Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.2.09

Fragwürdige Entscheidung der Schiedskommission im Domainstreit "boltze.eu"

Das Schiedsgericht zu den eu-Domains hat, basierend auf den sog. ADR-Regeln, verfügt, dass die Trägerin des bürgerlichen Namens Birgit Boltze die Domain „bolte.eu“ auf die Boltze Gruppe GmbH übertragen muss. (Fall-Nr.: 05231, Entscheidung vom 26.01.2009).

Das Schiedsgericht hat zwar keinen grundsätzlichen Vorrang der Firmen- und Kennzeichenrechte der Antragstellerin gegenüber den Namensrechten der Domaininhaberin angenommen, stützt sich aber darauf, dass die zweijährige Benutzungsschonfrist abgelaufen sei und nach Ablauf dieser Frist quasi automatisch von einer Bösgläubigkeit des Domaininhabers auszugehen sei.

Ich halte diese Entscheidung der Schiedskommissison für falsch.

Art. 21 Abs. 3 b) der Verordnung (EG) Nr.874/2004 der Kommission vom 28.April 2004
lautet:
„Bösgläubigkeit im Sinne vonA bsatz1 Buchstabe b)liegt
vor, wenn (…)
b) der Domänenname registriert wurde, um zu verhindern, dass der Inhaber eines solchen Namens, für den ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht (…) sofern:
(…) oder
der Domänenname mindestens zwei Jahre lang ab der Registrierung nicht in einschlägiger Weise genutzt wurde“

Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass der Umstand einer zweijährigen Nichtbenutzung für sich genommen noch nicht ausreichend ist, um eine Bösgläubigkeit zu indizieren. Vielmehr müssen zudem Feststellungen dahingehend getroffen werden, dass eine gezielte Sperrregistrierung vorgenommen worden ist. Die Verordnung normiert jedenfalls entgegen der Ansicht der Schiedskommission nicht, dass nach Ablauf der Zweijahresfrist stets von Bösgläubigkeit auszugehen ist. Gesetzliche Benutzungsschonfristen regeln ansonsten einen Benutzungszwang und normieren für den Fall der Nichtbenutzung den Verfall. Eine solche eindeutige Normierung fehlt in der Richtlinie allerdings, weshalb nicht davon aszugehen ist, dass nach zweijähriger Nichtbenutzung ohne weiteres der Verfall eintreten soll.

Es besteht grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, seinen Familiennamen als Domainnamen zu registrieren und es gibt andererseits eine Vielzahl von Gründen, warum eine Domain zwei Jahre lang nicht genutzt wird.

Die Auslegung des Schiedsgerichts, wonach allein der bloße Zeitablauf Bösgläubigkeit begründen soll, ist auch mit den Grundsätzen des Namensrechts nicht vereinbar.

Die Schiedskommission scheint sich nunmehr auf diese unrichtige Anwendung der Richtlinie festgelegt zu haben, weshalb mit weiteren Entscheidungen dieser Art zu rechnen ist.

posted by Stadler at 10:18