Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.10.10

Das Ende der Störerhaftung im Internet?

Unter dem bewusst spekulativen Titel „Das Ende der Störerhaftung im Internet“ gehe ich in einem aktuellen Aufsatz für AnwaltZertifikatOnline der Frage nach, ob die Rechtsprechung des BGH, wonach die Haftungsprivilegierungen des TMG nicht für Unterlassungsansprüche gelten, im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH noch aufrecht erhalten bleiben kann. Der Aufsatz wird voraussichtlich nur kurze Zeit als kostenlose Leseprobe online sein.

posted by Stadler at 10:10  

28.10.10

Hartplatzhelden gewinnen Endspiel in Karlsruhe

Die Hartplatzhelden haben nach zwei Niederlagen in den Instanzen in der Frage, ob der Württembergische Fußball-Verband ihnen verbieten kann, Videos von Amateuerfußballspielen im Internet zu zeigen, das Endspiel für sich entscheiden können. Der Bundesgerichtshof hat die Urteile des Landgerichts und des OLG Stuttgart aufgehoben und die Klage des Verbandes abgewiesen. (Urteil vom 28. Oktober 2010 Az.: I ZR 60/09).

In der Pressemitteilung des BGH wird zur Begründung u.a. ausgeführt:

Der Bundesgerichtshof hat ein ausschließliches Verwertungsrecht des klagenden Verbandes verneint und die Klage dementsprechend abgewiesen. Maßgeblich dafür war, dass die Veröffentlichung der Filmausschnitte entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG unlautere Nachahmung eines geschützten Leistungsergebnisses darstellt. Die vom Kläger erbrachte Leistung der Organisation und Durchführung der Fußballspiele bedarf im Übrigen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keines solchen Schutzes. Der Kläger kann sich über die ihm angehörigen Vereine eine entsprechende wirtschaftliche Verwertung der Fußballspiele in seinem Verbandsgebiet dadurch hinreichend sichern, dass Besuchern der Fußballspiele Filmaufnahmen unter Berufung auf das Hausrecht untersagt werden. Unter diesen Umständen hat der BGH ein besonderes Ausschließlichkeitsrecht von Sportverbänden auch unter den weiteren vom Kläger herangezogenen Gesichtspunkten verneint.

posted by Stadler at 17:14  

26.10.10

BGH: Abmahnung auch ohne Vollmacht wirksam

Der BGH hat mit Urteil vom 19.05.2010 (Az.: I ZR 140/08) den alten Meinungsstreit, ob einer (wettbewerbsrechtlichen) Abmahnung eine Originalvollmacht beizulegen ist, weil sie andernfalls nach § 174 Abs. 1 BGB zurückgewiesen werden kann, entschieden. Zumindest dann, wenn die Abmahnung mit einer (vorformulierten) Unterlassungserklärung und damit dem Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags verbunden wird, kommt § 174 Abs. 1 BGB nicht zur Anwendung. Die Vorlage einer Originalvollmacht ist laut BGH in den typischen Abmahnfällen, denen regelmäßig eine Unterlassungserklärung beiliegt, also nicht geboten. Die Abmahnung kann nicht zurückgewiesen werden.

posted by Stadler at 17:10  

12.10.10

BGH: Froogle II

Der BGH hat mit Urteil vom 18.03.2010 (Az.: I ZR 16/08), das jetzt im Volltext veröffentlicht wurde, erneut zur Frage der Haftung für unrichtige Preisangaben in Preisvergleichssuchmaschinen entschieden. Nach den Urteilen „Espressomaschine“ und „Versandkosten bei Froogle“ ist „Versandkosten bei Froogle II“ bereits die dritte Entscheidung zu diesem Themenkreis innerhalb kürzester Zeit.

Der BGH bestätigt erneut, dass Versandkosten bereits bei den Angaben in der Preisvergleichssuchmaschine angegeben sein müssen. Der Werbetreibende kann sich nach Ansicht des BGH insoweit nicht darauf berufen, dass die Suchmaschine eine solche Angabe nicht vorsieht, weil es seine Entscheidung ist, sich einer solchen Suchmaschine zu bedienen oder nicht. Letztlich folgt daraus, dass der Werbetreibende schon bei der Auswahl der Preisvergleichsportale, die er mit Informationen versorgt, darauf achten muss, dass die Darstellung in der Suchmaschine auch den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Bedeutsam sind des Weiteren folgende Ausführungen des BGH:

