Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

2.4.12

Liebe Blogger, wer publizieren will, der muss auch den Druck aushalten

Blogger sollen sich nicht so anstellen, sagt der Kollege David Ziegelmayer in einem Beitrag für die LTO sinngemäß und meint, dass Blogger keine Narrenfreiheit hätten und, dass derjenige der publizieren will, den Abmahndruck der auf ihm lastet, schlicht ertragen muss. Blogger müssen laut Ziegelmayer, wie Presseunternehmen auch, mit dem Druck berechtigter und unberechtigter äußerungsrechtlicher Ansprüche leben lernen.

Ziegelmayer erläutert seine Thesen am Beispiel des Forenbetreibers Mike Frison, der für sich das sog. Laienprivileg in Anspuch nimmt und diesbezüglich auch Verfassungsbeschwerde erhoben hat. Die Verfassungsbeschwerde von Frison mag unzulässig sein, die generelle Frage, ob ein Blogger wie ein Presseunternehmen haftet oder nicht, bleibt dennoch relevant.

Es geht m.E. aber hier nicht nur um die Frage nach dem Laienprivileg, sondern gerade auch darum, wie man die sog. Verbreiterhaftung fasst und definiert. BGH und Bundesverfassungsgericht differenzieren in ihrer Rechtsprechung zwischen der Verbreiterhaftung einerseits und dem Zueigenmachen fremder Meinungen und Tatsachen andererseits. Wenn die Presse fremden Äußerung – selbst z.B. im Rahmen eines Interviews – nur verbreitet, dann führt das nicht per se zu einer Haftung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH muss das Presseorgan vielmehr zusätzlich Sorgfaltspflichten verletzt haben, wobei die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden dürfen, um den vom Grundgesetz geschützten freien Kommunikationsprozess nicht einzuschnüren. Die Auferlegung uneingeschränkter Sorgfaltspflichten lehnt das BVerfG expressis verbis ab. In einer neueren Entscheidung des BVerfG heißt es wörtlich:

Dabei ist die Presse in weiterem Umfang als Private gehalten, Nachrichten und Behauptungen vor ihrer Weitergabe auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen (vgl.BVerfGE 12, 113 <130>; 85, 1 <22>; BVerfG, Beschluss vom 26. August 2003 – 1 BvR 2243/02NJW 2004, S. 589 <590>). Daraus folgt indes nicht, dass der Presse solche Sorgfaltspflichten uneingeschränkt abverlangt werden dürfen. Vielmehr sind die Fachgerichte gehalten, auch bei der Bemessung der Sorgfaltspflichten, die der Presse bei Verbreitung einer fremden Äußerung abzuverlangen sind, die Wahrheitspflicht nicht zu überspannen, um den von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten freien Kommunikationsprozess nicht einzuschnüren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. August 2003 – 1 BvR 2243/02NJW 2004, S. 589).

Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der BGH haben damit in sehr eindeutiger Art und Weise zum Ausdruck gebracht, dass auch in den Fällen einer (intellektuellen) Verbreitung fremder Meinungen und Tatsachen gerade keine uneingeschränkte Haftung des Verbreitenden besteht. Zudem hat das Verfassungsgericht deutlich gemacht, dass die Haftung Privater weniger weit reicht als die der Presse.

Die spannende Frage ist also zunächst die, ob ein Blogger als Privater betrachtet werden muss oder doch als Presseorgan. Dann müsste er konsequenterweise aber auch sämtliche Presseprivilegien genießen, die das Recht vorsieht. Ich tendiere dazu, zumindest den nicht kommerziellen Bloggern und Forenbetreibern nicht dieselben Sorgfaltspflichten aufzuerlegen wie der Presse.

Selbst für die Presse gilt aber nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH, dass die Fachgerichte gehalten sind, bei der Bemessung der Sorgfaltspflichten, die bei der Verbreitung einer fremden Äußerung auferlegt werden, die Anforderungen an die Wahrheitspflicht nicht zu überspannen.

