Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.9.12

Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht untersagt Porno-Pranger

Zu der von den Rechtsanwälten Urmann und Collegen angekündigten Veröffentlichung von Gegnerlisten, ist es nicht getkommen.

Wie sich der Website von U&C Rechtsanwälte entnehmen lässt, hat das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht der Kanzlei die Veröffentlichung untersagt.

Die Kollegen von U&C wollen gegen die Anordnung der Datenschutzaufsichtsbehörde Klage zum Verwaltungsgericht erheben. Mal sehen, ob man davon jemals wieder etwas hören wird.

posted by Stadler at 18:50  

29.8.12

Die Kritik am Porno-Pranger wächst

Die Ankündigung der Regensburger Anwaltskanzlei U&C eine Liste mit Gegnern von Filesharingabmahungen im Internet zu veröffentlichen, stößt überwiegend auf Kritik. Mittlerweile prüft auch das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht den Fall.

Zu dem Thema habe ich dem Bayerischen Fernsehen ein Interview gegeben und auch hier im Blog rechtlich Stellung genommen. Auch der renommierte Verfassungsrechtler Christoph Degenhart sieht in einer solchen Veröffentlichung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Sollte die Regensburger Abmahnkanzlei ihre Ankündigung tatsächlich wahr machen, wird es interessant sein zu sehen, wie viele Betroffene sich dagegen gerichtlich zur Wehr setzen werden. Denn eine große Anzahl an einstweiligen Verfügungen, die sich dann (auch) direkt gegen die Rechtsanwälte richten könnten, würde die Kanzlei sicherlich vor erhebliche Probleme stellen.

posted by Stadler at 22:12  

24.8.12

Filesharing: Die Höhe der Forderungen nimmt zu

Telemedicus berichtet aktuell von einer Filesharing-Abmahnung der DigiRights Administration GmbH die den Musiksampler „Kontor House of House Vol. 13“ betrifft. In dieser von Rechtsanwalt Daniel Sebastian ausgesprochenen Abmahnung wird ein Streitwert von EUR 320.000 in Ansatz gebracht und ein Schadensersatzbetrag von über EUR 13.000 errechnet, den der Rechteinhaber kulanterweise im Vergleichswege auf EUR 2.800 reduzieren würde.

Da geht allerdings noch mehr, wie eine mir vorliegende aktuelle Abmahnung ebenfalls der DigiRights Adminstration GmbH zeigt. Denn in diesem Fall werden die Rechte an 32 Musikstücken geltend gemacht, die auf dem Sampler „Kontor Top Of The Clubs Vol. 54“ enthalten sind. Den Streitwert rechnet der Kollege Sebastian hier sogar auf EUR 420.000 hoch, der Schaden soll in diesem Fall EUR 17.000 betragen, den man für den Fall einer gütlichen Einigung natürlich wiederum kulanterweise auf einen Zahlbetrag von EUR 4.800 reduzieren könnte.

Bei diesen Mondpreisen fragt man sich natürlich schon auch, was mit so einem Sampler denn tatsächlich für ein Umsatz erzielt wird, wenn ein einziger Filesharingvorgang, der möglicherweise nur wenige Minuten gedauert hat, bereits einen Schaden von EUR 17.000,- verursachen soll.

Zur Firma DigiRights Administration GmbH haben Kollegen vor einigen Monaten bereits erstaunliche Dinge recherchiert, u.a. auch eine Verbindung zur Fa. DigiProtect. Das ist auch nicht weiter erstaunlich, denn die Rechte von Kontor Records wurden beim Thema Filesharing vor einiger Zeit noch von DigiProtect wahrgenommen.Es wäre vielleicht auch mal eine journalistische Aufgabe, die Verflechtungen innerhalb der Abmahnindustrie zu recherchieren und aufzuzeigen.

posted by Stadler at 12:49  

21.8.12

Eine rechtliche Bewertung des Filesharing-Prangers

Die Ankündigung der Abmahnkanzlei Urmann & Collegen „Gegnerlisten“ ins Netz zu stellen, hat in den letzten Tagen für einigen medialen Wirbel gesorgt. Durch diese Veröffentlichungen sollen offenbar zahlungsunwillige Abgemahnte doch noch zu einer außergerichtlichen Zahlung bewegt werden. Die Betroffenen werden damit in jedem Fall öffentlich als Urheberrechtsverletzer dargestellt, in einer ganzen Reihe von Fällen zudem als Komsumenten von Pornofilmen. Zu den Mandanten der Kanzlei U&C gehören bzw. gehörten neben Pornofilmproduzenten wie der Silwa Filmvertrieb AG oder Magmafilm auch das Antipiracyunternehmen DigiProtect, das mittlerweile ebenfalls häufig die Rechte an pornografischen Inhalten wahrnimmt.

