Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.10.13

BGH: Spam durch Weiterempfehlungsfunktion

Wenn ein Unternehmen auf seiner Website eine Weiterempfehlungsfunktion anbietet, mit deren Hilfe die Nutzer andere Personen auf die Inhalte der Website aufmerksam machen können, entspricht das der Versendung einer Werbe-E-Mail durch das Unternehmen selbst. Das hat der BGH mit Urteil vom 12.09.2013 (Az.: I  ZR 208/12) entschieden. Die Weiterempfehlungsfunktion wird vom BGH also als Mittel zum Versand unerlaubter Werbung betrachet, mit der Folge, dass der Anbieter entsprechend auf Unterlassung haftet.

Der BGH geht zunächst von einem sehr weiten Werbebegriff aus, der neben der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch sonstige Formen der mittelbaren Absatzförderung umfasst. Für die Einordnung als Werbung kommt es nach Ansicht des BGH auch nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht. Entscheidend sei vielmehr allein das Ziel, das mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen werden soll. Eine solche Funktion habe nämlich, so der BGH, erfahrungsgemäß den Zweck, Dritte auf die angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen.

Aus diesem Grund haftet der Betreiber der Website auch als Täter der Rechtsverletzung, weil die Weiterleitungsfunktion gerade dazu dient, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben.

Wer also auf seiner Website eine Weiterempfehlungsfunktion bereit hält, muss das Risiko wegen der unerlaubten Zusendung von Werbung (Spam) auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, in Kauf nehmen.

posted by Stadler at 10:48  

27.10.13

Massenabmahnungen: Ist ein Ende in Sicht?

Ein kurzer Hinweis in eigener Sache: Meine erste Kolumne für die neugestaltete Site der Anwaltauskunft des DAV trägt den Titel „Massenabmahnungen: Ist ein Ende in Sicht?“ und beschäftigt sich mit dem vor zwei Wochen in Kraft getretenen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, durch das der Gesetzgeber u.a. Missständen bei urheberrechtlichen Abmahnungen den Kampf ansagen will.

posted by Stadler at 13:18  

21.10.13

Filesharing: Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken läuft leer

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist am 09.10.2013 in Kraft getreten. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es,  die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing eindämmen. Dies sollte durch eine Deckelung der Abmahnkosten erreicht werden.

Nach noch nicht einmal zwei Wochen ist bereits erkennbar, dass dieses Ziel wohl nicht erreicht werden wird. Dies möchte ich anhand einer aktuellen Abmahnung der Kanzlei Waldorf Frommer – der mittlerweile wohl größte Player im Bereich der Filesharing-Abmahnungen – näher erläutern. Die Kanzlei Waldorf Frommer hat vor Inkrafttreten des Gesetzes in sehr vielen Fällen Anwaltskosten in Höhe von 506 EUR und Schadensersatz in Höhe von 450 EUR geltend gemacht, was einem Gesamtforderungsbetrag von 956 EUR entsprach.

Nach der Neuregelung wird der Schadensersatz, jedenfalls in mir vorliegenden Abmahnungen, auf 600 EUR beziffert. Man hat also bei Waldorf Frommer zunächst mit einer Erhöhung der Schadensersatzforderung auf das Gesetz reagiert. Anwaltskosten werden nunmehr in Höhe von EUR 215 geltend gemacht. Hierzu nimmt man einen Gegenstandswert für die Unterlassung von EUR 1.000 und addiert den Gegenstandswert für den Schadensersatz von EUR 600 – der bislang nicht in Ansatz gebracht worden war – hinzu, was einen Gesamtgegenstandswert von 1.600 EUR ergibt. Eine 1,3-Geschäftsgebühr hieraus ergibt nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes dann den Betrag von 215 EUR für die Anwaltskosten. Man hat die Anwaltskosten nach dieser Berechnung also im Vergleich zu früher um knapp 300 EUR reduziert, aber gleichzeitig den Schadensersatzbetrag um EUR 150,- erhöht, woraus sich nur eine Reduzierung der Gesamtforderung um 141 EUR ergibt.

Waldorf Frommer hat allerdings textbausteinartig die Formulierung aufgenommen, dass man für den Fall einer gerichtlichen Geltendmachung darlegen und beweisen werde, dass ein Streitwert von 1.000 EUR unbillig sei. Wie man das machen will, ist zwar unklar, aber die Drohung mit einem deutlich höheren Aufwendungsersatzanspruch steht damit im Raum.

