Bundesratsinitiative gegen W-LAN-Störerhaftung
Die Stadt Berlin plant ein offenes und kostenloses W-LAN für alle. Weil die Frage der Haftung des Betreibers von (offenen) W-LANs für Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer unklar und juristisch umstritten ist, möchte Berlin auf eine gesetzliche Regelung hinwirken, damit Betreiber wie Nachbarschaftsinitiativen, lokale Funkdatennetze oder Kommunen einen freien WLAN-Zugang anbieten können, ohne haftungsrechtliche Risiken einzugehen.
Das ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, allerdings stört mich an dem Antragstext, der diesbezüglich im Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht wurde, die Einschränkung, dass erforderliche technische Schutzmaßnahmen ihrem Zweck entsprechend wirksam gegen eine unbefugte Drittnutzung des Zugangs eingesetzt werden müssen. Was darunter im Kontext offener und kostenloser W-LANs zu verstehen ist, ist mir jedenfalls unklar. Vermutlich sind Portsperren und Proxyserver-Lösungen gemeint.
Der Text spricht außerdem von einer Haftung nach dem Telemediengesetz (TMG). Diese Formulierung ist juristisch unzutreffend, denn das TMG enthält keine haftungsbegründenden Vorschriften, sondern nur haftungsbeschränkende Normen. Die Haftung richtet sich allein nach dem Urheberrechtsgesetz in Kombination mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der sog. Störerhaftung.
Ähnliche Initiativen gibt es derzeit auch in der Hamburger und der Bremer Bürgerschaft. In Bremen hat die SPD-Fraktion einen Antrag „Rechtssicherheit für Anbieter von freiem Internet“ eingebracht, der noch etwas progressiver klingt als der aus Berlin. In dem Antrag wird gefordert, WLAN-Betreiber gesetzlich einem Access-Provider gleichzustellen und im Urheberrecht auf Änderungen hinzuwirken, die klare Voraussetzungen für das Vorliegen von Störerhaftung schaffen, wobei nach Möglichkeit insbesondere nichtgewerbliche WLAN- Betreiber von einer entsprechenden Haftung freigestellt werden sollen.
Sollte es tatsächlich zu einer entsprechenden Gesetzesinitiative über den Bundesrat kommen, ist allerdings mit heftigem lobbyistischen Gegenwind der Rechteinhaber zu rechnen, deren politischer Einfluss bekanntlich enorm ist.
Vielen Dank fuer Ihre Posting.
, denn das TMG enthält keine haftungsbegründenden Vorschriften, sondern nur haftungsbeschränkende Normen.
[haftungsbegründenden Vorschriften] das ist der Akkusativ-Plural, deshalb [haftungsbegründende Vorschriften].
Comment by park — 6.04, 2012 @ 17:04
Braucht man dafuer ein Gesetz oder muss man nicht einfach mal ein solches WLAN einrichten? Das es in vielen anderen Staedten auch gibt.
Deutsche Gerichte…
Comment by Heikor — 7.04, 2012 @ 05:17
Hoert sich eher nach einer Verschlimmbesserung an.
Comment by Heikor — 7.04, 2012 @ 06:04
Wenn ich als WLAN Betreiber für alles und jeden haftend gemacht werden kann/soll, müsste dann nicht der Staat als Inhaber der Strassen für alle Autounfälle haftbar gemacht werden können/sollen?
Comment by EuroTanic — 7.04, 2012 @ 09:30
Freut mich, wenn da überhaupt endlich Bewegung reinkommt. Zu dem merkwürdigen Abschnitt „erforderliche technische Schutzmaßnahmen ihrem Zweck entsprechend wirksam gegen eine unbefugte Drittnutzung des Zugangs eingesetzt werden müssen“ weiß man ja eigentlich, daß es keinen wirksamen technischen „Schutz“ gibt.
Daher haben wir (Transparenz – ich bin Pirat) in unseren NRW-Anträgen zur Änderung der Störerhaftung bewußt darauf verzichtet WP158 (Bürgerdatennetze: WP157)
https://wiki.piratenpartei.de/NRW:Landesparteitag_2012.2/Antr%C3%A4ge
Die einzige technisch zulässige Möglichkeit wäre mE ein „Splash-Screen“, der vorher darüber informiert, nichts ungesetzliches zu tun und erst nach „Akzeptanz“ dieser „Geschäftsbedingung“ werden die Routen freigegeben – dies ist natürlich Placebopolitik, die es abzuschaffen gilt.
Comment by Grumpy — 7.04, 2012 @ 16:57
Ich finde die Forderung, WLAN-Betreiber einem Access-Provider gleichzustellen ja schon lustig, wenns nicht so traurig wäre.
§ 8 TMG kennt weder WLAN-Betreiber noch Access-Provider, sondern nur „Diensteanbieter […] die (Ergänzung) fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln,“.
Das ist der Versuch der deutschen Umschreibung eines Access-Providers, trifft aber ebenso gut auf einen WLAN-Betreiber zu. Die Haftung eines Betreibers eines offenen WLAN kommt also gar nicht aus dem Gesetz, sondern aus einer Art von den Gerichten konstruierten Gefährdungshaftung. Die wird in den Urteilen auch weder so genannt noch näher begründet, sondern einfach angenommen, weil man mit einem WLAN ja böse Dinge tun könnte. Das kann man zwar mit nahezu jedem Ding, das in der Öffentlichkeit rumsteht, auch und genauso anonym tun, aber Internet ist ja was anderes und Anonymität ist böse und überhaupt, das Internet darf ja kein rechtsfreier Raum sein.
Deshalb sind die Initiativen zwar an sich richtig und begrüßenswert, allerdings auch zutiefst traurig.
Comment by nutellaberliner — 8.04, 2012 @ 14:48