Der Bundesgerichtshof und auch das BVerfG haben sich in der Vergangenheit bereits mit der Rechtsfigur der „Prangerwirkung“ beschäftigt. Danach kann eine an sich zulässige Äußerung einer wahren Tatsache aus der Sozialsphäre im Einzelfall mit Rücksicht auf die überwiegenden Persönlichkeitsbelange des Betroffenen zu untersagen sein. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH insbesondere dann der Fall, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung droht.  Das BVerfG hat klargestellt, dass diese Rechtsprechung zur Prangerwirkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Im Fall des Filesharing-Prangers muss berücksichtigt werden, dass es sich keineswegs nur um Tatsachen aus dem Bereich der Sozialsphäre handelt, sondern vielmehr die Privat- und z.T. sogar die Intimsphäre betroffen ist. Die öffentliche Behauptung von Tatsachen die aus diesen Persönlichkeitsbereichen stammen, ist regelmäßig ohnehin unzulässig. Erschwerend kommt hinzu, dass die öffentliche Darstellung von Personen als Urheberrechtsverletzer und in vielen Fällen zudem als Komsumenten von pornografischen Filmen tatsächlich auf eine Stigmatisierung hinausläuft, die von der Kanzlei Urmann gerade auch beabsichtigt wird. Zudem wird als Gegner in den Filesharing-Fällen immer nur der Anschlussinhaber ermittelt, der aber keineswegs selbst der Rechtsverletzer und Pornokonsument sein muss.

Die allgemeine Aussage des BVerfG, wonach ein Anwalt grundsätzlich Gegnerlisten veröffentlichen darf, sollte also nicht dahingehend missverstanden werden, dass damit auch erhebliche Persönlichkeitsverletzungen gerechtfertigt werden könnten.

posted by Stadler at 15:48  

16.8.12

Der Filesharing-Pranger

Die Regensburger Abmahnkanzlei Urmann & Collegen erregte vor einiger Zeit Aufsehen damit, dass sie Forderungen aus zweifelhaften Filesharingabmahnungen, die sie selbst nicht eintreiben konnte, durch das Inkassounternehmern Debcon geltend machen ließ.

Vor einigen Wochen hat die Kanzlei auf ihrer Website dann angekündigt, dass sie ab 01.09.2012 „Gegnerlisten“ im Netz veröffentlichen will. Das bedeutet, die Abgemahnten sollen namentlich genannt werden. Nach einem Bericht des Regensburger Wochenblatts wollen Urmann & Collegen mehr als 150.000 (!) Namen von Abgemahnten auf diese Weise öffentlich machen.

Dieses Vorhaben ist auch deshalb besonders pikant, weil die Betroffenen dadurch nicht nur öffentlich als Urheberrechtsverletzer an den Pranger gestellt werden, sondern in vielen Fällen auch als Konsumenten von Pornofilmen. Denn zahlreiche Abmahnungen der Regensburger Anwaltskanzlei betreffen den Erotiksektor und stammen u.a. von der Fa. DigiProtect.

Urmann & Collegen berurft sich zur Rechtfertigung auf eine Entscheidung des BVerfG, die die Veröffentlichung von (gewerblichen) Gegnern aus dem Bereich des Kapitalanlagerechts unter dem Aspekt der Berufsfreiheit für zulässig erachtet hat. Dass sich diese Rechtsprechung auf Privatpersonen übertragen lässt, deren vermeintlicher Pornokunsum dadurch öffentlich gemacht werden soll, darf bezweifelt werden. Denn die Ankündigung der Regensburger Massenabmahner betrifft das Persönlichkeitsrecht derartiger Gegner in ihrer Privat-, wenn nicht gar Intimsphäre. Damit ist allerdings dann eine ganz andere verfassungsrechtliche Abwägung verbunden, als bei Unternehmen. Die gezielte Erzeugung einer derartigen Prangerwirkung ist nicht nur zivilrechtlich unzulässig, sondern dürfte sich auch strafrechtlich zumindest im Grenzbereich zur Nötigung bewegen.

