Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.12.10

BGH: Unzulässige Fotos von Schlössern und Gärten

Der Bundesgerichtshof hat mit drei Urteilen vom 17. Dezember 2010  (Az.: V ZR 44/10, 45/10 und 46/10) entschieden, dass die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die ungenehmigte Herstellung und Verwertung von Foto- und Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Gebäude und Gartenanlagen zu gewerblichen Zwecken untersagen darf, wenn sie Eigentümerin  ist und die Aufnahmen von ihren Grundstücken aus hergestellt worden sind.

Entschieden hat bedauerlicher Weise der für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat und nicht der für das Urheberrecht zuständige I. Senat.

Der BGH hat zwei der drei Urteile des OLG Brandenburg aufgehoben. In einem Fall wurde zurückverwiesen und in einem anderen Fall der Klage stattgegeben. In dem dritten Fall ist die Klage abgewiesen worden.

In dem Verfahren, das zurückverwiesen wurde, war nicht klar, ob die Fotos vom Grundstück der Stiftung aus gemacht wurden, was das Berufungsgericht nunmehr klären muss.

In dem dritten Verfahren (Az.: V ZR 44/10) lag die Besonderheit darin, dass die Beklagte selbst keine Foto- oder Filmaufnahmen von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin angefertigt hatte, sondern nur einen virtuellen Marktplatz zur eigenständigen Verwertung durch die Fotografen und Fotoagenturen bereitstellt. Der Betreiber eines virtuellen Marktplatzes muss die dort angebotenen Fotos nur überprüfen, wenn er eine Verletzung von Immaterialgüterrechten und Eigentumsrechten oder andere Rechtsverletzungen erkennen kann. Daran fehlt es hier aber, weil den Bildern von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin nicht anzusehen ist, ob sie ohne Genehmigung aufgenommen wurden oder nicht.

Die Entscheidungen halte ich insgesamt für falsch, weil ihnen eine unzutreffende Auslegung der Vorschrift des § 59 UrhG zugrunde liegt. Es kann nicht allein darauf ankommen, wer Eigentümer eines Grundstücks ist, weil das Gesetz nur darauf abstellt, ob eine Lage an einem öffentlichen Weg oder Platz gegeben ist. Maßgeblich ist mithin die Widmung für die Allgemeinheit und nicht die Frage der Eigentumsverhältnisse.

posted by Stadler at 16:01  

17.12.10

Hape Kerkeling und das Urheberrecht

Schon seit einigen Tagen wird im Netz darüber diskutiert, dass Hape Kerkeling für ein neues Album einen Songtext der großartigen Kölner Band Erdmöbel 1:1 kopiert hat. Es handelt sich um eine deutsche Version des Hits „Last Christmas“, wobei der Text von Erdmöbel von einem enormen Sprachwitz geprägt ist und fraglos ein eigenständiges Werk darstellt.

Christian Geller, der Texter von Hape Kerkeling, der für die Urheberrechtsverletzung offenbar verantwortlich ist, rechtfertigt sich in einem Kommentar bei Amazon nunmehr mit folgender Aussage:

Es handelt sich bei unserer Version um eine 1 zu 1 Coverversion, die sich mit keinem Wort von der Version von Erdmöbel unterscheidet. Rechtlich ist es dann so, dass man keine Anfrage stellen muss, da es sich um allgemeines Kulturgut handelt. Hier wurde also NICHT geklaut!

Mir fällt es schwer, derartigen Unfug auch noch zu kommentieren. Natürlich ist die Veröffentlichung einer 1:1 Kopie eines urheberrechtlich geschützten Songtexts eine Urheberrechtsverletzung, wenn man sich nicht vorher entsprechende Nutzungsrechte hat einräumen lassen.

