Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

7.5.10

Wie sich die Verlage das mit dem Leistungsschutzrecht vorstellen

Seit einiger Zeit steht die Forderung von Verlagen im Raum, ein neues gesetzliches Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse zu schaffen. Hintergrund ist der, dass sich die Verlage, mit Hilfe des Gesetzegbers, neue Einnahmequellen erschließen wollen, nachdem das traditionelle Zeitungsgeschäft rückläufig ist und man es bisher nicht verstanden hat, über das Internet nennenswerte Umsätze zu erzielen.

Nachdem bislang über die konkrete Ausgestaltung eines solchen Leistungsschutzrechts spekuliert wurde, hat iRights.info jetzt einen Gesetzesentwurf der Verlage veröffentlicht, dem gleichzeitig (geringfügige) Änderungen der Gewerkschaften DJV und ver.di gegenübergestellt sind.

Die in wirtschaftlicher Hinsicht zentrale Vorschrift findet sich ganz am Ende des Entwurfs, nämlich in § 87g Abs. 3 UrhG-E. Dort heißt es:

Werden Geräte, die allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme von Vervielfältigungen geeignet sind, zum Zwecke der gewerblichen Nutzung betrieben, wird vermutet, dass diese zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken im Sinne von Absatz 1 benutzt werden.

Wer also zu gewerblichen Zwecken Computer – auch (Web-)Server -, Kopierer und Multifunktionsgeräte nutzt, von dem wird gesetzlich vermutet, dass er Vervielfältigungsstücke von Presseerzeugnissen herstellt. Und wegen dieser gesetzlichen Vermutung muss dieser Nutzer/Unternehmer deshalb an eine Verwertungsgesellschaft der Verlage bezahlen. Es handelt sich also um eine Geräteabgabe auf Presseerzeugnisse.

Es muss insoweit allerdings die Frage gestellt werden, weshalb die gewerbliche Nutzung von PC’s, zum Beispiel im gewöhnlichen Bürobetrieb, dafür sprechen sollte, dass in diesem Rahmen Presseerzeugnisse hergestellt werden. Das ist zumindest für den Großteil der Büros nicht naheliegend, sondern vielmehr abwegig.

Der Entwurf dieses Leistungsschutzrechts ist darüber hinaus aber nicht geeignet, Dienste wie Google News auszubremsen. Hier teile ich die Ansicht der Kollegen von iRights.info nicht. Denn Google vervielfältigt und verbreitet keine Presseerzeugnisse und gibt diese im urheberrechtlichen Sinne auch nicht öffentlich wieder, zumindest wenn man der Auslegung des Bundesgerichtshofs aus der Paperboy-Entscheidung folgt. Weder Dienste wie Google News noch Links auf Presseartikel wären deshalb von diesem Leistungsschutzrecht betroffen. Letztlich handelt es sich um eine schnöde Geräteabgabe zu Lasten von Unternehmen, der es allerdings wegen des fehlenden Zusammenhangs von Presseerzeugnissen und gewerblicher Computernutzung an jedweder sachlichen Grundlage mangelt. Aber das hat die Lobbyisten ja noch nie gestört.

posted by Stadler at 14:10  

8 Comments

  1. Sie besitzen einen Kugelschreiber? Dann können Sie auch Schecks fälschen.

    Außerdem: Leistungsschutzrecht für Blogger! Sofort.

    Comment by vera — 7.05, 2010 @ 14:32

  2. Hallo Herr Stadler,

    das Leistungsschutzrecht ist gerade dazu gedacht, die Paperboy-Entscheidung (die ja nur auf dem Urheberrecht basierte) auszuhebeln. Durch den Schutz auch kleinster Teile der Presseerzeugnisse werden Suchmaschinen und sonstige Internet-Dienste zum Nutzer gemacht. Denn Google hostet die Snippets im News-Dienst und der Suchmaschine selbst und wäre damit Nutzer im Sinne des Gesetzesentwurfs.

    Grüße
    Till Kreutzer

    Comment by Till Kreutzer — 7.05, 2010 @ 14:59

  3. Lächerlich, das Ganze.

    Liebe Verlage, ihr seid frei, euren Content nicht ins Internet zu stellen. Oder verschließt ihn hinter dicken Bezahlcontent-Türen. Dann hat keiner ein Problem!

    Viel Spaß weiter in Gutenbergs Universum!

    Comment by Matthes — 7.05, 2010 @ 15:40

  4. Man sollte nicht vergessen, dass seit 2008 die Wörter gewerblich (Novellierung UrhG) und geschäftliche Handlung (Novellierung UWG) sehr weit ausgelegt werden. Es kann also viele treffen.

    Comment by Wolfgang Michal — 7.05, 2010 @ 15:51

  5. Hallo Herr Kreuzer,
    die Paperboy-Entscheidung beschäftigt sich ja auch mit einem Leistungsschutzrecht, nämlich das des Datenbankherstellers, an das sich die Verlage schon von ihrer Formulierung her anlehnen.

    Dass der Entwurf möglicherweise auf darauf abzielt, die Paperboy-Entscheidung auszuhebeln, mag sein. Ob ihm das gelingt, ist aber noch eine andere Frage.

    Comment by admin — 7.05, 2010 @ 15:54

  6. @admin: Also m.E. ist der Verlagsentwurf in keiner Weise mit dem Datenbankschutzrecht vergleichbar. Auch und gerade weil er sich eben nicht darauf beschränkt, nur in der Übernahme von wesentlichen Teilen des Presseerzeugnisses Nutzungshandlungen zu sehen, sondern in der Vervielfältigung von jeglichem Teil. Das ist eine ganz andere Dimension, nur so wird gewährleistet, dass die Nutzung von Snippets vergütungs- und zustimmungspflichtig wird. Es lehnt sich eindeutig eher an das Konstrukt des Tonträgerherstellerrechts an und was das bedeutet, haben wir ja in der BGH-Entscheidung Metall auf Metall schmerzlich erfahren müssen.

    Comment by Till Kreutzer — 7.05, 2010 @ 19:11

  7. Der Vergleich zum Datenbankrecht hinkt insoweit, und da haben Sie völlig Recht, als auf den Aspekt der Entnahme von wesentlichen Teilen bzw. der systematischen Entnahme von unwesentlichen Teilen hier verzichtet wird. Und das stellt möglicherweise in der Tat den Versuch dar, auch Dienste wie Google News abzudecken. Aber die Frage ist, ob das mit diesem Wortlaut gelingen kann und ich meine nein. Denn was vervielfältigt Google denn? Der Link als solcher ist keine relevante Nutzungshandlung. Also der Umstand, dass man die ersten zwei Sätze des Textes wiedergibt? Sofern man das als Wiedergabe von Teilen eines Presseerzeugnisses betrachten möchte, verbleibt immer noch das Argument aus 242 BGB. Wer seine Inhalte offen ins Netz stellt nimmt diese Form der Indexierung hin. Vielleicht bietet hier auch der Volltext der Entscheidung zu den Google Thumbnails weiteres Argumentationsmaterial.

    Vielleicht muss man jetzt als Gegenmodell auch den Gesetzgeber auffordern, die Suchmaschinen gesetzlich zu schützen. ;-)

    Comment by admin — 7.05, 2010 @ 21:29

  8. hmm, man sollte dieses „Leistungsschutzrecht“ wirklich nutzen und ausdehnen.

    Denke da an Schutzrechte für Arbeitnehmer, Sparer uvm.

    Comment by Christian — 8.05, 2010 @ 14:42

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