Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.10.14

Das Leistungsschutzrecht scheitert vorerst und verzerrt dennoch den Wettbewerb

Eine Gruppe von Verlegern unter Federführung von Springer hat im letzten Jahr mit hohem lobbyistischem Aufwand eine gesetzliche Regelung über das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse durchgesetzt. Die beteiligten Verlage haben sich anschließend in der VG Media zusammengeschlossen, mit dem Ziel von Google und kleineren Suchmaschinen und Aggregatoren Lizenzzahlungen zu erlangen.

Dieses Vorhaben ist vorerst gescheitert. Die VG Media hat gestern mitgeteilt, dass sich die Presseverlage dem Druck Googles beugen und und die VG Media angewiesen haben, Google eine „Gratiseinwilligung“ für die Rechtenutzung zu erteilen.

Gleichzeitig weist die VG Media aber ausdrücklich darauf hin, dass man eine Entscheidung der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt über die Anwendbarkeit des Presseleistungsschutzrechtes beantragt hat. Sollte diese Entscheidung zu Lasten der Verlage ausgehen, steht dagegen dann der Rechtsweg offen. Es ist außerdem damit zu rechnen, dass die Verlage um Springer und Burda ihre politisch-lobbyistischen Bemühungen wieder aufnehmen werden. Die Kapitulation der Verlage ist also nur vorübergehend, von einem Ende des Leistungsschutzrechts zu sprechen, wäre verfrüht.

Die jetzige Ankündigung der VG Media führt allerdings zu dem absurden Ergebnis, dass von Google vorläufig keine Lizenzzahlungen mehr gefordert werden, während kleine Suchmaschinen und Aggregatoren weiterhin bezahlen sollen. Sollte die VG Media dieses Vorgehen fortsetzen, könnte die Sache doch noch ein Fall für das Bundeskartellamt werden, allerdings anders als von den Verlagen erhofft. Das Amt hatte sich ausdrücklich vorbehalten zu prüfen, ob nicht der Zusammenschluss der Verlage zur Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts kartellrechtlich relevant ist. Vor diesem Hintergrund könnte es missbräuchlich sein, ausschließlich von kleinen Anbietern Zahlungen zu fordern, während man Google (vorerst) verschont. Zumal ein solches Vorgehen dazu führt, dass die Position von Google gestärkt und die der kleineren Anbieter geschwächt wird. Die vom Gesetzgeber künstlich erzeugte Rechtsunsicherheit und Wettbewerbsverzerrung trifft gerade die kleinen Anbieter, denn anders als Google verfügen sie nicht über die Marktmacht den Verlagen die Stirn zu bieten und auch nicht über das Geld, die sich stellenden Fragen juristisch klären zu lassen.

Es wäre daher in der Tat sinnvoll, wie von der Linkenabgeordneten Halina Wawzyniak vorgeschlagen, das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse ersatzlos zu streichen. Der von ihr vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Leistungsschutzrechtes dürfte allerdings kaum Aussichten auf eine parlamentarische Mehrheit haben.

posted by Stadler at 21:09  

15.10.14

Auf welcher Grundlage will die VG Media (kleinere) Suchmaschinen abkassieren?

Heise berichtet darüber, dass die VG Media, die für große Verlage wie Springer und Burda das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse wahrnimmt, auch kleinere Suchmaschinen zur Kasse bitten will. Nach Informationen von Heise wurde die News-Suchmaschine Tersee von der VG Media angeschrieben und mitgeteilt, dass man den Suchmaschinenbetreiber zu einem Gespräch über den Abschluss eines Lizenzvertrages einlädt. Man darf davon ausgehen, dass auch andere kleine Suchmaschinen entsprechende Schreiben erhalten haben.

Diese große Freundlichkeit der VG Media hängt sicherlich auch damit zusammen, dass der Verwertungsgesellschaft sehr wohl bewusst ist, dass ihre Rechtsposition äußerst schwach ist und Ansprüche gegen eine Suchmaschine wie Tersee kaum gerichtlich durchsetzbar sein werden. Tersee bietet bei den Suchtreffern nur kleinste Textauschnitte an, die nach dem Gesetz aber ausdrücklich ausgenommen sind.