Bleibt zu hoffen, dass die Band Erdmöbel den guten Hape zur Kasse bitten und ihre Schadensersatzansprüche auch geltend machen wird. Zumal Hape Kerkeling heute Abend auf RTL in der Sendung „Hapes zauberhafte Weihnachten“ u.a. diesen Song präsentieren wird. Süßer die Kassen nie klingeln, lieber Hape.

posted by Stadler at 10:14  

16.12.10

Der einzige Kandidat

Der Posten des Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM), der bisher von Wolf-Dieter Ring bekleidet wurde, wird neu besetzt. Einziger Kandidat ist Siegfried Schneider, derzeit Chef der Bayerischen Staatskanzlei und ein getreuter CSU-Parteisoldat. Ungeachtet dessen, ist Siegfried Schneider, der in Bayern auch schon Kultusminister war, bislang nicht unbedingt als Medienpolitiker in Erscheinung getreten.

Der sog. Medienrat, der den Präsidenten wählt, hat nach dem Gesetz die Interessen der Allgemeinheit zu wahren und für Ausgewogenheit zu sorgen.

Jetzt könnte man schon auf die Idee kommen, dass es im Interesse der Allgemeinheit wäre, einen anerkannten Experten für dieses Amt vorzuschlagen, der nicht unbedingt unmittelbar aus der Staatsregierung auf den Präsidentensessel wechselt. Weit gefehlt! Die Mehrheit der Medienräte unterstützt die Kandidatur Schneiders. Nach sachlichen Kriterien dafür wird man lange suchen. Der Medienrat besteht übrigens aus Vertretern der gesellschaftlich relevanten Gruppen, wie es so schön heißt. Und das sind Gewerkschaften, Kirchen und verschiedene Verbände. Man darf gespannt sein, wie lange hier die alten verfilzten Strukturen noch Bestand haben. Vermutlich noch eine ganze Weile, so wie es aussieht.

Die Entscheidung hat durchaus auch über Bayern hinaus Bedeutung, denn der jetzige Präsident der BLM ist auch Vorsitzender der sog. Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die wiederum für die Einhaltung des JMStV zuständig ist. Da auch die KJM-Stabsstelle in München angesiedelt ist, dürfte Schneider wohl auch dieses Amt erben.

posted by Stadler at 17:53  

15.12.10

Was passiert, wenn NRW den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag tatsächlich ablehnt?

Es sieht mittlwerweile ganz danach aus, als würde der Landtag von Nordrhein-Westfalen die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ablehnen, nachdem nunmehr alle im Landtag vertretenen Parteien ihre Zustimmung verweigern wollen. Das halte ich zunächst für eine mittlere politische Sensation und einen Beleg dafür, dass sich mittlerweile aus der Netzgemeinde heraus wirklich etwas bewegen lässt. Speziell der AK Zensur hat damit eindrucksvoll demonstriert, dass es möglich ist, den Lobbyisten Paroli zu bieten und Einfluss auf den politischen Prozess zu nehmen. Natürlich freue ich mich als einer der Mitunterzeichner eines offenen Briefs an die SPD-Fraktion über diesen Erfolg und sehe dies auch als Bestätigung meiner These, dass sich die politischen Spielregeln gerade spürbar verändern.

Wie geht es allerdings weiter, sollte der Landtag von Nordrhein-Westfalen den JMStV morgen tatsächlich ablehnen? Ein Staatsvertrag hat den Charakter eines Landesgesetzes, der in allen Bundesländern gilt, weil alle 16 Landesparlamente diesem Staatsvertrag zugestimmt haben. Stimmt ein Landtag nicht zu, kann der Staatsvertrag nicht in Kraft treten.

Im Falle des JMStV bedeutet das aber, dass die bisherige Fassung des JMStV weiterhin gilt und über die Neufassung neu verhandelt werden muss. Das Ergebnis dieser Neuverhandlungen muss also nicht zwingend einen Fortschritt beinhalten.

Bereits die geltende Fassung des JMStV muss man als verfehlt betrachten. In einem älteren Beitrag hatte ich deshalb schon die Forderung aufgestellt, den Jugendmedienschutz generell auf den Prüfstand zu stellen.

Insgesamt plädiere ich dafür, eine etwas entspanntere Haltung zu dem Thema einzunehmen. Man muss zunächst sehen, dass bereits das Strafrecht Jugendschutz in erheblichem Umfang bewirkt, weil die Verbreitung und Zugänglichmachung von pornografischen, gewaltverherrlichenden und volksverhetzenden Inhalten, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen, bereits nach dem StGB verboten ist. Es ist m.E. ausreichend, den Jugendmedienschutz auf diese Verbote zu beschränken.

