Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.4.13

Amtsgericht München bleibt bei seiner Filesharing-Rechtsprechung

Das Amtsgericht München hat sich auch durch die aktuellen Entscheidungen des BGH und des LG München I nicht von seiner bisherigen, äußerst rechteinhaberfreundlichen Rechtsprechung zum Filesharing abbringen lassen und mit Urteil vom 17.04.2013 (Az.: 161 C 17341/11) erneut einen Anschlussinhaber wegen einer Urheberrechtsverletzung zur Zahlung von Schadensersatz und zur Erstattung von Anwaltskosten verurteilt.

Die Entscheidung ist aus drei Gründen erwähnenswert. In dem Verfahren wurde des Gutachten eines IT-Sachverständigen zu der Frage eingeholt, ob die technische Ermittlung des Anschlussinhabers durch die Firma ipoque fehlerfrei erfolgt ist. Das hat der Sachverständige bejaht, obwohl unstreitig war, dass die aufgezeichneten Netzwerkdaten nicht ausreichend signiert waren. Hierzu hat der Sachverständige dann ergänzend erklärt, dass er für eine aus seiner Sicht nur theoretisch mögliche Manipulation der Daten keine Anhaltspunkte gefunden habe.

Zu der weiteren Frage der korrekten Zuordnung der ermittelten IP-Adressen zum Beklagten als Anschlussinhaber, wollte das Gericht kein Sachverständigengutachten mehr einholen, weil es der Ansicht war, dass aufgrund der mehrmaligen Zuordnung von zwei unterschiedlichen IP-Adressen Zuordnungsfehler fernliegend seien. Auch diese These halte ich für durchaus gewagt, nachdem das Gericht nicht beurteilen kann, ob sich nicht vielleicht derselbe Fehler (in der Datenbank der Telekom) in gleicher Weise immer wieder auf die Zuordnungsvorgänge ausgewirkt hat.

Interessant sind ferner die Ausführungen des Gerichts zur sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers. Den Vortrag des Beklagten, er sei weite Teile des Tages an dem der Verstoß stattgefunden haben soll, gar nicht zu Hause gewesen, hielt das Gericht deshalb für unbeachtlich, weil man für eine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung nicht körperlich am Rechner sitzen müsse. Hierbei hat das Gericht allerdings unberücksichtigt gelassen, dass der Sachverständige Verstöße zu sechs unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. Zeitspannen mit zwei unterschiedlichen IP-Adressen festgestellt hat. Das bedeutet, dass es zwischendurch zu einer Verbindungsunterbrechung und einem Verbindungsneuaufbau gekommen sein muss.

Auch den weiteren Einwand des Beklagten, seine Ehefrau und seine beiden Söhne hätten den Internetzugang ebenfalls genutzt und kämen damit grundsätzlich auch als Verletzer in Betracht, hielt das AG München für unerheblich. Hierzu meint das Gericht, der Beklagte hätte vortragen müssen, dass seine Angehörigen am fraglichen Tag zu Hause waren und das Internet auch tatsächlich genutzt haben. Abgesehen davon, dass jemand, der selbst nicht zu Hause ist, kaum wissen kann, ob ein Familienmitglied gerade zu Hause online ist, erscheint mir diese Vorgabe gerade auch vier bis fünf Jahre nach dem vermeintlichen Verstoß deutlich überzogen. Hier werden die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast in einer Art und Weise überspannt, die faktisch auf eine Beweislastumkehr hinausläuft, was gerade nicht statthaft ist.

Update vom 07.05.2013:
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.

posted by Stadler at 17:58  

17.4.13

OLG Frankfurt: Keine Haftung für Ehegatten beim Filesharing

Das OLG Frankfurt hat zum wiederholten Mal entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses das Nutzungsverhalten seines Ehegatten nicht im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen überwachen muss und ihn insoweit regelmäßig auch keine Haftung als Störer trifft.

In einem neuen Beschluss vom 22. März 2013 (Az.: Az. 11 W 8/13) führt das OLG Frankfurt dazu folgendes aus:

Ein Ehemann kann daher seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, den auf seinen Namen laufenden Internetanschluss überlassen, ohne diese ständig überwachen zu müssen [Senat, a.a.O., Rn. 16; vgl. auch OLG Köln, a.a.O., Rn. 19 – jeweils veröffentlich bei juris]. Sofern der Anschlussinhaber nicht mit einer Rechtsverletzung durch seinen Ehepartner rechnen muss, sind Hinweis-, Aufklärungs- und Überprüfungspflichten diesem gegenüber unzumutbar.