Meine Vermutung, dass die Abmahnkanzleien versuchen werden, die Reduzierung der Anwaltskosten durch eine Erhöhung der Schadensbeträge (teilweise) zu kompensieren hat sich also sehr schnell als zutreffend erwiesen. Dass das Gesetz nicht wirklich geeignet ist, die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing einzudämmen, war leider im Grunde von vornherein klar.

posted by Stadler at 11:55  

9.10.13

Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken heute in Kraft getreten

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das u.a. die Beseitigung von Missständen bei urheberrechtlichen Abmahnungen zum Ziel hat, wurde gestern im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist heute in Kraft getreten. Ich habe bereits mehrfach über das Gesetz bzw. den Gesetzsvorschlag gebloggt. Das Gesetz möchte vor allem die Massenabmahnungen im Bereich des Filesharing eindämmen. Ob das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Man darf gespannt sein, wie die großen Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer oder Rasch auf die gesetzliche Neuregelung reagieren und wie die Gerichte das Gesetz dann auslegen werden.

Die neue Vorschrift § 97a Abs. 3 UrhG bestimmt, dass der Anspruch auf Erstattung von anwaltlichen Abmahnkosten auf Rechtsanwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch von EUR 1.000,- gedeckelt wird. Bei Anwendung der 1,3-Regelgebühr entspricht dies aktuell Anwaltskosten in Höhe von EUR 124,- (netto). Das Gesetz sieht allerdings vor, dass aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls davon abgewichen werden kann, wenn der Wert unbillig ist.

Das Gesetz bringt übrigens noch eine Reihe weiterer Neuerungen, die in der Berichterstattung bislang eher untergegangen sind.

So werden beispielsweise bestimmte Darlegungs- und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen normiert, die sowohl für Inkassobüros als auch für Rechtsanwälte gelten. Inkassoschreiben müssen künftig klar und verständlich folgende Angaben enthalten:

1. den Namen oder die Firma des Auftraggebers,
2. den Forderungsgrund, bei Verträgen unter konkreter Darlegung des Vertragsgegenstands und des Datums des Vertragsschlusses,
3. wenn Zinsen geltend gemacht werden, eine Zinsberechnung unter Darlegung der zu verzinsenden Forderung, des Zinssatzes und des Zeitraums, für den die Zinsen berechnet werden,
4. wenn ein Zinssatz über dem gesetzlichen Verzugszinssatz geltend gemacht wird, einen gesonderten Hinweis hierauf und die Angabe, aufgrund welcher Umstände der erhöhte Zinssatz gefordert
wird,
5. wenn eine Inkassovergütung oder sonstige Inkassokosten geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund,
6. wenn mit der Inkassovergütung Umsatzsteuerbeträge geltend gemacht werden, eine Erklärung, dass der Auftraggegber diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

Auch urheberrechtliche Abmahnungen müssen transparenter werden. § 97a Abs. 2 UrhG verlangt, dass die Abmahnung in klarer und verständlicher Weise folgende Angaben enthalten muss:

1. Name oder Firma des Verletzten, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
2. die genaue Bezeichnung der Rechtsverletzung,
3. die geltend gemachten Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Eine Abmahnung, die nicht diesen Vorgaben entspricht, ist künftig unwirksam! Damit beinhaltet die bislang weit verbreitete Praxis eine sehr weitgehende Unterlassungserklärung zu fordern, das Risiko der Gesamtunwirksamkeit solcher Abmahnungen.

Dieser Aspekt wird mit Sicherheit demnächst Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen werden.

posted by Stadler at 09:53  

30.8.13

Wie zuverlässig ist die Ermittlung des Anschlussinhabers in Fällen des Filesharing?

Die Kollegin Berger berichtet von einem Fall, in dem eine Mandantin von ihr eine Filesharing-Abmahnung bekommen hat, obwohl sie mit ihrem Telefonanbieter gar keinen Vertrag über einen Internetanschluss abgeschlossen hat, sondern nur einen solchen über einen Telefonanschluss.

Fälle dieser Art werfen die Frage auf, wie zuverlässig die Beauskunftung von Telekom und Co. in den Filesharing-Fällen tatsächlich ist. Denn der Provider ermittelt aufgrund der Angabe einer IP-Adresse und einer Uhrzeit einen bestimmten Kunden, der die Urheberrechtsverletzung begangen haben soll.

