Jugendmedienschutz: Immer noch unausgegoren und gefährlich
Nachdem eine Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) vor einigen Jahren vollständig gescheitert ist, unternehmen die Länder nunmehr einen erneuten Anlauf für eine Neufassung.
Wieder im Programm ist das seit vielen Jahren kritisierte Vorhaben einer Alterskennzeichnung für Websites als Jugendschutzmaßnahme. Wer sein Angebot mit einer Alterskennzeichnung versieht, die von geeigneten Jugendschutzprogrammen nach § 11 Abs. 1 und 2 ausgelesen werden kann, soll damit seine Pflicht, jugendbeeinträchtigende Inhalte von Jugendlichen fernzuhalten, nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV erfüllen können. Die Erkenntnis, dass das schon aus technischen Gründen keine sinnvolle Jugendschutzmaßnahme darstellt, hat sich also offenbar nach wie vor nicht durchgesetzt.
Beachtlich ist daneben auch die geplante Neuregelung in § 11 Abs. 4:
Wer gewerbsmäßig oder in großem Umfang Telemedien verbreitet oder zugänglich macht, soll auch die für Kinder oder Jugendliche unbedenklichen Angebote für ein geeignetes Jugendschutzprogramm nach § 11 Abs. 1 und 2 programmieren, soweit dies zumutbar und ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.
Das betrifft grundsätzlich Zugangs- und Hostprovider. Die Vorschrift erscheint mir schon in sprachlicher Hinsicht völlig missglückt. Was mit der Formulierung, dass der Provider Angebote für ein Jugendschutzprogramm programmieren soll, gemeint ist, erschließt sich mir auch nach längerer Überlegung nicht. Die Vorschrift soll wohl in Richtung einer Filterverpflicht für Provider gehen, wobei unklar ist, ob sich die Soll-Vorschrift speziell bei großen Providern wie der Telekom, die sich diesen Aufwand leisten können, zu einer Rechtspflicht verdichtet. Damit wäre man inhaltlich dann allerdings wiederum beim Thema Netzsperren und Zugangserschwerung angekommen, Zensursula Reloaded sozusagen.
Interessant ist zudem die geplante Vorschrift des § 11 Abs. 6, die lautet:
Von Diensteanbietern, die gewerbsmäßig fremde Informationen für Nutzer speichern, kann der Nutzer verlangen, dass der Diensteanbieter ihm die Alterskennzeichnung nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 technisch ermöglicht.
Die Vorschrift betrifft Hoster, Betreiber von sozialen Medien, Videoplattformen wie YouTube, aber auch Meinungsportale und Blogs, die Nutzerkommentare ermöglichen. Jeder, der es also zulässt, dass andere bei ihm posten, ist grundsätzlich gehalten diesen Nutzern eine Alterskennzeichnung zu ermöglichen. Das einschränkende Kriterium ergibt sich insoweit lediglich aus der Notwendigkeit der Gewerbsmäßigkeit.
Derjenige, der in dieser Vorschrift als Nutzer bezeichnet wird, dürfte übrigens der Anbieter im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV sein. Insoweit erscheint die Regelung zumindest folgerichtig, auch wenn die Begriffe Nutzer und Anbieter nicht mehr einheitlich verwendet werden.
Zum selben Thema: Alvar Freude beim AK Zensur.