Man wird sich vor Gericht allerdings ohnehin früher oder später über die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs kleinste Textausschnitte streiten müssen. Der Gesetzgeber hat insoweit keine griffigen Kriterien vorgegeben. In der Literatur wird z.T. die Ansicht vertreten, dass damit ein Textumfang von bis zu 250 Zeichen gemeint ist.

Wenn die VG Media allerdings wirklich glaubt, insbesondere kleine Suchmaschinen zum Abschluss von Lizenzverträgen bewegen zu können, schätzt sie den Markt falsch ein. Die meisten kleinen Suchmaschinen erzielen anders als Google kaum Einnahmen und können sich derartige Zahlungen schlicht nicht leisten. Die Folge wird also sein, dass die angeschriebenen kleinen Suchmaschinen ihren Betrieb einstellen oder dazu übergehen, die Inhalte der Verlage, die das Leistungsschutzrecht wahrnehmen lassen, komplett auszulisten oder nur noch Überschriften anzuzeigen, um der Rechtsunsicherheit einer Gesetzesauslegung zu ihren Lasten zu entgehen.

posted by Stadler at 21:34  

1.10.14

Leistungsschutzrecht: Google zeigt bei Inhalten von Springer und Burda keine Snippets und Thumbnails mehr an

Google reagiert auf das Vorgehen verschiedener Verlage zur Durchsetzung des Leistungsschutzrechts und hat angekündigt, die Inhalte der betreffenden Verlage, unter ihnen Springer und Burda, nur noch eingeschränkt in der Suchmaschine und Google News anzuzeigen.

In einem Blogbeitrag hat Google heute mitgeteilt, dass es vor dem Hintergrund einer Klage der VG Media, die sich auf das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse stützt, keine Snippets und Thumbnails bekannter Webseiten wie bild.de, bunte.de oder hoerzu.de mehr anzeigen wird. Von der Maßnahme betroffen sind laut Google alle Verlage, die sich in der VG Media zur Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts organisiert haben. Bei Inhalten dieser Verlage wird Google künftig nur noch den Link zum Artikel sowie dessen Überschrift anzeigen.

Über die Auseinandersetzung um das Leistungsschutzrecht für Presseverlage habe ich in der Vergangenheit ausführlich gebloggt.

Update:
Schön ist hierzu auch der Beitrag von Stefan Niggemeier, der den Nagel exakt auf den Kopf trifft: „Verlage empört: Jetzt will Google nicht mal mehr ihr Recht verletzen!

posted by Stadler at 17:32  

15.9.14

Leistungsschutzrecht: Kleinere Suchportale zeigen Inhalte bestimmter Verlage nicht mehr an

Stefan Niggemeier berichtet heute darüber, dass man über die Suchfunktionen von web.de, GMX und T-Online keine Inhalte derjenigen Verlage mehr angezeigt bekommt, die das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse durch die Verwertungsgesellschaft VG Media geltend machen. Von dieser Auslistung sind u.a. Inhalte von Springer (u.a. bild.de, welt.de) und Burda (u.a. bunte.de) sowie verschiedene Websites von Tageszeitungen betroffen.

Die VG Media hatte am 01.07.2014 mitgeteilt, dass man gegen Yahoo und 1&1 ein Verfahren auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die Verwertung der Presseleistungsschutzrechte der Verleger bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamt als erster zivilrechtlicher Instanz eingereicht habe. Bereits zuvor hatte die VG Media nach eigenen Angaben Klage gegen Google erhoben. Die Maßnahme von 1&1 und T-Online dürfte daher die unmittelbare Reaktion auf die von der Verwertungsgesellschaft angestrengten Verfahren darstellen.

Nach meiner Einschätzung dürften die Klagen wenig Aussicht auf Erfolg haben, solange es sich nur um eine übliche Darstellung von Verlagsinhalten als Suchmaschinentreffer handelt.

posted by Stadler at 14:58  

22.8.14

Leistungsschutzrecht: Kein Missbrauchsverfahren gegen Google

Das Bundeskartellamt wird derzeit kein Missbrauchsverfahren gegen Google im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse einleiten. Ein solches Verfahren ist von zwölf Verlagen gemeinsam beantragt worden. Die Entscheidung des Kartellamts ist wenig überraschend.