Es mag zwar weiterhin so sein, dass man bestimmte Inhalte, die die Grenzen zur Strafbarkeit nicht erreichen, dennnoch als für Kinder ungeeignet betrachtet. Hier sind aber vor allen Dingen die Eltern gefragt. Speziell im Bereich der Pornografie und der Gewaltdarstellung ist der deutsche Jugendmedienschutz ohnehin machtlos gegenüber den allermeisten Angeboten, die formal aus dem Ausland kommen. Zumal die Konzepte des JMStV auch in technischer Hinsicht nicht funktionieren.

Auch die Politik sollte sich deshalb stärker mit den tatsächlichen Gegebenheiten beschäftigen und auf Medienerziehung setzen, anstatt auf formelle Verbote, die faktisch ohnehin  leer laufen und allenfalls geeignet sind, inländische Anbieter von nicht einschlägigem Content mit überflüssigen Pflichten zu belasten.

posted by Stadler at 14:29  

14.12.10

Kippt jetzt die CDU den JMStV? (Update)

Im Streit um die Frage ob der Nordrhein-Westfälische Landtag dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zustimmen soll, ereignen sich merkwürdige Dinge. Die Junge Union hat zusammen mit den Jusos und den Jungen Liberalen in einer gemeinsamen Erklärung den Landtag aufgefordert die Novellierung abzulehnen, was erstaunlich genug ist.

Aber am Abend kam dann die Meldung, die das noch toppte. Die Lantagsfraktion der CDU habe sich, so berichtet der WDR, einstimmig dazu entschlossen, die Neufassung des JMStV abzulehnen. Und dies, während sich SPD und Grüne immer noch unschlüssig hin und her winden.

Das ist nun eine Wendung, mit der niemand gerechnet hat, zumal SPD und Grüne bekanntlich keine Mehrheit im Landtag von NRW haben.

Update vom 15.12.2010:
SPD und Grüne scheinen auf die jüngsten Ereignisse zu reagieren und wollen den JMStV im Landtag nunmehr angeblich ebenfalls ablehnen. Für den 15.12.2010, 11 Uhr haben die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen eine gemeinsame Pressekonferenz anberaumt, auf der genau das (angeblich) bekannt gegeben werden soll.

posted by Stadler at 20:40  

14.12.10

BGH: Keine vorzeitige Kündigung eines DSL-Vertrags

Der amtliche Leitsatz des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 11.11.2010 (Az.: III ZR 57/10) bringt das wesentliche Ergebnis der Entscheidung bereits auf den Punkt:

Der Inhaber eines DSL-Anschlusses hat kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen.

Der BGH führt zunächst aus, dass er dazu neigt, den Vertrag mit dem Zugangsprovider als Dienstvertrag zu qualifizieren, worauf es aber für die Entscheidung nicht ankam.

Wesentlich ist, dass der BGH einen Umzug nicht als wichtigen Grund i.S.v. § 626 oder 314 BGB ansieht, der eine außerordentliche Kündigung des DSL-Vertrags rechtfertigt. Der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, geht damit auch grundsätzlich das Risiko ein,  dass er die Leistung aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen kann. Dementsprechend stellt ein Umzug, aus familiären oder beruflichen Gründen, nach Ansicht des BGH, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.

posted by Stadler at 09:56  

13.12.10

Neues Urteil des Landgerichts Köln zum Filesharing

Mit Urteil vom 24.11.2010 (Az.: 28 O 202/10) hat das Landgericht Köln (erneut) entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses als Störer auf Erstattung von Anwaltskosten – die im konkreten Fall immerhin mehr als EUR 3.500,- betrugen – auch dann haftet, wenn die Rechtsverletzung (Filesharing) von dem Sohn seiner Ehefrau begangen worden war.

Auch nach der durchaus fragwürdigen Entscheidung des BGH „Sommer unseres Lebens“ kann man Zweifel daran haben, ob diese Rechtsprechung des Landgerichts Köln der Störerdogmatik des BGH entspricht. Denn die Frage, ob ein Anschlussinhaber tatsächlich als Störer für Rechtsverletzungen von Familienmitgliedern oder anderen Mitbewohnern haftet, hat der BGH bislang nicht entschieden. Man kann dies m.E. weiterhin mit guten Gründen verneinen.