Die Klägerin ist als Täterin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG wettbewerbsrechtlich dafür verantwortlich, dass in der Suchmaschine für die fragliche Digitalkamera ein Preis angegeben ist, der niedriger ist als der Preis, den sie – ausweislich der Angaben in ihrem eigenen Online-Shop – tatsächlich verlangt hat. Die Klägerin hat dem Betreiber der Suchmaschine den – von ihr zunächst auch tatsächlich geforderten – Kaufpreis der Digitalkamera mitgeteilt. Dieser hat den mitgeteilten Kaufpreis unverändert in die Suchmaschine eingestellt. Zu einem späteren Zeitpunkt hat die Klägerin den Kaufpreis heraufgesetzt, obwohl in der Suchmaschine noch der niedrigere Kaufpreis angezeigt war. Dies hat dazu geführt, dass der in der Suchmaschine angegebene Preis der Digitalkamera bis zur folgenden Nacht unterhalb des Preises gelegen hat, den die Klägerin tatsächlich verlangt hat.(…) Im  Übrigen hat die Klägerin sich nach  den Feststellungen des Berufungsgerichts der Suchmaschine in Kenntnis der technischen und zeitlichen Abläufe bedient. Sie wusste daher, dass der Betreiber der Suchmaschine die von den Werbenden mitgeteilten Preisänderungen nur einmal täglich, nämlich um 2 Uhr nachts, in das System übernimmt. Sie hätte eine Abweichung zwischen dem in der Suchmaschine ausgewiesenen und dem tatsächlich geforderten Preis daher beispielsweise dadurch vermeiden können, dass sie den Preis der Digitalkamera gleichfalls erst um 2 Uhr nachts erhöht.

Wer sich als Betreiber eines Onlineshops eines Presivergleichsportals bedient, muss minutiös darauf achten, dass es zu keinen Diskrepanzen zwischen den Angaben in seinem Shop und der Suchmaschine kommt.

posted by Stadler at 12:00  

12.10.10

BGH: Unerlaubte Filmverwendung durch Nachrichtensender

Der BGH hatte in einer heute im Volltext veröffentlichten Entscheidung (Urt. v. 25.03.2010; Az.: I ZR 122/08) über die unerlaubte Verwendung eines Videofilms durch einen Nachrichtensender zu befinden.

Der  Kläger hatte den tödlichen Fallschirmsprung von Jürgen Möllemann gefilmt. Diesen Videofilm hat der Nachrichtensender ohne Zustimmung des Klägers mehrfach ausgestrahlt. Hierin hat der BGH eine Verletzung der Rechte des Klägers nach § 95 UrhG (Laufbilder) gesehen.

Der BGH hat zunächst einen Auskunftsanspruch des Klägers – zur Vorbereitung der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs – über die Werbeeinnahmen des Senders am Tag der Ausstrahlung, bejaht. Den Einwand des Senders, diese Ausstrahlung sei für die Werbeeinnahmen nicht kausal gewesen, weil die Werbung von den Werbekunden bereits Wochen vorher gebucht war, hat der BGH nicht gelten lassen. Für die Beurteilung, ob die Ausstrahlung des Videofilms ursächlich für die Werbeeinnahmen geworden ist, kommt es nach Ansicht des BGH nicht darauf an, ob die Werbekunden den Inhalt der Nachrichtensendung vorhersehen konnten. Für einen ursächlichen  Zusammenhang reicht es vielmehr aus, dass die Kunden des Senders ihre Werbung im Umfeld einer Nachrichtensendung  platziert haben.  Die jeweiligen Nachrichten sind nach Auffassung des BGH dann mitursächlich für die Werbeeinnahmen.

Weitergehende Auskunftsansprüche, die sich auf längere Zeiträume bzw. auf die Vergleichsmonate der Vorjahre bezogen hatten, hat der BGH dann allerdings verneint.

posted by Stadler at 10:13  

6.10.10

Gilt die Preisbindung für Arzneimittel auch für ausländische Online-Apotheken?

Der BGH hat dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt (Beschl. v. 09.09.2010, Az.: I ZR 72/08).

Eine deutsche Apotheke hatte eine  in  den  Niederlanden  ansässige  Apotheke verklagt, die über das Internet  eine Versandapotheke betreibt und hierüber Medikamente in deutscher Sprache unter Angabe ihrer deutschen Bezeichnung anbietet. Die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfolgt gegen Einsendung des Originalrezepts.

Der  Senat  ist zwar der Ansicht, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt. Da das Bundessozialgericht aber gegenteilig entscheiden hat (BSGE 101, 161 Rn. 23 ff.), legt der BGH die Frage dem gemeinsamen Senat vor.

posted by Stadler at 11:03  

27.9.10

BGH: Domain „steuerberater-suedniedersachsen.de“ nicht berufsrechtswidrig

In einem berufsgerichtlichen Verfahren hat der BGH mit Urteil vom 01.09.2010 (Az.: StbSt (R) 2/10) entschieden, dass die Registrierung und Benutzung der Domain  „www.steuerberater-suedniedersachsen.de“ durch einen Steuerberater nicht berufsrechtswidrig ist.