Die Instanzgerichte – speziell die in Hamburg und Köln – sind allerdings nicht annähernd so meinungsfreundlich wie es die Rechtsprechung aus Karlsruhe vorgibt. Das führt immer wieder dazu, dass Gerichte zur Unterlassung von Verhaltensweisen verurteilen, die manchmal mehr, manchmal weniger eindeutig zulässig sind.

In zwei Punkten möchte ich dem Beitrag Ziegelmayers außerdem widersprechen. Die Abgabe einer einfachen – also nicht strafbewehrten – Unterlassungserklärung beseitigt auch bei Forenbetreibern zumindest nach Ansicht einiger Gerichte die sog. Wiederholungsgefahr gerade nicht. Solange man keine strafbewehrte Unterlassungserkläung abgegeben hat, besteht also weiterhin die Gefahr einer einstweiligen Verfügung oder Unterlassungsklage.

Und auch die Ansicht, das Löschen bestimmter Einträge würde nur den Stolz kosten, vermag ich nicht zu teilen. Sobald unter den Bloggern eine allgemeine Stimmung dergestalt herrscht, dass man aus Angst vor erheblichen Kosten im Zweifel löscht, verschwinden auf diesem Weg eine ganze Menge an zulässigen Inhalten aus dem Netz. Und dieses Ergebnis führt dazu, dass der von Art. 5 GG geschützte Kommunikationsprozess eingeschnürt wird und damit genau zu den „Chilling Effects“ die nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH zu vermeiden sind.

posted by Stadler at 16:37  

21.3.12

Die angebliche Wunschliste der Content-Industrie

Die als Wirtschaftsdialog getarnten Geheimverhandlungen zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium, Urheberrechtslobbyisten und Providern, über die ich hier kürzlich bereits berichtet hatte, haben wohl aus gutem Grund hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Denn es gab offenbar eine ganz konkrete Agenda, deren frühzeitiges öffentliches Bekanntwerden vermutlich zu einem Aufschrei geführt hätte.

Alvar Freude bloggt beim AK Zensur über einen 10-Punkte-Plan der Content-Industrie, über den auf dem Treffen beim BMWi nicht nur diskutiert, sondern zumindest in Einzelpunkten auch eine Einigung erzielt worden sein soll.

Die Forderungen der Urheberrechtslobbyisten beinhalten u.a. eine längere Speicherung von IP-Adressen durch die Provider, eine Ausweitung des Auskunftsanspruchs gegen Access-Provider auch auf Rechtsverstöße von nichtgewerblichem Ausmaß sowie eine inhaltliche Ausweitung des Auskunftsanspruchs.

Außerdem fordern die Rechteinhaber offenbar eine Impressumspflicht bei selbst eingestellten Inhalten bzw. alternativ eine (volle) Haftung des Portalbetreibers sowie weiterhin ein Two- bzw. Three-Strikes-Modell.

 

posted by Stadler at 15:35  

20.3.12

Abmahnkosten in die Slowakei überweisen?

Mandanten haben mir gestern eine Abmahnung einer Anwaltskanzlei „Dr. Kroner & Kollegen“ aus München vorgelegt, die die Vertretung große Musik- (EMI, Sony BMG, Universal, Warner) und Filmkonzerne (Paramount, Dream Works) vorgibt. Als Gegenstand  der Abmahnung wird genannt: „Nutzung Filesharing-Dienste: hier Megaupload“.

In dem Abmahnschreiben wird nicht ausdrücklich die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert, sondern lediglich – natürlich im Zuge einer großzügigen vergleichsweisen Einigung – die Überweisung von EUR 146,95 auf ein Konto in der Slowakei.

Das klingt nicht nur komisch, sondern ist es auch. Es gibt nämlich im Anwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer München keinen Rechtsanwalt Dr. Klaus Kroner. Die Domain „kroner-kollegen.de“, die auf dem durchaus professionell wirkenden Briefkopf genannt ist, ist bei DENIC übrigens sogar registriert. Domaininhaber ist ein „Istvan Nagy“ aus Wien. Bei Eingabe der URL landet man aber zumindest mittlerweile auf einer Umleitungsseite von United Domains.