Laut einem Bericht der FAZ hat das Amt gegenüber den Verlagen sogar angekündigt zu prüfen, ob nicht der Zusammenschluss der Verlage zur Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts kartellrechtlich relevant sein könnte.

Meines Erachtens stecken hinter dem juristisch unsinnigen Vorgehen der Verlage primär politische Gründe. Wenn die Verlage Ihre Vorhaben Google zur Kasse zu bitten weder kartellrechtlich noch urheberrechtlich durchsetzen können, werden sie in einer nächsten Runde vom Gesetzgeber die Ausweitung der jetzigen gesetzlichen Regelung zum Leistungsschutzrecht fordern, unter Hinweis darauf, dass sich die geltende Regelung nicht als effektiv erwiesen hat.

Update:
iRights.info hat das Schreiben des Kartellamts an die Verlage mittlerweile veröffentlicht. In dem Schreiben heißt es wörtlich u.a.:

Eine kartellrechtliche Verpflichtung Googles zum entgeltlichen Erwerb von Leistungsschutzrechten ist aus Sicht der Beschlussabteilung nicht anzunehmen. Eine Pflicht von Google zur Darstellung der Webseiten deutscher Presseverlage in einem so großen Umfang, dass das Leistungsschutzrecht nach § 87f UrhG berührt würde, kommt aus Sicht der Beschlussabteilung ebenfalls nicht in Betracht.

(…)
Als kartellrechtlich relevantes Verhalten käme insoweit eventuell eine vollständige Auslistung von Webseiten deutscher Presseverlage aus den Ergebnissen der allgemeinen Suche von Google als Reaktion gerade auf die konkrete Einforderung von Leisungsschutzrechts-Entgelten durch einen oder mehrere Verlage in Betracht- an Stelle der Auslotung und des Rückgriffs auf eine leistungsschtzrechtsfreie und damit unentgeltliche Nutzung.

Das bedeutet also, dass Google nach Ansicht des Kartellamts nicht verpflichtet ist, tatsächlich solche Rechte von den Verlagen zu erwerben, die das kostenpflichtige Leistungsschutzrecht umfassen. Google muss im Rahmen seiner allgemeinen Suche – außerhalb des Leistungsschutzrechts – lediglich Verlagsinhalte (kostenlos) anzeigen. Nur eine (vollständige) Auslistung von Verlagsinhalten, die nicht dem Leistungsschutzrecht unterfallen, wäre kartellrechtlich problematisch. Die (urheberrechtliche) Streitfrage wird im Zweifel dann wiederum die sein, ab welchem Umfang Textauschnitte (Snippets) unter das Leistungsschutzrecht fallen. Das Kartellrecht wird die Verlage allerdings nicht an das gewünschte Ziel führen.

posted by Stadler at 20:08  

25.6.14

Die von den Verlagen geführte „Google-Debatte“ ist rabulistisch

Dem Feuilleton der FAZ lässt sich entnehmen, dass es eine Google-Debatte geben soll. Welche Debatte ist damit gemeint? Geht es um die eventuell zu enge Zusammenarbeit zwischen Google und der NSA, um die Datensammelwut und den fehlenden Datenschutz oder wieder mal um YouTube? Nein, jedenfalls nicht im Kern, denn der Autor des Gastbeitrags heißt Gabor Steingart und ist Herausgeber des Handelsblatts. Und bereits Steingarts schüchterne Überschrift „Unsere Waffen im digitalen Freiheitskampf“ lässt erahnen, dass es im Grunde nur um das Leistungsschutzrecht für Presserzeugnisse gehen kann, das die Verlagslobby politisch durchgedrückt hat, um wirtschaftliche Interessen der Verlage durchzusetzen zum Wohle aller in einen digitalen Freiheitskampf gegen den Suchmaschinenmonopolisten Google ziehen zu können.

