Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.10.11

Fliegender Gerichtsstand beim Filesharing?

In einem beim Amtsgericht München anhängigen Filesharing-Prozess habe ich für die Beklagte u.a. die Zuständigkeitsrüge erhoben und die Ansicht vertreten, dass man in Filesharing-Sachverhalten keinen sog. fliegenden Gerichtsstand annehmen könne.

Es kam erwartungsgemäß ein richterlicher Hinweis, der etwas unreflektiert die Rechtsprechung nachbetete, wonach ein Gerichtsstand im Sinne von § 32 ZPO an jedem Ort begründet sei, an dem eine Internetseite bestimmungsgemäß abgerufen werden könne.

Das mag man für Websites ja so sehen, aber für das Filesharing über P2P-Netze? Eine Internetseite die man bestimmungsgemäß abrufen könnte, gibt es jedenfalls nicht. Ob man in München tatsächlich und bestimmungsgemäß diejenigen Inhalte von der Festplatte der Beklagten saugen konnte, die Gegenstand des Verfahrens sind, ist m.E. eher spekulativ. Beliebig und jederzeit, wie bei einer Website geht es zumindest nicht. Vielleicht sollten auch die Befürworter des fliegenden Gerichtsstandes erkennen, dass die Nutzung eines P2P-Netzwerks mit dem Abruf einer Website nicht unbedingt gleichzusetzen ist.

posted by Stadler at 21:10  

9 Comments

  1. Na da bin ich ja mal gespannt, ob das Gericht sich darauf einläßt.

    Comment by Gerhard Torges — 22.10, 2011 @ 22:11

  2. Vielleicht sollte man die Kompetenzanforderungen an Richter nicht überstrapazieren. Die armen Kerle müssen sich mit Dingen rumschlagen, von denen ihr Prof an der Uni vor Jahren/Jahrzehnten nicht die leiseste Ahnung haben wird, dass es sie einmal geben wird.

    Und im Gegensatz zur Wirtschaft, wo von Führungskräften heute verlangt wird, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen, kommt bei Richtern keiner auf diese Idee.

    Vielleicht brauchen wir einen neuen Beruf, ähnlich dem, was Trainer können müssen: Leute, die scheinbar komplexe Sachverhalte so in einfache Bilder packen können, dass Anwälte sie kommunizieren und einfache Geister – wie z.B. Richter – sie verstehen können.

    Auch habe ich gehört, dass die Urteilskraft von Richtern vor dem Mittagessen und danach sehr unterschiedlich sein sollen. Vielleicht muss man sich auch darauf einstellen.

    Comment by Oliver F. Lehmann, PMP — 22.10, 2011 @ 23:04

  3. Aber wir sind uns doch einig, dass die technische Möglichkeit zum Download innerhalb eines P2P-Netzwerks an jedem mit dem „Internet“ verbundenen PC weltweit besteht, oder nicht?

    Comment by Benno — 23.10, 2011 @ 03:21

  4. @Benno

    Du meinst, so wie ich jeden jederzeit überall auf der Welt beleidigen KÖNNTE? Oder schlagen, oder ausrauben …

    Comment by Dierk — 23.10, 2011 @ 10:13

  5. Das AG Frankfurt/Main, 21.08.2009 – 31 C 1141/09 – verneint den fliegenden Gerichtsstands in diesen Fällen (das OLG München, 07.05.2009 – 31 AR 232/09 – ist sogar skeptisch allgemein bei Urheberrechtsverletzungen im Internet). Leider geht das AG Frankfurt/Main nicht spezifisch auf die technischen Besonderheiten der Tauschbörseninfrastruktur ein.

    „Präzendenzfälle“ haben aber hier ein denkbar geringes Gewicht, da nach derzeitiger Rechtslage die Bejahung des Gerichtsstands unanfechtbar ist. Kein Gericht muß also eine Kontrolle durch eine obere Instanz befürchten.

    Comment by Oliver García — 23.10, 2011 @ 11:34

  6. Problem ist, daß es zwar Weiterbildungen für Richter gibt. Nur wer die abhält und inwieweit sich diese dann einen eigenen Kopf machen, ist die Frage. Das Nachplappern von Entscheidungen aus dem Raum Köln, Hamburg, München ist keine Kunst.

    Comment by anwalt-in-mol.de — 23.10, 2011 @ 12:33

  7. Naja, schlagen etc setzt meine persönliche Anwesenheit voraus.

    Aber was ist, wenn mich einer aus Versehen anruft und dabei etwas um die Ohren gepfeffert bekommt oder aus dem Hintergrund mitbekommt (mit weiterem Ohrenzeugen)? Wird das dann auch überall verhandelt, weil ja jeder hätte anrufen können der ein Telefon oder Handy hat?

    Warum wird denn nicht da verhandelt, wo geloggt wurde? Denn da IST abgerufen worden ;-)

    Comment by Hobbydenker — 23.10, 2011 @ 14:32

  8. Ja, wenn Richter keine Überprüfung ihrer Entscheidung fürchten müssen, wird auch schonmal eine Entscheidung begründet mit einem Paragrafen, den es überhaupt nicht gibt, so geschehen am AG Halle durch eine Richterin in einem Zivilverfahren 2011.

    Comment by Andy Schulz — 24.10, 2011 @ 09:27

  9. @8 Darf man so kompetente Richter nicht per Namen nennen?

    Comment by mark — 25.10, 2011 @ 14:14

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