Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.1.11

BGH: Übersetzer hat Anspruch auf Beteiligung am Verkaufserlös

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20. Januar 2011 (Az.: I ZR 19/09 – Destructive Emotions) entschieden, dass der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, der für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar vereinbart hat, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen ist. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung beginnt erst ab einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises.

Dieser Anspruch des Übersetzer stützt sich auf die Vorschrift des § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG. Danach kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, wenn die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.

posted by Stadler at 09:18  

10 Comments

  1. Na und wo wird das hinführen? Dazu das bei solchen Werken die Übersetzungen zukünftig nicht mehr in Deutschland gemacht werden können.

    Müssen den jetzt nicht auch Architekten und Bauarbeiter am Verkaufserfolg von Fotos interessanter Bauten beteiligt werden?

    Bär und Bulle auf dem Börsenplatz werden oft fotografiert und sind oft im TV zu sehen, warum bekommen die Bauarbeiter die ihn aufgestellt haben keine beteiligung wie die Übersetzer?

    mfg
    yb

    Comment by yah bluez — 23.01, 2011 @ 11:07

  2. Habe selbst schon einmal ein Fachbuch übersetzt. Das stellt man sich als Laie zu einfach vor, insbesondere wenn der Text nicht nur fachlich, sondern auch stilistisch anspruchsvoll ist, und man versuchen muss den Eindruck in die neue Sprache zu übertragen, was wörtlich selten klappt. Eine gute Übersetzung kann aus meiner Sicht durchaus eine eigene nicht-triviale Schöpfungshöhe erreichen.

    Comment by Ein Mensch — 23.01, 2011 @ 11:35

  3. „Eine gute Übersetzung kann aus meiner Sicht durchaus eine eigene nicht-triviale Schöpfungshöhe erreichen.“

    Der auftrag eines übersetzers ist es das original so gut wie möglich sinnerhaltend von einer sprache in die andere zu transformieren. Das ist pures handwerk da ist keine eigene schöpfung den du sollst ja nicht selbst schaffen sondern das vorhandene übersetzten. Das richtig zu machen ist keine eigene schöpfung.

    mfg
    yb

    Comment by yah bluez — 24.01, 2011 @ 09:55

  4. @yah bluez

    Klar. Reines Handwerk. Deswegen habe ich auch ein Diplom als Übersetzer in der Tasche. Deswegen ist jeder Ingenieur ja auch nichts anderes als ein Handwerker. Wenn es so wäre, wie Sie das sehen, dann würden Übersetzungsprogramme schon seit Jahrzehnten einwandfreie Übersetzungen auftauchen. Denn Maschinen sind auf stupide und repetitive Tätigkeiten spezialisiert.

    „Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten.“ D. Nuhr

    Comment by Christian "Krisch" Alkemper — 24.01, 2011 @ 12:00

  5. Korrektur zu Beitrag 4:

    „… dann würden Übersetzungsprogramme schon seit Jahrzehnten einwandfreie Übersetzungen LIEFERN“.

    Comment by Christian "Krisch" Alkemper — 24.01, 2011 @ 12:01

  6. Gutes Übersetzen ist eine Kunst und ein Handwerk, also wohl ein Kunsthandwerk ;-)
    Aber im Ernst: ein Übersetzer soll (eigentlich) nicht schöpfen. Tut er das, macht er etwas verkehrt. Das heißt nicht, dass diese Aufgabe leicht oder gar trivial wäre. Im Gegenteil: sie ist sogar eigentlich unmöglich.

    Die Argumentation von Christian ist aber gleich mehrfach Unsinn. Das Übersetzungen derzeit nicht maschinell bewerkstelligt werden können, bedeutet eben nichts, außer das die Aufgabe noch nicht maschinell gelöst wurde.
    Auch das Diplom besagt nichts: jeder Handwerksmeister hat eines.
    Und das Handwerk mittlerweile eine „stupide repetitive Tätigkeit“ sein soll, ist an Arroganz (und Dämlichkeit in der Behauptung) kaum noch zu Überbieten. Hoffen wir, dass Christian einfach ein Schnösel ist, der seinen Job trotzdem annehmbar beherrscht und keiner dieser „Verbrecher“, die z.B. die Simpsons übersetzen.

    MMn. ist der Entscheidungsansatz des Gerichts aber korrekt. Eben weil eine „richtige“ Übersetzung defakto unmöglich ist, erschafft der (gute) Übersetzer in seiner Not ein neues Werk, mit welchem er versucht dem Original Ehre zu erweisen, indem er versucht Tonus, Duktus und Inhalt gleichermaßen zu übertragen, über kulturelle wie sprachliche Barrieren hinweg. Dieser Prozess ist durchaus kreativ und führt jenseits von trivialen Beispielen eben durchaus bei jedem Übersetzer zu einem anderen einzigartigen Ergebnis. Die Anwendung des Urheberrechts auf dieses Problem halte ich daher für angemessen.

    Comment by Kommentator — 24.01, 2011 @ 13:55

  7. Interessantes Urteil und interessante Kommentare.

    Aber das eigentlich besondere an der Sache ist doch, dass da erst geklagt werden musste. Gegen jemanden, der höchstwahrscheinlich auch ein Leistungsschutzrecht möchte, damit die armen Autoren auch ihr Geld bekommen. Schön, der der BGH die Herrschaften da beim Wort genommen hat.

    Comment by Manni — 24.01, 2011 @ 21:10

  8. Was ein Unsinn. Wenn ein ein Honorar vertraglich festlegt wird, dann kann man entweder den Vertrag ablehnen, oder mit dem Honorar leben.

    Wo kommen wir denn hin, wenn nach Vertragsabschluss dann plötzlich festgestellt, dass man mit der Bezahlung nicht zufrieden ist und diese dann erhöht werden soll. Warum hat man nicht von vorne herein ein höheres Honorar verlangt?

    Comment by Seb — 25.01, 2011 @ 20:51

  9. Interessant ist natürlich die frage ob durch die abweichungen von uebersetzungen eine schoepferische eigenleistung vollbracht wurde.

    Nehmen wir mal an ein text wird von 10 leuten uebersetzt. Betrachten wir nundie differenzen der 10 uebersetzungen.

    Frage werden diese reichen um jedes einzelne werk zur schoepfung zu machen?

    Ist also die schoepfungshoehe 10x erreicht worden? Was wenn es identische uebersetzungen gibt?

    Wer ist dann der plagiateur wem steht das „original“ zu?

    das urteil ist falsch greift ohne not in die freie vertragsgestalltung ein und wirft mehr fragen auf als es beantwortet.

    Wer hat das urheberrecht an einer maschinellen uebersetzung?

    mfg
    yb

    Comment by yah bluez — 27.01, 2011 @ 20:08

  10. @Seb: Gelegentlich stellt man erst im Nachhinein fest, dass ein Vertrag rechtswidrig, sittenwidrig, unwirksam, oder undurchführbar ist. Solche Fragen klären die Gerichte, so auch hier.

    Comment by Ein Mensch — 28.01, 2011 @ 19:42

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