Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.7.12

Kein wirksamer Vertragsschluss bei Branchenbuchabzocke

Werbeschreiben für einen Branchenbucheintrag bei denen der Hinweis auf die Entgeltlichkeit gezielt unauffällig gestaltet ist, sind nicht nur wettbewerbswidrig – wie der I. Senat des BGH bereits im letzten Jahr entschieden hat – sondern führen nach einem Urteil des VII. Zivilsenats des BGH vom heutigen Tag (Az.: VII ZR 262/11) AGB-rechtlich auch nicht zum Abschluss eines wirksamen Vertrages.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es hierzu:

Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß §  305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.

posted by Stadler at 16:06  

16.5.12

Button-Lösung kommt zum 01.08.2012

Das Gesetz gegen Kostenfallen im Internet wurde laut einer Pressemitteilung des BMELV heute im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt damit zum 1. August 2012 in Kraft. Für E-Commerce-Anbieter besteht also Handlungsbedarf. Betreiber von Webshops und Anbieter sonstiger kostenpflichtigter Online-Services müssen sowohl den Bestellbutton bis zu diesem Zeitpunkt anbringen, als auch – vor Abgabe der Bestellung – zusätzliche Informationspflichten erfüllen.

Einen informativen und ausführlichen Beitrag dazu, wie der Bestellbutton zu gestalten ist, wo er angebracht werden muss und welche Informationen dem Kunden vor dem Klick auf den Button erteilt werden müssen, liefert das Shopbetreiber-Blog.

Wenn der Button bzw. der Bestellvorgang ab dem 01.08.2012 nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, kommt nach dem Willen des Gesetzgebers kein Vertrag mehr zustande. Die Folgen sind für E-Commerce-Anbieter also drastisch.

Vermutlich wird dieses neu Belehrungsmonster aber weniger vor Abofallen schützen, als wieder nur redliche, aber von den ständigen Gesetzesänderungen überforderte Shopbetreiber treffen. Der Gesetzgeber überfordert damit sowohl die Anbieter als auch die Verbraucher. Mit effektivem Verbraucherschutz hat das nichts zu tun.

posted by Stadler at 15:04  

3.4.12

Zucker im Tank

Gegen den als Vertreter von Abofallenbetreibern bekannt gewordenen Rechtsanwalt Olaf Tank hatte die Staatsanwaltschaft Darmstadt bereits im letzten Jahr Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs erhoben. Dieses Verfahren wurde zwischenzeitlich vom Gericht auch eröffnet.

Tank hat aber auch noch andernorts gewaltigen Ärger mit der Justiz, wie sich einer Veröffentlichung im Bundesanzeiger entnehmen lässt.

Die Staatsanwaltschaft Landshut hat in einem Ermittlungsverfahren gegen Tank wegen Betrugs Vermögensgegenstände gesichert, um Vermögensverschiebungen zu verhindern. Grundlage ist ein sog. dinglicher Arrests, den das Landgericht Landshut zuvor gegen Tank verhängt hatte.

Durch die staatsanwaltschaftlichen Sicherungsmaßnahme und ihre Bekanntmachung im Bundesanzeiger nach § 111e Abs. 4 StPO soll den Tatverletzten die Möglichkeit gegeben werden, ihre Ansprüche in das gesicherte Vermögen durch eigene zivilrechtliche Vollstreckungsmaßnahmen zu sichern. Auch Udo Vetter berichtet in seinem lawblog über den Fall.

posted by Stadler at 14:46  

22.2.12

Sind digitale Privatkopien tatsächlich erlaubt?

Christoph Keese – der „Außenminister“ des Springer-Verlags – bloggt bekanntlich gerne und regelmäßig und zwar aktuell über das Thema digitale Privatkopie. Seine These lautet, dass digitale Privatkopien ohnehin erlaubt seien, womit er gleichzeitig der Forderung nach Schaffung eines Rechts auf digitale Privatkopie kritisiert, die ausgerechnet von einem Unionsabgeordneten erhoben wurde. Man muss seine Beiträge aber immer auch als das lesen was sie sind, nämlich die Ausführungen eines Urheberrechtslobbyisten.

