Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.2.13

Doch keine Snippets: Leistungsschutzrecht soll in letzter Minute entschärft werden

Wie Heise und SPON melden, gibt es eine geänderte Entwurfsfassung zu dem geplanten Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse über das am Freitag im Bundestag abgestimmt werden soll. Offenbar will sich auch morgen der Rechtsausschuss nochmals mit dem Thema befassen.

Nach Informationen von netzpolitik.org soll die entscheidende Änderung in dem geplanten § 87 f Abs. 1 UrhG folgende sein:

(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.

Das bedeutet, dass Snippets ausdrücklich ausgenommen werden, wobei man wiederum darüber diskutieren kann, was genau kleinste Textausschnitte sein sollen. News-Aggregatoren könnten weiterhin, je nach Länge des übernommenen Textteils, betroffen bleiben. Das sind sie aber im Grunde schon nach geltendem Urheberrecht, denn die Übernahme längerer Textpassagen ist bereits jetzt unzulässig. Die Verlage sind auch bislang übrigens schon erfolgreich gegen die  wörtliche Übernahme von Textpassagen vorgegangen, wie die Entscheidung „Perlentaucher“ des BGH belegt.

Aus Sicht der Verlage ist damit der Versuch, Google zur Kasse zu bitten, gänzlich gescheitert. Es dürfte sich lediglich um einen Formelkompromiss handeln, der niemandem hilft, aber dennoch zusätzliche Rechtsunsicherheit erzeugt.

Als Abgeordneter sollte man deshalb trotzdem oder vielleicht erst recht gegen diese wirklich sinnlose Regelung stimmen.

Update:
Habe gerade den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bekommen. Die Begründung für die oben dargestellte Änderung lautet:

Die Empfehlung soll sicherstellen, dass Suchmaschinen und Aggregatoren ihre Suchergebnisse kurz bezeichnen können, ohne gegen Rechte der Rechteinhaber zu  verstoßen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf das Leistungsschutzrecht für Tonträgerhersteller (Urteil „Metall auf Metall“ vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06) soll hier gerade keine Anwendung finden. Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte, wie Schlagzeilen, zum Beispiel „Bayern schlägt Schalke“, fallen nicht unter das Schutzgut des Leistungsschutzrechtes. Die freie, knappe aber zweckdienliche Beschreibung des verlinkten Inhalts ist gewährleistet. Suchmaschinen und Aggregatoren müssen eine Möglichkeit haben, zu bezeichnen, auf welches Suchergebnis sie verlinken. Insofern gilt der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorschaubildern („Vorschaubilder I“, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 96/08; „Vorschaubilder II“, Urteil vom 19.10.2011, Az. 140/10).

Das ist natürlich eine vollkommene Abkehr von der ursprünglichen Gesetzesbegründung.

posted by Stadler at 16:20  

18 Comments

  1. Heißt die Formulierung „Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht … Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.“, dass der Urheber ausgehebelt wurde?
    Das liest sich für mich so, ein freier Journalist gibt einem Pressevrlag einen Text und hat danach nicht mehr das Recht, Teile davon zu gewerblichen Zwecken zu veröffentlichen.
    Kurzum, die Freien sind dann wie Sklaven an das Presse-Unternehmen gebunden?

    Comment by Frank — 26.02, 2013 @ 16:30

  2. @Frank Ein freier Journalist stellt für einen Verlag i.A. kein Presseerzeugnis her, sondern schreibt einen Text. Das Presseerzeugnis, worauf der Verlag dann das alleinige Recht hat, ist dann die Aufmachung, Layout, Bandbreite zur Übertragung, etc., eben das was der Verleger leistet. Für die weitgehende Rechteabtretung am Text müssen demnach wohl immer noch Knebelverträge dienen. IANAL.

    Comment by Hackworth — 26.02, 2013 @ 17:05

  3. @Hackworth
    Aber es geht doch fast ausschließlich um Text, weil die Aufmachung, Layout, Bandbreite und was sonst noch alles gar nicht Gegenstand des Problems ist.