Denn eine Haftung als mittelbarer Störer setzt einerseits voraus, dass die Möglichkeit bestanden hat, die Rechtsverletzung zu verhindern und zum anderen, dass zumutbare Prüfpflichten verletzt worden sind. Es ist also die Frage zu stellen, welche Möglichkeiten der Anschlussinhaber hat, um Rechtsverletzungen von Familienmitgliedern zu verhindern und welche Maßnahmen ihm insoweit zumutbar sind. Das Landgericht Köln spricht nur pauschal von Prüf- und Handlungspflichten, legt aber nicht weiter dar, was der Beklagte konkret hätte unernehmen können und müssen, um den Rechtsverstoß zu verhindern.

Da sich das Nutzungsverhalten gerade von Familienmitgliedern nicht effektiv überwachen und kontrollieren lässt, wäre die einzige denkbare Alternative die, jede Mitbenutzung des Internetanschlusses durch die Angehörigen zu verbieten. Das würde allerdings dann bedeuten, dass die landauf und landab praktizierte Mitbenutzung desselben Anschlusses durch alle Familienmitglieder vom Anschlussinhaber zur Vermeidung von Haftungsrisiken unterbunden werden müsste.

Während man dem Betreiber eines W-LAN-Routers vielleicht noch zumuten mag, seinen Router ausreichend zu verschlüsseln, um eine unbefugte Nutzung zu unterbinden, ist die Kontrolle einer an sich befugten Nutzung weder möglich noch zumutbar.

Es wäre durchaus interessant, diese Fallkonstellation vor den BGH zu bringen, um zu sehen, ob der I. Senat auch in diesem Fall eine Störerhaftung des Anschlussinhabers bejahen würde.

posted by Stadler at 16:57  

13.12.10

IGEL: Gegen ein Leistungsschutzrecht

Die Verlagslobbyisten propagieren seit mehr als einem Jahr ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse. Hierbei geht es einmal mehr um die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit Hilfe des Gesetzgebers und trotz anderslautender Behauptungen der Lobbyisten um eine Geräteabgabe auf Presseerzeugnisse.

Weil dieser Ansatz aus verschiedenen Gründen falsch und gefährlich ist, hat sich eine  Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL) gegründet, die von Rechtsanwalt Till Kreutzer ins Leben gerufen wurde.

Bei der Umsetzung und in der Redaktion wird Kreutzer von Philipp Otto und John Weitzmann unterstützt. Das Portal IGEL, das unter „leistungsschutzrecht.info“ abrufbar ist, dient in erster Linie als Informationsplattform um den Sachstand aufzuarbeiten, bestehende Argumente zusammenzufassen und neue zu liefern, warum dieses Leistungsschutzrecht aus politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtsdogmatischen Gründen nicht zu halten sein wird, auch wenn die Presseverlage es sich wünschen.

Zusammen mit derzeit ca. 25 Unternehmen, Organisationen und Bloggern unterstütze ich IGEL, weil ich der Ansicht bin, dass ein Gegenpol zu einer Verlagslobby geschaffen werden muss, die ihre Machtposition dazu nutzt, den Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen so darzustellen, als würde es um den Schutz von Pressevielfalt und Pressefreiheit gehen. Das exakte Gegenteil ist allerdings der Fall. Die Forderung der Verlage gefährdet die Informations- und Meinungsfreiheit, weil sie auf ein Schutzrecht für die Sprache selbst hinausläuft und damit eine Monopolisierung der Sprache droht. Das ist übrigens der Grund dafür, dass auch die äußerst rechteinhaberfreundliche Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, e.V. (GRUR) diese Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse kritisiert.

Nach dem Gesetzesentwurf der Verlage soll jeder Nutzer eines gewerblich genutzten Computers eine Geräteabgabe leisten. Die Forderung beinhaltet also nichts weniger als eine allgemeine Zwangsgebühr für Presseerzeugnisse, eine gebührenfinanzierte Presse. Es soll letztlich eine Art GEZ für Verlage geschaffen werden, die die Wirtschaft mit einer Zwangsabgabe auf Computer belastet.

