Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20. Januar 2011 (Az.: I ZR 19/09 – Destructive Emotions) entschieden, dass der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, der für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar vereinbart hat, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen ist. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung beginnt erst ab einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises.
Dieser Anspruch des Übersetzer stützt sich auf die Vorschrift des § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG. Danach kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, wenn die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.
posted by Stadler at 09:18
Der BGH hat mit Urteil vom 07.12.2010 (Az.: VI ZR 34/09) entschieden, dass ein kommerzielles Bildarchiv, das der Presse gegen Entgelt u.a. Fotos von Personen zur Verfügung stellt, nicht wegen einer anschließenden Veröffentlichung dieser Bildnisse in Haftung genommen werden kann. Der Bundesgerichtshof betont in seiner Entscheidung die Wirkung der Pressefreiheit und führt in den Urteilsgründen u.a. aus:
Eine Verpflichtung des Betreibers eines Bildarchivs, ausnahmslos oder doch regelmäßig vor Herausgabe von angefordertem Bildmaterial zu prüfen, für welche Zwecke dieses verwendet werden soll, besteht aufgrund der Störerhaftung nicht. Eine derart umfangreiche Obliegenheit würde die Betreiber von Archiven in technischer, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht überfordern und das Betreiben von umfangreichen Text- und Bildarchiven letztlich wegen der sich aus der Überwachungspflicht ergebenden Haftungsrisiken in unzumutbarer Weise erschweren. Ein solcher Eingriff in die Pressefreiheit ist auch im Bereich der Störerhaftung aus den vorstehend erörterten Gründen nicht zu rechtfertigen.
posted by Stadler at 12:44
Die zwei Urteile des BGH vom 01.12.2010 „Perlentaucher“ (I ZR 10/08 und I ZR 13/08) sind seit einigen Tagen im Volltext online. Die Perlen nach denen das Onlinemagazin taucht, sind Artikel aus den Feuilletons großer Zeitungen, die kurz zusammengefasst und anschließend auch, z.B. wenn es sich um Rezensionen handelt, an Anbieter wie Amazon weiter lizenziert werden. Hiergegen hatten die FAZ und die SZ geklagt, weil sie ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Texten verletzt sahen.
Der Bundesgerichtshof hat eine in der Sache zu erwartende Entscheidung getroffen, die auch für Blogger, die gerne Zeitungsartikel zusammenfassen, von Bedeutung ist.
Eine Zusammenfassung eines fremden, urheberrechtlich geschützten Texts stellt nach der Entscheidung des BGH regelmäßig eine zulässige, freie Benutzung des Ausgangswerks nach § 24 UrhG dar. Diese Betrachtung kann sich aber dann ändern, wenn Passagen des Werkes wörtlich übernommen werden, weil es sich dann um eine abhängige Bearbeitung (§ 23 UrhG) handeln kann, die der Zustimmung des Urhebers bedarf.
Der BGH erläutert anschließend, nach welchen Kriterien er die zulässige freie Benutzung von der zustimmungspflichtigen abhängigen Bearbeitung eines fremden Werks abgrenzt. Hierbei geht der BGH ganz allgemein davon aus, dass es entscheidend auf den Abstand ankommt, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes einhält. Maßgeblich ist, ob die Zusammenfassung trotz Übereinstimmungen in der Gesamtschau einen so großen äußeren Abstand zum Schriftwerk einhält, dass sie als ein selbständiges neues Werk anzusehen ist.
Der BGH macht hierbei deutlich, dass die bloße Kürzung eines Originaltextes bei gleichzeitiger Übernahme besonders aussagekräftiger und markanter Textpassagen nicht als eine erhebliche eigenschöpferischer Leistung zu betrachten ist, womit im Ergebnis eher eine (unzulässige) abhängige Bearbeitung vorliegt.