Bei dieser Abmahnung handelt es sich also ganz offensichtlich um den Versuch eines Betrugs. Der Kollege Dosch hatte bereits gestern über den Fall berichtet.

posted by Stadler at 13:19  

27.2.12

Filesharing-Inkasso: Debcon und DigiProtect

Kürzlich hatte ich darüber berichtet, dass das Inkassobüro Debcon massenhaft Forderungen geltend macht, die aus der Sachbearbeitung der Abmahnkanzlei Urmann & Collegen (U&C) stammen und zwar u.a. für eine altbekannte Rechteinhaberin im Bereich der Filesharing-Abmahnungen, nämlich die Fa. DigiProtect.

Darüber, ob es sich hierbei um solche Forderungen handelt, die U&C unlängst versucht hat, für ihre Mandanten zu versteigern, wurde konrovers diskutiert. Entgegen anderslautender Vermutungen, hat das Inkassobüro Debcon offenbar aber keine Forderungen von DigiProtect erworben. Vielmehr tritt Debcon jetzt in Untervollmacht für die Rechtsanwälte U&C auf und vertritt dabei DigiProtect. Eine entsprechende Untervollmacht der Kanzlei U&C liegt mir vor.

Dieses Vorgehen deutet also eher darauf hin, dass die Versteigerung möglicherweise kein Erfolg war und man jetzt versucht, Forderungen, vor deren massenhafter gerichtlicher Geltendmachung man zurückschreckt, zumindest teilweise noch über die Inkassoschiene zu realisieren. Wenn eine Anwaltskanzlei einem Inkassobüro Untervollmacht für eine Forderung erteilt, die man zuvor selbst geltend gemacht hat, dann ist das zumindest ungewöhnlich.

posted by Stadler at 11:34  

22.2.12

Sind digitale Privatkopien tatsächlich erlaubt?

Christoph Keese – der „Außenminister“ des Springer-Verlags – bloggt bekanntlich gerne und regelmäßig und zwar aktuell über das Thema digitale Privatkopie. Seine These lautet, dass digitale Privatkopien ohnehin erlaubt seien, womit er gleichzeitig der Forderung nach Schaffung eines Rechts auf digitale Privatkopie kritisiert, die ausgerechnet von einem Unionsabgeordneten erhoben wurde. Man muss seine Beiträge aber immer auch als das lesen was sie sind, nämlich die Ausführungen eines Urheberrechtslobbyisten.

Rechtsdogmatisch betrachtet schafft § 53 UrhG bislang kein Recht des Nutzers auf Privatkopie, sondern beschränkt nur die Befugnisse des Urhebers. Die Vorschrift steht deshalb auch im 6. Abschnitt des Urheberrechtsgesetzes, der mit Schranken des Urheberrechts überschrieben ist. Mit diesem Aspekt möchte ich mich hier aber nicht weiter befassen, sondern mit den inhaltlichen Aussagen Keeses.

Keese verschweigt in seinem Blogbeitrag nämlich, dass § 53 Abs. 1 UrhG nachträglich ergänzt wurde, wodurch die Möglichkeit einer digitalen Privatkopie eingeschränkt worden ist. Die vom Gesetzgeber nachträglich vorgenommene Einschränkung habe ich hervorgehoben:

Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.

Diese Einschränkung zielt auf die digitale Privatkopie und das Filesharing ab. Man streitet insoweit auch noch über die Frage, ob eine zuläsisge Privatkopie schon dann ausscheidet, wenn die Kopiervorlage überhaupt öffentlich zugänglich gemacht wurde, also insbesondere online gestellt worden ist, oder ob das Merkmal „offensichtlich rechtswidrig“ zusätzlich erfüllt sein muss. Insbesondere das Filesharing über P2P-Netzwerke wurde damit endgültig als offensichtlich rechtswidrig qualifiziert. Der Gesetzgeber wollte dem Nutzer dadurch die Möglichkeit nehmen, sich darauf zu berufen, er habe nicht gewusst, ob ein bestimmtes Werk legal oder illegal online ist.

