Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.5.10

Bistum Regensburg mahnt jetzt auch Niggemeier ab

Die Diözese Regensburg hat nunmehr auch den Online-Journalisten Stefan Niggemeier abgemahnt, weil er über die Abmahnung eines Regensburger Bloggers durch das Bistum berichtet hatte und hierbei auch erwähnt hat, dass das Bistum Geld an die Familie eines Missbrauchsopfers bezahlt hat, um die Tat von der Öffentlichkeit fern zu halten. Wenn Niggemeier sagt, dass die Kirche versucht, Kritiker zum Schweigen zu bringen, kann man ihm nur beipflichten. Die Diözese wird vermutlich auch gegenüber Niggemeier versuchen, ihre meinungsfeindliche Haltung beim Landgericht Hamburg gerichtlich durchzusetzen. Das Verhalten des Bistums Regensburg ist zutiefst schändlich und allenfalls geeignet, den Vertrauensverlust, den die Kirche schon erlitten hat, zu vertiefen.

posted by Stadler at 22:38  

3.5.10

Abmahnungen und Meinungsfreiheit

Dass die Rechtsprechung der Pressekammer des Landgerichts Hamburg mittlerweile als demokraktiegefährdend einzustufen ist, habe ich unlängst hier geschrieben. Weil zuviele Gerichte – nicht nur Hamburg – das Spiel einiger Anwaltskollegen mitspielen, die im Interesse ihrer Mandanten oft erfolgreich unliebsame aber zulässige Meinungsäußerungen unterdrücken, gerät die grundgesetzlich verbürgte Meinungsfreiheit im Internet mehr und mehr in Gefahr. Aus Angst jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen, verzichten die einen auf klare Aussagen, während andere, die Plattformbetreiber, Kommentare vorschnell löschen oder gar nicht erst freischalten. Stefan Niggemeier skizziert diese ungute Atmosphäre sehr anschaulich.

posted by Stadler at 22:00  

30.4.10

Zypries empfiehlt: Anwaltliche Abmahnungen einfach in den Papierkorb

Die frühere Bundesjustizminsterin wird in einem Bericht der HAZ über eine Podiumsdiskussion bei der Friedrich-Ebert-Stiftung mit folgenden Worten zitiert:

„So etwas solle man stets wegschmeißen, sagte Zypries, reagieren müsse man erst auf einen Mahnbescheid.“

Die Aussage stand laut HAZ in Zusammenhang mit Abmahnungen  wegen der zugegeben unlauteren Nutzung fremder Fotos auf der eigenen Homepage, für die Abmahnfirmen Anwaltskosten in vierstelliger Summe verlangen würden.

Wer diesen Vorschlag der früheren Justizministerin befolgt, wird anschließend eventuell zur Kenntnis nehmen müssen, dass nicht etwa ein Mahnbescheid kommt, sondern der Gerichtsvollzieher, der eine einstweilige Verfügung zustellt.

Bei solch einem fachlichen Niveau braucht man sich über die Qualität der Rechtspolitik in diesem Land nicht zu wundern.

posted by Stadler at 08:00  

27.4.10

Neuer Player im Abmahngeschäft

Im Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen ist mir von der Kanzlei Kornmeier & Partner in letzter Zeit keine Abmahnung mehr für DigiProtect untergekommen. Dafür hat Dr. Kornmeier mit der GSDR GmbH, die wie er in Frankfurt am Main residiert, jetzt eine neue Mandantin gefunden.

Die GSDR GmbH wurde erst mit Gesellschaftsvertrag vom 03.03.2010 gegründet und am 06.04.2010 ins Handelsregister eingetragen. Geschäftszweck des Unternehmens ist laut Handelsregister der Erwerb von Rechten an Tonaufnahmen, Bildtonaufnahmen, Computerspielen, Filmen oder anderen Audio- oder audiovisuellen Produkten zum Schutze der vorgenannten Produkte gegen rechtswidrige Verwertungen, insbesondere im Internet. Das klingt doch sehr nach einer neuen Variante von DigiProtect.

Kornmeier mahnt derzeit für GSDR u.a. The Disco Boys „I Surrender“ ab.

posted by Stadler at 17:29  

20.4.10

Kurioser Abmahnfall

Vor zwei Wochen habe ich über eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung berichtet, mit der eine nach der Rechtsprechung des BGH zulässige AGB-Klausel (salvatorische Klausel) beanstandet worden ist.

Ich habe die Abmahnung für meine Mandantin zurückgewiesen und aufgefordert, rechtsverbindlich zu erklären, dass die Unterlassungsaufforderung nicht aufrecht erhalten bleibt.