Der BGH prüft anschließend auch noch wettbewerbsrechtliche Ansprüche und verneint zunächst Ansprüche nach §§ 3, 4 Nr. 9 UWG, hält allerdings Ansprüche wegen gezielter Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) für denkbar und hat den Rechtsstreit insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Onlinemagazin Perlentaucher wird in dem Rechtsstreit bzgl. einiger Abstracts, die sehr nah an der Originalrezension bleiben, wohl unterliegen.
posted by Stadler at 12:19
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Der Bundesgerichtshof hat mit drei Urteilen vom 17. Dezember 2010 (Az.: V ZR 44/10, 45/10 und 46/10) entschieden, dass die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die ungenehmigte Herstellung und Verwertung von Foto- und Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Gebäude und Gartenanlagen zu gewerblichen Zwecken untersagen darf, wenn sie Eigentümerin ist und die Aufnahmen von ihren Grundstücken aus hergestellt worden sind.
Entschieden hat bedauerlicher Weise der für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat und nicht der für das Urheberrecht zuständige I. Senat.
Der BGH hat zwei der drei Urteile des OLG Brandenburg aufgehoben. In einem Fall wurde zurückverwiesen und in einem anderen Fall der Klage stattgegeben. In dem dritten Fall ist die Klage abgewiesen worden.
In dem Verfahren, das zurückverwiesen wurde, war nicht klar, ob die Fotos vom Grundstück der Stiftung aus gemacht wurden, was das Berufungsgericht nunmehr klären muss.
In dem dritten Verfahren (Az.: V ZR 44/10) lag die Besonderheit darin, dass die Beklagte selbst keine Foto- oder Filmaufnahmen von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin angefertigt hatte, sondern nur einen virtuellen Marktplatz zur eigenständigen Verwertung durch die Fotografen und Fotoagenturen bereitstellt. Der Betreiber eines virtuellen Marktplatzes muss die dort angebotenen Fotos nur überprüfen, wenn er eine Verletzung von Immaterialgüterrechten und Eigentumsrechten oder andere Rechtsverletzungen erkennen kann. Daran fehlt es hier aber, weil den Bildern von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin nicht anzusehen ist, ob sie ohne Genehmigung aufgenommen wurden oder nicht.
Die Entscheidungen halte ich insgesamt für falsch, weil ihnen eine unzutreffende Auslegung der Vorschrift des § 59 UrhG zugrunde liegt. Es kann nicht allein darauf ankommen, wer Eigentümer eines Grundstücks ist, weil das Gesetz nur darauf abstellt, ob eine Lage an einem öffentlichen Weg oder Platz gegeben ist. Maßgeblich ist mithin die Widmung für die Allgemeinheit und nicht die Frage der Eigentumsverhältnisse.
posted by Stadler at 16:01
In einem äußerst lesenswerten Beitrag erinnert Rechtsanwalt Malte Dedden daran, dass das vieldiskutierte Urteil des BGH zur Haftung eines Anschlussinhabers für ein nicht ausreichend gesichertes W-LAN den Rechtsstreit nicht abschließend entschieden, sondern die Sache an das OLG Frankfurt zurückverwiesen hat.
Dass die Entscheidung des BGH nicht nur in rechtlicher Hinsicht zweifelhaft ist, sondern auch von falschen tatsächlichen Annahmen ausgeht, habe ich in einem älteren Beitrag bereits ausführlich dargelegt.
Der Kollege Dedden nimmt das Urteil des BGH nochmals auseinander und verleiht der Hoffnung Ausdruck, dass das OLG Frankfurt die vom BGH ignorierten Fakten berücksichtigen wird, selbst wenn es die (verfehlten) rechtlichen Vorgaben des BGH nicht korrigieren kann.
posted by Stadler at 13:31
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Aufstellung von roten Briefkästen durch ein Konkurrenzunternehmen der Post unter dem Aspekt der Irreführung wettbewerbswidrig ist, weil bei den (potentiellen) Kunden der irrige Eindruck entstehen kann, es würde sich um Briefkästen der Post handeln.