In allen von mir geführten Klageverfahren habe ich für meine Mandanten auch die Richtigkeit der Zuordnung der IP-Adresse zu dem Beklagten als Anschlussinhaber bestritten. Die Gerichte hat das bislang allerdings noch nie dazu veranlasst, diesen Aspekt durch ein Sachverständigengutachten klären zu lassen. Die Argumentation, speziell des Amtsgerichts München, ist in diesen Fällen immer dieselbe. Weil mehrere Zeitpunkte bzw. IP-Adressen demselben Anschlussinhaber zugeordnet worden sind, hält das Gericht einen Fehler für ausgeschlossen und sieht von einer Beweisaufnahme ab. Meinen Einwand, dass diese Argumentation logisch nicht zwingend sei, haben die Gerichte bislang nicht beachtet. Nachdem niemand weiß, welcher Fehler in der Datenbank der Telekom im Einzelfall eine falsche Zuordnung verursacht, lässt sich auch nicht abschätzen, ob sich nicht derselbe Fehler in gleicher Weise bei mehreren Beauskunftungen auswirkt. Die Schlussfolgerung der Gerichte, wonach eine mehrfache Beauskunftung eine höhere Warscheinlichkeit der Richtigkeit der Providerauskunft bewirkt, ist letztlich reine Spekulation.

posted by Stadler at 10:18  

23.8.13

Für Internethändler gilt: Achtung Spielzeug

Wer als Onlinehändler Spielzeug verkauft, muss nicht nur fernabsatzrechtliche Hinweis- und Belehrungspflichten beachten, sondern zusätzlich die Vorgaben der 2. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug). Diese Verordnung dient der Umsetzung der EU-Spielzeugrichtlinie.

Nach § 11 Abs. 2 und Abs 3 der Verordnung hat der Hersteller gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweise deutlich sichtbar, leicht lesbar, verständlich und in zutreffender Form auf dem Spielzeug, einem fest angebrachten Etikett oder auf der Verpackung anzubringen und, falls erforderlich, in der beigefügten Gebrauchsanleitung anzubringen. Diese Warnhinweise müssen mit dem Wort „Achtung“ beginnen.

Diese Verpflichtung trifft zunächst nur den Hersteller. § 11 Abs. 4 der Verordnung besagt nun aber ergänzend, dass die Warnhinweise für den Verbraucher vor dem Kauf klar erkennbar sein müssen und dies auch gilt, wenn der Kauf auf elektronischem Weg abgeschlossen wird.

Hieraus schlussfolgert das OLG Hamm in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 16.05.2013, Az.: 4 U 194/12), dass die Warnhinweise bei Käufen im Internet vor dem Kauf auf der Website sichtbar sein müssen und es in der Natur der Sache liege, dass hierfür nur der Händler Sorge tragen kann und muss.

Nachdem die Regelung ausdrücklich verlangt, dass die Warnhinweise mit dem Wort „Achtung“ eingeleitet werden müssen, genügt eine Einleitung mit der Formulierung „Sicherheitshinweise“ nicht.

Das OLG Hamm betrachtet die Vorschrift außerdem als sog. Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, mit der Folge, dass die Nichtbeachtung zugleich einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt.

posted by Stadler at 12:30  

19.8.13

LG Hamburg: Parallelimport amerikanischer Tonträger kann untersagt werden

Ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz hatte in den USA hergestellte CDs der Künstlerin Christina Perri über den Amazon Market Place unter anderem in Deutschland bzw. gegenüber deutschen Kunden zum Verkauf angeboten. Das Landgericht Hamburg verurteilte den Internethändler auf Antrag der europäischen Rechteinhaberin (Urteil vom 18.06.2013, Az.: 310 O 182/12) zur Unterlassung und zur Auskunft über den Vertriebsweg.

