Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.10.13

Leistungsschutzrecht: Stehen zwei Verwertungsgesellschaften in den Startlöchern?

journalist ONLINE berichtet darüber, dass die VG Media das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugniss wahrnehmen möchte. Zuvor hatte bereits die VG Wort eine außerordentliche Mitgliederversammlung zum Thema Leistungsschutzrecht angekündigt. In dem Beitrag von journalist ONLINE wird gemutmaßt, dass einige Verlage eine Wahrnehmung durch die VG Media bevorzugen könnten, weil der dortige Verteilungsschlüssel verlagsfreundlicher und damit urheberrechtsunfreundlicher ist.

Meine Vermutung, der Springer-Verlag, der sich nach eigener Aussage in fortgeschrittenen Verhandlungen mit einer Verwertungsgesellschaft befindet, würde mit der VG Wort verhandeln, könnte damit unzutreffend sein. Möglicherweise verhandelt Springer auch mit der VG Media und der Vorstoß der VG Wort ist nur eine Reaktion hierauf, um sich ebenfalls ein Stück vom Kuchen zu sichern. Ob es beim Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse allerdings überhaupt etwas zu verteilen gibt, dürfte weiterhin die spannende, zentrale Frage sein. Denn große Aggregatoren wie Google News werden im Zweifel diejenigen Verlage, die sich den Konditionen von Google nicht unterwerfen, schlicht auslisten.

posted by Stadler at 10:16  

19.9.13

VG WORT will Leistungsschutzrecht wahrnehmen

Letzte Woche hatte ich darüber berichtet, dass Springer-Vorstand Christoph Keese in einem Vortrag mitgeteilt hat, der Springer-Verlag würde sich in fortgeschrittenen Verhandlungen mit einer Verwertungsgesellschaft wegen der Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse befinden. Springer beabsichtigt laut Keese das Leistungsschutzrecht demnächst geltend zu machen.

Heute hat die VG WORT in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass eine außerordentliche Mitgliederversammlung der Verwertungsgesellschaft Ende November 2013 über eine zukünftige Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts der Presseverleger und des Beteiligungsanspruchs der Urheber beraten wird.

Der Vorstand der VG WORT wird seinen zuständigen Gremien auf dieser Mitgliederversammlung vorschlagen, den Wahrnehmungsvertrag dahingehend zu erweitern, dass das Leistungsschutzrecht der Presseverleger und der Beteiligungsanspruch der Urheber durch die VG WORT wahrgenommen werden können.

Ob große Aggregatoren wie Google News ein solches Angebot in Anspruch nehmen werden, bleibt abzuwarten. Ich halte es allerdings für naheliegender, dass Google die Inhalte derjenigen Verlage, die die VG WORT mit der Rechtewahrnehmung beauftragen, schlicht nicht mehr anzeigen wird.

Die Frage wird dann auch sein, auf welche kleineren Anbieter die VG WORT zugehen wird. Denn, dass entsprechende Warhnehmungsverträge in nennenswertem Umfang freiwillig geschlossen werden, steht zunächst nicht zu erwarten.

posted by Stadler at 14:24  

13.9.13

Springer will das Leistungsschutzrecht demnächst geltend machen

Christoph Keese, neuerdings Executive Vice President der Axel Springer AG, hat gestern einen Gastvortrag auf der Herbstakademie der DSRI zum Thema Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse gehalten. Das entsprechende Gesetz ist am 01.08.2013 in Kraft getreten.

Keese hat dort u.a. mitgeteilt, dass sich Springer in fortgeschrittenen Verhandlungen mit einer Verwertungsgesellschaft befinden würde und beabsichtigt sei, das Leistungsschutzrecht in absehbarer Zeit über eine Verwertungsgesellschaft wahrnehmen zu lassen.

Auf meine Nachfrage hin, ob diese Verwertungsgesellschaft neben dem Leistungsschutzrecht auch die Rechte des Autors wahrnehmen würde, antwortete Keese, dass nur das Leistungsschutzrecht zur Wahrnehmung übertragen würde. Das bedeute natürlich, dass ein Aggregator, der sich mit der Verwertungsgesellschaft einigt, mit dieser Rechtseinräumung zunächst nichts anfangen kann, weil er zusätzlich eine Erlaubnis des Autors benötigt, um aus Zeitungsartikeln Auszügen veröffentlichen zu können. Das hat Keese auch eingeräumt.