 

posted by Stadler at 22:21  

10.8.12

BGH: Providerauskunft in Filesharingfällen auch ohne gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung

Der BGH hat mit Beschluss vom 19. April 2012 (Az.: I ZB 80/11) entschieden, dass Internet-Service-Provider in Fällen des Filesharings auch dann zur Auskunft über die Person des Inhabers eines Internetanschlusses verpflichtet sind, wenn dem betroffenen Kunden keine Urheberrechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß vorgeworfen wird.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es zur Begründung:

Der in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung (im Streitfall das offensichtlich unberechtigte Einstellen des Musikstücks in eine Online-Tauschbörse) gegebene Anspruch des Rechtsinhabers aus § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG auf Auskunft gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat (im Streitfall die Deutsche Telekom AG als Internet-Provider), setzt – so der Bundesgerichtshof – nicht voraus, dass die rechtsverletzende Tätigkeit das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht in gewerblichem Ausmaß verletzt hat. Aus dem Wortlaut der Bestimmung und der Systematik des Gesetzes ergibt sich eine solche Voraussetzung nicht. Sie widerspräche auch dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen. Dem Rechtsinhaber, stehen Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz nicht nur gegen einen im gewerblichen Ausmaß handelnden Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer zu. Er wäre faktisch schutzlos gestellt, soweit er bei Rechtsverletzungen, die kein gewerbliches Ausmaß aufweisen, keine Auskunft über den Namen und die Anschrift der Verletzer erhielte. In den Fällen, in denen – wie im Streitfall – ein Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG besteht, hat das Gericht dem Dienstleister auf dessen Antrag nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG zu gestatten, die Auskunft über den Namen und die Anschrift der Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte IP-Adressen zugewiesen waren, unter Verwendung von Verkehrsdaten zu erteilen. Ein solcher Antrag setzt – so der Bundesgerichtshof – gleichfalls kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus, sondern ist unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet.

Diese Auslegung des BGH entspricht jedenfalls nicht der Gesetzesbegründung, die eine doppelte Gewerbsmäßigkeit verlangt. Danach muss also sowohl die Rechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß erreichen, als auch der Provider seine Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbringen. Zu dieser Frage gab es im Gesetzgebungsverfahren sogar eine Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drs. 16/5048, S. 65), wonach Auskunftsansprüche nur dann vorgesehen seien, wenn die Rechtsverletzung selbst in gewerblichem Ausmaß vorgenommen wird. Diese Auslegung entsprach auch der bisherigen h.M. in Rechtsprechung und Literatur.

Der Bundesgerichtshof ist nicht an die Gesetzesbegründung gebunden, zumal die sog. historische Auslegung nach der juristischen Methodenlehre gegenüber der wörtlichen und der sog. teleologischen Auslegung als nachrangig gilt. Dies bringt er in seiner Entscheidungsbegründung auch deutlich zum Ausdruck.

Gleichwohl zeigt diese rechteinhaberfreundliche Entscheidung, dass der I. Senat dem Gesetzgeber hier die Gefolgschaft verweigert. Andererseits hätte der Gesetzgeber den Wortlaut natürlich auch so fassen können, dass dem BGH die Möglichkeit der abweichenden Auslegung versperrt wird. Es sind also einmal mehr handwerkliche Mängel der Gesetzgebung, die dem BGH eine Auslegung ermöglichen, die ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht gewollt war.

Der BGH nimmt in diesem Beschluss außerdem zur Frage Stellung, ob dynamische IP-Adressen Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG sind und bejaht dies unter der Voraussetzung, dass eine Verknüpfung der dynamischen IP-Adresse mit dem Nutzer nur unter Verwendung der jeweils hierzu gespeicherten Verkehrsdaten wie Datum und Uhrzeit der Verbindung möglich ist.

Der BGH begründet anschließend – unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung – dass auch das Fernmeldegeheimnis einer solchen Auskunftserteilung nicht engegensteht.

