Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.12.12

Neues zum Leistungsschutzrecht

Der Frage, ob es beim Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse nicht nur Vettern-, sondern vielleicht sogar Brüderwirtschaft gibt, versucht das Blog netzpolitik.org nachzugehen.

Hintergrund ist der Umstand, dass der Staatsminister im Kanzleramt Eckart von Klaeden der Bruder von Dietrich von Klaeden ist, der beim Springer-Verlag die Leitung der Regierungsbeziehungen für Deutschland inne hat und der sich öffentlich – u.a. auf Twitter – für ein Leistungsschutzrecht stark gemacht hat. Diese Konstellation verfügt auch unabhängig vom Leistungsschutzrecht über ein gewisses „Geschmäckle“.

Ein Auskunftsersuchen von netzpolitik.org nach dem Informationsfreiheitsgesetz das auch die Rolle des Staatsministers von Klaeden im Hinblick auf den Kabinettsbeschluss zum Leistungsschutzrecht erhellen sollte, wurde von der Bundesregierung erwartungsgemäß abschlägig verbeschieden. Da braucht sich dann allerdings auch niemand über die Entstehung von Verschwörungstheorien zu beklagen.

Interessant im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht ist auch eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion zum Thema. Danach sieht es die Bundesregierung als offen an, ob auch soziale Netzwerke, Twitter, Dienste wie Rivva, Delicious oder Topsy betroffen sind, weil sie Nachrichten vergleichbar zu Suchmaschinen aufbereiten. Die Bundesregierung verweist insoweit lapidar auf eine spätere Klärung durch die Gerichte.

Die Bundesregierung spricht in dieser Antwort auch mehrfach von einer Verpflichtung zum Lizenzerwerb. Diese Aussage ist allerdings schwer nachvollziehbar. Denn der Gesetzesentwurf sieht gerade nicht vor, dass Suchmaschinen und Aggregatoren lizenzieren müssen. Es ist vielmehr so, dass der Entwurf die Anbieter dazu zwingt, Verlagsinhalte nicht ohne ausdrückliche Rechtseinräumung zu indizieren. Dieser gesetzlichen Vorgabe können die Anbieter auf zwei Arten nachkommen. Indem sie die Verlagsinhalte schlicht aus dem Index werfen oder indem sie Lizenzvereinbarungen schließen. Eine Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen sieht das Gesetz aber gerade nicht vor, eine solche Pflicht wäre auch schwerlich begründbar.

posted by Stadler at 15:48  

13 Comments

  1. Was passieren wird kann man ja auch gerade in Belgien sehen: aus dem furchteinflössenden Tiger der belgischen Verlagsgesellschaft ist nach einmal gewonnenem Gerichtsverfahren und dann ein paar Jahren ohne Google-Listing ein zahmes Kätzchen geworden, dass froh ist, wenn ihm Google ein paar Brosamen übrig lässt.

    Ein ähnliches Schicksal steht wohl den deutschen Verlagen noch bevor. Und wenn auf dem Weg dahin nicht wieder viele, viele unbeteiligte (Blogger u.ä.) in Mitleidenschaft gezogen würden, möchte man es ihnen fast gönnen.

    ag.

    Comment by agtrier — 13.12, 2012 @ 16:01

  2. Der Verweis auf die notwendige gerichtliche Klaerung ist entweder schamloser Ausdruck von Unfaehigkeit zur gesetzlichen Klaerung, oder bodenlos arrogante Bestaetigung eines beabsichtigten Abschreckungseffektes.

    Beides sollte dem Parlament mehr als peinlich sein.

    Comment by h s — 13.12, 2012 @ 16:10

  3. „Eine Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen sieht das Gesetz aber gerade nicht vor, eine solche Pflicht wäre auch schwerlich begründbar.“

    Was denken Sie denn über die Durchsetzbarkeit einer must-carry-Regeulungen von Verlagsinhalten in (bestimmten) Suchmaschinen (z.B. auch auf europäischer Ebene)? Angesprochen schon hier: http://www.moenikes.de/ITC/2012/07/27/neuer-referentenentwurf-zum-leistungsschutzrecht-warum-lasst-ihr-es-nicht-einfach-bleiben/

    Comment by cib — 13.12, 2012 @ 16:40

  4. Ich bin dafür die Terminologie zu ändern und nicht mehr vom LSR zu reden, sondern vom „Springer-Erlass“.

    Comment by Cafebabe — 13.12, 2012 @ 20:12

  5. „Eine Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen sieht das Gesetz aber gerade nicht vor, eine solche Pflicht wäre auch schwerlich begründbar.“

    So werd ich denn der Ordnung halber nochmal in die Bütt steigen. Richtig, das LSR sieht keine Linzenzpflicht vor, richtig aus dem LSR lässt sich eine solche auch schwerlich begründen. Aus dem LSR und einer Aufnahmeverpflichtung, sei sie per Gesetz oder schlimmstenfalls per richterlicher Entscheidung entstanden, sieht das aber anders aus.

    Comment by ThorstenV — 14.12, 2012 @ 00:13

  6. Seltsame Welt: Da könnte ein Gericht entscheiden, dass BILD von google in den Index aufgenommen werden muss und google muss dann auch die Lizenz bezahlen? Bezweifle, dass die ein US Unternehmen dazu zwingen können. Wird dann google-Nutzung illegal?