Christoph Keese hat sich in seinem Vortrag außerdem über die amerikanische Fair-Use-Regelung beklagt, die dazu führen würde, dass man selbst die Veröffentlichung von 300 Wörtern aus einem Zeitungsartikel nicht mehr untersagen könne. Auf meinen Einwand hin, dass es in Deutschland keine Fair-Use-Regelung gibt und es hier regelmäßig eine Urheberrechtsverletzung darstellt, wenn jemand 300 Wörter aus einem journalistischen Text übernimmt und Springer doch auch aus den eingeräumten Nutzungsrechten des Autors vorgehen könnte, antwortete Keese, dass Springer mit seinen Autoren keine Total-Buy-Out-Verträge schließen würde. Abgesehen davon, dass diese Aussage zumindest für die Vergangenheit nicht richtig ist, wie eine BGH-Entscheidung aus dem letzten Jahr zeigt, kann ich mir kaum vorstellen, dass sich Springer von Autoren nur einfache Nutzungsrechte einräumen lässt.

Man darf gespannt sein, wie die Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts des Springer-Verlags durch eine Verwertungsgesellschaft in der Praxis konkret aussehen wird. Derzeit hat Springer beispielsweise Google-News vorläufig gestattet, seine Inhalte weiter anzuzeigen. Diese Gestattung müsste dann widerrufen werden.

posted by Stadler at 11:34  

31.7.13

Morgen tritt das Leistungsschutzrecht in Kraft

Morgen, am 01.08.2013 tritt das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse in Kraft.

Weil ich in den letzten Tagen mehrere Anfragen erhalten habe, möchte ich ausdrücklich klarstellen, dass auf dieses Blog auch unter Übernahme vollständiger Überschriften und eines Anrisstexts verlinkt werden darf.

Während sich Springer gegenüber Google durch die Bestätigung, dass die Inhalte des Verlags von Google News in der bisherigen Form (vorläufig) weiter genutzt werden können, selbst ad absurdum geführt hat, sehen sich kleinere Aggregatoren wie Rivva veranlasst, ihr Angebot deutlich einzuschränken.

Den Schaden haben also vorwiegend kleinere Verlage und Anbieter. Vielleicht war genau das ja auch das Ziel von Springer und anderen großen Verlagen? Der Branchenverband Bitcom beklagt jedenfalls, dass das Leistungsschutzrecht kleine Anbieter aus dem Markt drängen würde. Und es sieht tatsächlich ein bisschen danach aus.

posted by Stadler at 15:50  

21.6.13

Google reagiert auf das Leistungsschutzrecht

Am 1. August tritt eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes in Kraft, durch das das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presserzeugnisse eingeführt wird. Ob diese gesetzliche Regelung überhaupt zu relevanten Änderungen führen wird, ist unklar. In ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen (vgl. z.B. Kahl, MMR 2013, 348) wird bereits die Auffassung vertreten, dass dieses Leistungsschutzrecht nur dann eingreift, wenn längere Textpassagen oder ganze Artikel übernommen werden. Das ist aber bereits nach dem bislang geltenden Urheberrecht untersagt.

Wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit hat Google jetzt reagiert und bekannt gegeben, dass der Dienst Google News ab dem 01.08.2013 nur noch die Inhalte derjenigen Verlage anzeigen wird, die mittels eines von Google neu eingerichteten Bestätigungssystems der Darstellung ihrer Inhalte bei Google News ausdrücklich zustimmen. Hierzu muss zuerst über die Google Webmaster Tools verifiziert werden, dass man Inhaber einer bestimmten Website ist. Anschließend muss für diesen verifizierten Inhalt die neugeschaffene „Google News-Bestätigungserklärung für deutsche Verlage und Webpublisher“ abgegeben werden. Anschließend werden die entsprechenden (Verlags-)Inhalte wieder bei Google News indiziert und angezeigt.

Das ist im Grunde genau das Ergebnis, das die Verlage nicht erreichen wollten. Die Verlage haben jetzt nämlich nur die Wahl draußen zu bleiben oder per ausdrücklicher Erklärung ihre Inhalte kostenlos für Google News freizugeben. Beispielsweise ZEIT Online hat bereits erklärt, dass es das von Google angebotene Opt-In nutzen wird, um seine Inhalte weiterhin bei Google News angezeigt zu bekommen. Man darf gespannt sein, wie andere Verlage nun reagieren.

posted by Stadler at 17:10  

15.5.13

Leistungsschutzrecht tritt am 01.08.2013 in Kraft

Das Urheberrechtsänderungsgesetz durch das ein Leistungsschutzrecht für Presserzeugnisse eingeführt wird, wurde gestern im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 1. August in Kraft.