    Comment by Frank — 26.02, 2013 @ 17:16

  4. „weil die Aufmachung, Layout, Bandbreite und was sonst noch alles gar nicht Gegenstand des Problems ist“ -> sind aber gerade Rechtfertigung für LSR, auch wenn diese Charakteristika wohl kaum „geklaut“ werden, sondern höchstens Text übernommen

    Comment by Fiete Stegers — 26.02, 2013 @ 17:54

  5. @Frank
    Presseerzeugnis = Text + Aufmachung,

    Aufmachung = Layout + Bildchen + Bandbreite etc., worauf sich die Verlage argumentativ ja einiges einbilden, und objektiv ist das ja auch eine Leistung. Server und SEO (!) kosten schließlich Geld.

    Aber selbst wenn der freie Journalist als der Hersteller des Pressseerzeugnises gilt und der Verleger eigentlich nichts geleistet häte, dann hat er das P. immer noch nicht in dem Unternehmen hergestellt, das es veröffentlicht, sondern in Unterwäsche am heimischen Computer.

    Außerdem ist er ja immer noch nicht der Presseverleger, wie ja in Klammern zur Erläuterung hinzugefügt wurde. Wer heutzutage ein Verleger ist, das werden vielleicht die Gerichte klären müssen.

    Wenn der Journalist allerdings ein Verleger wäre, dann wäre ja er direkt der vom LSR geschützte, nicht der Verlag, an den er das Presseerzeugnis kommerziell weitergibt. Er wäre ein Verleger, der ein Presseerzeugnis (seinen Text) in seinem Unternehmen (selbständiger Journalist) hergestellt hat.

    IANAL.

    Comment by Hackworth — 26.02, 2013 @ 18:03

  6. Wenn die Verlage das LSR bekommen, dann haben sie einen wichtigen Teil ihrer Wunschliste: die gesetzliche Definition dass Presse das ist, was Presseverlage machen …

    Comment by Alvar — 26.02, 2013 @ 18:06

  7. @Alvar Wenn ich eine Website betriebe und dort meine eigenen Texte veröffentlichte, oder auf facebook einen Status veröffentliche, wäre ich dann Presseverleger, gibt es juristisch eine einstimmige Meinung dazu? Wenn ja, berücksichtigt diese Definition das Internet? Ehrlich neugierig, weil davon hängt vieles ab.

    Comment by Hackworth — 26.02, 2013 @ 18:13

  8. Das bedeutet, dass Snippets ausdrücklich ausgenommen werden

    Nein, dass bedeutet, dass Gerichte jetzt klären sollen, ob die Worte in der URL http://www.qualitätsmedium.de/Hier-könnte-Ihre-DPA-Meldung-stehen schon ausreichen, um ein Verstoß gegen das LSR zu begründen und ob deshalb massenhaft Abmahnungen zu erwarten sind. Und da wir ja das LG Hamburg kennen, wissen wir ja, wie das ausgeht.

    Comment by Oliver — 26.02, 2013 @ 18:21

  9. Siehe Kommentar 1:
    „Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.“

    O là là. Da ist aber Musik drin. Und wie war das noch mal mit dem einfachen Nutzungsrecht?

    Comment by vera — 26.02, 2013 @ 18:22

  10. Das Update mit der Begründung der Regierungsparteien lese ich so, daß gerade mal noch der Linktext erlaubt sein soll, also das, was zwischen a href=““> und </a steht.

    Dann bleibt es also dabei: Keine Snippets, und das bitte, ohne daß die Verlage ihre .htaccess oder ihre robots.txt bzw. meta name="robots" anfassen müssen.

    Wie eine Suchmaschine erkennen soll, daß es sich um ein Presseerzeugnis handelt, ist aber immer noch nicht geklärt, oder?