Nach der m.E. fragwürdigen Rechtsprechung des BGH besteht zunächst eine Vermutung dahingehend, dass der Anschlussinhaber als Rechtsverletzter zu betrachten ist. Im Rahmen der sog. sekundären Darlegungslast muss er deshalb grundsätzlich Umstände vortragen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt. Nach neuester Rechtsprechung ist es hierfür aber ausreichend, wenn der Anschlussinhaber darlegen kann, dass der Anschluss auch von anderen Familienmitgliedern genutzt wird, weil allein dadurch die Vermutung entkräftet wird, der Anschlussinhaber sei selbst Täter der Urheberrechtsverletzung (OLG Köln, MMR 2012, 550; LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, Az. 33 O 353/11). Dies wird nunmehr auch durch die gerade veröffentlichte Entscheidung „Morpheus“ des BGH (Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12) bestätigt. Danach genügt bereits die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter und nicht der Anschlussinhaber den Internetzugang für die Rechtsverletzung benutzt hat.

 Auch eine Störerhaftung kommt in diesen Fällen nach richtiger Rechtsauffassung nicht in Betracht. Eine Haftung als Störer setzt die Verletzung von Prüfplichten voraus. Nach derzeit ganz überwiegender Rechtsprechung treffen einen Anschlussinhaber gegenüber Ehegatten oder volljährigen Familienmitgliedern derartige Prüfpflichten aber nicht (BVerfG, Beschluss vom 21.03.2012, Az. 1 BvR 2365/11; OLG Frankfurt, GRUR RR 2008, 73; OLG Köln, MMR 2012, 550). Dies bestätigt der BGH nunmehr in der „Morpheus“ Entscheidung zumindest für die Frage der Haftung des Anschlussinhabers für das Verhalten eines minderjährigen Kindes. Es dürfte fernliegend sein, für einen Ehegatten ein höheres Maß an Prüfpflichten anzunehmen, als im Hinblick auf ein minderjähriges Kind. Ausdrücklich entschieden hat der BGH die Frage der Störerhaftung für Ehegatten oder volljährige Kinder allerdings bislang nicht.

posted by Stadler at 11:47  

11.4.13

BGH: Keine Haftung der Eltern beim Filesharing durch 13-jähriges Kind

Der mit Spannung erwartete Volltext der sog. Morpheus-Entscheidung des BGH vom 15.11.2012 (Az.: I ZR 74/12) ist mittlerweile online.

Der BGH verneint eine Haftung der Eltern für ihren 13-jährigen Sohn wegen eines urheberrechtswidrigen Filesharings. Aus der Urteilsbegründung wird deutlich, dass mangels einer Aufsichtspflichtverletzung weder eine Haftung nach § 832 BGB in Betracht kommt noch eine Störerhaftung. Die Störerhaftung verneint der BGH mit dem knappen Hinweis, dass die Prüfpflichten im Rahmen der Störerhaftung nicht weiter reichen als die Aufsichtspflicht für minderjährige Kinder im Sinne von § 832 BGB. Weitergehende Ausführungen zur Störerhaftung finden sich in der Entscheidung, wie ich bereits befürchtet hatte, allerdings nicht.

Der BGH betont, dass eine Verpflichtung zur Überwachung des Internetnutzungsverhaltens oder gar teilweisen Sperrung des Zugangs gegenüber minderjährigen Kindern nicht besteht. Allerdings verlangt der BGH, der Minderjährige müsse von den Eltern über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt werden und die Eltern müssten und ihm eine Teilnahme daran auch verbieten.