Die verkündete Fassung lautet:

§ 87 f Presseverleger

(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.
(2) Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägernperiodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient. Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen.

§ 87g Übertragbarkeit, Dauer und Schranken des Rechts

(1) Das Recht des Presseverlegers nach § 87f Absatz 1 Satz 1 ist übertragbar. Die §§ 31 und 33 gelten entsprechend.
(2) Das Recht erlischt ein Jahr nach der Veröffentlichung des Presseerzeugnisses.
(3) Das Recht des Presseverlegers kann nicht zum Nachteil des Urhebers oder eines Leistungsschutzberechtigten geltend gemacht werden, dessen Werk oder nach diesem Gesetz geschützter Schutzgegenstand im Presseerzeugnis enthalten ist.
(4) Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.

§ 87h Beteiligungsanspruch des Urhebers

Der Urheber ist an einer Vergütung angemessen zu beteiligen.

Die beiden wesentlichen Passagen sind von mir hervorgehoben worden. Wie diese aktuelle Regelung auszulegen sein wird und welche Diskussion sich eventuell ergeben werden, habe ich hier und hier versucht zu skizzieren. Es wird in der nächsten Zeit sicherlich auch eine ganze Reihe rechtswissenschaftlicher Aufsätze geben, die sich mit der Frage der Auslegung dieser Neuregelung beschäftigen werden.

Außerdem bleibt abzuwarten ob und in welcher Form die Verlage versuchen werden, dieses Recht durchzusetzen.

posted by Stadler at 11:12  

23.3.13

Leistungsschutzrecht: Sascha Lobo ist wütend

Sascha Lobo ist wütend, auf sich selbst und die Netzgemeinde, also auf uns. Lobo meint, wir hätten im Kampf gegen das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse verloren und versagt.

Damit zeichnet Sascha Lobo ein deutlich verzerrtes und zu negatives Bild. Denn man muss bedenken, dass im Gesetzgebungsprozess im allgemeinen selbst die mächtigsten Lobbys ihre Interessen häufig nicht vollständig durchsetzen können, sondern sich oftmals mit mehr oder minder weitreichenden Kompromissen zufrieden geben müssen.

Beim Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse ist eine der mächtigsten Lobbys des Landes angetreten, nämlich die der Verleger. Diese Interessengruppe ist so mächtig, dass man es bereits 2009 geschafft hat, die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht im Koalitionsvertrag zu verankern und auch die Kanzlerin dazu gebracht hat, den Verlagen dieses Leistungsschutzrecht öffentlich zu versprechen.

Gemessen an dieser Ausgangssituation ist das von der Verlagslobby erzielte Ergebnis äußerst dürftig. Die Netzgemeinde, die es laut Lobo nun plötzlich doch gibt, hat in dieser Auseinandersetzung keineswegs versagt, wenngleich auch ich mir etwas mehr Druck gewünscht hätte.

Die Verlage waren mit einer Maximalforderung an den Start gegangen, von der am Ende kaum etwas übrig geblieben ist. Wer das nicht glaubt, sollte hier im Blog mal alle Beiträge zum Thema lesen und mit den ältesten beginnen.

Die Verlage hatten 2010 einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine Geräteabgabe zugunsten der Verlage vorsah. Wer zu gewerblichen Zwecken Computer – auch Webserver -, Kopierer und Multifunktionsgeräte nutzt, sollte nach der Vorstellung der Verleger an eine Verwertungsgesellschaft der Verlage bezahlen.

Von dieser Forderung ist nichts übrig geblieben, auch das Modell mit der Verwertungsgesellschaft ist – obwohl von den Verlagen bis zuletzt gefordert – nicht in das Gesetz übernommen worden.

Nach der Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages wurde der Gesetzesentwurf des BMJ in letzter Minute nochmals deutlich eingedampft.Die lange umstrittenen Snippets sind  vom Leistungsschutzrecht nun doch nicht abgedeckt, auch wenn die Verlage versuchen, das anders darzustellen.

Das in Kraft getretene Leistungsschutzrecht ist nicht viel mehr als eine leere Hülle. Aus Sicht der Verlage ist diese Flasche nicht halbvoll, sondern fast leer.

Was allerdings bleiben wird, ist Rechtsunsicherheit gerade für kleinere Anbieter, weniger für die großen Player. Und die Verlage werden versuchen nachzulegen. Möglicherweise wird es darauf hinauslaufen, dass die Verlagslobbyisten der Politik in einem Jahr erzählen werden, dass das Leistungsschutzrecht deshalb nichts gebracht hat, weil die bisherige Regelung nicht weitreichend genug war. Ich fürchte, dass diese Auseinandersetzung noch lange nicht zu Ende ist.