Und was kommt? Genau, die Erklärung der gegnerischen Anwälte, dass die Unterlassungsaufforderung nicht aufrecht erhalten wird. Natürlich verbunden mit dem Hinweis, dass man meine Kosten nicht erstatten will.

posted by Stadler at 14:55  

8.4.10

Abmahnung salvatorischer Klauseln

Daran, dass mittlerweile auch AGB-Klauseln wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden, hat man sich fast schon gewöhnt. Ist ja auch deshalb ganz praktisch, weil fast jeder der online verkauft AGB im Netz hat und man in vielen AGB meistens irgendeine Klauel findet, die sich beanstanden lässt.

Aber auch Klauseln, die sich beim besten Willen nicht beanstanden lassen, werden abgemahnt. Zum Beispiel die Standardformulierung zu salvatorischen Klauseln, die sich praktisch in allen Verträgen und AGB findet:

„Sollten einzelne Bestimmungen dieser AGB unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt“.

Eine solche Abmahnung wurde mir gestern vorgelegt. Man beanstandet einen Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Das mag ja für sog. Ersetzungsklauseln vertretbar sein. Aber zu Erhaltungsklauseln gibt es fast meterweise Rechtsprechung des BGH, wonach solche Klauseln wirksam sind und regelmäßig auch § 139 BGB wirksam abbedingen können.

Klingt mir schwer nach Rechtsmissbrauch.

posted by Stadler at 19:08  

31.3.10

Bistum Regensburg mahnt Blogger ab

Die Diözese Regensburg reagiert – nicht zum ersten Mal – empfindlich auf kritische Berichterstattung von Bloggern im Zusammenhang mit dem Umgang der katholischen Kirche mit pädophilen Priestern.

Das Blog regensburg-digital.de hat unter Bezugnahme auf einen Artikel im SPIEGEL geschrieben, dass ein Opfer eines pädophilen Pfarrers Schweigegeld bekommen habe.

Das hat das Bistum dazu bewogen, zunächst gegen den SPIEGEL Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Die Verfügung wurde am 10. März vom Landgericht Hamburg (Az.: 324 O 107/10)  auch tatsächlich erlassen. Dem SPIEGEL wurde untersagt, den Eindruck zu erwecken, die Diözese Regensburg wolle durch die Vermittlung einer Geldzahlung bewirken, dass der in Rede stehende Vorfall an die Öffentlichkeit komme.

Und das obwohl offenbar tatsächlich DM 6.500,- bezahlt worden sind! Selbst dann, wenn eine Presseberichterstattung und Meinungsäußerung wie hier offensichtlich von Art. 5 GG gedeckt ist, hat man bei der Pressekammer des Landgerichts Hamburg immer noch gute Aussichten, eine Verbotsverfügung zu bekommen. Die Hamburger Pressekammer, deren Rechtsprechung in letzter wiederholt durch den BGH korrigiert worden ist, setzt ihren meinungsfeindlichen Kurs unbeirrt fort. Die Chancen, dass derartige Entscheidungen auch beim OLG Hamburg halten, sind freilich gesunken, nachdem auch das Oberlandesgericht erkennen musste, dass die Hamburger Linie beim Bundesgerichtshof keinen Rückhalt hat.

Gestützt auf diese Verbotsverfügung hat das Bistum Regensburg jetzt auch den Blogger abgemahnt und von ihm die Abgabe einer Unterlassungserklärung verlangt, in der er sich verpflichten soll, nicht mehr zu behaupten, die Opferfamilie hätte ein Schweigegeld erhalten.

Darf man eine Zahlung an Missbrauchsopfer also als Schweigegeld bezeichnen, wenn mit dieser Zahlung auch erreicht wird, die Angelegenheit von der Öffentlichkeit fernzuhalten? Die Antwort auf diese Frage liegt – außerhalb Hamburgs – auf der Hand. Es ist hier noch nicht einmal eine schwierige Abwägung vorzunehmen. Die Rechtsprechung des BGH und des BVerfG lässt wesentlich heiklere Meinungsäußerungen zu als diese.

Die katholische Kirche versucht hier einen Blogger ans Kreuz zu nageln, der möglicherweise nicht über die finanziellen Mittel verfügt, sich zu wehren. Und das ist eine Osterbotschaft der anderen Art.

posted by Stadler at 10:15  

11.3.10

BGH zur Wirksamkeit von Unterlassungsverpflichtungen

Eine sehr instruktive Entscheidung des BGH zu der Frage, wie Unterlassungsverträge wirksam zustande kommen, ist heute veröffentlicht worden.

Grundsätzlich kann bereits in der Abmahnung ein Vertragsangebot liegen, wenn es von einem Rechtsbindungswillen getragen und hinreichend bestimmt ist. Das ist dann der Fall, wenn der Abmahnung eine entsprechend vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt war. Wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung dann so unterschreibt wie sie ist, kommt dadurch der Unterlassungsvertrag zustande.

