Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.2.18

Landgericht Köln verurteilt AFD-kritischen Blogger wegen Domain „wir-sind-afd.de“

Das Landgericht Köln hat den Inhaber von wir-sind-afd.de, der unter der Domain ein AfD-kritisches Angebot betreibt, zur Unterlassung der Registrierung und Freigabe der Domain verurteilt (Urteil des Landgerichts Köln vom 09.02.2018, Az.: 33 O 79/17). Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Domainname die Namensrechte der Partei Alternative für Deutschland (AfD) verletzt.

Das Gericht geht im Ansatz zunächst zutreffend davon aus, dass eine Verletzung der Namensrechte im Sinne von § 12 BGB eine sog. Zuordnungsverwirrrung voraussetzt und zudem die Verletzung schutzwürdiger Interessen des Berechtigten.

Für die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung kommt es bei Domains aber auch auf die konkrete Art der Verwendung an. Dazu kann auch der unmittelbar nach dem Öffnen der Webseite ersichtliche Inhalt gehören. Etwas anderes gilt dann, wenn die das Namensrecht beeinträchtigende Wirkung schon unabhängig von der Verwendung des Domainnamens durch die in der Registrierung liegende Ausschlusswirkung eintritt. Dann wird eine Zuordnungsverwirrung durch das Öffnen der Webseite auch nicht nachträglich relativiert. In dem hier vorliegenden Fall ist bereits die Annahme einer Ausschlusswirkung zweifelhaft. Die Verwendung der Second-Level-Domain „wir-sind-afd“ schließt die AfD nicht davon aus, ihren Parteinamen als Domain zu nutzen. Darüber hinaus müsste ein (objektiver) Benutzungswille der AfD gegeben sein (vgl. BGH GRUR 2004, 619 – kurt-biedenkopf.de), den man jedenfalls für die Domain „wir-sind-afd.de“ nicht ohne weiteres unterstellen kann. Es handelt sich nicht um einen Domainnamen, wie ihn politische Parteien üblicherweise benutzen. Wenn der Benutzungswille fehlt, ist aber von einer bereits in der Registrierung liegenden Rechtsverletzung nicht auszugehen. Das OLG Frankfurt hat das einmal recht anschaulich erläutert.

Auch eine Verletzung der schutzwürdigen Interessen der AfD ist entgegen der Ansicht des Landgerichts Köln nicht gegeben. An dieser Stelle ist in besonderem Maße der Einfluss des Grundrechts aus Art. 5 GG zu beachten und eine Abwägung der berechtigten Interessen der AfD mit dem Recht des Domaininhabers auf Meinungsfreiheit vorzunehmen. Gerade politische Parteien müssen sich dem öffentlichen Meinungskampf stellen. Das ist ihrer Stellung immanent. Dies gilt in besonderem Maße für eine Partei wie die AfD, die fortlaufend in hetzerischer Art und Weise versucht, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass es der AfD kaum um die Domain als solche gehen dürfte, sondern darum, Kritik zu erschweren. Selbst der flüchtige Betrachter bemerkt beim Aufruf der Website auf den ersten Blick, dass es um eine kritische/ablehnende Auseinandersetzung mit dieser rechtsradikalen Partei geht. Bereits die Eingangssätze „Wir sind AfD (Symbol eines gesenkten Daumens). Wir sind eine rechtsextreme, rassistische, menschenverachtende Partei und wir wollen in den Deutschen Bundestag.“ sprechen insoweit für sich.

Die Ausführungen des Landgerichts Köln wonach Art. 5 GG bereits nicht tangiert sei, weil es dem Betroffenen freistehe, seine Äußerungen und Ansichten zur AfD unter einem anderen Domainnamen zu veröffentlichen, offenbaren ein grundsätzlich verfehltes Grundrechtsverständnis. Das Landgericht hat die konkrete Art und Weise der Meinungsäußerung zu bewerten und insoweit eine Abwägung vorzunehmen und kann den Äußernden nicht darauf verweisen, er könne seine Meinung ja in anderem Kontext weiterhin äußern. Eine wirkliche Abwägung nimmt das Landgericht aufgrund dieses fehlerhaften Grundansatzes letztlich erst gar nicht vor. Wenn beispielsweise eine Meinung an einem bestimmten Ort getroffen wird, lässt sich der Anwendungsbereich des Grundrechts auch nicht mit der Erwägung verneinen, man könne die Äußerung schließlich andernorts immer noch tätigen.

Das Urteil des Landgerichts Köln erweist sich also bei näherer juristischer Betrachtung als falsch. Es bleibt zu hoffen, dass diese meinungsfeindliche Entscheidung keinen Bestand haben wird.

posted by Stadler at 17:30