Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

21.8.12

Eine rechtliche Bewertung des Filesharing-Prangers

Die Ankündigung der Abmahnkanzlei Urmann & Collegen „Gegnerlisten“ ins Netz zu stellen, hat in den letzten Tagen für einigen medialen Wirbel gesorgt. Durch diese Veröffentlichungen sollen offenbar zahlungsunwillige Abgemahnte doch noch zu einer außergerichtlichen Zahlung bewegt werden. Die Betroffenen werden damit in jedem Fall öffentlich als Urheberrechtsverletzer dargestellt, in einer ganzen Reihe von Fällen zudem als Komsumenten von Pornofilmen. Zu den Mandanten der Kanzlei U&C gehören bzw. gehörten neben Pornofilmproduzenten wie der Silwa Filmvertrieb AG oder Magmafilm auch das Antipiracyunternehmen DigiProtect, das mittlerweile ebenfalls häufig die Rechte an pornografischen Inhalten wahrnimmt.

Der Bundesgerichtshof und auch das BVerfG haben sich in der Vergangenheit bereits mit der Rechtsfigur der „Prangerwirkung“ beschäftigt. Danach kann eine an sich zulässige Äußerung einer wahren Tatsache aus der Sozialsphäre im Einzelfall mit Rücksicht auf die überwiegenden Persönlichkeitsbelange des Betroffenen zu untersagen sein. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH insbesondere dann der Fall, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung droht.  Das BVerfG hat klargestellt, dass diese Rechtsprechung zur Prangerwirkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Im Fall des Filesharing-Prangers muss berücksichtigt werden, dass es sich keineswegs nur um Tatsachen aus dem Bereich der Sozialsphäre handelt, sondern vielmehr die Privat- und z.T. sogar die Intimsphäre betroffen ist. Die öffentliche Behauptung von Tatsachen die aus diesen Persönlichkeitsbereichen stammen, ist regelmäßig ohnehin unzulässig. Erschwerend kommt hinzu, dass die öffentliche Darstellung von Personen als Urheberrechtsverletzer und in vielen Fällen zudem als Komsumenten von pornografischen Filmen tatsächlich auf eine Stigmatisierung hinausläuft, die von der Kanzlei Urmann gerade auch beabsichtigt wird. Zudem wird als Gegner in den Filesharing-Fällen immer nur der Anschlussinhaber ermittelt, der aber keineswegs selbst der Rechtsverletzer und Pornokonsument sein muss.

Die allgemeine Aussage des BVerfG, wonach ein Anwalt grundsätzlich Gegnerlisten veröffentlichen darf, sollte also nicht dahingehend missverstanden werden, dass damit auch erhebliche Persönlichkeitsverletzungen gerechtfertigt werden könnten.

posted by Stadler at 15:48  

12 Comments

  1. Also ohne jetzt vom rechtlichen Standpunkt genaues Wissen zu haben, kann ich sehr wohl zum technischen etwas sagen:
    Nicht selten wurden Personen angeschrieben, deren IP aufgrund schlampiger Verfahren falsch ermittelt wurde (ich war vor Jahren einer davon).
    Natürlich zahlen solche Leute nicht und nehmen Abstand von der Behauptung der Kanzlei.

    Nun nehmen wir mal an, dass diese Kanzlei diese Liste unzensiert der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Wäre es nicht schon fast Rufmord, diese Liste einzustellen? Ich zumindest würde es mir zweimal überlegen, gegen einen derart grossen Haufen Leute aufgrund einer Liste zweifelhaften Ursprungs und eventuell nicht mehr nachweisbarer Korrektheit solcherlei Behauptungen zu erheben.

    Wenn ich richtig informiert bin, gilt zum Zeitpunkt des ersten Zweifels an der Liste (Strafanzeige) doch der Umstand, dass der Listende (die Kanzlei) dem Anzeigenden (gelisteten) beweisen muss, dass er tatsächlich diese Tat begangen hat.