Rechtsdogmatisch betrachtet schafft § 53 UrhG bislang kein Recht des Nutzers auf Privatkopie, sondern beschränkt nur die Befugnisse des Urhebers. Die Vorschrift steht deshalb auch im 6. Abschnitt des Urheberrechtsgesetzes, der mit Schranken des Urheberrechts überschrieben ist. Mit diesem Aspekt möchte ich mich hier aber nicht weiter befassen, sondern mit den inhaltlichen Aussagen Keeses.

Keese verschweigt in seinem Blogbeitrag nämlich, dass § 53 Abs. 1 UrhG nachträglich ergänzt wurde, wodurch die Möglichkeit einer digitalen Privatkopie eingeschränkt worden ist. Die vom Gesetzgeber nachträglich vorgenommene Einschränkung habe ich hervorgehoben:

Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.

Diese Einschränkung zielt auf die digitale Privatkopie und das Filesharing ab. Man streitet insoweit auch noch über die Frage, ob eine zuläsisge Privatkopie schon dann ausscheidet, wenn die Kopiervorlage überhaupt öffentlich zugänglich gemacht wurde, also insbesondere online gestellt worden ist, oder ob das Merkmal „offensichtlich rechtswidrig“ zusätzlich erfüllt sein muss. Insbesondere das Filesharing über P2P-Netzwerke wurde damit endgültig als offensichtlich rechtswidrig qualifiziert. Der Gesetzgeber wollte dem Nutzer dadurch die Möglichkeit nehmen, sich darauf zu berufen, er habe nicht gewusst, ob ein bestimmtes Werk legal oder illegal online ist.

Die Privatkopie wurde vom deutschen Gesetzgeber vor einigen Jahren aber noch an einer anderen Stelle zurechtgestutzt. Denn das Gesetz verbietet in § 95a UrhG die Umgehung technischer Maßnahmen ausdrücklich. Wer also Kopierschutzmaßnahmen umgeht, kann sich ebenfalls nicht mehr auf § 53 UrhG berufen. Gerade das ist übrigens eine Regelung, die es keineswegs schon in allen Staaten gibt, sondern deren Umsetzung explizit auch in dem umstrittenen ACTA-Abkommen gefordert wird. Der deutsche Gesetzgeber hat an dieser Stelle nur deshalb keinen Umsetzungsbedarf, weil er die Forderungen der Urheberrechtslobbyisten längst erfüllt hat.

Digitale Privatkopien sind also tatsächlich nur (noch) in sehr eingeschränktem Umfang erlaubt. Die Frage müsste daher lauten, ob der Gesetzgeber die (digitale) Privatkopie ganz generell erlauben sollte und zwar unabhängig davon, ob eine urheberrechtswidrige Kopiervorlage benutzt wird und unabhängig vom Verbreitungsweg der Kopiervorlage.

posted by Stadler at 15:04  

9.2.12

Kritische Online-Berichterstattung und Meta-Tags

Immer wieder wird versucht, das Marken- und Wettbewerbsrecht als Vehikel zur Untersagung unliebsamer Meinungsäußerungen zu benutzen. Über derartige Fälle, in denen eine kritische Meinungsäußerung vor allen Dingen deshalb beanstandet worden ist, weil flankierend das Unternehmenskennzeichen und/oder eine Marke als Keyword im Meta-Tag verwendet wurde, hatte ich bereits berichtet.