Allein dieser Ansatz des BGH ist mehr als problemtisch und zeigt, dass der I. Zivilsenat hier die Lebenswirklichkeit und die tatsächlichen Gegebenheiten verkennt. Internettauschbörsen – gemeint sind wohl P2P-Netzwerke – sind keineswegs rechtswidrig. Ebensowenig wie ein Messer rechtswidrig ist, auch wenn man damit einen Menschen erstechen kann. Es gibt vielfältige legale Nutzungsmöglichkeiten für P2P-Netzwerke. Ein Verbot der Nutzung von P2P-Netzwerken wäre also so, als würde der BGH verlangen, Kindern die Benutzung von Messern zu verbieten, nachdem man sie zuvor über die Gefährlichkeit belehrt hat. Der Ansatz des BGH impliziert aber auch, die Eltern wüssten immer ganz genau, was „Tauschbörsen“ bzw. P2P-Netzwerke eigentlich sind. In Wirklichkeit ist es vielfach allerdings so, dass Eltern mit (unter-)durchschnittlichen PC- und Internetkenntnissen oft überhaupt keine Ahnung davon haben, was ihre Kinder im Netz machen und vielfach bis zum Zeitpunkt der Abmahnung noch nie etwas von Filesharing gehört haben. Das ist jedenfalls meine Erfahrung aus der anwaltlichen Beratungspraxis.

Die BGH-Entscheidung stellt, gemessen an der restriktiven Rechtsprechung vieler Instanzgerichte, dennoch einen Fortschritt dar.

Die vom BGH postulierte Vermutung, wonach der Anschlussinhaber auch der Rechtsverletzter ist, sieht der BGH als entkräftet an, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat. Hier stellt sich zunächst die Frage, was die Grundlage der vom BGH aufgestellten Vermutungsregel sein soll. Sie könnte nämlich nur dann gerechtfertigt sein, wenn ihr in typischen Fällen ein wahrscheinlicher Geschehensablauf zugrunde liegt. Wenn man allerdings bedenkt, dass in einem deutschen Haushalt nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt etwas mehr als zwei Personen leben, bedeutet dies für Fälle des Filesharing, dass eine Wahrscheinlichkeit von nur knapp unter 50 % für die Annahme einer Rechtsverletzung durch den Anschlussinhaber spricht. Bei dieser Sachlage gibt es keinen überwiegend wahrscheinlichen Geschehensablauf und damit richtigerweise auch keine juristische Vermutung. Der I. Senat täte wirklich gut daran, seine Rechtsprechung gelegentlich einem Reality-Check zu unterziehen.

Mit dieser neuen Rechtsprechung ist außerdem für andere Sachverhalte noch nicht gänzlich klar, ob es bereits genügt, darzulegen, dass auch andere Familienmitglieder oder Mitbewohner den Anschluss benutzen und deshalb auch andere als Verletzer in Betracht kommen. Darüber wird der BGH aber eventuell demnächst entscheiden müssen.

Auch wenn ich diese BGH-Entscheidung also nicht für gänzlich überzeugend halte, ist sie dennoch ein weiterer Schritt in Richtung einer Einschränkung der Filesharing-Abmahnungen bzw. der pauschalen Haftung des Anschlussinhabers.

posted by Stadler at 16:34  

8.4.13

Filesharing: Keine Störerhaftung ohne Endgeräte und W-LAN-Router

Das Landgericht München I hat – allerdings in einem seltenen Ausnahmefall – eine Störerhaftung einer Rentnerin für eine Urheberrechtsverletzung mit Urteil vom 22.03.2013 (Az.: 21 S 28809/11) verneint, die angegeben hat, überhaupt keine internetfähigen Endgeräte zu besitzen und darüber hinaus auch keinen W-LAN-Router betrieben zu haben.

Das Landgericht München I geht in diesem Fall davon aus, dass es bereits an der notwendigen Kausalität mangelt und nicht nachgewiesen ist, dass die Beklagte überhaupt zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat. Der Fall, dass jemand glaubhaft vortragen kann, dass er den vorhandenen Internetanschluss überhaupt nicht nutzt, wird allerdings eine seltene Ausnahme darstellen.

Interessant ist andererseits der Hinweis des Gerichts, dass der beauskunftete Anschlussinhaber prozessual nicht gehalten ist, die von ihm im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen auch zu beweisen. An dieser Stelle hat jedenfalls das Amtsgericht München bislang deutlich strengere Anforderungen gestellt. Das Landgericht führt hierzu auch aus, dass eine derart überspannte Betrachtungsweise – wie sie das Amtsgericht anstellt – die Störerhaftung in die Nähe einer Gefährdungshaftung rücken würde, wofür es eine gesetzliche Grundlage bräuchte.

Gerade dieser Aspekt ist ein zentraler Knackpunkt vieler Filesharing-Verfahren. Welche Anforderungen stellt man an eine Darlegung des Beklagten, aus der sich ergibt, dass er als Verletzer oder Störer nicht in Betracht kommt?