    Da wünsche ich Urmann & Collegen bei den Larifari Logs von Digiprotect und Co viel Spass die nächsten Jahre beim Abwehren der Klagen ;)

    Comment by Christoph — 21.08, 2012 @ 16:22

  2. Ein bloßer Werbegag oder Publicity-Stunt.

    Comment by Leser — 21.08, 2012 @ 17:05

  3. Die werden das nie machen, weil sie viel zu sicher auf die Nase fallen würden. Die werden darauf wetten, daß a) sich genug Leute so nervös machen lassen, daß sie lieber doch schnell zahlen und b) keiner wegen Nötigung klagt („Pornodieb verklagt Anwaltskanzlei“)

    Comment by Anonymous — 21.08, 2012 @ 17:13

  4. Wenn 150.000 Betroffene 150.000 selbst eine Abmahnung wegen drohender Erstbegehung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung (Kostennote: 500,- € bis 800,- € netto) beauftragen, oder gar eine einstweilige Verfügung erwirken (Kostenlast 1.300,- € – 1.900,- € netto), dann wäre U + C innerhalb einer Woche pleite. ;-)

    Comment by RA Kompa — 21.08, 2012 @ 17:17

  5. @ RA Kompa: Wenn aber U + C kein Geld dafür hat, dann treten sie einfach ein paar hundert Download-Abmahnungen an den jeweiligen Unterlassungskläger ab? :)

    Comment by turtle of doom — 21.08, 2012 @ 21:36

  6. @ RA Kompa
    Da ich keine Chance habe auf dieser Liste zu erscheinen, bin ich leider auch nicht in der Lage Ihren Vorschlag mitzugehen.
    Meine Hoffnung ist aber dennoch, dass wenigstens 1% der 150K den Hintern dazu in der Hose haben.
    Allein, mir fehlt der Glaube.
    Aber es war ja schließlich auch nicht jeder „Klehranleger“ ;-)

    Comment by Che — 21.08, 2012 @ 23:01

  7. Ich mache sonst nicht „in Filesharing“ – das rächt sich nun. Ich würde das Prozessrisiko gg U+C auch selbst tragen.
    Anderer Weg: was muss man downloaden, um von denen Post zu erhalten? Den Spaß wäre es mir wert.

    Comment by Peter Hense — 22.08, 2012 @ 07:32

  8. @ Peter Hense
    Dir kann geholfen werden.
    Einfach mal hier nachsehen http://www.abmahndatenbank.de/Web%20Urmann%20und%20Collegen.html was von U+C so abgemahnt wird.

    Comment by Burn256 — 22.08, 2012 @ 09:18

  9. Das war doch eine reine PR-Nummer. Und Aufmerksamkeit hat die Kanzlei dadurch zweifellos bekommen.

    Comment by Anonym — 22.08, 2012 @ 14:15

  10. @Anonym

    Selbst die Bildzeitung hat am 20.08. darüber berichtet. 219 Kommentare mehr als hier.

    Comment by Constantin — 22.08, 2012 @ 17:27

  11. Auch wir berichteten bereits am 26.8. über den Plan der U&C
    http://www.konsumer.info/?p=24159
    Auf die Frage des wochenblatts meinte
    Bayerns Justiz- und Verbraucherschutzministerin Dr. Beate Merk
    „Unter seriöser Rechtsverfolgung stelle ich mir etwas anderes vor. Wer als Rechtsanwalt seine Forderungen nicht außergerichtlich durchsetzen kann, muss einen Mahnbescheid beantragen oder vor Gericht klagen. Seine Gegner im Internet an den Pranger zu stellen, entspricht dagegen nicht dem Bild, das ich von einem Organ der Rechtspflege habe.“

    Comment by konsumer — 29.08, 2012 @ 23:27

  12. Ich habe eine tolle Internetseite () gefunden, auf der es tolle Produkte zu sehr günstigen Preisen gibt.
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    Comment by yujinganita — 29.06, 2013 @ 10:16

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