Eine der verfehltesten Entscheidungen aus diesem Bereich stammt vom Landgericht München I (Urteil vom 19.05.2011, Az.: 4 HK O 14051/10). Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Geschäftskonzept darin besteht, Gewerbetreibende mit irreführenden Werbeschreiben, bei denen der Hinweis auf die Entgeltlichkeit gezielt unauffällig gestaltet ist, zum Abschluss von kostenpflichtigen Branchenbucheinträgen zu bewegen. Mit dieser Praxis hat sich übrigens auch der BGH unlängst beschäftigt. Weil der Klägerin die durchaus deutliche und heftige Kritik des Beklagten an ihren Geschäftspraktiken ein Dorn im Auge war, ist sie auf eine interessante Idee gekommen, wie die berechtige Berichterstattung des Beklagten unterbunden werden könnte. Sie hat beim Landgericht München I beantragt, dem Beklagten zu verbieten, im Meta-Tag seiner Website den Unternehmensnamen „European Business Guide“ sowie den Namen des Geschäftsführers zu verwenden. Und dies obwohl beide Begriffe auch offen zum Zwecke der Kritik an den Geschäftspraktiken verwendet worden sind.

Das Landgericht hat dieser Klage dann auch tatsächlich stattgegeben. Diese speziell in ihrer Begründung fast absurde Entscheidung des Landgerichts München I ist vom OLG München heute, im Rahmen des von mir anwaltlich betreuten Berufungsverfahrens, aufgehoben worden (Urteil des OLG München vom 09.02.2012, Az.: 6 U 2488/11). Sobald die Urteilsgründe vorliegen, werde ich nochmals ausführlich berichten. Auch in München gibt es also durchaus meinungsfreundliche Entscheidungen.

 

posted by Stadler at 15:05  

27.12.11

BGH zur Branchenbuchabzocke

Eine ganze Reihen von Unternehmen haben sich darauf spezialisiert, Gewerbetreibende mit irreführenden Werbeschreiben, bei denen der Hinweis auf die Entgeltlichkeit gezielt unauffällig gestaltet ist, zum Abschluss von kostenpflichtigen Branchenbucheinträgen zu bewegen.

Diese Praxis ist nunmehr auch höchstrichterlich als wettbewerbswidrig beanstandet worden (BGH, Urteil vom 30.06.2011, Az.: I ZR 157/10 – Branchenbuch Berg). Beklagter des Verfahrens beim BGH war die „Neue Branchenbuch AG“.

Der BGH hält formularmäßig aufgemachte Angebotsschreiben für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis, die nach ihrer Gestaltung und ihrem Inhalt darauf angelegt sind, beim flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werde lediglich eine Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, für wettbewerbswidrig. Dieses Verhalten verstößt nach Ansicht des BGH gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.

Zur Begründung führt der BGH aus, die Werbung der Beklagten sei gerade darauf angelegt, den flüchtigen Betrachter in seinem ersten unzutreffenden Eindruck zu bestätigen, es bestehe bereits ein Vertragsverhältnis. Die anschließenden Ausführungen des BGH sind äußerst deutlich:

Das beanstandete Anschreiben vermittelt damit bei flüchtiger Betrachtung, auf die es die Beklagte gerade abgesehen hat, den unzutreffenden Eindruck, die beworbene Leistung sei bereits bestellt. Ist die Werbung aber gerade auf diesen flüchtigen Eindruck ausgerichtet, kann ebenso wie bei einer „dreisten Lüge“ (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 2.107) auch davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Teil des in dieser Weise angesprochenen Verkehrs getäuscht wird.

Nachdem einige dieser unseriösen Unternehmen auch immer wieder gerichtlich gegen eine Onlineberichterstattung vorgehen, in der sie als Adressbuchbetrüger, Schwindler o.ä. bezeichnet werden, ist diese höchtrichterliche Entscheidung sehr zu begrüßen.

 

posted by Stadler at 10:32  

19.12.11

Olaf Tank und Schmidtlein-Brüder angeklagt

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat Anklage u.a. gegen Rechtsanwalt Olaf Tank und die Brüder Andreas Walter Schmidtlein und Jan Manuel Schmidtlein erhoben.

Der Tatvorwurf lautet auf gewerbsmäßigen Betrug im Zusammenhang mit den Portalen „opendownload.de“ und „softwaresammler.de“ für den Tatzeitraum von 02.09.2008 – 28.02.2010.