Steingart leitet seinen Text mit einem mehr oder minder gelungenen Täuschungsmanöver ein. Er schreibt, dass die Verlage wir alle Angst vor Google hätten, was sich schon dadurch belegen lasse, dass das Begriffspaar „Google & Angst“ bei der Googlesuche die zehnfache Trefferanzahl von „Putin & Angst“ auswirft. Dass es – jedenfalls bei meiner Suche – nur etwa das Sechsfache war, ist noch nicht das, was an diesem Ansatz wirklich bemerkenswert ist. Bemerkenswert ist vielmehr, dass man sich in der Verlagswelt, die offenbar mit der Außenwelt nichts mehr gemein hat, traut, einfache, logische Zusammenhänge zu leugnen und die FAZ derlei Unfug dann auch noch auf Papier bannt.

Steingart will uns in seinem Text Verlagslobbyismus als wackeren Freiheitskampf gegen den neuen Feudalherren und „Willkürherrscher“ Google verkaufen, wofür er u.a. den französischen Humanisten Étienne de La Boëtie missbraucht bemüht.

Und nachdem dieser Grundtenor erst einmal ausformuliert ist, gibt es kein Halten mehr. Steingart feuert ein Highlight nach dem anderen ab. Den Anfang macht folgende, äußerst schrillen Behauptung:

Von den vielen Millionen deutschen Dokumenten, die das Google-Archiv auf seinen Servern bereithält, stammt kein einziger Text von einem Google-Mitarbeiter, sondern alles, was da an Artikeln begeistert, polarisiert, langweilt oder einfach nur informiert, ist von den Autoren deutscher Verlage in deutscher Sprache erstellt worden

Hierauf kann ich als Blogger nur eine Antwort geben und die lautet:

Von den vielen Millionen deutschen Dokumenten, die das Google-Archiv auf seinen Servern bereithält, stammen die wenigsten von Autoren deutscher Verlage. Alles, was da beispielsweise an Blogbeiträgen begeistert, polarisiert, langweilt oder einfach nur informiert, ist von Bloggern in deutscher Sprache ohne jede Hilfe und Unterstützung von Verlagen erstellt worden.

Steingart erläutert uns im Anschluss, dass dem finsteren Treiben Googles nur auf eine einzige Art und Weise – Sie ahnen es vermutlich bereits – Einhalt geboten werden kann und zwar folgendermaßen:

Die Gegenwehr beginnt am besten damit, dass wir aufhören, die Texte unserer Journalisten kostenfrei an Google auszuliefern. Dieser Jahrhundertfehler der Verleger muss korrigiert werden. Wobei nicht die Texte selbst aus der Suchmaschine verschwinden sollten, denn wir wollen ja weiter gefunden und gelesen werden; lediglich ihrem Gratischarakter muss ein Ende gesetzt werden. Das würde dann so aussehen: Die Suchmaschine liefert weiterhin den Hinweis auf den Artikel, der Vorspann bietet wie gehabt die Produktbeschreibung, aber der eigentliche Inhalt wird das, was er immer war: kostenpflichtig. Gutes Geld für gute Arbeit.

Hier sind wir dann auch schon an einem auch in juristischer Hinsicht kritischen Punkt der Debatte angekommen. Wenn Google dafür, dass es Artikel aus den Häusern von Springer, dem Handelsblatt, Burda & Co. indiziert und als Suchmaschinentreffer anzeigt, zahlen muss, dann müsste es konsequenterweise auch für den Nachweis meiner ca. 3400 Texte aus diesem Blog bezahlen. Denn es stellt sich in der Tat die Frage, ob nicht auch ein Blogger als Presseverleger im Sinne von § 87f UrhG angesehen werden muss. Andernfalls wäre die gesetzliche Regelung unter Gleichheitsaspekten verfassungsrechtlich kaum haltbar.

Wer aber fordern würde, dass ein Suchmaschinenbetreiber im Grunde jedem, der Inhalte ins Netz stellt, Geld dafür bezahlen muss, dass diese Inhalte für die Nutzer auffindbar gemacht werden, stellt Suchmaschinen und damit die Funktionsfähigkeit des Internets insgesamt in Frage. Die Verlage kämpfen also in Wahrheit gegen das Netz. Und das ist kein Kampf der Freiheit sondern ein solcher der Unfreiheit. Steingarts Aufruf zu einer Google-kritischen Koalition

In einer großen Koalition von Autoren und Lesern, von Verlagen und ihren Kunden läge die Stärke der Google-kritischen Bewegung

kann man sich als Bürger deshalb keinesfalls anschließen. Denn die wirtschaftlichen Interessen der Verlage, um die es Steingart alleine geht, weisen noch nicht einmal eine kleine Schnittmenge mit den Interessen der internetnutzenden Bürger auf.