Leider erläuert der BGH nicht näher, was er sich unter einer offensichtlichen Rechtsverletzung vorstellt, sondern unterstellt lediglich apodiktisch, dass eine offensichtliche Verletzung des Urheberrechts vorliegt. Das Problem, dass der Anschlussinhaber allenfalls in jedem zweiten Fall der tatsächliche Verletzer ist, thematisiert der BGH nicht. Die nach dem Gesetz und auch von Verfassungs wegen durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung müsste aber genau bei dieser Frage ansetzen.

Kann man in Bezug auf einen Anschlussinhaber von einer offensichtlichen Rechtsverletzung sprechen, obwohl bei statistischer Betrachtung feststeht, dass im Durchschnitt nur etwa jeder zweite Anschlussinhaber gleichzeitig der Verletzer ist? Oder ist eine Inanspruchnahme des Anschlussinhabers nur dann verhältnismäßig, wenn offensichtlich ist, dass er selbst die Rechtsverletzung begangen hat. Diese Fragen, die durchaus von verfassungsrechtlicher Dimension sind, stellt und beantwortet der BGH nicht.

Der BGH setzt sich deshalb mit einem zentralen Aspekt erst gar nicht auseinander, weshalb mich die Entscheidung des Senats nicht überzeugt.

posted by Stadler at 16:51  

31.7.12

Zulassung einer sachkundigen Person zum Ortstermin des gerichtlichen Sachverständigen

In einem IT-Prozess hatte das Amtsgericht München die Einholung des Gutachtens eines IT-Sachverständigen angeordnet. Der Beklagte wollte zu dem vom Sachverständigen anberaumten Ortstermin eine eigene sachkundige Person beiziehen. Dem hat sich die Klägerin widersetzt, u.a. mit der Begründung, die sachkundige Person, die der Beklagte beauftragt hatte, sei Mitglied des Chaos Computer Clubs (CCC). Die Klagepartei hatte Vorbehalte gegenüber dem Club geäußert, denn der CCC würde als größte europäische Hackervereinigung nicht nur Anonymisierungsdienste anbieten, die die Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen erschweren, sondern habe auch einen eigenen Bit-Torrent-Tracker entwickelt, der die Nutzung von Tauschbörsen erleichtern würde.

Diese Einwände haben das Gericht allerdings nicht überzeugt. Das Amtsgericht München hat die sachkundige Person per Beschluss (Az.: 161 C 17341/11) zugelassen, gleichzeitig zur Verschwiegenheit verpflichtet und den gerichtlichen Sachverständigen angewiesen, den Ortstermin nicht durchzuführen, sollte der sachverständigen Begleitperson der Zutritt verwehrt werden.

posted by Stadler at 13:34  

19.7.12

In Frankfurt fliegt der Gerichtsstand wieder

Das Amtsgericht Frankfurt hatte Ende des letzen Jahres und Anfang diesen Jahres mit mehreren Entscheidungen Aufsehen erregt, weil es eine Berufung auf den sog. fliegenden Gerichtsstand in Urheberrechtssachen abgelehnt hatte. Das Amtsgericht war der Ansicht, es sei nur dann örtlich zuständig, wenn die Rechtsverletzung einen sachlichen Bezug zum Bezirk des angerufenen Gerichts aufweist.

Dieses Rechtsprechung ist jetzt allerdings vom Landgericht Frankfurt mit Urteil vom 18.07.2012 (Az.: 2-06 S 3/12) wieder kassiert worden.

Das Landgericht Frankfurt beruft sich auf die ständige Rechtsprechung des BGH, die schon bei Pressedelikten im Vor-Internet-Zeitalter einen Gerichtsstand im Sinne von § 32 ZPO an jedem Ort begründet sah, an dem eine Zeitung zu kaufen war und geht davon aus, dass sich hieran allein durch die neuen technischen Möglichkeiten nichts geändert habe, sondern, dass dieser Umstand allenfalls rechtspolitische Forderungen begründen kann, die das Gericht aber nicht berücksichtigen könne.

In der Sache – es handelte sich um einen Filesharing-Fall – hat das Landgericht zudem antragsgemäß verurteilt, weil der Beklagte das Filesharing offenbar nicht bestritten hatte.

posted by Stadler at 14:40  

30.6.12

Haftungsprivileg für (offene) W-LANs?

