen zuhause ist, für die sich ein Rechtsanwalt aber zu schade sein sollte.
Comment by Jens Fried — 27.10, 2012 @ 17:18
Vor allem ziehen Laien daraus dann solche Fehlschlüsse wie Rolf Schälike, der glaubt, von Bloggern werde fehlerfreies Arbeiten verlangt. Wird ja gerade nicht verlangt, das ist eben der Unterschied zur kostenpflichtigen Abmahnung.
Comment by Jens Fried — 27.10, 2012 @ 17:20
@Jens Fried: Anwaltliche Schreiben, in denen zur Unterlassung aufgefordert wird sind also keine Abmahnungen, sondern was?
Comment by Stadler — 27.10, 2012 @ 18:22
#9 @Jens Fried schreibt: … das ist eben der Unterschied zur kostenpflichtigen Abmahnung
RS>/b> Diesen Unterscheid gibt es nicht. Blogger erhalten Ykostenpflichtige Abmahnungen.
Jens Fried verwechselt vielleicht Abmahnungen wegen Kommentaren in Blogs. Diese sind tatsächlich nicht immer kostenpflichtig. Kostenpflicht wird in der Regel erst ab Kennntnis der tatsächlichen bzw. vermeintlichen Rechtsverletzung generiert, falls der Kommentar nicht offensichlich Schmähung ist bzw. der Blogger „heiße“ Themen aufgreift und zur Vorabprüfung jedes Kommentars verpflichtet ist.
Comment by Rolf Schälike — 27.10, 2012 @ 20:18
http://www.kraftfuttermischwerk.de/blogg/?p=42826#comment-84003
Comment by Subiro — 28.10, 2012 @ 16:23
@ Duke: Ich hoffe, es fühlt sich keiner auf den Schlips getreten, aber einem Anwalt Besserwisserei vorzuwerfen ist irgendwie lustig ;-)
@Jens: Rolf Schälike ist ja gar kein *richtiger* Laie, so viel juristische Erfahrung, wie er gesammelt hat…
Irgendwo (find ich gerade nicht wieder) stand zu dieser Universal-Geschichte, dass ein Anwalt in einer Facebook-Gruppe dazu meinte, solche Schreiben würden verschickt, wenn es ein Graubereich ist und die sich nicht richtig trauen. Ob das bei Eurem Streit hilft, weiß ich nicht :-) Wenn ich drauf komme wo das stand, melde ich mich nochmal oder weiß das jemand anders?
Comment by Benni — 28.10, 2012 @ 16:44