Erstaunlich ist einerseits, dass das derart lange gedauert hat, denn die Abofallen der Brüder und ihres anwaltlichen Vertreters sind seit Jahren bekannt. Andererseits überrascht mich aber auch die offensive Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Darmstadt, in der die vollen Namen der Beschuldigten genannnt werden. Das öffentliche Interesse an diesem Verfahren ist andererseits natürlich erheblich.

posted by Stadler at 14:31  

14.11.11

Wettbewerbsrechtliche Haftung für die Zusendung unbestellter Waren

Der BGH hat entschieden (Urteil vom 17. August 2011, Az.:  I ZR 134/10) dass die unbestellte Zusendung von Zeitschriften und die Ankündigung der fortgesetzten entgeltlichen Zusendung gegen Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verstößt und gleichzeitig auch eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG vorliegt. Das ist im Ergebnis wenig überraschend.

Die interessante Facette des Falles besteht darin, dass die Beklagte vorgetragen hatte, sie sei selbst von einer Kundenbestellung ausgegangen und sei insoweit von ihrem Werber getäuscht worden und damit selbst Opfer eines groß angelegten Betrugs geworden.

Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass sich der Unternehmer nur dann auf einen Irrtum berufen kann, wenn der Irrtum seine Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmens hat. Beruht der Irrtum allerdings darauf, dass der Unternehmer von der Person getäuscht worden ist, die er für seine Akquisition eingesetzt hat, haftet er für den in der Zusendung der unbestellten Ware liegenden Wettbewerbsverstoß nach § 8 Abs. 2 UWG und zwar unabhängig von der Frage einer Wissenszurechnung nach § 166 Abs. 1 BGB.

posted by Stadler at 11:49  

24.8.11

Bundesregierung beschließt Button-Lösung

Die Bundesregierung hat heute die Einführung der sog. Button-Lösung für Vertragsabschlüsse im Internet beschlossen und erhofft sich hiervon einen besseren Schutz der Verbraucher.

Warum sich diese Hoffnung voraussichtlich nicht erfüllen wird, habe ich bereits vor einiger Zeit erläutert. Dem Gesetzesentwurf des BMJ, den das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat und der nun noch das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen muss, ist ein Polit-Theater vorausgegangen, das ich als Lehrstück für die Mechanismen unserer Parteiendemokratie betrachte.

Erwähnenswert ist auch der Hinweis der Bundesregierung, dass damit eine geplante EU-Richtlinie quais vorab umgesetzt wird. In anderen Bereichen wird ansonsten eine sinnvolle und notwendige Gesetzgebung – zu der man die Button-Lösung nicht zählen kann – gerne mit dem Argument verzögert, dass man zunächst die europarechtliche Vorgabe abwarten möchte. Diesmal ist es erstaunlicherweise genau anders herum.

posted by Stadler at 11:51  

22.5.11

Werbung mit Monatspreisen kann bei längerer Vertragsbindung wettbewerbswidrig sein

Nach einer neuen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 14.04.2011, Az.: 38 O 148/10) ist eine Werbung mit Monatspreisen bei einer zweijährigen Vertragsbindung dann wettbewerbswidrig, wenn es sich nicht um eine periodisch wiederkehrende Leistung handelt, weil in diesem Fall für eine Werbung mit Monatspreisen kein vernünftiger Grund besteht.

Hierin sieht das Gericht vielmehr eine Irreführung über wesentliche Merkmale der beworbenen Dienstleistung und zudem einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 1 DL-InfV und damit gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

Es ging im konkreten Fall um eine Eintragung in ein Firmenregister, für das mit der wenig seriösen Bezeichnung „Gewerbeauskunft-Zentrale -Erfassung gewerblicher Einträge“ geworben wurde, was vom Landgericht Düsseldorf ebenfalls als irreführend und damit wettbewerbswidrig beanstandet worden ist.

posted by Stadler at 21:56  
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