Das OLG Nürnberg hatte tatsächlich einen Wettbewerbsverstoß angenommen. Diese Entscheidung hat der BGH mit Urteil vom 12.05.2010 (Az.: I ZR 214/07), das jetzt im Volltext veröffentlicht wurde, aufgehoben und die Klage der Post abgewiesen.
Der amtliche Leitsatz des BGH lautet:
Fehlvorstellungen, die darauf beruhen, dass der Verkehr noch nicht daran gewöhnt ist, dass eine Dienstleistung außer von dem früheren Monopolunternehmen auch von Wettbewerbern angeboten wird, begründen keine relevante Irreführung i.S. des § 5 UWG.
posted by Stadler at 16:20
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 1. Dezember 2010 (Az.: I ZR 12/08 und I ZR 13/08) über die die Frage von Urheberrechtsverletzungen durch Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln (“Abstracts”) entschieden und die Verfahren an das OLG Frankfurt zurückverwiesen.
Das Onlinekulturmagazin Perlentaucher bietet Zusammenfassungen von Feuilletonartikeln verschiedener Zeitungen an. Solche “Abstracts” lizenziert der Perlentaucher gegen Entgelt auch an Amazon und buecher.de, soweit sie Literaturkritiken zum Gegenstand haben. Hiergegen klagten die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung in den Vorinstanzen erfoglos.
Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidungen aufgehoben. Das Berufungsgericht muss jetzt erneut prüfen, ob es sich bei den beanstandeten Abstracts um selbständige Werke im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG handelt. Diese Beurteilung kann – so der Bundesgerichtshof – bei den verschiedenen Abstracts zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, da sich diese Frage nicht allgemein, sondern nur aufgrund einer Würdigung des jeweiligen Einzelfalls beantworten lässt. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass in aller Regel nur die sprachliche Gestaltung und nicht der gedankliche Inhalt Urheberrechtsschutz genießt. Es ist urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassung zu verwerten. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, in welchem Ausmaß die Abstracts originelle Formulierungen der Originalrezensionen übernommen haben.
Diese Frage muss das OLG Frankfurt nunmehr klären. Nur dann, wenn besonders originelle Passagen der Ausgangsartikel übernommen worden sind, kommt eine Verletzung überhaupt in Betracht. Die Zusammenfassung in eigenen Worten ist demgegenüber immer zulässig und zwar auch dann, wenn man diese Zusammenfassung anschließend kommerziell verwertet.
posted by Stadler at 15:09
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Der BGH hat mit Urteil vom 10. Juni 2010 (Az.: I ZR 42/08) entschieden, dass die irreführende Verwendung einer eingetragenen Marke nach §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG untersagt werden kann und zwar unabhängig davon, ob die Marke bereits für sich genommen irreführend ist oder ob sich die Umstände, die die Irreführung begründen, erst aus der konkreten Verwendung der Marke ergeben.
Die Beklagte, ein Fachverlag für Sozialversicherungsrecht, gibt in Kooperation mit der AOK die Zeitschrift „Praxis Aktuell“ heraus und produziert für die Landesverbände der AOK Internetauftritte unter dem Titel „Praxis Aktuell“. Die Beklagte ist auch Inhaberin zweier Marken, die den Bestandteil „Praxis Aktuell“ enthalten, u.a. einer für ein „AOK-Unternehmer-Magazin“ eingetragenen Wort-/Bildmarke „praxis AKTUELL“.
Die Beklagte brachte zusätzlich unter der Bezeichnung „Praxis Aktuell Lohn & Gehalt“ eine Software auf den Markt. Die Klägerin hält die Übernahme des Zeitschriftentitels „Praxis Aktuell“ in die Bezeichnung der Software für irreführend, weil die Beklagte sich dadurch in unzulässiger Weise an die Bezeichnung einer öffentlich-rechtlichen Institution anlehne und damit zu Unrecht deren Autorität für ihren Produktabsatz in Anspruch nehme.