    Ich hoffe, die Betreiber von Suchmaschinen und Aggregatoren reagieren konsequent und werfen solche Sites einfach aus dem Index. Dann wäre endlich Ruhe.

    Comment by Sabine Engelhardt — 26.02, 2013 @ 18:31

  11. Wozu dann noch das Gesetz?

    Wir ersparen und einfach das ganze TamTam

    Comment by Anonymous — 26.02, 2013 @ 18:32

  12. Google’s Lobbyismus war offensichtlich erfolgreich. Mich freut’s.

    Comment by Duke — 26.02, 2013 @ 19:55

  13. Und dann sind wir wieder bei der Frage: Was ist gewerblich? Reicht dafür bereits ein Werbebanner?

    Weiterhin habe ich Bauchschmerzen bei der Teilenteignung der Freien. „Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen“ bedutet, dass der Urhebr einen Teil seiner Rechte entschädigungslos verliert.

    Verfassungsrechtlich dürfte das sehr problematisch sein. Letztendlich sind die Urheber einmal mehr die Verlierer und haben nur Nachteile.

    Comment by Klaus Minhardt — 26.02, 2013 @ 19:57

  14. Betrachtet man den Vorgang des Crawlings und der Indexierung, kommt es gar nicht so sehr darauf an, ob man am Ende nur ein Snippet anzeigt. Allein beim Indexierungsvorgang übernimmt ja die Suchmaschine den Text im Wortlaut und macht ihn sich so zu eigen. Der Text im Wortlaut kann dann zwar verworfen werden. Aber der Vorgang selbst ist von den Verlagen angreifbar.

    Comment by Cafebabe — 26.02, 2013 @ 21:04

  15. @Klaus Minhardt: Das ist so nicht geregelt. Vielmehr darf das #lsr – wie es heißt – nicht zum Nachteil des Urhebers geltend gemacht werden.

    Allerdings haben wir ja bereits jetzt eine ziemliche Schieflage im Verhältnis von Verlagen und freien Journalisten, die durch ein strengeres Urhebervertragsrecht auszugleichen wäre. Stattdessen stärkt man die Position der Verlage weiter, was im Ergebnis natürlich die Position der Autoren nicht stärkt.

    Comment by Stadler — 26.02, 2013 @ 21:37

  16. Hallo Herr Stadler,
    auch an Sie die Frage, die ich eben auch an Herrn Vetter gestellt habe.

    Was halten Sie von folgender Überlegung:

    Der Sinneswandel bezüglich Snippets kam nicht als späte Einsicht wegen guter Argumente der Kritiker sondern wegen handfester Probleme, die da wären:

    Notifizierungspflicht, siehe dazu:
    leistungsschutzrecht.info…zierungspflicht-verletzen

    und auch der entsprechende Kommentar von Stephan Thomae:

    „Da es sich um keinen großen Eingriff in die Technik der Informationsvermittler handle, erübrigt sich Thomae zufolge auch die Frage, ob der Gesetzentwurf zunächst von der EU-Kommission geprüft werden müsse. Die Notifizierungspflicht beziehe sich allein auf Initiativen, die das Geschäft von Suchmaschinen und Mediendiensten im Kern berührten.“

    heise.de/newsticker/meldu…sschutzrecht-1811304.html

    Zusätzlich räusperte sich ein doch zu großer Hecht im Internetteich, den auch die deutschen Großlobbyisten nicht ungnädig stimmen können:

    „Das fordert eine Verstoßanzeige der Computer & Communications Industry Association (CCIA), in der sich große IT-Firmen zusammengeschlossen haben – darunter Microsoft, Facebook, eBay, Yahoo und Google. In der offiziellen Beschwerde legt die CCIA ausführlich dar, wie das von der deutschen Bundesregierung beschlossene neue Monopolrecht für Presseverlage, das Recht von Verbrauchern und Unternehmen auf einen angemessenen Umgang mit Inhalten unangemessen stark einschränkt.“

    http://www.heise.de/tp/artikel/38/38589/1.html

    Nun wird es meiner Meinung nach interessant. Die Politiker wollen mit der Modifikation erreichen, dass beide Probleme nicht zum Tragen kommen.