Es gibt viele gute Gründe Google zu kritisieren. Ich habe das hier erst vor zwei Tagen getan. Es ist auch richtig, dass Google seine Marktmacht mitunter missbraucht und zudem eine Datenerfassung betreibt, die man für bedenklich halten muss. Aber angesichts von Debattenbeiträgen wie dem Steingarts, wird der vernunftbegabte Mensch in diesem Punkt zwangsläufig in die Rolle des Fürsprechers von Google gedrängt. Denn es gilt vor allen Dingen zu erkennen, dass es in dieser von den Verlagen angezettelten Debatten nicht (nur) um Google, sondern um das Prinzip Suchmaschine und das Prinzip Aggregator geht. In dem von Verlagslobbyisten durchgesetzten Gesetz ist deshalb auch ausdrücklich von Anbietern von Suchmaschinen oder Anbietern von Diensten die Rede, die Inhalte entsprechend aufbereiten.

Ohne Suchmaschinen funktioniert das Internet wie wir es kennen aber nicht. Leistungsfähige Suchmaschinen sind unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Nutzer überhaupt Inhalte finden können. Den Verlagen wäre es natürlich am liebsten, sie könnten die Uhr um 30 Jahre zurückdrehen, es gäbe das WWW nicht und sie könnten weiter nur ihre Print-Titel verkaufen. Das ist aber nicht die Welt die wir uns als Bürger und Internetnutzer wünschen.

Der bildungsbürgerliche FAZ-Leser sollte sich auch darüber im Klaren sein, dass es sich beim Text Steingarts um ein verlagslobbyistisches Pamphlet handelt, das die FAZ in irreführender Art und Weise als Feuilletonbeitrag gekennzeichnet hat.

Update:
Sixtus zum selben Thema

posted by Stadler at 11:40  

24.6.14

Verlage wollen das Leistungsschutzrecht auch mit Hilfe des Kartellamts durchsetzen

Nach einer Meldung von Kress haben 12 Verlage, parallel zu einer Klage der VG Media, ein Kartellverfahren gegen Google wegen des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse beantragt.

Der Antrag soll sich auf einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung stützen, den die Verlage darin sehen, dass Google sich weigert, mit der VG Media einen Vertrag über die Vergütung für das Leistungsschutzrecht zu schließen. Google habe die Verlage aufgefordert, auf die Durchsetzung des Presseleistungsschutzrechts zu verzichten. Andernfalls würde Google die Verlagsangebote auslisten.

Letztlich geht es um die Frage, ob die Verlage, gestützt auf das Kartellrecht, einen Anspruch auf Anzeige kostenpflichtiger Suchmaschinentreffer für sich reklamieren können. Oder anders ausgedrückt: Kann man Google mit den Mitteln des Kartellrechts dazu zwingen, eine urheberrechtliche Nutzungshandlung in Form der öffentlichen Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen vorzunehmen, die dann von Google zu vergüten wäre.

Die Position der Verlage ist rabulistisch. Denn die Sumaschinentreffer, die Google anzeigt, unterfallen als „kleinste Textausschnitte“ überhaupt nicht dem Leistungsschutzrecht. Insoweit besteht auch kein Vergütungsanspruch der Verlage, die diesbzeügliche Zahlungsaufforderung der VG Media ist nicht gerechtfertigt.

Außerdem bietet Google allen Anbietern von Inhalten den Zugang zu seiner Suchmaschinen zu denselben Konditionen an. Niemand erhält Geld von Google dafür, dass seine Inhalte in der Suchmaschine gelistet werden. Eine Ungleichbehandlung findet nicht statt. Was die Verlage für sich fordern, würde vielmehr eine Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen Anbietern von Inhalten im Netz darstellen. Es ist aber nicht Aufgabe des Kartellrechts, eine Besserstellung einer einzelnen Branche herbeizuführen. Ganz im Gegenteil.

