Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.5.13

Warum ist Zypries im Kompetenzteam von Steinbrück für Verbraucherschutz zuständig?

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat Brigitte Zypries in sein Kompetenzteam berufen, allerdings nicht für Rechtspolitik, sondern für Verbraucherpolitik, wie man auf Steinbrücks Website nachlesen kann.

Das finde ich insofern überraschend, als Zypries von 2002 bis 2009 Bundesjustizministerin war. Sie war in dieser Zeit allerdings auch ressortverantwortlich für mehrere Verschärfungen des Urheberrechts zu Gunsten der Rechteinhaber und zu Lasten der Nutzer und steht daher jedenfalls in diesem zentralen Bereich nicht unbedingt für eine zukunftsorientierte Rechtspolitik. In ihre Zeit als Ministerin fallen u.a. die Einschränkung der Schrankenbestimmung zur Privatkopie, die Einführung des Verbots der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen sowie die Schaffung eines Auskunftsanspruchs gegen Access-Provider, durch den die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing überhaupt erst möglich wurden.

Vermutlich deshalb ist die Neuregelung des Urheberrechts im Kompetenzteam von Steinbrück bei Gesche Joost angesiedelt. Denn bei dieser Neuregelung ginge es dann auch um die Korrektur derjenigen Regelungen des Urheberrechts, die man als Regierungspartei, die noch dazu die zuständige Fachministerin gestellt hat, selbst zu verantworten hatte. Gerade deshalb ist es im Wahlkampf wohl notwendig, an dieser Stelle ein unverbrauchtes Gesicht wie Gesche Joost nach vorne zu schicken, die von Rechtspolitik allerdings wenig Ahnung hat. Die erfahrene Rechtspolitikerin Zypries, die schließlich ihre eigenen Urheberrechtsreformen kritisieren müsste, nimmt man da vorsichtshalber aus der Schusslinie und verschiebt sie vorerst auf das Verbraucherressort.

Das sieht mir doch sehr stark nach einer eher durchsichtigen Camouflage aus.

posted by Stadler at 11:47  

11 Comments

  1. Und dann war da noch die alles überragende Leistung, den Strafprozess an die Wand zu fahren indem sie dem rechtsbeugenden Treiben der Organe der Rechtspflege einen scheinbar legalen Anstrich gab.
    Rechtsstaat wird einfach überbewertet.

    Comment by Matthias — 27.05, 2013 @ 12:01

  2. Hi,

    was ich vermisse, wenn ich an diese „erfahrene Rechtspolitikerin Zypries“, wie Dr.iur. Steinmeier mal Mitarbeiter/in des bedeutenden Gießener Prof. Helmut Ridder, denke, was ich da also vermisse ist der Aufschrei gegen die an Mollath exekutierten Rechtbrüche seit 2001, zuletzt im Brixner-Urteil vom 8. Aug. 2006 mit anschließender, bis heute anhaltender Psychoverwahrung. Oder sollte genau dies, sich nicht empören zu kölnen, das entscheidende Merkmal aller „erfahrenen Rechtspolitikern“ beiderlei Geschlechts der SPD sein?

    Comment by Schwarze — 27.05, 2013 @ 13:02

  3. Mollath sitzt immer noch?
    Ich wage mal ein intensives Kopfschütteln.

    Comment by Wolf — 27.05, 2013 @ 13:31

  4. Das Kuriose ist doch eher, dass man eine Politikerin, die die Einschränkung genannter Verbraucherrechte massgeblich vorangetrieben hatte, nun ins Verbraucherschutzressort berufen will.

    Comment by Ein Mensch — 27.05, 2013 @ 13:42

  5. „Zukunftsorientiert“ ist ja letztendlich eine Frage des Standpunktes. Ich kann mir gut vorstellen, für wen Zypris‘ Ideen zukunftsorientiert sind.

    Comment by asdf — 27.05, 2013 @ 17:02

  6. Hysterisches Gegackere. Ein Komptenzteam ist kein Schattenkabinett, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Schattenkabinett#Kompetenzteam

    Die Aufzählung von Sünden von Frau Zypries ist unsinnig. Genausogut könnte man auf ihre Zeit als Innenstaatssekretärin referenzieren oder ihre Zeit in der Seilschaft Gerhard Schröders in Hannover. Steinbrück hat sie nicht mit einem Justizressort in Verbindung gebracht, sondern mit dem Thema Verbraucherschutz, für das sie Kompetenz repräsentieren soll.

    Dass Thorsten Denkler die Kompetenzen an Ministerien spiegelt zeugt a) von Unsachlichkeit und b) von mangelnder Geschichtskenntnis.