Und in der nächsten Runde kann die Netzikone Sascha Lobo dann seine ganze Meinungsmacht in die Waagschale werfen, um etwas mehr Widerstand zu erzeugen. Dafür wäre ich Dir dann wirklich dankbar lieber Sascha.

posted by Stadler at 21:40  

3.3.13

Das Leistungsschutzrecht und die Diskussion um die Snippets

Für die verabschiedete Fassung des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse wurde in den letzten Tagen die Ansicht vertreten, Snippets würden nicht mehr von diesem Leistungsschutzrecht umfasst. Dem widerspricht jetzt der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) laut Stefan Niggemeier.

Dass eine solche Diskussion beginnen würde, ist wenig überraschend, denn die Verlage müssen natürlich versuchen, aus der vom Bundestag beschlossenen Fassung für sich doch noch irgendwie Honig zu saugen.

Leider ist weder der Begriff der Snippets noch der der kleinsten Textausschnitte näher definiert. Eine mögliche Auslegung habe ich schon skizziert. Telemedicus weist zudem darauf hin, dass für die juristische Auslegung auch auf die BGH-Entscheidung zu den Vorschaubildern bei der Google-Bildersuche abzustellen sein wird. Und genau das dürfte eine Auslegung sein, die nicht der Position der Verlage entspricht. Denn der BGH sagt sinngemäß, dass derjenige, der seine Inhalte frei zugänglich ins Netz stellt, dann auch mit den üblichen Nutzungshandlungen von Suchmaschinen rechnen muss und in diese einwilligt. Solange die Verlage ihre Inhalte also frei zugänglich – und regelmäßig sogar suchmaschinenoptimiert – ins Netz stellen, willigen sie damit in die übliche Darstellung durch Suchmaschinen ein. Es steht ihnen frei, die Indizierung durch technische Maßnahmen zu unterbinden.

Sollten es die Verlage jetzt tatsächlich auf eine Nagelprobe mit Google ankommen lassen, werden wohl demnächst Gerichte auslegen und entscheiden. Ich glaube aus den genannten Gründen allerdings nicht, dass die vom Bundestag verabschiedete Fassung des Leistungsschutzrechts die normale Suchmaschinenfunktionalität erfasst. Für Aggregatoren kann man das allerdings, je nach Umfang des übernommenen Texts, durchaus anders sehen. Aber das war im Grunde bereits nach geltendem Recht so.

posted by Stadler at 15:28  

1.3.13

Wie geht es jetzt weiter mit dem Leistungsschutzrecht?

Der Bundestag hat heute ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse beschlossen, allerdings in einer deutlich abgeschwächten Form.  In Kraft treten wird das Gesetz aus zwei Gründen allerdings nicht so schnell.

Das Gesetz muss zunächst noch durch den Bundesrat und von dort droht Widerstand. Verhindern kann der Bundesrat das Leistungsschutzrecht zwar nicht, da es sich nur um ein sog. Einspruchsgesetz handelt. Das Gesetz müsste nach einem Einspruch des Bundesrates allerdings zunächst in den Vermittlungsausschuss, wo häufig noch Änderungen beschlossen werden.

Das Gesetz sieht außerdem eine Übergangsfrist von bis zu drei Monaten ab Verkündung im Bundesgesetzblatt vor. Das Gesetz tritt nämlich am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Wenn das Gesetz beispielsweise im Juni verkündet wird, dann würde es zum 01.09. in Kraft treten.

Meines Erachtens geht das Leistungsschutzrecht nicht mehr über das hinaus, was die Verlage aufgrund der Rechtseinräumung durch die Urheber ohnehin verlangen können. Es verbleibt allerdings bei dem Widerspruch, dass das Leistungsschutzrecht als ausschließliches Recht ausgestaltet ist und zwar selbst dann, wenn der Verlag vom Urheber nur ein einfaches Nutzungsrecht erhalten hat. Wie es sich auswirkt, wenn ein Autor seinen Text an mehrere Verlage lizenziert hat, bleibt offen, zumal sich Schutzgegenstand und Schutzinhalt dieses Leistungsschutzrechts inhaltlich nicht von einzelnen Sprachwerken (Texten) abgrenzen lassen. Für Autoren/Journalisten bietet dieses Leistungsschutzrecht jedenfalls keine Vorteile.