Das Landgericht München I hat die Revision (zum BGH) zugelassen.

Die Entscheidung wird auch ausführlich kommentiert von Reto Mantz in seinem Blog.

posted by Stadler at 11:35  

3.4.13

BGH: Providerauskunft beim Filesharing setzt keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraus

Der BGH hat in einer neuen Entscheidung (Beschluss vom 5. Dezember 2012, Az.: I ZB 48/12), die heute veröffentlicht wurde, seine Rechtsprechung bestätigt, nach der in Fällen des Filesharing der Provider auch dann Auskunft über den Anschlussinhaber erteilen muss, wenn keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß vorliegt. Diese Rechtsprechung steht jedenfalls nicht in Einklang mit der Gesetzesbegründung, weshalb sie zu einer kontroversen Diskussion geführt hat.

Der BGH sieht den Umstand, dass auch bei äußerst geringfügigen Rechtsverletzungen auf Verkehrsdaten zugegriffen und damit in das Fernmeldegeheimnis eingegriffen wird, weiterhin nicht als problematisch an. Formelhaft begründet der BGH das wie folgt:

Ein solcher Antrag ist vielmehr unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet (vgl. BGH, GRUR 2012, 1026 Rn. 40 bis 52 – Alles kann besser werden).

Das bedeutet im Ergebnis, dass der BGH in diesen Fällen von vornherein keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführt, was den verfassungsrechtlichen Anforderungen schwerlich genügt.

Der BGH hat in dieser neuen Entscheidung – entgegen der Rechtsprechung des OLG Köln – zudem ausgeführt, dass die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 63 Abs. 3 FamFG) nicht für Beschwerden von Anschlussinhabern gegen die Gestattung der Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG gilt. Der betroffene Anschlussinhaber ist nämlich kein am ursprünglichen Verfahren Beteiligter. Die Beschwerdefrist gilt auch deshalb nicht für die in ihren Rechten betroffenen Anschlussinhaber, weil sonst deren Anspruch auf rechtliches Gehör, ein faires Verfahren und die Gewährleistung von effektivem Rechtsschutz verletzt würde.

Davon haben die Anschlussinhaber aber nicht viel, da es kaum mehr Argumente gibt, gegen einen solchen Beschluss inhaltlich vorzugehen.

posted by Stadler at 09:44  

26.3.13

Wo sind die Gewinne der Musikindustrie hin?

Über die Musikindustrie und ihre Milchmädchenrechnung speziell mit Blick auf das Filesharing habe ich vor längerer Zeit schon mal ausführlich gebloggt.

Wenn ich jetzt bei Heise lese, dass Apple mit iTunes rund 2 Milliarden Dollar Gewinn erzielt, passt das ins Bild. Die Musikindustrie hätte diese Gewinne ohne weiteres selbst machen können, wenn sie Ende der neunziger Jahre aus der Schmoll- und Prozesshansel-Ecke raus gekommen wäre und sich auf ein im Wandel befindliches Musikgeschäft konzentriert hätte. Gleichzeitig belegen diese Zahlen aber auch eindrucksvoll, dass nicht das Filesharing bzw. das sog. Raukopieren das größte Problem der Musikindustrie ist, sondern vielmehr der Umstand, dass man die Herausforderungen des Internets nicht rechtzeitig angenommen und auch jetzt noch nicht vollständig begriffen hat, dass es kein Zurück zu alten Geschäftsmodellen gibt, egal wieviele Filesharer man noch abmahnt.

posted by Stadler at 10:10  

20.3.13

OLG Düsseldorf: Vodafone muss IP-Adressen nicht zu Auskunftszwecken speichern

Internetzugangsprovider – im konkreten Fall Vodafone – sind nach mehreren Beschlüssen des OLG Düsseldorf vom 07.03.2013 nicht verpflichtet, dynamische IP-Adressen ihrer Kunden zu speichern, um damit die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu ermöglichen.

Mehrere Rechteinhaber hatten zunächst beim Landgericht Düsseldorf Beschlüsse erwirkt, mit denen die „Sicherung“ von IP-Adressen aus der jeweils laufenden Internetverbindung angeordnet und die Verwendung der gesicherten Daten zum Zweck der Auskunftserteilung gestattet wurde. Dadurch sollten Filesharer ermittelt werden. Diese Beschlüsse hat das Oberlandesgericht Düsseldorf aufgehoben.

Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ist nach Ansicht des OLG Düsseldorf auf die vorhandenen Daten beschränkt. Eine Pflicht solche Daten zu speichern oder zu sichern, besteht nach Auffassung des Senats nicht.

Die Entscheidugen wurden mitgeteilt von den Kollegen Loschelder, die Vodafone vertreten haben. Im Beck-Blog findet sich hierzu ebenfalls eine ANmerkung.

posted by Stadler at 15:21  

13.3.13

Bundesregierung beschließt Gesetzesentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken beschlossen, so dass dieser nunmehr in den Bundestag eingebracht werden wird.

Der begrüßenswerte Teil des Gesetzesentwurfs regelt Darlegungs- und Informationspflichten von Inkassounternehmen und auch Rechtsanwälten die Inkasso betreiben soweit eine Forderung gegenüber einer Privatperson geltend gemacht wird.

Angegeben werden müssen u.a. der Name oder die Firma des Auftraggebers, der Forderungsgrund, bei Verträgen auch die konkrete Darlegung des Vertragsgegenstands und Datums des Vertragsschlusses, eine Zinsberechnung sowie Angaben zu Art, Höhe und Entstehungsgrund der Inkassokosten.

Weniger erfreulich ist der Teil des Gesetzes, der die „Beseitigung von Missständen bei urheberrechtlichen Abmahnungen“ zum Ziel hat. Denn die einzige Maßnahme die der Gesetzgeber ergreifen will, ist – wieder einmal – die Deckelung der Anwaltskosten bzw. des diesbezüglichen Erstattungsanspruchs. Dies will man durch eine Änderung des Gerichtskostengesetzes erreichen, die den Gegenstandswert des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruchs gegenüber einer natürliche Person die urheberechtliche Werke nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und nicht bereits wegen eines Anspruchs desselben Rechteinhabers zur Unterlassung verpflichtet ist, auf EUR 1000,- festlegt. Allerdings macht das Gesetz die Einschränkung, dass dieser Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig sein kann, was den Gerichten wiederum ermöglicht, hiervon abzuweichen.

Wenn man sich die aktuelle Abmahnpraxis beispielsweise der in letzter Zeit recht klagefreudigen Rechtsanwälte Waldorf Frommer anschaut, dann erkennt man, dass derzeit in vielen gerichtlichen Verfahren Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr geltend gemacht werden, sowie zusätzlich Schadensersatz zwischen EUR 400,- bis hinein in den vierstelligen Bereich.

An diesen Schadensersatzforderungen wird sich nichts ändern, vielleicht wird man sogar versuchen, die Reduzierung der Anwaltskosten durch eine Erhöhung der Schadesnbeträge zu kompensieren.

Die Anwaltskosten belaufen sich in dem genannten Beispielsfall bei einem Streitwert von EUR 10.000,- derzeit auf EUR 506,-. Wenn man den Streitwert auf EUR 1.000,- reduziert, ergeben sich bei Ansatz einer 1,0 Gebühr Anwaltskosten von EUR 102,-. Andere Kanzleien rechnen auf Basis einer 1,3 Gebühr ab, was zu Anwaltskosten von EUR 130,50 führen würde.

In dem gebildeten Beispielsfall würde sich die Klageforderung also um ca. 400 EUR reduzieren. Im Falle von außergerichtlichen Einigungen bleibt abzuwarten, wie sich die Neuregelung tatsächlich auswirken wird.

Aus meiner Sicht hätte eine effektive Begrenzung der Erstattung von Anwaltskosten vorausgesetzt, dass man dem abmahnenenden Rechteinhaber aufgibt, die Rechnung die sein Anwalt im konkreten Fall an ihn gestellt hat, vorzulegen. Das Hauptproblem besteht m.E. nämlich weiterhin darin, dass nicht überprüfbar ist, inwieweit die Abmahnkanzleien mit ihren Auftraggebern überhaupt auf Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abrechnen und nicht auf Grundlage deutlich niedriger Pauschalen.