Dass kein Verstoß Googles gegen das Missbrauchsverbot von §§ 19, 20 GWB vorliegt, wird bislang übrigens auch in der kartellrechtlichen Literatur so gesehen (Kersting / Dworschak, NZKart 2013, 46-53).

posted by Stadler at 16:10  

23.6.14

Leistungsschutzrecht: Die VG Media will Geld von Google

Die VG Media hat am 13.06.2014 einen „Tarif Presseverleger für die öffentliche Zugänglichmachung von Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen zu gewerblichen Zwecken gem. § 87f Abs. 1 S. 1 UrhG“ im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Dieser Tarif dient der Umsetzung des umstrittenen Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse. Danach sollen Suchmaschinen und Dienste die Inhalte entsprechend aufbereiten bis zu 11% ihrer Brutto-Umsätze, einschließlich der Auslandsumsätze, die sie „unmittelbar und mittelbar mit der öffentlichen Zugänglichmachung von Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen erzielen“ an die Verwertungsgeselllschaft und damit an die Verlage abführen.

Dieser Tarif gilt „für die öffentliche Zugänglichmachung von Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen zu gewerblichen Zwecken gem. § 87f Abs. 1 S. 1 UrhG durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen und Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten„.

Den für die Vergütungspflicht maßgeblichen Ausschnitt aus Presseerzeugnissen definiert das Tarifwerk folgendermaßen:

Als Ausschnitt im Sinne dieses Tarifs gelten solche Teile von Online-Presseerzeugnissen i. S. des § 87f Abs. 2 S. 1 UrhG, wie sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Tarifs verkehrsüblich in Ergebnislisten von Suchmaschinen und von News-Aggregatoren angezeigt werden.

Bereits das ist eine Gesetzesauslegung, die schwerlich mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vereinbar ist. Denn das Gesetz nimmt kleinste Textausschnitte ausdrücklich vom Schutzbereich des Leistungsschutzrechts aus. Diese wesentliche Einschränkung, die zum Schutz der normalen Suchmaschinenfunktionalität in das Gesetz aufgenommen wurde, findet sich im Tarifwerk der VG Media nicht.

Die von mir in einem früheren Blogbeitrag gestellte Frage: „VG Media will das Leistungsschutzrecht wahrnehmen, nur wie?“ bleibt damit offen.

Die VG Media hat letzte Woche mitgeteilt, dass sie Klage gegen Google auf Zahlung erhoben hat. Ob diese Klage die klassische Suchmaschinenfunktion betrifft und/oder Google News, ergibt sich aus der Pressemitteilung der Verwertungsgesellschaft leider nicht.

Der allerdings auch als Google-freundlich bekannte Journalist Jeff Jarvis spricht gar von einem „German war against the link„.

posted by Stadler at 17:28  

19.2.14

VG Media will das Leistungsschutzrecht wahrnehmen, nur wie?

In den letzten Tagen wurde berichtet, dass die Verwertungsgesellschaft VG Media das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse für zwölf Verlage wahrnehmen wird, darunter Springer, Burda, Funke (WAZ, Hamburger Abendblatt) und der Münchener Zeitungs-Verlag (Münchner Merkur). Die Verlage übernehmen dabei offenbar gleich 50 % der Anteile der Verwertungsgesellschaft. Andere renommierte Blätter/Verlage wie die FAZ, Süddeutsche, Spiegel, ZEIT oder Heise beteiligen sich an dieser Allianz derzeit allerdings nicht.

Seitdem der Bundestag dieses Leistungsschutzrecht beschlossen hat, gab es dazu auch eine ganze Reihe rechtswissenschaftlicher Veröffentlichungen, weshalb hier nochmals der juristische Diskussionsstand zusammengefasst werden soll.