Dieses Leistungsschutzrecht wird allerdings neue Rechtsunsicherheit erzeugen, weil niemand so genau weiß, wie der unbestimmte Rechtsbegriff „kleinste Textausschnitte“ auszulegen ist. Vom Wortlaut ausgehend, muss es sich dabei jedenfalls um mehr als um einzelne Wörter handeln, andererseits aber um weniger als um kleine Textausschnitte. Vielleicht hat man hier bereits aus sprachlichen Gründen die Grenzen der möglichen Differenzierung überschritten.

Es könnte durchaus sein, dass sich die Rechtsprechung an das anlehnen wird, was der BGH in der Perlentaucherentscheidung ausgeführt hat. Danach genießen sehr kleine Teile eines Sprachwerkes – wie einzelne Wörter oder knappe Wortfolgen – zumeist keinen Urheberrechtsschutz. Wenn man also „kleinste Textauschnitte“ und „knappe Wortfolgen“ synonym betrachtet, würde der Schutz des Leistungsschutzrechts regelmäßig dort beginnen, wo auch der originäre urheberrechtliche Schutz einsetzt.

Gemessen daran, sind Dienste wie Google News bereits nach geltendem Recht kritisch. Dass die Verlage bislang nicht dagegen vorgegangen sind, liegt wohl nur daran, dass man keine Interesse daran hat, von Google-News ausgesperrt zu werden, sondern gerne gelistet bleiben will, gleichzeitig aber von Google gerne Lizenzzahlungen verlangen würde.

Die Koalitionsfraktionen haben heute ein Gesetz beschlossen, das den Verlagen nichts nützt, dafür aber zusätzliche Rechtsunsicherheit erzeugt. Und warum macht man das? Weil Angela Merkel den Verlagen ein Leistungsschutzrecht versprochen hat und das auch im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Zumindest eine leere Hülle eines solchen Rechts haben die Verlage heute vom Bundestag auch bekommen.

posted by Stadler at 15:41  

26.2.13

Doch keine Snippets: Leistungsschutzrecht soll in letzter Minute entschärft werden

Wie Heise und SPON melden, gibt es eine geänderte Entwurfsfassung zu dem geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse über das am Freitag im Bundestag abgestimmt werden soll. Offenbar will sich auch morgen der Rechtsausschuss nochmals mit dem Thema befassen.

Nach Informationen von netzpolitik.org soll die entscheidende Änderung in dem geplanten § 87 f Abs. 1 UrhG folgende sein:

(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.

Das bedeutet, dass Snippets ausdrücklich ausgenommen werden, wobei man wiederum darüber diskutieren kann, was genau kleinste Textausschnitte sein sollen. News-Aggregatoren könnten weiterhin, je nach Länge des übernommenen Textteils, betroffen bleiben. Das sind sie aber im Grunde schon nach geltendem Urheberrecht, denn die Übernahme längerer Textpassagen ist bereits jetzt unzulässig. Die Verlage sind auch bislang übrigens schon erfolgreich gegen die  wörtliche Übernahme von Textpassagen vorgegangen, wie die Entscheidung „Perlentaucher“ des BGH belegt.

Aus Sicht der Verlage ist damit der Versuch, Google zur Kasse zu bitten, gänzlich gescheitert. Es dürfte sich lediglich um einen Formelkompromiss handeln, der niemandem hilft, aber dennoch zusätzliche Rechtsunsicherheit erzeugt.

Als Abgeordneter sollte man deshalb trotzdem oder vielleicht erst recht gegen diese wirklich sinnlose Regelung stimmen.

Update:
Habe gerade den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bekommen. Die Begründung für die oben dargestellte Änderung lautet:

Die Empfehlung soll sicherstellen, dass Suchmaschinen und Aggregatoren ihre Suchergebnisse kurz bezeichnen können, ohne gegen Rechte der Rechteinhaber zu  verstoßen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf das Leistungsschutzrecht für Tonträgerhersteller (Urteil „Metall auf Metall“ vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06) soll hier gerade keine Anwendung finden. Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte, wie Schlagzeilen, zum Beispiel „Bayern schlägt Schalke“, fallen nicht unter das Schutzgut des Leistungsschutzrechtes. Die freie, knappe aber zweckdienliche Beschreibung des verlinkten Inhalts ist gewährleistet. Suchmaschinen und Aggregatoren müssen eine Möglichkeit haben, zu bezeichnen, auf welches Suchergebnis sie verlinken. Insofern gilt der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorschaubildern („Vorschaubilder I“, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 96/08; „Vorschaubilder II“, Urteil vom 19.10.2011, Az. 140/10).

Das ist natürlich eine vollkommene Abkehr von der ursprünglichen Gesetzesbegründung.

posted by Stadler at 16:20  
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