    Das Team von Steinbrück hat die Aufgabe Wahlen zu gewinnen, nicht Ressorts zu besetzen oder Ministerien zu führen. 1998 schon vergessen? Da sollte Jost Stollmann als parteiloser Unternehmer das Thema Wirtschaft voranbringen. Noch in der Wahlnacht wurde er von Lafontaine weg gebissen und statt eines Unternehmers wurde ein angestellter Manager aus der Energieindustrie Wirtschaftsminister.

    Wahlkampfteams haben nichts mit darauf folgenden Regierungen zu tun. Spekulationen darauf sind so sinnlos und unseriös wie das Geschwätz der Zocker an der Wallstreet.

    Man sollte im Wahlkampf lieber darüber nachdenken, was man will: wieder eine große Koalition wie 2005 mit Merkel als Kanzlerin oder Rotgrün wie 1998. Mehr Optionen wird es wohl nicht geben. Jede Beschädigung von Rotgrün ist aktive Wahlkampfhilfe für FDJ-Merkel.

    Eine rationale Politik wird es bei beiden nicht geben, das Gewürge wird weiter gehen, wenn es der Bürger nicht selbst in die Hand nimmt: in Petitionen, auf der Straße. ACTA, Zugangserschwerungsgesetz und Drosselkom werden nicht durch einsichtige Politiker im Parlament vorab beseitigt. Die sind nur exekutierendes, tagesaktuelles Organ der Straßen- oder Hinterzimmereinung. Man sehe sich nur @dorobaer an, wie sie ihre 180-Grad Pirouetten bei Vorgangsdatenspeicherung, Zugangserschwerungsgesetz oder Atomkraft nach Tageslaune dreht. Da spielen Wahlprogramme oder im Wahlkampf geäusserte Tagesmeinungen keine Rolle. Also: Rotgrün oder weiter die bleierne Zeit.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 27.05, 2013 @ 22:25

  7. @Wolfgang: Wunderbarer, fast schon erschöpfender Kommentar, Danke. ;)

    Allerdings hast Du im allerletzten Satz arg geschwächelt, denn Dein »Rotgrün« ist exakt so, als forderst Du »Gichtanfall — jetzt auch endlich mal im linken Zehengrundgelenk«.

    »Rotgrün« ist die gleiche Art Krätze wie »Schwarzbraungelb«, daran hat sich seit Schmidt vs. Strauss aka Pest vs. Cholera (1977) nichts geändert.

    Korrupte, kriminelle, rückgratlose, inkompetente, sachkundefreie Hinterzimmerspacken, auf den eigenen, persönlichen Vorteil bedacht, auf sinnfreie Weise täglich 12 bis 16 Stunden Zeit bindend, verfilzt mit den Lobbyisten dieses Kontinents bis zur Unerträglichkeit…

    Comment by Josh@_[°|°]_ — 28.05, 2013 @ 06:10

  8. Ich empfinde den Begriff „Kompetenzteam“ ja generell als grob irreführend.

    Comment by Moon — 28.05, 2013 @ 07:54

  9. Herr Ksoll

    alles verstanden. Bis auf Ihr arg dünnes rg-Schlußplädoyer. Und ja: „Kompetenz“ ist ein Luhmann-Habermas-Bürokratenausdruck („kommunikative Kompetenz“)
    und meint zunächst: im einer Bürokratie für etwas zuständig sein. Anders gesagt: wer wie der Herr BKK St. sowas bildet (daran scheiterte schon weiland CSU-Eddy), kann nur in Bürokraten-Kästchen denken, was freilich impliziert: er kann denken. Was im Fall des BKK St. erst noch zu beweisen wär;-)

    Comment by Schwarze — 28.05, 2013 @ 09:21

  10. Viel wichtiger ist doch die Annahme, dass Asmussen Finanzminister werden soll. Dann, meine Freunde, werden wir uns nicht mehr über so Firlefanz wie Verbraucherschutz unterhalten müssen. Dieser Mann wird nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa an die Wand fahren.

    Comment by Hardy — 1.06, 2013 @ 14:28

  11. Die schärfsten Sicherheitsgesetze in diesem Land sind von rot/grün und rot/schwarz gekommen.

    Da Steinbrück niemals Kanzler wird, erübrigt sich die Diskussion. Der Typ geht nicht, er funzt nicht. Merkel wird unser Ferkel bleiben.

    Es ist traurig, aber ich denke, im September werden wir wieder die drei Schweine CDU/CSU und SPD in ihrem Ehebett vorfinden. Der flotte Dreier.

    Ich sage es hier voraus und möchte bitte im September dafür gelobt werden.

    Vielen Dank.

    Comment by Wolle — 5.06, 2013 @ 19:27

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