Die Privatkopie wurde vom deutschen Gesetzgeber vor einigen Jahren aber noch an einer anderen Stelle zurechtgestutzt. Denn das Gesetz verbietet in § 95a UrhG die Umgehung technischer Maßnahmen ausdrücklich. Wer also Kopierschutzmaßnahmen umgeht, kann sich ebenfalls nicht mehr auf § 53 UrhG berufen. Gerade das ist übrigens eine Regelung, die es keineswegs schon in allen Staaten gibt, sondern deren Umsetzung explizit auch in dem umstrittenen ACTA-Abkommen gefordert wird. Der deutsche Gesetzgeber hat an dieser Stelle nur deshalb keinen Umsetzungsbedarf, weil er die Forderungen der Urheberrechtslobbyisten längst erfüllt hat.

Digitale Privatkopien sind also tatsächlich nur (noch) in sehr eingeschränktem Umfang erlaubt. Die Frage müsste daher lauten, ob der Gesetzgeber die (digitale) Privatkopie ganz generell erlauben sollte und zwar unabhängig davon, ob eine urheberrechtswidrige Kopiervorlage benutzt wird und unabhängig vom Verbreitungsweg der Kopiervorlage.

posted by Stadler at 15:04  

13.2.12

Filesharing-Abmahnstatistik 2011

Verschiedene Initiativen gegen das Abmahnwesen haben soeben für das Jahr 2011 eine Abmahnstatistik veröffentlicht. Danach soll die Zahl der Filesharing-Abmahnungen im Jahr 2011 im Vergleich zu 2010 spürbar zurückgegangen sein, nämlich um ca. 40 % auf ca. 218.000 Abmahnungen. Auch wenn mir ein Rückgang der Abmahnzahlen im Jahr 2011 durchaus plausibel erscheint, dürften die absoluten Zahlen deutlich zu niedrig gegriffen sein, nachdem andere Statistiken und Informationen für das Jahr 2010 auf eine Anzahl von 500.000n – 700.000 Abmahnungen hindeuten.

Unrichtig dürften jedenfalls die Angaben zur Anzahl der Klagen sein, die die einzelnen Abmahnkanzleien erhoben haben. Dass beispielsweise die Kanzlei Waldorf Frommer (nur) 60 Klagen erhoben haben soll, deckt sich nicht mit dem, was ich speziell am und vom Amtsgericht München – wo die Rechtsanwälte Waldorf bevorzugt klagen – in den letzten Monaten gehört und teilweise selbst gesehen habe.

Meine Einschätzung ist, dass die Zahl der Klagen im letzten Jahr deutlich zugenommen hat, während die Zahl der Abmahnungen rückläufig war.

 

posted by Stadler at 16:58  

3.2.12

Gutachten des BMWi schlägt Three-Strikes-Modell nach britischem Vorbild vor

Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine vergleichende Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen – je nach Ausgestaltung als Two-Strikes-, Three-Strikes- oder nach französischem Vorbild (Hadopi) ausgestaltetes Modell bezeichnet – veröffentlicht.

Das von Prof.  Rolf Schwartmann vorgelegte Gutachten stellt zunächst eine rechtsvergleichende Untersuchung an und befasst sich anschließend auch mit der Frage, ob ein solches Modell in Deutschland möglich wäre (S. 303 ff. des Gutachtens) und insbesondere mit dem deutschen Verfassungsrecht in Einklang stünde.

Das lobbyfreundliche Gutachten Schwartmanns schlägt für Deutschland ein Modell vor, das an das britische Konzept angelehnt ist. Die Zugangsprovider sollen verpflichtet werden, Warnhinweise an solche Anschlussinhaber zu versenden, deren IP-Adresse im Zusammenhang mit einer ihnen gemeldeten Rechtsverletzung ermittelt wurde. Die Provider sollen ergänzend eine gegenüber Dritten anonymisierte Verstoßliste führen und diese Liste ab einer bestimmten Anzahl von Verstößen, dem Rechteinhaber bekannt geben. Dieser kann dann vom Provider, wie derzeit bereits üblich, im Wege eines gerichtlichen Auskunftsverlangens die Bekanntgabe von Namen und Anschrift des betroffenen Nutzers verlangen und anschließend im Wege einer Abmahnung und ggf. gerichtlich gegen den Nutzer vorgehen.

