Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.7.13

Filesharing: Genügt das werkseitig vorgegebene Standardpasswort der Fritzbox?

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ postuliert, dass der Betreiber eines privaten W-LANs verpflichtet sei, dieses ausreichend zu verschlüsseln und durch ein individuell vergebenes Passwort abzusichern. Warum diese Rechtsprechung fragwürdig ist, habe ich hier näher erläutert.

Das Amtsgericht Frankfurt hat in einem Filesharing-Verfahren nunmehr entschieden (Urteil vom 14.05.2013, Az.: 30 C 3078/12 (75)), dass auch die Benutzung des werkseitig vorgegebenen 13-stelligen Schlüssels der Fritzbox des Herstellers AVM diesen Anforderungen genügt, weil es sich hierbei jeweils um ein individuelles Passwort handelt und der BGH nur die Fälle gemeint haben kann, in denen der Hersteller ein einheitliches Standardpasswort vergeben habe. Diese Schlussfolgerung ist in tatsächlicher Hinsicht natürlich fragwürdig, denn nach meinem Kenntnisstand ging es in der BGH-Entscheidung gerade auch um eine Fritzbox.

Das Amtsgericht Frankfurt geht – im Gegensatz anderen Gerichten wie dem AG München – auch davon aus, dass der Beklagte seiner sog. sekundären Darlegungslast bereits durch die Darlegung nachkommt, dass noch andere Familienmitglieder berechtigten Zugriff auf den Internetanschluss haben. Außerdem hat das Amtsgericht Frankfurt auch eine Störerhaftung für Rechtsverletzungen durch Familienmitglieder mangels Bestehen entsprechender Prüfpflichten verneint.

Die Entscheidung belegt einmal mehr, dass die Rechtsprechung zum Filesharing sehr uneinheitlich ist und speziell in Frankfurt ganz anders entschieden wird als in München und Hamburg, weshalb die Rechteinhaber mittlerweile fast nur noch bei diesen beiden Gerichten klagen. In Frankfurt reicht es mittlerweile vorzutragen, dass andere Familienmitglieder ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss haben, um eine Klageabweisung zu erreichen, während in München die Uhren noch ganz anders ticken. Die Frage, welche Anforderungen an die sog. sekundäre Darlegungslast zu stellen sind, lasse ich beim Landgericht München I gerade in einem Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Amtsgerichts klären.

posted by Stadler at 12:24  

8 Comments

  1. In dem BGH Verfahren ging es seinerzeit schon um das Standardpasswort einer Fritzbox. Der BGH ging allerdings davon aus, dass das Standardpasswort aller Fritzboxen identisch ist. Dieser falsche Sachverhalt konnte in der Revisionsinstanz auch nicht mehr korrigiert werden. So hat es mir jedenfalls einer der beteiligten Anwälte erklärt….

    Comment by Christian Solmecke — 17.07, 2013 @ 17:36

  2. Das LG München hat doch auch schon eine einschränkende Entscheidung zur sek. Darlegunglast getroffen – LG München I, Urt. v. 22.03.2013; Az. 21 S 28809/11. Wird dieses Urteil eigentlich vom AG München umgesetzt? Nach meinen Infos eher nicht.

    Comment by Chris — 18.07, 2013 @ 09:48

  3. Welche Einschränkung, lieber Chris?

    „An die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen ist hierbei bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein STRENGER Maßstab anzulegen (LG München I, Urteil vom 22.03.2013, 21 S 28809/11)“ [Auszug aus AG München, Urteil vom 17.04.2013, 161 C 17341/11]

    Das Landgericht hat durch einen „kosmetischen Eingriff“ den Schaden, der durch das „Hooligan-Omma“-Urteil [http://openjur.de/u/257965.html] entstanden ist gekittet, in dem man länglich OLG-Köln-Rechtsprechung zitiert. Ein genutztes Hintertürchen.

    Mit der Floskel des „STRENGEN“ Maßstabes, mit dem ein Beklagtenvortrag zu messen sei, hebt das LG München die zitierte Rechtsprechung des OLG Köln wieder auf.

    Comment by Shual — 18.07, 2013 @ 14:53

  4. @ Shual: Sicherlich, kosmetischer Eingriff, ich will das gar nicht anders werten.

