Das Internet könnte unbrauchbar werden
Wir dürfen an diesem ereignisreichen Tag auch der Geburt eines neuen Internetexperten beiwohnen, was einige möglicherweise noch gar nicht bemerkt haben. Es handelt sich hierbei um unseren Innenminister Hans-Peter Friedrich – für mich ein fortwährender Quell der Erheiterung – der mit der Warnung aufhorchen lässt, das Internet könne so unsicher werden, dass es unbrauchbar werde. Wir müssen das vermutlich genauso Ernst nehmen, wie seine Warnungen vor einer anhaltenden Terrorgefahr.
Hintergrund dieser besorgniserregenden Mitteilung war die alljährliche Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die zwar allgemein einen Rückgang der Straftaten verzeichnet, nicht aber bei den Internetdelikten. Warum das so ist und warum die Aussagekraft der PKS insgesamt als eher bescheiden betrachtet werden muss, hatte ich schon im letzten Jahr erläutert.
Erwartungsgemäß hat Friedrich die Präsentation der PKS zum Anlass genommen, erneut die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu fordern, wobei er sich mit seiner Begründung überraschender Weise langsam der Wahrheit annähert. Denn Friedrich musste einräumen, dass es sich bei über 80 % dieser Internetstraftaten um Betrugsfälle handelt. Damit gesteht er allerdings auch ein, dass die Vorratsdatenspeicherung weniger der Terrorbekämpfung dient, als vielmehr der Bekämpfung von Alltagskriminalität.
…was, wie Kollege Vetter heute so schön auf den Punkt gebracht hat, einfach nicht geht. Weils nun mal keine „schwerste Straftat“ ist, wenn mir einer bei eBay Ziegelsteine statt Digitalkameras schickt.
Comment by JK — 20.05, 2011 @ 17:28
Die GdP hat aber auch laut gepoltert, es gäbe „praktisch keine Straftat, die im[!] Internet nicht begangen werde“. (Aus dem Gedächtnis zitiert, heute mittag in einem Interview auf n-tv.)
Comment by Ursula von den Laien — 20.05, 2011 @ 17:40
Terroranschläge werden ja beinahe ausschließlich im Internet durchgeführt !
Comment by spete — 20.05, 2011 @ 17:48
Hätte der Herr Friedrich dasselbe doch nur über die Atomenergie gesagt!
Comment by janwo — 20.05, 2011 @ 18:05
Nimmt man a)die Warnung des BMI, dass wegen des anwachsenden Betruges das Internet unbrauchbar werden könnte, b) die unverhältnismäßigen Aktivitäten bei der Piratenpartei, c) die Performanceausfälle beim BKA d) die Zensur in Österreich mit kino.to (und all dem Missbrauch des Urheberrechts wie er sich gerade bei uns wieder in den Kindergärten oder in der maßlosen Entfaltung im Jugendschutzgesetz) und e) die Abschottung des öffentliochen Dienstes von der Wirklichkeit mit qualifizierten Signatur, DE-Mail, nPA, Saga 5 und all den anderen realitätsfremden Fluchtversuchen, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Staat in Deutschland das Internet nicht will. Das wäre die eine Interpretation. Aber was ist die Konsequenz? Sollen wir genauso sein wie er? Sollen wir als Bürgernetz den Staat aussperren? Wir sind das Netz? So lange montags im Kreis laufen, bis der Staat mürbe wird und sich ins Bürgernetz nicht mehr einmischt, das er eh nur mit Ekel und Widerwillen betritt?
Und dann den Bediensteten 40% den Lohn kürzen, um deren Scheinwelt zu finanzieren? Was will der katholische Burschenschaftler im BMI von uns? Will er Krieg mit den Bürgern? Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: er ist nur im Amt, weil ein CSU-Mitglied bei der Dissertation betrogen hat. Betrugsprofiteur.
Comment by Jan Dark — 20.05, 2011 @ 18:34
Verdammt, dann müssen wir aufpassen, dass uns dieses Internet nicht aus Versehen runterfällt und zerbricht!!!
EPIC FAIL!
Comment by Michael — 20.05, 2011 @ 21:56
Wenn es nicht so traurig wäre müsste ich fast lachen.
Bliebe noch die Frage ob unsere politische Führung einfach nur kopflos ist und es nicht besser weiß oder ob sie sehr wohl weiß was sie tut.
Was sollte ich schlimmer finden?
Comment by Trollfresser — 21.05, 2011 @ 17:55
Irgendwo hat er ja Recht, wenn er sagt, das Internet könne unbrauchbar werden. Das wird sogar ziemlich sicher der Fall sein, wenn sämtliche Verbindungsdaten gespeichert werden, das DNS zwecks Internetsperren verbogen wird und die Netzneutralität den Bach runter geht.
Comment by Sleeper — 22.05, 2011 @ 01:19
@8: torproject.org hilft unter anderem in china und iran gegen staatliche zensur. warum nicht auch in deutschland? :)
Comment by Seb — 22.05, 2011 @ 19:39