Dieses Modell könnte allerdings in Widerspruch zu einer aktuellen Entscheidung des EuGH stehen, die von Schwartmann kürzlich in durchaus beachtenswerter Art und Weise kommentiert wurde.

Das Gutachten hat jedenfalls erkannt, dass diejenigen Modelle, an deren Ende eine Sperrung des Internetzugangs steht, schwerlich mit den deutschen Grundrechten in Einklang zu bringen sind.

Der Vorschlag Schwartmanns führt allerdings zu einer Verfestigung und Ausweitung des derzeitigen Konzepts der Filesharing-Abmahnungen, das sich unter dem Motto „Turn Piracy Into Profit“ zu einem weitgehend fragwürdigen Geschäftsmodell entwickelt hat. Für Internetzugangsprovider dürfte die Führung einer Verstoßliste – in der ja sämtliche einem Provider gemeldeten Verstöße erfasst werden müssen – außerdem einen beträchtlichen Aufwand mit sich bringen.

Noch bedenklicher ist allerdings der Umstand, dass die längerfristige Speicherung im Rahmen einer Verstoßliste faktisch eine Kombination aus einer Vorratsdatenspeicherung und einem Quick-Freeze darstellt. Der Provider speichert quasi auf Zuruf die Daten vermeintlicher Einzelverstöße – ohne jede Prüfung wohlgemerkt – und führt diese in einer Verstoßliste zusammen, die ein Rechteinhaber später abrufen kann. Diese Liste wird für Rechteinhaber damit praktisch auf Vorrat gespeichert. Die Frage wäre dabei allerdings dann auch, ob diese Verstoßliste sämtliche gemeldeten Rechtsverstöße verschiedener Rechteinhaber umfasst oder ob nach Rechteinhabern getrennte Verstoßlisten geführt werden müssten. Dieses System dürfte es dem Betroffenen, in noch stärkerem Maße als dies schon aktuell beim Filesharing der Fall ist,  erschweren bzw. unmöglich machen, sich gegen eine Inanspruchnahme als Verletzer zur Wehr zu setzen. Bereits das aktuelle System der Beauskunftung und anschließenden Inanspruchnahme ermöglicht dem Betroffenen in Fällen des Filesharing in der Praxis keinen ausreichenden, effektiven Rechtsschutz mehr. Diese Schieflage würde durch den Vorschlag Schwartmanns noch verstärkt werden.

posted by Stadler at 17:07  

2.2.12

Unseriöses Filesharing-Inkasso

Vor einiger Zeit hatte ich darüber berichtet, dass die Rechtsanwälte Urmann und Collegen für ihre Mandanten Forderungen aus Filesharing-Abmahnungen versteigert haben. Ob dies in Zusammenhang mit einer Welle von Inkassoschreiben steht, die derzeit von der Firma Debcon GmbH verschickt werden, ist unklar.

Jedenfalls haben einige unserer Mandanten, die zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, aber keine Zahlung geleistet haben, nunmehr direkt Post von dem Inkassobüro Debcon erhalten, in der zur Zahlung eines Betrags von EUR 1.286,80 aufgefordert wird.

In einigen Fällen hat das Inkassobüro allerdings den Überblick verloren und ist nicht in der Lage, den Gläubiger und damit den Auftraggeber des Inkassobüros korrekt zu benennen. Denn die Forderungen werden teilweise für die Silwa Filmvertrieb AG geltend gemacht, obwohl die Abmahnung von einem anderen Rechteinhaber stammt. Ein Hinweis auf eine evtl. Forderungsabtretung, die der Grund für einen Gläubigerwechsel sein könnte, enthalten die gleichlautenden Formularschreiben des Inkassobüros nicht.

