Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.4.12

BGH zur Zulässigkeit von Google-Thumbnails

Der Bundesgerichtshof hat bereits vor einiger Zeit entschieden, dass die Vorschaubilder (Thumbnails) bei der Google-Bildersuche die Rechte des Fotografen bzw. des Urhebers des abgebildeten Werks nicht verletzen. Der BGH geht davon aus, dass ein Urheber, der eine Abbildung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ins Netz stellt, ohne technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen dieser Abbildung durch Suchmaschinen zu treffen, damit durch schlüssiges Verhalten seine Einwilligung in eine Wiedergabe der Abbildung als Vorschaubild durch eine Suchmaschine erklärt.

An diese Entscheidung knüpft jetzt ein neues Urteil des BGH (Az.: I ZR 140/10)  an, in dem diese Rechtsprechung nochmals bestätigt und zudem erweitert wird.

In dieser neuen Entscheidung besteht der Sonderfall darin, dass das besagte Foto an der konkreten Quelle ohne Zustimmung des Fotografen und damit urheberrechtswidrig online war. In dieser Konstellation kann man eigentlich auch zugunsten von Google nicht mit einer schlüssigen Einwilligung des Fotografen argumentieren.  Der BGH bedient sich deshalb eines durchaus überraschenden Kunstgriffs und erklärt, dass es ausreichend ist, wenn der Fotograf/Urheber überhaupt irgendjemand das Recht eingeräumt hat, das Werk über das Internet öffentlich zugänglich zu machen. Denn damit sei auch allgemein in eine Indizierung und Darstellung durch eine Suchmaschine als Vorschaubild eingewilligt worden. Dass die Suchmaschine das Bild dann von einer Website indiziert, deren Betreiber keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte hatte, hält der BGH für unerheblich.

Hierzu führt der BGH wörtlich aus:

Die mit Zustimmung des Klägers erklärte Einwilligung in die Anzeige von Abbildungen der Fotografie als Vorschaubild ist nicht auf die Anzeige von Abbildungen der Fotografie beschränkt, die mit Zustimmung des Klägers ins Internet eingestellt worden sind. Für die Auslegung der Einwilligung kommt es auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers an (vgl. BGHZ 185, 291 Rn. 36 – Vorschaubilder I). Es ist allgemein bekannt, dass Suchmaschinen, die das Internet in einem automatisierten Verfahren unter Einsatz von Computerprogrammen nach Bildern durchsuchen, nicht danach unterscheiden können, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet eingestellt worden ist. Deshalb kann der Betreiber einer Suchmaschine die Einwilligung in die Wiedergabe von Abbildungen eines Werkes oder Lichtbildes als Vorschaubild nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt nur dahin verstehen, dass sie sich auch auf die Wiedergabe von Abbildungen des Werkes oder der Fotografie erstreckt, die nicht vom Berechtigten oder mit seiner Zustimmung von einem Dritten ins Internet eingestellt worden sind. Hat der Berechtigte oder mit seiner Zustimmung ein Dritter die Einwilligung zum Aufsuchen und Anzeigen von Abbildungen eines vom Berechtigten geschaffenen Werkes oder Lichtbildes durch Bildersuchmaschinen erteilt, verhält der Berechtigte sich daher widersprüchlich, wenn er von dem Betreiber einer Suchmaschine verlangt, nur Vorschaubilder solcher Abbildungen des Werkes oder Lichtbildes anzuzeigen, die vom Berechtigten oder mit seiner Zustimmung von Dritten ins Internet eingestellt worden sind. Ein solches Verhalten ist daher auch unter dem Gesichtspunkt einer protestatio facto contraria unbeachtlich (vgl. BGHZ 185, 291 Rn. 37 – Vorschaubilder I).

Der BGH setzt damit seine ausgesprochen suchmaschinenfreundliche Rechtsprechung fort. Vielleicht zum ersten Mal ist auch ein erotisches Farbfoto als unmittelbarer Bestandteil einer BGH-Entscheidung zu bestaunen.

posted by Stadler at 12:31  

27.6.11

LG Köln: Kein Rechtsverstoß durch Einbindung von Bild in Personensuchmaschine

Nach Ansicht des Landgerichts Köln (Urteil vom 22.06.2011, Az.: 28 O 819/10) verstößt der Betreiber einer sog. Personensuchmaschine nicht gegen das KUG bzw. das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, wenn er ein Dossier zu einer bestimmten Person erstellt und dazu im Wege eines „embedded links“ ein Foto der betroffenen Person einbindet, das der Betroffene an einem anderen Ort selbst online gestellt hat.

Das Landgericht Köln zieht zur Begründung eine durchaus gewagte Parallele zur Entscheidung Google-Bildersuche des BGH und meint, dass der Betroffene durch das Einstellen des Fotos an anderer Stelle damit auch sein Einverständnis mit einer Nutzung durch eine Personensuchmaschine erklärt hat. Das Gericht geht dann sogar noch einen Schritt weiter und meint, dass auch die Erklärung des Betroffenen, er wünsche die Veröffentlichung nicht, unbeachtlich sei, solange er nicht für die Entfernung des Bildes an der Quelle sorge.