In Gesprächen mit Mandanten höre ich immer wieder die irrige Ansicht, dass nur der Vertrieb von gefälschter Ware verboten werden könne, während man Originalware, die aus den USA oder anderen Ländern stammt, doch wohl problemlos vertreiben dürfe. Das ist allerdings ein oftmals folgenschwerer Irrtum. Der Erschöpfungsgrundsatz im Urheber- und auch im Markenrecht bezieht sich nur auf den europäischen Wirtschaftsraum. Das bedeutet, dass nur diejenigen Werkexemplare, die mit Zustimmung des Rechteinhabers in den EWR gelangt sind, ungehindert weitervertrieben werden können, ohne, dass der Rechteinhaber das verbieten kann. Ein weltweiter Erschöpfungsgrundsatz existiert demgegenüber nicht. Das bedeutet, dass Waren, die sich ganz legal auf dem US-Markt befinden, jedenfalls nicht ohne weiteres auch in Europa vertrieben werden dürfen. Das trifft sehr häufig kleine Händler, die importierte Ware bei eBay oder bei Amazon anbieten.

posted by Stadler at 14:51  

5.8.13

Es reimt sich immer noch nichts auf Uschi

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 04.06.2013 (Az.: 27 W (pat) 49/12) entschieden, dass Mario Barth seine Marke „Nichts reimt sich auf Uschi“, die u.a. für Bekleidung, insbesondere T-Shirts eingetragen ist, behalten darf. Die Marke ist nach Ansicht des Gerichts nicht wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse zu löschen.

Barth hatte vor zwei Jahren mit Abmahnungen für Aufsehen gesorgt, die sich gegen Verkäufer von T-Shirts richten, auf denen der geistreiche Spruch aufgedruckt war.

Der Kollege Lampmann weist allerdings zurecht darauf hin, dass diese Marke praktisch wertlos ist, weil der entsprechende Aufdruck auf T-Shirts die Markenrechte Barths nicht verletzt. Das hat das Landgericht Düsseldorf für die Aufschrift “Nicht quatschen, MACHEN” auf T-Shirts bereits entschieden und eine Unterlassungsklage Barths abgewiesen.

Warum das so ist, habe ich im letztjährigen Sommerloch bereits am Beispiel des bayerisch-österreichischen Streits um „Griaß Di“ erläutert.

posted by Stadler at 11:30  

17.7.13

Filesharing: Genügt das werkseitig vorgegebene Standardpasswort der Fritzbox?

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ postuliert, dass der Betreiber eines privaten W-LANs verpflichtet sei, dieses ausreichend zu verschlüsseln und durch ein individuell vergebenes Passwort abzusichern. Warum diese Rechtsprechung fragwürdig ist, habe ich hier näher erläutert.

Das Amtsgericht Frankfurt hat in einem Filesharing-Verfahren nunmehr entschieden (Urteil vom 14.05.2013, Az.: 30 C 3078/12 (75)), dass auch die Benutzung des werkseitig vorgegebenen 13-stelligen Schlüssels der Fritzbox des Herstellers AVM diesen Anforderungen genügt, weil es sich hierbei jeweils um ein individuelles Passwort handelt und der BGH nur die Fälle gemeint haben kann, in denen der Hersteller ein einheitliches Standardpasswort vergeben habe. Diese Schlussfolgerung ist in tatsächlicher Hinsicht natürlich fragwürdig, denn nach meinem Kenntnisstand ging es in der BGH-Entscheidung gerade auch um eine Fritzbox.

Das Amtsgericht Frankfurt geht – im Gegensatz anderen Gerichten wie dem AG München – auch davon aus, dass der Beklagte seiner sog. sekundären Darlegungslast bereits durch die Darlegung nachkommt, dass noch andere Familienmitglieder berechtigten Zugriff auf den Internetanschluss haben. Außerdem hat das Amtsgericht Frankfurt auch eine Störerhaftung für Rechtsverletzungen durch Familienmitglieder mangels Bestehen entsprechender Prüfpflichten verneint.

Die Entscheidung belegt einmal mehr, dass die Rechtsprechung zum Filesharing sehr uneinheitlich ist und speziell in Frankfurt ganz anders entschieden wird als in München und Hamburg, weshalb die Rechteinhaber mittlerweile fast nur noch bei diesen beiden Gerichten klagen. In Frankfurt reicht es mittlerweile vorzutragen, dass andere Familienmitglieder ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss haben, um eine Klageabweisung zu erreichen, während in München die Uhren noch ganz anders ticken. Die Frage, welche Anforderungen an die sog. sekundäre Darlegungslast zu stellen sind, lasse ich beim Landgericht München I gerade in einem Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Amtsgerichts klären.

posted by Stadler at 12:24  

3.7.13

Kanzlei KSP mahnt mich als Blogbetreiber wegen Nutzerkommentaren ab

Unsere Kanzlei erreichte vor einigen Tagen ein Schreiben der Kanzlei KSP (Hamburg) in dem ich persönlich als Betreiber dieses Blogs aufgefordert werde, eine ganze Reihe von Nutzerkommentaren zu löschen. Für den Fall, dass ich nicht lösche, will man eine gerichtliche Klärung herbeiführen und den Vorgang der zuständigen Rechtsanwaltskammer mitteilen.