Wird jetzt die Unterlassungsaufforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist angenommen, dann gilt die verspätete Annahme gemäß § 150 Abs. 1 BGB grundsätzlich als neuer Antrag. Gleiches gilt laut BGH auch dann, wenn die vorformulierte Unterlassungserklärung abgeändert wird. Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt nach § 150 Abs. 2 BGB nämlich als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag. Schon geringfügige, unwesentliche Änderungsvorschläge gegenüber dem unterbreiteten Vertragsangebot führen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dazu, dass es für das Zustandekommen des Vertrags einer neuen Erklärung des Vertragspartners bedarf.

In diesen Fällen muss die modifizierte Unterlassungserklärung vom Abmahnenden/Gläubiger (nochmals) angenommen werden, damit ein Unterlassungsvertrag zustande kommt.

Interessant ist m.E.dann vor allem noch folgende Passage aus dem Urteil, in der der BGH erläutert, dass eine Unterlassungserklärung grundsätzlich unbefristet und damit auch noch nach längerer Zeit angenommen werden:

Bei einer auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags gerichteten Unterwerfungserklärung ist aber in der Regel davon auszugehen, dass der Schuldner sein Angebot unbefristet abgegeben hat mit der Folge, dass es vom Gläubiger jederzeit angenommen werden kann. Die dispositive Vorschrift des § 147 Abs. 2 BGB steht dem nicht entgegen (..). Eine vom Schuldner abgegebene einseitige strafbewehrte Unterlassungserklärung lässt, wenn sie ernsthaft ist und auch inhaltlich den an eine solche Erklärung zu stellenden Anforderungen entspricht, die Wiederholungsgefahr unabhängig von einer Annahmeerklärung des Gläubigers und daher gegebenenfalls auch schon vor einer solchen entfallen. Ansprüche aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung der Vertragsstrafe kann der Gläubiger aber grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begangene Verstöße geltend machen (…). Da der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe einen Vertragsschluss zwischen Gläubiger und Schuldner voraussetzt, hat der Gläubiger ein auch für den Schuldner erkennbares Interesse daran, dass das auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags gerichtete Angebot unbedingt und unbefristet erfolgt.

BGH, Urteil vom 17. September 2009 (Az.: I ZR 217/07) – Testfundstelle

posted by Stadler at 12:05  

11.3.10

Münchener Staatsanwaltschaft drückt beide Augen fest zu

Zumindest die gefühlte Hälfte der juristischen Blogs hat in den letzten 24 Stunden darüber berichtet, dass die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I die Ermittlungsverfahren gegen die umstrittene Abofallen-Anwältin Katja Günther eingestellt hat. Kein Betrug, keine Nötigung und auch keine Erpressung lautet die Schlussfolgerung der Ermittler.

Das halte ich mit Verlaub für diskussionswürdig. Es mag durchaus sein, dass sich Rechtsanwältin Günther zu Beginn ihrer segensreichen Tätigkeit nicht wirklich bewusst war, dass sie sich mit ihrem Verhalten im strafrechtlich relevanten Bereich bewegen könnte. Wer sich allerdings mit dem Geschäftsmodell ihrer Mandanten wie Content Service Ltd. näher beschäftigt hat, wird um die Frage nicht herumkommen, ob man davon auch nach längerer Zeit, und vor allen Dingen nach all der Berichterstattung, nach den Strafanzeigen und Zivilverfahren, weiterhin ausgehen kann. Die Geltendmachung von Forderungen, von denen man, gerade als Jurist, wegen Kenntnis vom zugrundeliegenden Geschäftsmodell wissen muss, dass sie nicht bestehen, ist Betrug.

In vielen anderen Fällen, in denen die Rechtslage oftmals wesentlich unsicherer ist, sind die Staatsanwaltschaften häufig weniger zimperlich eine Anklage zu erheben.

Und die Aussage der Staatsanwaltschaft, dass es jedem Bürger zuzumuten sei, derartigem Druck standzuhalten, grenzt an Zynismus. Vermutlich werden die Verfahren nun erst einmal beim Generalstaatsanwalt landen, weshalb es für die Kollegin Günther verfrüht wäre, schon aufzuatmen.

Dass die Würdigung der Zivilgerichte durchaus anders ausfallen kann – was für sich noch kein Argument gegen eine Strafbarkeit darstellt – zeigt ein neues Urteil des Landgerichts Mannheim.

posted by Stadler at 08:11  

9.3.10

BGH zur Kündigung eines Unterlassungsvertrags

Wer eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, weil in parallelen Sachverhalten einstweilige Verfügungen ergangen sind, kann den Unterlassungsvertrag später nicht mit der Begründung kündigen, dass diese parallelen einstweiligen Verfügungen wieder aufgehoben worden sind.

Die Aufhebung von einstweiligen Verfügungen die gegen Dritte ergangen sind, stellt keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, denn mit der Unterlassungsverpflichtung ist auch das Risiko einer Aufhebung solcher einstweiliger Verfügungen vertraglich übernommen worden. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 09.03.2010 (Az.: VI ZR 52/09) entschieden.

posted by Stadler at 18:51  
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