    Trotzdem ein Eingriff. Aber selbst der wird vom AG München nach meinen Informationen ignoriert.

    Nur darauf zielte meine Frage ab – und ob jemand andere Infos hat.

    Comment by Chris — 18.07, 2013 @ 19:05

  5. @Christian Solmecke

    In der Revisionsinstanz konnten Tatsachen nicht geprüft werden, aber in der neuen Berufungsverhandlung vor dem OLG Frankfurt durchaus. Dies hat das OLG verkannt. Dazu http://blog.delegibus.com/2011/02/04/was-vom-sommer-unseres-lebens-ubrig-blieb/ :

    Dies betraf insbesondere Fragen der Sachverhaltsfeststellung, die bis zuletzt nicht geklärt, sondern quasi zwischen den Instanzen zerrieben worden waren. Nicht geklärt war nämlich, welches Sicherheitsniveau der vom Beklagten eingesetzte Router überhaupt hatte und ob es subsumiert unter die Anforderungen des BGH (mögen diese richtig oder falsch sein) ausreichend war oder nicht. Das OLG hatte im ersten Berufungsverfahren keinen Anlaß, sich damit auseinanderzusetzen, da es die Klage schon aus vorgelagerten Gründen abgewiesen hatte. Der BGH ist hingegen in seiner Entscheidungsbegründung von Vorstellungen ausgegangen, die in den Sachverhaltsfeststellungen des OLG keine Stütze fanden (was nach revisionsrechtlichen Grundsätzen seine Richtigkeit haben mag). Es war also die Aufgabe des OLG Frankfurt im zweiten Berufungsverfahren, überhaupt den Sachverhalt festzustellen (Nachtrag 21.02.2001: Zu den Einzelheiten siehe nun Entscheidungsanmerkung von Mantz). Dieser Aufgabe hat es sich in seiner nun veröffentlichten Entscheidung vom 21.12.2010 (11 U 52/07) gänzlich entzogen

    Nach § 563 Abs. 2 ZPO war das OLG nur an die rechtliche Beurteilung des BGH gebunden (und sogar nur soweit, wie sie der Aufhebung zugrunde lag), nicht aber an (falschen) Tatsachenannahmen.

    Comment by O. García — 18.07, 2013 @ 20:56

  6. @ Chris

    Natürlich wird die Entscheidung des LG durch das AG „umgesetzt“. Das LG München übernimmt die FORMALEN Sichtweisen des OLG, setzt aber eine gänzlich andere Meßlatte an. Das AG nimmt dankend an.

    Es ist dabei doch eher so, dass die „Erwartungshaltung“ nach dem „Hoologan-Omma-Urteil“ zu positiv war, nachdem sich auch in mündlichen Verhandlungen bei einzelnen Richtern Verbesserungen einstellten. Man hat das LG-Kleingedruckte nicht gelesen.

    PS: Ab Anfang August gibts auch von mir eine neue spannende Urteilsrunde. Berufungen werden auch auf meiner Seite geführt, die jenen Punkt aufgreifen.

    Comment by Shual — 19.07, 2013 @ 03:01

  7. @ Shual
    Danke für die Klarstellung und viel Erfolg!

    Comment by Chris — 19.07, 2013 @ 10:41

  8. mit großem Interesse, aber auch großer Ernüchterung habe ich Ihre Seite gelesen. Wir haben ebenfalls eine Abmahnung aus dem Hause Frommer erhalten und die Forderung beläuft sich auch auf ca. 1000 €. Zwei Wochen vorher haben wir eine Abmahnung aus einer Kanzlei aus Kiel erhalten. Hier wird uns vorgeworfen den „Social Eye Player“ geuploadet zu haben. In beiden Fällen haben wir die Straftat nicht begangen und einen RA konsultiert. Wir waren noch zuversichtlich. Nun aber bekommen wir einfach nur noch Angst, da es aussichtslos erscheint hier Recht zu bekommen. Außerdem müssen wir feststellen dass unser RA nicht so viel „Biss“ hat. Wir haben einfach Angst dass jetzt wöchentlich so ein Schreiben ins Haus flattert. Ich hoffe es gibt noch weitere RA wie Sie es sind. Mit freundlichen Grüßen D.

    Comment by Gold Price — 23.07, 2013 @ 21:46

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