Außerdem droht Debcon ganz unverblümt mit der Weiterleitung von Daten des Mandanten an die Schufa, obwohl sich aus der Vorkorrespondenz eindeutig ergibt, dass die Forderungen bestritten sind. Eine solche Drohung ist nicht nur zivilrechtlich unzulässig, sondern stellt eine Nötigung im Sinne des StGB dar. Der ergänzende Hinweis von Debcon, dass man nur die Daten von fälligen und unbestrittenen Forderungen an die Schufa weiterleiten würde, ändert m.E. an dieser rechtlichen Schlussfolgerung nichts. Denn das Inkassobüro weiß aus der Vorkorrespondenz ja bereits, dass die Forderungen bestritten sind, setzt aber gleichwohl ganz gezielt auf den Einschüchterungseffekt den der Hinweis auf die Schufa mit sich bringt.

Andere Kollegen haben über diese Inkassopraxis ebenfalls bereits berichtet.

posted by Stadler at 09:48  

18.1.12

Copyrights sind was für Loser

Die immer leicht auf Krawall gebürstete Band Deichkind, deren Sound zwischen Elektro und Hip Hop pendelt, haben den Filesharern eine Hymne geschrieben. In ihrem neuen Track „Illegale Fans“ provoziert die Band die Musikindustrie mit solchen Textzeilen:

Ihr sagt wir sind verboten, weil wir zocken, stehlen, greifen
IP-Adressen sind gefälscht, wir gehen über Leichen
Ihr sagt wir sind kriminell, doch wir sind nur die User
Im Knast saugen wir weiter, Copyrights sind was für Loser
Tupac, Kurt und Marley, der Shit ist für uns alle da
Wir sind zu viel, wir sind zu nah, wir sind zu schnell: ihr könnt uns mal

Auf mich wirkt das allerdings eher wie ein clever kalkuliertes Marketingkonzept. Man weiß offenbar was man seinem Publikum schuldig ist. Denn Deichkind veröffentlichen keineswegs auf einem Indie-Label. Das Label Vertigo Berlin, auf dem das aktuelle Album von Deichkind erscheint, gehört zu Universal, einem der großen Majors. Und Universal mahnt in Deutschland eifrig ab. Auch die Musik von Deichkind ist in der Vergangenheit übrigens schon Gegenstand von Filesharing-Abmahnungen gewesen.

Mal sehen, ob Universal auch „Illegale Fans“ abmahnen lässt. Passen würde es irgendwie.

posted by Stadler at 22:09  

30.12.11

AG Frankfurt: Kein fliegender Gerichtsstand bei Urheberrechtsverletzungen

Das Amtsgericht Frankfurt hat (erneut) dem sog. fliegenden Gerichtsstand bei Urheberrechtsverletzungen eine Absage erteilt und entschieden, dass für Klagen auf Grund einer im Internet begangenen Verletzung des Urheberrechts und des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts das angerufene Gericht nur dann örtlich zuständig ist, wenn die Rechtsverletzung einen sachlichen Bezug zum Bezirk des angerufenen Gerichts aufweist. Die Annahme eines „fliegenden Gerichtsstands“ nach der freien Wahl des Klägers lehnt das Gericht ausdrücklich ab. (Urteil vom 01.12.2011, Az.: 30 C 1849/11 – 25).

Nachdem der Kläger keinen Verweisungsantrag gestellt hat, hat das Amtsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger wird vermutlich Berufung gegen das Urteil einlegen.

Die Ansicht des Amtsgerichts Frankfurt stellt derzeit allerdings noch eine Mindermeinung in der Rechtsprechung dar. Die überwiegende Mehrzahl der Amts- und Landgerichte wendet die Grundsätze des fliegenden Gerichtsstandes bei Urheberrechtsverletzungen und auch Persönlichkeitsrechtsverletzungen weiterhin an, wie ich unlängst beim Amtsgericht München – bei dem derzeit sehr viele Filesharing-Prozesse anhängig sind – erfahren musste.

posted by Stadler at 14:38  
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