Ich halte die Entscheidung des Landgerichts Köln für falsch. Das Gericht lässt sich offenbar zu sehr von dem Begriff der Suchmaschine leiten, ohne genauer zu hinterfragen, was eine Personensuchmaschine tatsächlich macht, obwohl im Tatbestand bereits anklingt, dass der Betreiber ein Dossier aus im Internet auffindbaren Informationen anfertigt.

Personensuchmaschinen erstellen – ohne den Betroffenen darüber zu informieren – Persönlichkeitsprofile, indem sie Informationen und Fotos, die im Netz verfügbar sind, sammeln und unter dem Namen der Person verknüpfen. Das geht über die Tätigkeit der Bildersuche von Google weit hinaus.

Die Erstellung eines solchen Persönlichkeitsprofils wäre zunächst unter datenschutzrechtlichen Aspekten zu würdigen gewesen. Selbst wenn man insoweit der Ansicht ist, dass hierfür eine Gestattung nach § 29 BDSG in Frage kommt, müsste doch der Widerspruch des Betroffenen dazu führen, dass das gesamte Profil und nicht nur die Einbindung des Bildes zu löschen ist.

Aber auch die Gleichsetzung der urheberrechtlichen und der persönlichkeitsrechtlichen Betrachtung erscheint fragwürdig. Denn es geht vorliegend nicht lediglich um Vorschaubilder im Rahmen einer Bildersuche, sondern um die Erstellung eines kompletten Profils einer Person. Sinn und Zweck des Rechts am eigenen Bild ist es aber gerade, dass das Erscheinungsbild einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation erhalten bleibt. Der Wechsel des Kontexts ist gerade das, was das Persönlichkeitsrecht verhindern will. Während es in dem vom BGH entschiedenen Fall nur um Thumbnails geht, also eine Vorschaufunktion, binden Personensuchmaschinen die Fotos von Personen in das von ihnen zusammengestellte Persönlichkeitsprofil ein. Das ist qualitativ nicht vergleichbar.

Update:
Die 28. Zivilkammer des LG Köln hat einen ähnlichen Sachverhalt vor zwei Jahren noch anders entschieden. Offenbar war man tatsächlich der Meinung, wegen der Entscheidung zur Google-Bildersuche seine Rechtsprechung ändern zu müssen.

posted by Stadler at 19:43  

9.1.10

BGH entscheidet über Google-Thumbnails im April

In den Terminhinweisen des Bundesgerichtshofs ist eines der spannendsten Urteile (Az.: I ZR 69/08) zum Interneturheberrecht überhaupt für den 28.04.2010 angekündigt. Die Beklagte ist Google und es geht um die Zulässigkeit der Google-Bildersuche, bei der bekanntlich in den Suchergebnissen Thumbnails der gefundenen Bilder angezeigt werden.

Die Entscheidungsvorschau des BGH fasst die Thematik wie folgt zusammen:

„Die Klägerin ist bildende Künstlerin und unterhält eine Homepage, auf der verschiedene ihrer Bilder eingestellt sind. Auf der Seite befindet sich ein Copyrighthinweis. Die Beklagte betreibt die Internetsuchmaschine Google, die auch über eine textgestützte Bildsuchfunktion verfügt. In der Trefferliste werden aufgefundene Bilder in verkleinerter und komprimierter Form als Miniaturansichten gezeigt (sog. Thumbnails). Thumbnails werden zum Zwecke der Beschleunigung der Suche auf den Servern der Beklagten in den USA gespeichert. Die Bilder der Klägerin wurden in Thumbnails umgewandelt und sowohl in den USA gespeichert, als auch in der in Deutschland abrufbaren Trefferliste der Internetsuchmaschine angezeigt. Die Klägerin verlangt die Unterlassung der Vervielfältigung und Zugänglichmachung ihrer Bilder über das Internet sowie Unterlassung der Umgestaltung in Thumbnails.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen (veröffentlicht in: GRUR-RR 2008, 223). Die Beklagte verletze zwar grundsätzlich die Urheberrechte der Klägerin (§ 23 UrhG). Die von der Beklagten erstellten und in die Trefferliste angezeigten Thumbnails seien unzulässige Umgestaltungen der Werke der Klägerin. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sei aber rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Die Klägerin habe eine Suchmaschinenoptimierung vorgenommen und dadurch zu erkennen gegeben, dass sie insgesamt am Zugriff durch die Suchmaschine interessiert sei. Durch die Aufnahme zahlreicher versteckter Suchworte in den Quellcode ihrer Internetseite habe sie die Suchmaschine sozusagen angelockt und – da die Bildersuche textgesteuert erfolge – die Bildersuche auch beeinflusst. Sie handle widersprüchlich, wenn sie dann gegen die Verwertung ihrer Bilder durch die Suchmaschine vorgehe. Eine mögliche Blockierung der Suchmaschinenindexierung für Bilder habe sie gerade nicht vorgenommen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und verfolgt ihr Klagebegehren weiter.“

posted by Stadler at 17:55