Der Verein „Digitale Gesellschaft“ möchte die Haftung der Betreiber privater und gewerblicher W-LAN-Netze durch eine gesetzliche Ergänzung von § 8 Telemediengesetz (TMG) für Rechtsverletzungen durch Dritte ausschließen. Udo Vetter hat das Vorhaben in seinem Blog zustimmend kommentiert. Ähnliche Vorschläge gibt es derzeit aus den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, die über den Bundesrat die Störerhaftung von W-LAN-Betreibern einschränken wollen. Den Anlass dieser Initiativen liefert ein fragwürdiges Urteil des BGH, in dem faktisch eine Rechtspflicht zur Verschlüsselung von W-LAN-Routern konstituiert worden ist.

Die „Digitale Gesellschaft“ hat einen ausformulierten Gesetzesvorschlag vorgestellt, der folgende Ergänzung von § 8 TMG vorsieht:

(3) Der Ausschluss der Verantwortlichkeit (Absatz 1) umfasst auch gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber von Funknetzwerken, die sich an einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten (öffentliche Funknetzwerke).

(4) Der Ausschluss der Verantwortlichkeit (Absatz 1) umfasst auch Ansprüche auf Unterlassung.

Der Vorschlag weist aus meiner Sicht in die richtige Richtung, wenngleich er in dieser Form kaum Aussichten auf eine Umsetzung haben dürfte. Auch wenn ich den Vorstoß außerordentlich begrüße, kann ich mir zwei kritische Anmerkungen nicht verkneifen.

Der BGH geht davon aus, dass die Haftungsprivilegien der §§ 8-10 TMG Unterlassungsansprüche nicht erfassen, sondern in diesen Fällen generell auf die Grundsätze der Störerhaftung zurückzugreifen ist. Insoweit erscheint es mir nicht sinnvoll, nur für Access-Provider klarzustellen, dass die Haftungserleichterung auch für Unterlassungsansprüche gilt, weil dies im Gegenzug ja bedeutet, dass es in Fällen des Hostings und des Cachings bei diesem Ausschluss verbleibt.

Man kann sich außerdem die Frage stellen, ob der Wortlaut tatsächlich ganz allgemein die Betreiber privater W-LAN-Router umfasst. Denn die gewählte Formulierung deutet darauf hin, dass nur derjenige in den Genuss der Haftungsprivilegierung kommen soll, der sein W-LAN gezielt für die Allgemeinheit öffnet. Das erscheint mir aber letztlich zu eng, denn warum sollte derjenige, der aus Nachlässigkeit oder anderen Gründen sein W-LAN nicht verschlüsselt, schlechter stehen, als derjenige, der sein privates Netz gezielt für Andere öffnet?

 

posted by Stadler at 22:20  

6.6.12

AG Frankfurt: Keine Haftung für Rechtsverstoß des Ehegatten beim Filesharing

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 25.05.2012 (Az.: 32 C 157/12 (18)) entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Ehegatten haftet.  Das ist grundsätzlich deshalb nicht überraschend, weil diese Rechtsprechung des Amtsgerichts auf der Linie des OLG Frankfurt liegt, dessen Beschluss unlängst auch vom BVerfG ausführlich gewürdigt worden ist.

Bemerkenswert ist allerdings, dass es das AG Frankfurt nicht für notwendig erachtet, dass der Anschlussinhaber den tatsächlichen Verletzer benennt. Vielmehr hält es das AG Frankfurt für ausreichend, dass der Anschlussinhaber darlegt, wer außer ihm noch Zugang zu seinem Internetanschluss hatte. Damit ist nach Ansicht des AG Frankfurt die Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich, dass auch eine andere Person aus seinem Haushalt die Urheberrechtsverletzung begangen haben kann, ausreichend dargelegt.

Eine Störerhaftung lehnt das Amtsgericht Frankfurt schließlich mit dem zutreffenden Argument ab, dass es der Anschlussinhaberin nicht zuzumuten ist, das Nutzungsverhalten ihres Ehemannes zu überwachen.

Man muss an dieser Stelle aber immer wieder darauf hinweisen, dass sich diese Rechtsprechung nach wie vor nicht überall durchgesetzt hat und beispielsweise das Amtsgericht München – das insbesondere von der Kanzlei Waldorf Frommer regelmäßig bemüht wird – solche Fälle weiterhin anders entscheidet.

Die Frage wird wohl in absehbarer Zeit durch den BGH geklärt werden, nachdem das OLG Köln unlängst die Revision in einer anderen, vergleichbaren Sache zugelassen hat.

posted by Stadler at 16:56  
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