    Wenn Snippets erlaubt – keine Notifizierungspflicht, keine Probleme mit USTR.

    Das wird den Verlegern nicht schmecken. Was tun? Abwarten, bis das Gesetz durch ist und dann Bedenken anmelden.

    Wie ist Ihre Einschätzung bezüglich der offenen Frage wegen der „kleinsten Textausschnitte“ und der dadurch entstehenden Zwickmühle? Wenn Verlegern das Gesetz eng ausgelegen und klagen, weil sie Snippets nicht durch das Gesetz abgedeckt sehen, würde damit das Gesetz wieder in eine Notifizierungspflicht „rutschen“ und zusätzlich die USTR wieder auf den Plan gerufen?

    Comment by Herbert — 27.02, 2013 @ 17:33

  17. „Das bedeutet, dass Snippets ausdrücklich ausgenommen werden, wobei man wiederum darüber diskutieren kann, was genau kleinste Textausschnitte sein sollen.“

    Nein das bedeutet, dass ein link ohne snipplet ausdrücklich ausgenommen ist. Das Ziel dieser Änderung ist, dass Google nicht, wie vorher das Recht hat den Verleger rauszuschmeissen. Das ist eine Verbesserung der späteren Rechtsposition der Verleger und nicht die Erlaubnis snipplets zu zeigen.

    Vorher hätte sich Google darauf berufen können, dass sie aufgrund des LSR dazu verpflichtet sind auch den eigentlichen Link zu entfernen. Jetzt können sich die Verleger darauf berufen, dass Überschriften ausdrücklich erlaubt sind.

    Comment by Brick — 28.02, 2013 @ 17:03

  18. Nachricht von heute 15.03.2013Heute, 12:20

    Leistungsschutzrecht

    Hallo Norbert, hallo Michael,

    offenbar haben wir ein merkwürdiges Leistungsschutzrecht bekommen. Bisher hatte ich die Einstellung, dass ein Kommentar nicht mit einer Doktorarbeit verwechselt werden sollte. Bei den nächsten Kommentaren werde ich das Wort: Literaturhinweis ggfs. in Quellennachweis umbenennen.

    Im übrigen ist ein Kommentar auch dazu geeignet, die Leser zu motivieren, sich ausgiebiger sachkundig zu machen und Bücher zu bestellen. Allerdings werden diese Leser in vielen Fällen versuchen, Bücher antiquarisch, so wie auch ich, aus Kostengründen beschaffen.

    Auch ist bald damit zu rechnen, dass Artikel in Online-Zeitungen lediglich nur über ABO zugänglich sind. Wer, wie ich, täglich ca. 20 bis 30 Online-Zeitungen einsieht, bekommt wohl irgendwann einen Kostendruck zu spüren.

    Ich gehe mal davon aus, dass ihr in dieser Angelegenheit über kompetenteres Wissen verfügen als meine Person. Allerdings habe ich mitbekommen, dass es sich um ein Gesetz mit fehlenden Definitionen handelt, dahingehend, welche Zeilenanzahl z.B. kostenpflichtig wird. Offenbar muss man eine Haftpflichtversicherung abschließen, um Klagen führen zu können, und Kosten für merkwürdige Urteile aufzubringen -:))

    Würde mich freuen, ob Sie schon ein Geschäftsmodell entwickelt haben, um beschriebenes umgehen zu können. Ist zum Beispiel der Schreiberling haftbar oder derjenige der veröffentlicht?

    Würde mich für einen Tipp freuen, denn es gibt leider sehr viele Winkeladvokaten, denen jeglich Berufsethik abhanden gekommen ist.

    Mit den besten Grüßen
    Rainer Westphal

    Comment by huthnorbert — 15.03, 2013 @ 19:41

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