Weiterhin wäre zu erwägen gewesen, über eine einschränkende gesetzliche Regelung der Störerhaftung nachzudenken. Das Grundproblem im Bereich der Filesharing-Abmahnungen sehe ich nämlich darin, dass immer die Anschlussinhaber in Haftung genommen werden, die in der Hälfte der Fälle aber gar nicht die Rechtsverletzter sind. Vor diesem Hintergrund hätte sich auch die Überlegung angeboten, den Auskunftsanspruch gegen Provider einzuschränken und zwar auf Rechtsverletzungen in tatsächlich gewerblichem Ausmaß. Bei der großen Masse der Filesharingabmahnungen wird nämlich immer nur ein einziges Musikstück abgemahnt. Es wäre zu erwägen, für derartige Fälle generell keine Providerauskunft mehr vorzusehen.

Leider hat es die Bundesregierung nicht geschafft, einen wirklich effektiven Gesetzesvorschlag einzubringen.

posted by Stadler at 13:04  

12.3.13

Bundesregierung will Störerhaftung für W-LANs nicht gesetzlich regeln

In verschiedenen Bundesländern gab es Bemühungen, auf eine gesetzliche Regelung zur Einschränkung der Störerhaftung von Betreibern offener W-LANs hinzuwirken. Die Linke hat auch einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht.

Die Bundesregierung sieht nach einem aktuellen Bericht von SPON aber keinen Handlungsbedarf und will vielmehr eine Entscheidung des BGH abwarten.

Was der BGH im Bereich der Störerhaftung entscheidet, bewegt sich äußerst nahe an einer Ersatzgesetzgebung. Die Grenzen zur Rechtspolitik sind an dieser Stelle fließend. Die Kritiker der Störerhaftung haben seit jeher darauf verwiesen, dass die Störerhaftung eine voraussetzungsarme aber haftungsreiche Rechtskonstruktion sei. Und das beschreibt es auch sehr trefflich. Die Störerhaftung verfügt letztlich über keine vernünftige dogmatische Grundlage, sondern stellt im Ergebnis nichts weiter dar als Billigkeitsrechtsprechung. Und was angemessen ist, entscheidet dann eben nicht der Gesetzgeber, sondern in urheberrechtlichen Fragen die Richter des I. Senats des BGH. Was dabei herauskommen kann, verdeutlicht die fragwürdige „Sommer unseres Lebens“ Entscheidung des BGH wohl am Deutlichsten. Hier zeigt sich eine Fehlentwicklung, die zu korrigieren wäre.

Der BGH hat sich in den Filesharingfällen außerdem dazu entschlossen, äußerst eng am jeweiligen Sachverhalt zu bleiben und gerade nicht zu einem Rundumschlag auszuholen. Wir werden deshalb noch Jahre warten müssen, bis halbwegs alle relevanten Fallkonstellationen entschieden sein werden.

Der Eindruck, dass diese Bundesregierung gerade beim Thema Netzpolitik, aber nicht nur dort, äußerst mutlos agiert, drängt sich nicht zum ersten mal auf.

posted by Stadler at 16:51  

12.3.13

Abgabe vorbeugender Unterlassungserklärung kein Spam

Bereits seit Jahren schwelt ein juritsischer Streit darüber, ob die Abgabe sog. vorbeugender Unterlassungserklärungen – also ohne, dass eine Abmahnung des Rechteinhabers vorausgegangen ist – als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Rechteinhabers und damit als unerlaubte Handlung zu qualifizieren ist. Die vorbeugende Unterlassungserklärung würde damit wie eine unverlangt zugesandte Werbung (Spam) behandelt werden. Hierzu hatte ich bereits 2009 gebloggt und die Einschätzung vertreten, dass eine solche vorbeugende Unterlassungserklärung keine Rechte verletzt.

Da das Landgericht Köln – als eines von wenigen Gerichten – allerdings eine Rechtsverletzung bejaht hat, landete diese Frage nunmehr in der Revision beim BGH. Mit Urteil vom 28.02.2013 (Az. I ZR 237/11) hat der Bundesgerichtshof – für mich wenig überraschend – nach einem Bericht des Kollegen Solmecke entschieden, dass der Versand vorbeugender Unterlassungserklärungen keine rechtswidrige Belästigungen  darstellt und daher auch keinerlei Kostenerstattungsansprüche des Empfängers wegen der Entgegennahme der Unterlassungserklärung bestehen.

Weshalb die Abgabe vorbeugender Unterlassungserklärungen aus meiner Sicht dennoch nicht sinnvoll ist, habe ich zusammen mit Holger Bleich, und Joerg Heidrich 2010 in einem Beitrag für die c’t dargelegt.

posted by Stadler at 14:22  
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