Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

2.8.12

BVerfG verhandelt über Antiterrordatei

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 06.11.2012 über eine Verfassungsbeschwerde gegen das Antiterrordateigesetz. Das Verfahren dürfte vermutlich auch Aufschluss über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit ähnlicher Dateien, wie die gerade vom Bundestag beschlossene Verbunddatei Rechtsextremismus liefern.

In der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts heißt es zum Verfahren und zur Antiterrodatei:

Das Antiterrordateigesetz schafft für den Bereich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus die Rechtsgrundlage für eine Verbunddatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern. Beteiligt sind an der Antiterrordatei das Bundeskriminalamt, das Bundespolizeipräsidium, die Landeskriminalämter, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst und das Zollkriminalamt sowie unter bestimmten Voraussetzungen weitere Polizeivollzugsbehörden.

Die automatisierte zentrale Antiterrordatei erleichtert und beschleunigt den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden, indem einzelne Erkenntnisse aus dem Zusammenhang der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, über die eine der beteiligten Behörden verfügt, für alle beteiligten Behörden schneller auffindbar und leichter zugänglich sind. Gespeichert werden in der Antiterrordatei verschiedene personenbezogene Merkmale zu Angehörigen terroristischer Vereinigungen mit internationalem Bezug, zu Einzelpersonen, die rechtswidrige Gewalt als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwenden oder eine solche Gewaltanwendung unterstützen, vorbereiten, befürworten oder durch ihre Tätigkeiten vorsätzlich hervorrufen, sowie zu Kontaktpersonen, die mit diesen Personenkreisen in Verbindung stehen.

posted by Stadler at 21:53  

5.5.12

Auch eine massive Rasterfahndung trug nicht zur Aufklärung der NSU-Morde bei

Die Süddeutsche Zeitung berichtet unter dem Titel „Neben der Spur“ in ihrer heutigen Ausgabe (SZ vom 5./6. Mai 2012, S. 8 f.) über die „Anatomie eines Staatsversagens“ bei der Aufklärung der Morde des sog. „Nationalsozialistischen Untergrunds“ und stützt sich dabei u.a. auf interne Unterlagen der Sonderkommission „Bosporus“, die der Zeitung vorliegen sollen.

In dem Artikel heißt es auch, die Ermittler hätten 32 Millionen (!) Handy-, Bank- und Autovermietungsdaten erhoben. Zusätzlich seien 900 000 Haftdaten, 300 000 Hoteldaten und 100 000 Verkehrsdaten eingeholt worden.

Ein Umstand, der aus bürgerrechtlicher Sicht einerseits erschreckend ist, andererseits aber zeigt, dass die Bedeutung technischer Maßnahmen häufig überschätzt wird. Das Scheitern der Ermittlungen der SOKO „Bosporus“ – allein die Bezeichnung zeigt die falsche Weichenstellung bereits auf – war auf Mängel bei der klassischen Polizeiarbeit und auf eine unzureichende Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Landes- und Bundesbehörden zurückzuführen.

Man hört in letzter Zeit leider immer häufiger, dass die klassische kriminalistische Arbeit bei der Polizei immer stärker in den Hintergrund tritt und auch nicht mehr so intensiv geschult wird wie in früheren Jahren. Stattdessen verlegt man sich mehr und mehr darauf, mit technischen Mitteln Daten zu erheben bzw. vorhandene Daten aus verschiedensten Datenbanken abzufragen und zu kombinieren.

Möglicherweise ist es also wichtiger, sich auf die klassische kriminalistische Arbeit zu besinnen, als nach immer neuen technischen Befugnissen zu rufen. Vernünftige Polizeiarbeit ist auch bürgerrechtsfreundlich möglich. Wenn es aber an einer solchen soliden Polizeiarbeit fehlt, helfen technische Überwachungsbefugnisse zumeist auch nicht weiter, wie die Morde der sog. „NSU“ zeigen.

posted by Stadler at 15:39  

2.4.09

BVerfG: Kreditkartenscreening ist keine Rasterfahndung

Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, mit denen ein sog. Kreditkartenscreening bei einem Karteninstitut auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft als Grundrechtseingriff beanstandet wurde.

Das Gericht vertritt die Auffassung, dass eine der Rasterfahndung vergleichbare Maßnahme nicht vorliege, weil die Grunddaten nicht an die Staatsanwaltschaft übermittelt werden, sondern nur ein sehr eingeschränktes Suchergebnis von dem Institut übermittelt wird. Die beschwerführer wurden zwar gescreent, sie waren aber nicht unter den letzendlichen Suchtreffern, weshalb ihre Daten nicht an die Staatsanwaltschaft übermittelt wurden.

Ich halte die Entscheidung für bedenklich, weil ebenso wie bei der Rasterfahndung zunächst ein automatisierter Abgleich (Rasterung) mit anderen Daten vorgenommen wird. Durch diesen Abgleich wird eine Schnittmenge von Personen ermittelt, auf welche ganz bestimmte, von der Staatsanwaltschaft vorgegebene Merkmale zutreffen. Damit sind die Kriterien einer Rasterfahndung an sich erfüllt.

Der Unterschied zur Rasterfahndung besteht nunmehr nur darin, dass die Staatsanwaltschaft beim Kreditkartenscreening nicht Herrin der Daten ist, sondern die Grunddaten beim Kreditkarteninstitut verbleiben. Dies ändert aber am Ergebnis nichts, denn im konkreten Fall erhält die Staatsanwaltschaft das für das Ermittlungsverfahren gewünschten Informationsergebnis nach ihren vorgebenen Kriterien im gleichen Umfang wie wenn sie die Rasterfahndung selbt durchgeführt hätte. Die Grundrechtsintensität ist also dieselbe.

Quelle: BVerfG, 2 BvR 1372/07 vom 17.2.2009

posted by Stadler at 10:06