    Na, hoffentlich verpflichtet mich dann kein Gericht, dass ich auch die Zeitung kaufen muss

    Comment by Christian — 14.12, 2012 @ 07:04

  7. Es werden nicht nur die Seiten von Presseverlagen betroffen sein.

    Ein Blogger z.B. könnte ja auf die Idee kommen, einen Presse-Artikel zu zitieren. Er darf das zunächst einmal, weil das Leistungsschutzrecht nur auf Suchmaschinen Anwendung findet.
    Die Suchmaschine darf dann aber diesen Artikel nicht mehr indizieren, ohne eine Lizenz vom Verleger des Presse-Artikels zu erwerben.

    Folglich müsste eine Suchmaschine vorsichtshalber *alle* Seiten aus dem Index werfen, die sie nicht ausdrücklich lizenziert hat.

    (Genau genommen, könnte es reichen, wenn sie die Seite nur noch als „[Titel kann aus rechtliche Gründen nicht angezeigt werden]“ listet; die Nennung des URLs ist aber schon wieder kritisch, weil er oft Teile des Titels enthält und damit schon wieder unter das Leistungsschutzrecht fällt.)

    Comment by C.F. — 14.12, 2012 @ 10:56

  8. @5 Christian

    „Bezweifle, dass die ein US Unternehmen dazu zwingen können.“

    Wie das praktisch geht, ist eine andere Frage.

    Wenn die Freihandelsabkommen nicht zum Erfolg führen kabnn man ja immer noch das Internet sperren. Es wird dann einfach eine feste IP verpflichtend und unakkreditierte dürfen nicht mehr geroutet werden.

    „Wird dann google-Nutzung illegal?“

    Nur illegal? Ihr Computer konnte nicht mit dem Internet verbunden werden, da die Bootsequenz der Bundessicherheitssoftware nicht verifiziert werden konnte. Das tut uns leid. Um Ihren Computer mit dem Internet zu verbinden starten sie ihn neu im trusted mode. Wenn wir weiterhin Problem mit Ihnen haben sollten, setzt sich unsere Hotline 24/7 mit Ihnen in Verbindung. Don’t call us, we call you.

    „Na, hoffentlich verpflichtet mich dann kein Gericht, dass ich auch die Zeitung kaufen muss“

    § 4711a Printzuschlag der Rundfunkgebühr, eingefügt mit Gesetz zur Verbesserung der Fürsorge für die Sicherung der Informationsfreiheit vom 11.11.2019.

    Comment by ThorstenV — 14.12, 2012 @ 12:05

  9. [blockquote]
    Wie das praktisch geht, ist eine andere Frage.
    [/blockquote]

    Tja, daran mangelt es in der Gesetztgebung und in der Rechtsprechung

    Wir werden unseren Enkeln doch mal berichten können: „Damals als das Internet noch frei/anonym zu benutzen war…“

    Comment by Anonymous — 14.12, 2012 @ 15:13

  10. Die Pflicht zu Lizenzerwerb kommt dann als separates Gesetz hinten dran

    Comment by Claudia Sommer — 15.12, 2012 @ 10:37

  11. Hallo Thomas,

    warum schreibst Du: „Dieser gesetzlichen Vorgabe können die Anbieter auf zwei Arten nachkommen. Indem sie die Verlagsinhalte schlicht aus dem Index werfen oder indem sie Lizenzvereinbarungen schließen.“ ?

    Ist es nicht tatsächlich so, dass es DREI Arten gibt? Denn die Suchmaschinen können die Verlagsinhalte weiterhin indexieren, auch ohne eine Lizenvereinbarung zu schließen: Nämlich indem sie nur verlinken, ohne weitere Inhalte. Das ist im Gesetzesentwurf ausdrücklich erlaubt, so wie ich das sehe.

    Leistest Du mit so einer These nicht der Polemisierung und Polarisierung von Google Vorschub, dass man durch das LSR Inhalte nicht mehr finden wird? Denn *finden* würde man sie weiterhin, aber eben ohne „Vorschau“ (Snippet).

    Comment by Mirko Lange — 17.12, 2012 @ 09:10

  12. Hallo Mirko,

    irgendeinen Linktext wird man aber wohl brauchen? Der sollte dann aber tunlichst nicht dem Artikel entstammen.

    Comment by Stadler — 17.12, 2012 @ 10:11

  13. Es wird doch noch viel besser.

    Stellen wir uns doch mal vor:
    Der Springer-Erlass wird Realität. Dann werden sehr, sehr viele Online-Auftritte von Verlagen aus sehr, sehr vielen Linklisten vieler Online-Publikationen (Blogs, Homepages, etc.) verschwinden – einfach weil sehr viele Leute keinen Bock haben, sich mit Anwälten herumzuschlagen, egal wer nun Recht hat oder bekommen würde.

    Dann hat Google es gar nicht mehr notwendig, sie aus dem Index zu werfen. Und es ist auch völlig egal, ob mit oder ohne Snippet. Sie verschwinden von ganz alleine. PageRank sei Dank.

    Noch einmal: Selbst wenn Google zur Listung im Index verpflichtet werden sollte, wird das den Verlagen das überhaupt nichts bringen. Sie müssten *alle*, die sie vorher verlinkt hatten, verpflichten, sie wieder aufzunehmen, und zwar weltweit, und pagerank-wirksam.
    Das wird sehr, sehr viele Juristen sehr, sehr lange beschäftigen. Keiner kann dazu gezwungen werden, eine Homepage mit Links zu betreiben. Schon gar nicht von Deutschland, im Ausland.

    Oder die Verlage versuchen gleich, sich auf Google’s Seite 1 zu klagen. Dann wird die Suchseite 1 bei Google aber sehr voll. Und damit komplett wertlos. Wieder nichts erreicht. Mist.

    Ich bin gespannt, was passiert.

    Comment by Frank — 20.12, 2012 @ 22:29

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