Dieses neue Geschäftsmodell führt unweigerlich zu massiven Eingriffen in die Rechte Dritter und stellt eine gesetzliche Quersubventionierung zu Lasten aller dar, erläutert der Initiator Till Kreutzer.

Es wäre schön, wenn möglichst viele Bürger und Unternehmer die Initiative „IGEL“ unterstützen.

posted by Stadler at 08:00  

12.12.10

JMStV: Alterskennzeichnung funktioniert offenbar auch technisch nicht

Die in der Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags vorgesehene Alterskennzeichung für Internetinhalte scheint offenbar auch in technischer Hinsicht nicht zu funktionieren. Die Alterskennzeichnung lässt sich auf sehr einfache Art und Weise umgehen, wie Alvar Freude in seinem Blog erläutert.

Das Konzept des JMStV ist also nicht nur in juristischer, sondern auch in technischer Hinsicht unausgegoren. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass die identische Übernahme von Instrumentarien aus dem Jugendschutzgesetz im Netz schlicht nicht funktioniert.

Das deckt sich mit den Ausführungen des Informatikers Prof. Johannnes Federrath in der Ausschussanhörung im  Landtag von Nordrhein-Westfalen am 04.11.2010. Federrath machte dort deutlich, dass der JMStV aus technischer Sicht keine tragfähige Grundlage für den Jugendmedienschutz darstellt. Aber auf Sachverständige geben deutsche (Jugendschutz-)Politiker bekanntlich nicht viel.

posted by Stadler at 21:32  

11.12.10

Sind DDoS-Attacken strafbar?

Eine neue Form des Payback-Systems haben Wikileaks-Unterstützer in den letzten Tagen praktiziert. Mittels sog. (Distributed) Denial Of Service Attacken hatte ein vermutlich loser und spontaner Verbund von Aktivisten, die sich „Anonymous“ nennen, die Webserver von Unternehmen wie VISA, Mastercard, PayPal oder Moneybookers lahmgelegt bzw. dies versucht. Diese Unternehmen haben ihre Geschäftsbeziehung zu Wikileaks fristlos beendet, offenbar mit dem Ziel, die Zahlungsströme zu Wikileaks zu blockieren. Dass dies auf unmittelbaren oder mittelbaren Druck der US-Regierung geschehen ist, liegt nahe.

Ich bin in den letzten Tagen in diesem Zusammenhang immer wieder gefragt worden, ob solche DDoS-Attacken denn strafbar sind. Bis vor einigen Jahren war diese Frage äußerst umstritten. Das OLG Frankfurt hat dann im Jahre 2006 entschieden, dass der öffentliche Aufruf dazu, zu einem bestimmten Zeitpunkt auf die Website der Lufthansa zuzugreifen, mit dem Ziel den Server lahmzulegen, keine Straftat darstellt.

Ob das auch für DDoS-Angriffe gilt, die softwaregestützt ablaufen, hatte das OLG Frankfurt allerdings nicht zu entscheiden. Außerdem wurde kurze Zeit später das Computerstrafrecht verschärft. Die 2007 in Kraft getretene Vorschrift des § 303 b Abs. 1 Nr. 2 StGB stellt mittlerweile auch das bloße Eingeben oder Übermitteln von Daten in Nachteilszufügungsabsicht unter Strafe. Damit sollte nach der Gesetzesbegründung ganz ausdrücklich die Strafbarkeit von DDoS-Attacken begründet werden. Allerdings ist hier nach wie vor umstritten, ob davon auch die manuelle Dateneingabe erfasst wird, zumal sich in den Fällen des „Online-Protests“ immer auch die Frage nach Art. 5 GG stellt. Die Vorschrift ist auch deshalb kritisiert worden, weil der Wortlaut eine enorme Ausdehnung der Strafbarkeit auf möglicherweise sozial-adäquate Verhaltensweisen ermöglicht. Da die Norm eine Umsetzung von Art. 5 der Cybercrime-Convention darstellt, existiert in anderen EU-Staaten eine vergleichbare gesetzliche Regelung.

posted by Stadler at 18:27  
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