Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.10.14

Auf welcher Grundlage will die VG Media (kleinere) Suchmaschinen abkassieren?

Heise berichtet darüber, dass die VG Media, die für große Verlage wie Springer und Burda das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse wahrnimmt, auch kleinere Suchmaschinen zur Kasse bitten will. Nach Informationen von Heise wurde die News-Suchmaschine Tersee von der VG Media angeschrieben und mitgeteilt, dass man den Suchmaschinenbetreiber zu einem Gespräch über den Abschluss eines Lizenzvertrages einlädt. Man darf davon ausgehen, dass auch andere kleine Suchmaschinen entsprechende Schreiben erhalten haben.

Diese große Freundlichkeit der VG Media hängt sicherlich auch damit zusammen, dass der Verwertungsgesellschaft sehr wohl bewusst ist, dass ihre Rechtsposition äußerst schwach ist und Ansprüche gegen eine Suchmaschine wie Tersee kaum gerichtlich durchsetzbar sein werden. Tersee bietet bei den Suchtreffern nur kleinste Textauschnitte an, die nach dem Gesetz aber ausdrücklich ausgenommen sind.

Man wird sich vor Gericht allerdings ohnehin früher oder später über die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs kleinste Textausschnitte streiten müssen. Der Gesetzgeber hat insoweit keine griffigen Kriterien vorgegeben. In der Literatur wird z.T. die Ansicht vertreten, dass damit ein Textumfang von bis zu 250 Zeichen gemeint ist.

Wenn die VG Media allerdings wirklich glaubt, insbesondere kleine Suchmaschinen zum Abschluss von Lizenzverträgen bewegen zu können, schätzt sie den Markt falsch ein. Die meisten kleinen Suchmaschinen erzielen anders als Google kaum Einnahmen und können sich derartige Zahlungen schlicht nicht leisten. Die Folge wird also sein, dass die angeschriebenen kleinen Suchmaschinen ihren Betrieb einstellen oder dazu übergehen, die Inhalte der Verlage, die das Leistungsschutzrecht wahrnehmen lassen, komplett auszulisten oder nur noch Überschriften anzuzeigen, um der Rechtsunsicherheit einer Gesetzesauslegung zu ihren Lasten zu entgehen.

posted by Stadler at 21:34  

15 Comments

  1. Soweit ich die Veröffentlichungen mitbekommen habe, ist die Grundlage weniger das konkrete Gesetz, als eher eine „es kann doch nicht sein, dass die uns nicht bezahlen“-Attitüde. Das war ja auch schon schön zu sehen, als Google angekündigt hat, im Wesentlichen genau das zu tun, was das Gesetz (in der Interpretation der Verlage) vorschreibt.

    Comment by Andre — 16.10, 2014 @ 07:19

  2. Wenn VG schlau ist, machen die mit den Minisuchmaschinen ein Kompensationsgeschäft, bei dem jeder sein Gesicht wahren kann. Werbung oder eine Art Pseudodienstleistung. Dann ist Google der Böse, der ausschert.

    Comment by Mirco — 16.10, 2014 @ 08:14

  3. Eine Einladung zu einem Gespräch mit dem Hintergedanken Druck auszuüben – wer ist gezwungen einer solchen „Einladung“ nachzukommen?

    Man sollte es tatsächlich darauf ankommen lassen, was, wenn die VG plötzlich sehr alt aussieht?

    Comment by Flügel — 16.10, 2014 @ 10:52

  4. Wie sieht denn eigentlich inzwischen die rechtliche Einschätzung zur VG Media aus, da sich hier ja ausgerechnet die dicksten Fische zusammenschließen, liegt ja relativ Nahe, zu überprüfen, ob dies nicht eine illegitime Kartellbildung ist – womit sich das Thema elegant selbst erledigen würde.

    Comment by nemo — 16.10, 2014 @ 11:21

  5. Sorry für off-topic, aber: http://www.computerwoche.de/a/vg-media-wirft-google-verstoss-gegen-kartellrecht-vor,3069640#

    Vor Kurzem stellte sich hier ja die Frage, was die VG Media tun will, nun da sich Google exakt an ihre Vorgaben hält und nur noch Überschriften anzeigt.

    Das wäre damit klar: die eigenen Aussagen ignorieren und einfach völlig k*ckdreist das bisherige Programm weiter durchziehen.

    Es sei denn, die VG Media will tatsächlich versuchen, Google News mit Google gleichzusetzen und daraus dann einen Anspruch abzuleiten. Das wird in dem Artikel nicht klar.

    Oder übersehe ich gerade etwas Grundlegendes?

    Comment by Peter — 16.10, 2014 @ 12:32

  6. Nur meine – vielleicht völlig absurden – 5 Cent: Vielleicht will VG genau erreichen, daß die kleineren Suchmaschinen sie auslisten*!? Google käme damit in eine echte Monopolsituation und könnte evtl. tatsächlich gezwungen werden die VG Verlage in „normalem“ Umfang zu zeigen UND dafür dann zahlen zu müssen.

    * evtl. mit dem Versprechen hinter vorgehaltener Hand, nachdem sie Google klein gekriegt haben ihnen durch die Erlaubnis nicht zahlen zu müssen einen Vorteil zu gewähren!????

    !Nur meine 5 Cent!