Nach Ansicht des BGH berühmt sich der Steuerberater damit weder einer Sonder- bzw. Alleinstellung, noch ist die Verwendung dieser Domain irreführend im Sinne des UWG.

posted by Stadler at 10:05  

22.9.10

BVerfG nimmt „spickmich.de“ nicht zur Entscheidung an

Die Verfassungsbeschwerde einer nordrhein-westfälischen Lehrerin gegen das Urteil des BGH „spickmich.de“ ist erfolglos geblieben. Wie Telemedicus berichtet, hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde noch nicht einmal zur Entscheidung angenommen (Az.: 1 BvR 1750/09). Dies war letztlich nicht anders zu erwarten.

Der BGH hatte das Lehrerbewertungsportal „spickmich.de“ für zulässig erachtet und eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der bewerteten Lehrer verneint. Rechtsanwalt Feldmann, der den Portalbetreiber vertreten hat, hat den Beschluss des BVerfG in seinem Blog kommentiert.

posted by Stadler at 15:07  

21.9.10

BVerfG: Geräteabgabe auf Drucker und Plotter

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 30. August 2010 (Az.: 1 BvR 1631/08) eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 6. Dezember 2007 – I ZR 94/05) zur Geräteabgabe für Drucker und Plotter aufgehoben und zurückverwiesen. Der BGH hatte eine urheberrechtliche Geräteabgabe nach § 54 UrhG (a.F.) auf solche Geräte abgelehnt.

Das BVerfG sah zunächst das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, weil der BGH die Frage nicht an den EuGH vorgelegt hat.

Daneben tendiert das BVerfG aber auch dazu, dass bereits die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG verletzt ist und betont einmal mehr, dass das Urheberrecht als Eigentum im Sinne der Verfassung anzusehen ist. Wer also den Begriff des „geistigen Eigentums“ als Kampfbegriff ablehnt, muss zumindest erkennen, dass er sich damit nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts befindet. Wieder einmal eine Entscheidung zugunsten der Verwertungsgesellschaften (hier: VG Wort).

Der BGH wird also entweder an den EuGH vorlegen müssen oder seine bisherige Rechtsprechung mit Blick auf die Vorgabe des BVerfG aufgeben.

Allerdings steht wiederum eine Entscheidung des EuGH zur Geräteabgabe nach spanischem Recht an, die auch die deutsche Geräteabgabe nach § 54 UrhG in Frage stellen könnte. Die Rechtslage ist also derzeit etwas unübersichtlich.

posted by Stadler at 07:51  

16.9.10

Kritische Anmerkung zur W-LAN-Entscheidung des BGH

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Computer und Recht (CR 2010, 592) ist eine Anmerkung von Gerald Spindler zur Entscheidung des BGH „Sommer unseres Lebens“ erschienen. Spindler, einer der bedeutendsten deutschen Rechtswissenschaftler, setzt sich in seinem Aufsatz äußerst kritisch mit der Rechtsprechung des I. Zivilsenats auseinander, die eine Haftung des Betreibers eines privaten W-LAN-Routers für Urheberrechtsverletzungen bejaht.

Spindler erachtet es zunächst als zweifelhaft, dass der BGH die IP-Adresse als ausreichenden Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Rechtsverletzung des Anschlussinhabers genügen lässt. Spindler weist insoweit u.a. auf einen Widerspruch in der Entscheidung hin, die er in den Ausführungen des BGH sieht, wonach die IP-Adresse bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person eines Nutzers gibt. Nicht ganz zu Unrecht fragt Spindler, wie diese Feststellung mit der Annahme einer Vermutung einer Rechtsverletzung durch den Anschlussinhaber vereinbar sein soll.

Spindler ist ferner der Auffassung, dass der Betreiber eines privaten W-LANs, ebenso wie ein kommerzieller Access-Provider, in den Genuss der Haftungsprivilegierung des § 8 TMG kommen muss. Eine Ansicht, die ich auch immer wieder vertreten habe, z.B. in dem Aufsatz „Der unfreiwillige Access-Provider – Haftung des Anschlussinhabers für Rechtsverletzungen über (offene) W- LANs, AnwZert ITR 09/2010, Anm. 3“ und in diesem Blog.

Völlig zu Recht weist Spindler zudem darauf hin, dass das eventuelle Eigeninteresse an einer Verschlüsselung des W-LAN nicht per se in eine Pflicht gegenüber Dritten umschlagen muss. Spindler stellt des weiteren auch die berechtigte Frage, warum solche Sicherungsmaßnahmen (Verschlüsselung eines W-LAN) überhaupt geeignet sein sollen, die Rechtsgüter Dritter (also die Urheberrechte der Rechteinhaber) zu schützen.

Wie in praktisch allen seinen Veröffentlichungen bietet Gerald Spindler, auch wenn man seine Ansicht nicht in jedem Punkt teilen muss, eine durchdachte und dogmatisch überzeugende Argumentation an.

posted by Stadler at 18:43  
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