Es geht um einen bereits älteren Blogbeitrag vom 20.11.2012, in dem ich mich mit unseriösen Abmahnungen von Presseagenturen beschäftigt habe. Mein Text wird nicht beanstandet, sondern die von Lesern des Blogs stammenden Kommentare Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15. Gerügt werden Aussagen, die die KSP Rechtsanwälte bzw. einen Anwalt der Kanzlei betreffen. Man stört sich insbesondere an den Formulierungen und Aussagen „dieses schmutzige Geschäft“ (2), „Gaukler und Fallensteller mit System“ (3), „Abmahnmodell“ und „Abmahnung“ (5), Korrespondenz nur von „Anwalt zu Anwalt“ (7), „abgemahnt“ und „Kein Mensch liest die fraglichen Texte oder schaut sich die Webseiten genauer an. Alles läuft vollautomatisch“ (8), „Abmahnung“ und „Raubrittertum“ (9), „Abzocke“ und „Oder kennt jemand eine geeignete Fernsehsendung zur Darstellung der Lage?“ (10), „fliegender Gerichtsstand / immer in Hamburg bei Richter Führer“ und „alles Betrug und auch die Anwaltskammer verschließt ihre Augen“ (11), „Die Arbeitsweise ist sehr unseriös und nur aufs Geldverdienen ausgerichtet!“ (13), „Geht der Röhnelt überhaupt noch alleine draußen spazieren?“ (14) und „will mich nicht mit solchem Dreck beschäftigen müssen“ (15).

Entsprechend der Vorgaben der Rechtsprechung des BGH habe ich zunächst versucht, mit allen Kommentarautoren Kontakt aufzunehmen. Da mir allerdings nicht von allen betroffenen Kommentatoren (gültige) E-Mail-Adressen vorliegen, möchte ich zudem diesen Blogbeitrag nutzen, um diejenigen Kommentarschreiber die keine E-Mail von mir erhalten haben, bis zum 08.07.2013 um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen der Rechtsanwälte KSP zu bitten. Auch für weitere sachdienliche Hinweise bin ich natürlich dankbar.

Nach überschlägiger Durchsicht der beanstandeten Kommentare lässt sich aber bereits feststellen, dass eine Löschung von Kommentaren nur in geringem Umfang in Betracht kommt.

Innovativ finde ich in jedem Fall die von den Rechtsanwälten KSP geäußerte Ansicht, sie würden keine Abmahnungen aussprechen, weil ihre Schreiben keine Unterlassungsaufforderungen enthalten. Die anwaltliche Geltendmachung von Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüchen wegen Urheberrechtsverletzungen dürfte danach – von juristischen Laien – nicht als Abmahnung bezeichnet werden. Darüber hinaus wurden in den Kommentaren eine Vielzahl von Wertungen vorgenommen, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Mit dem durchsichtigen Versuch, kritische Meinungsäußerungen mittels Androhung gerichtlicher Schritte aus dem Netz zu bekommen, sind die Kollegen von KSP bei mir jedenfalls an der falschen Adresse.

Update vom 04.07.2013:
Mittlerweile gibt es auch erste Reaktionen von denjenigen Lesern meines Blogs, deren Kommentare von KSP beanstandet wurden. Einer dieser Kommentare stammt von Klaus D. Minhardt, Geschäftsführer des Landesverbands Berlin-Brandenburg des Deutschen Journalisten Verbands (DJV). Herr Minhardt schreibt mir, er habe lediglich den Inhalt einer Diskussion innerhalb einer Geschäftsführertagung des DJV wiedergegeben. Die Kanzlei KSP hatte dem DJV eine Zusammenarbeit angeboten, was man seitens des DJV nach einer internen Diskussion aber gerade wegen des vorgestellten Verfolgungsmodells abgelehnt hatte. Weshalb man das von KSP dem DJV vorgestellte Modell der automatisierten Ermittlung von Urheberrechtsverstößen nicht als Abmahnmodell bezeichnen sollte, erschließt sich mir auch nach längerem Nachdenken nicht.

posted by Stadler at 22:48  
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