    Comment by dentix07 — 16.10, 2014 @ 14:25

  7. Scheine mich, laut ZEIT [http://www.zeit.de/digital/internet/2014-10/leistungsschutzrecht-vg-media-verlage-kapitulieren-google/komplettansicht], zu irren! (Gefunden via Google News :) )

    Comment by dentix07 — 16.10, 2014 @ 15:08

  8. @dentix07

    Mir ist in der freien Wirtschaft kein Geschäftsmodell bekannt, das jemanden verpflichtet, für etwas zu bezahlen, was er nicht bestellt hat. Ansonsten könnte ich ja auch die Verlage verpflichten, mir auf jeden Fall meine Texte abzukaufen. Sie haben ja auch ein Quasi-Monopol.
    Nein, das Kartellamt hat schon richtig entschieden und Google hat sehr besonnen reagiert.
    Ich gebe schon zu, dass die Verlage in einer schwierigen Lage sind. Nachrichten sind weltweit für jeden verfügbar. Da muss nicht auf eine Printausgabe gewartet werden. Die Film- und Musikindustrie hatten/haben die gleichen Probleme. Also wurden Kopierschutzmechanismen entwickelt und das Geschäftsmodell angepasst. Für die Verlage bedeutet dies m.E.: entweder konsequente Bezahlschranken oder eine eigene Suchmaschine.

    Comment by GustavMahler — 16.10, 2014 @ 15:12

  9. Heute bei Golem.de: „Die Verwertungsgesellschaft (VG) Media rechnet mit einem umfassenden Verzicht der Verlage auf die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts gegenüber dem Suchmaschinenkonzern Google.“ http://www.golem.de/news/leistungsschutzrecht-vg-media-erwartet-kapitulation-der-verlage-vor-google-1410-109875.html

    Comment by Jens Bernert — 16.10, 2014 @ 16:29

  10. Zum Leistungsschutzrecht und der jetzigen Situation möchte ich an folgendes erinnern:

    http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/43192540_kw09_de_leistungsschutz/211146

    [zitat]
    Allerdings relativiert die im Ausschuss geänderte Fassung, die auf einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beruht, die Novelle, da sie zugunsten der Suchmaschinebetreiber ausfällt: „Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.“
    [/zitat]

    Das EINZELNE Wörter, also Link-Beschriftungen wie von Google News vorgesehen, ausgenommen sind wurde erst in letzter Minute hinzugefügt. Ohne diesen Zusatz wäre Google in der Situation entweder zahlen oder rausschmeissen. Nun beachte man die Kernaussage des Kartelamts das die Beschränkung auf einen Link kein Delisting ist und somit keine Ausnutzung von Marktmacht vorliegt.

    Auch der Ausweg lediglich den Namen der verlinkten Seite anzuzeigen und nicht den Titeltext wäre kaum möglich da der Link selbst häufig aus einzelnen Wörtern besteht.

    Kurzum ohne diese letzte Änderung wäre Google, und ausschliesslich Google, tatsächlich verpflichtet entweder zu zahlen oder das Kartelamt am Hals zu haben.

    Man kann also kaum argumentieren, dass das LSR vom Ansatz an zum scheitern verurteilt war. Man kann auch kaum argumentieren, dass Verantwortlichen nicht bewusst war was da passiert – nämlich eine speziel auf Google angelegtes Erpressungsgesetzt, eigentlich in zweierlei Hinsicht ungesetzlich. Man kann argumentieren das jemand in letzter Minute begriffen hat, wieviel Schaden hier entsteht. Wieviel? Klar, keine Verlinkungen auf Presse mehr von jemand anderem als Google den andere schmeissen die Links raus (wie geschehen). Dadurch absolutes Google-Zwangsmonopol. Dafür muss Google zwangsweise die Verlage bezahlen.

    Haarscharf am Disaster vorbei. Glaubt mal nicht, dass das schon das Ende war. Hier gehts um richtig viel Geld, um die absolute Monopilisierung des Internets mit Zwangsabgaben an die Verlage. Wartet mal ab bis ein zweiter LSR-Korb verabschiedet wird um die „Piraterie-Lücken“ zu schliessen.

    Comment by Fred Feuerstein — 16.10, 2014 @ 22:42

  11. @Fred Feuerstein

    […]Kurzum ohne diese letzte Änderung wäre Google, und ausschliesslich Google, tatsächlich verpflichtet entweder zu zahlen oder das Kartelamt am Hals zu haben.
    […]

    Da gäbe es noch eine dritte Möglichkeit….Google stampft google.de einfach ein und zieht sich aus Deutschland zurück…wie Google es auch in China gemacht hat…und mal ehrlich gefragt, wer benutzt google.de wo das BpjM-Modul ohne dass man es abschalten kann, die Suchergebnisse munter zensiert?

    bombjack

    Comment by bombjack — 17.10, 2014 @ 06:39

  12. Ich frage mich, warum Tersee sich überhaupt auf Verhandlungen mit der VG-Media einlässt (sie Heise-Artikel). An deren Stelle, würde ich einfach, wie Google, nur noch die Links anzeigen und gut. Und im Gegensatz zu Google kann die VG-Media noch nicht einmal wegen Monopolausnutzung rummeckern.

    Comment by Silbär — 17.10, 2014 @ 09:10

  13. Welche „kleinen Suchmaschinen“ sollen das sein?

    Der dumme Pöbel nutzt nur die Monopolisten.

    Comment by Eckhard — 17.10, 2014 @ 15:53

  14. Ein aufgeblasenes Problem. Wer hat jemals von einer SM wie Tersee gehört? Kein Schwein kennt den Laden. Was also soll das?

    Es geht vielmehr darum, Google zu meiden und auf Suchmaschinen ohne Datenkrake umzusteigen!

    Lernt es endlich!

    Comment by Eckhard. — 17.10, 2014 @ 16:30

  15. Wir sind sauber und achten den Datenschutz!

    ixquick.com.

    Comment by Ixquick.com — 17.10, 2014 @ 18:34

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