Der BGH hat die Klage unter dem Gesichtspunkt der Irreführung für begründet gehalten, weil die Beklagte mit der Verwendung der Bezeichnung „Praxis Aktuell Lohn & Gehalt“ für ihre Software bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck erweckt, es handele sich bei der Software um ein von der AOK oder in enger Zusammenarbeit mit der AOK hergestelltes Produkt.
posted by Stadler at 20:10
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Der BGH beschäftigt sich in einer ganz aktuellen Entscheidung (Urt. v. 03.11.2010, Az.: VIII ZR 337/09), deren Volltext heute im Shop-Betreiber-Blog veröffentlicht wurde, mit der Frage, wann nach einem Widerruf eines Fernabsatzgeschäfts Wertersatz für die Benutzung der Kaufsache zu leisten ist.
Der Kläger hatte ein Wasserbett über das Internet gekauft, es aufgebaut, die Matratze mit Wasser befüllt und das Bett dann drei Tage lang benutzt. Anschließend hat er den Kaufvertrag fristgerecht widerrufen.
Der Beklagte war der Ansicht, dass durch die Befüllung der Matratze mit Wasser bereits eine Verschlechterung des Wasserbetts eingetreten ist und das Wasserbett als solches nicht mehr verkauft werden kann und deshalb ein Wertverlust in voller Höhe des Kaufpreises eingetreten ist.
Nach § 357 Abs. 3 BGB hat der Verbraucher für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache Werersatz zu leisten, es sei denn, es liegt ein Fall der Erprobung vor. Der BGH legt den Begriff der Erprobung unter Berücksichtigung der Fernabsatzrichtline sehr weit aus und hält den Wasserbettenfall auch noch für eine Erprobung und verneint deshalb den Anspruch auf Wertersatz.
posted by Stadler at 23:59
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Der Bundesgerichtshof hat 2003 im sog. Paperboy-Urteil entschieden, dass die Setzung eines direkten („Deep“) Links auf eine Unterseite eines Internetangebots nicht wegen Umgehung der Startseite als Urheberrechts- und Wettbewerbsrechtsverletzung zu qualifizieren ist.
Eine ähnlicher Sachverhalt lag dem BGH nunmehr erneut zur Entscheidung (Urteil vom 29.04.2010, Az.: I ZR 39/08) vor, allerdings mit dem Unterschied, dass der Anbieter eine technische Maßnahme ergriffen hat, die bewirken sollte, dass sich jeder Nutzer zuerst auf die Startseite begeben muss, um dort eine sog. Session-ID zu erhalten, mit der er sich anschließend frei im Internetangebot bewegen kann. Der Beklagte hatte, wie es im Urteil heißt, eine programmtechnische Routine eingesetzt, die dazu führt, dass sein Hyperlink dennoch unter Umgehung der Startseite der Klägerin unmittelbar zur gewünschten Unterseite führt.
Hierin hat der BGH einen Eingriff in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Werkes (§ 19a UrhG) gesehen und zwar selbst dann, wenn diese technische Maßnahme nicht als wirksam zu betrachten ist.
Der Leitsatz des BGH hierzu:
Bedient sich ein Berechtigter einer technischen Schutzmaßnahme, um den öffentlichen Zugang zu einem geschützten Werk nur auf dem Weg über die Startseite seiner Website zu eröffnen, greift das Setzen eines Hyperlink, der unter Umgehung dieser Schutzmaßnahme einen unmittelbaren Zugriff auf das geschützte Werk ermöglicht, in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes aus § 19a UrhG ein. Bei der technischen Schutzmaßnahme muss es sich nicht um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne des § 95a UrhG handeln. Es reicht aus, dass die Schutzmaßnahme den Willen des Berechtigten erkennbar macht, den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur auf dem vorgesehenen Weg zu ermöglichen.
posted by Stadler at 15:59