Ganz allgemein wird in der rechtswissenschaftlichen Diskussion darauf hingewiesen, dass die Bestimmung des Schutzgegenstandes und des Schutzumfanges Schwierigkeiten bereitet und das Gesetz sich insgesamt als leere Hülle entpuppen könnte (Peifer, GRURPrax 2013, 149). Überwiegend wird angenommen, dass das Leistungsschutzrecht nur dann eingreift, wenn längere Textpassagen oder ganze Artikel übernommen werden ( so z.B. Kahl, MMR 2013, 348). Insoweit wird sogar die Ansicht vertreten, dass die vom Schutzbereich ausgenommenen kleinsten Textausschnitte einen Unfang von bis zu 250 Zeichen umfassen dürfen, was zu einem faktischen Leerlauf der gesetzlichen Neuregelung führen müsste (Kühne, CR 2013, 169). Auch in kartellrechtlicher Hinsicht wird die Auffassung vertreten, dass Google nicht zwingend zahlen muss, sondern berechtigt ist, diejenigen Verlage, die ihr Leistungsschutzrecht geltend machen, auszulisten und deren Inhalte nicht mehr anzuzeigen (Kersting/Dworschak, NZKart 2013, 46).

Entscheidend ist letztlich, wie man den unbestimmten Rechtsbegriff “kleinste Textausschnitte” auslegt. Ausgehend vom Wortlaut, muss es sich dabei jedenfalls um mehr als um einzelne Wörter handeln, andererseits aber um weniger als um kleine Textausschnitte. An dieser Stelle muss dann allerdings die Frage erlaubt sein, wie man überhaupt noch zwischen kleinen und kleinsten Textausschnitten differenzieren soll. Ich halte es für naheliegend, sich an die Rechtsprechung des BGH in der Perlentaucherentscheidung anzulehnen. Danach genießen sehr kleine Teile eines Sprachwerkes – wie einzelne Wörter oder knappe Wortfolgen – zumeist keinen Urheberrechtsschutz. Wenn man also “kleinste Textauschnitte” und “knappe Wortfolgen” synonym betrachtet, würde der Schutz des Leistungsschutzrechts regelmäßig dort beginnen, wo auch der originäre urheberrechtliche Schutz einsetzt. Damit ist für die Verlage freilich nichts gewonnen.

Suchmaschinen dürften von der Neuregelung also nicht betroffen sein. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Ansicht in der juristischen Literatur. Bei News-Aggregatoren wird es auf die Länge des Textausschnitts ankommen, wobei auch hier jede Menge Auslegungsspielraum und damit Rechtsunsicherheit besteht. Je nach Auslegung könnte ein Dienst wie Google-News insoweit durchaus kritisch sein, wobei dies im Lichte der Rechtsprechung eigentlich bereits nach dem bislang geltenden Urheberrecht so war.

Ob die VG Media aber überhaupt etwas wahrzunehmen hat, wird auch davon abhängen, ob sich beispielsweise Google dazu entschließt, die Inhalte von Verlagen wie Springer oder Burda bei Google-News oder gar in der Suchmaschine einfach nicht mehr anzuzeigen. Das wäre vermutlich zunächst für die Verlage ein größereres Problem als für Google.

Ich habe für dieses Blog jedenfalls entschieden, auf die Verlinkung von Verlagen, die ihr Leistungsschutzrecht wahrnehmen, komplett zu verzichten.

posted by Stadler at 17:32  

2.12.13

VG WORT wird Leistungsschutzrecht wahrnehmen

Die VG WORT hat heute mitgeteilt, dass auf ihrer außerordentlichen Mitgliederversammlung am vergangenen Freitag der einstimmige Beschluss gefasst wurde, in Zukunft das Leistungsschutzrecht der Presseverleger und den Beteiligungsanspruch der Urheber wahrzunehmen. Insoweit wird es zu einer Konkurrenzsituation mit der VG Media kommen,  nachdem Springer und Burda bereits angekündigt haben, ihr Leistungsschutzrecht durch die VG Media wahrnehmen zu lassen. Dies mutmaßlich deshalb, weil das dortige Konzept verlagsfreundlicher ist als das der VG Wort.

Ob es inhaltlich allerdings viel wahrzunehmen gibt und welche Newsdienste die Verwertungsgesellschaften in Anspruch nehmen wollen, bleibt abzuwarten. Es könnte diesbezüglich auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen. Wesentlich wird sicherlich auch sein, ob Google die Inhalte von Springer und Burda aus Google News entfernen wird oder nicht.

posted by Stadler at 20:52  
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