Gutachten des BMWi schlägt Three-Strikes-Modell nach britischem Vorbild vor
Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine vergleichende Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen – je nach Ausgestaltung als Two-Strikes-, Three-Strikes- oder nach französischem Vorbild (Hadopi) ausgestaltetes Modell bezeichnet – veröffentlicht.
Das von Prof. Rolf Schwartmann vorgelegte Gutachten stellt zunächst eine rechtsvergleichende Untersuchung an und befasst sich anschließend auch mit der Frage, ob ein solches Modell in Deutschland möglich wäre (S. 303 ff. des Gutachtens) und insbesondere mit dem deutschen Verfassungsrecht in Einklang stünde.
Das lobbyfreundliche Gutachten Schwartmanns schlägt für Deutschland ein Modell vor, das an das britische Konzept angelehnt ist. Die Zugangsprovider sollen verpflichtet werden, Warnhinweise an solche Anschlussinhaber zu versenden, deren IP-Adresse im Zusammenhang mit einer ihnen gemeldeten Rechtsverletzung ermittelt wurde. Die Provider sollen ergänzend eine gegenüber Dritten anonymisierte Verstoßliste führen und diese Liste ab einer bestimmten Anzahl von Verstößen, dem Rechteinhaber bekannt geben. Dieser kann dann vom Provider, wie derzeit bereits üblich, im Wege eines gerichtlichen Auskunftsverlangens die Bekanntgabe von Namen und Anschrift des betroffenen Nutzers verlangen und anschließend im Wege einer Abmahnung und ggf. gerichtlich gegen den Nutzer vorgehen.
Dieses Modell könnte allerdings in Widerspruch zu einer aktuellen Entscheidung des EuGH stehen, die von Schwartmann kürzlich in durchaus beachtenswerter Art und Weise kommentiert wurde.
Das Gutachten hat jedenfalls erkannt, dass diejenigen Modelle, an deren Ende eine Sperrung des Internetzugangs steht, schwerlich mit den deutschen Grundrechten in Einklang zu bringen sind.
Der Vorschlag Schwartmanns führt allerdings zu einer Verfestigung und Ausweitung des derzeitigen Konzepts der Filesharing-Abmahnungen, das sich unter dem Motto „Turn Piracy Into Profit“ zu einem weitgehend fragwürdigen Geschäftsmodell entwickelt hat. Für Internetzugangsprovider dürfte die Führung einer Verstoßliste – in der ja sämtliche einem Provider gemeldeten Verstöße erfasst werden müssen – außerdem einen beträchtlichen Aufwand mit sich bringen.
Noch bedenklicher ist allerdings der Umstand, dass die längerfristige Speicherung im Rahmen einer Verstoßliste faktisch eine Kombination aus einer Vorratsdatenspeicherung und einem Quick-Freeze darstellt. Der Provider speichert quasi auf Zuruf die Daten vermeintlicher Einzelverstöße – ohne jede Prüfung wohlgemerkt – und führt diese in einer Verstoßliste zusammen, die ein Rechteinhaber später abrufen kann. Diese Liste wird für Rechteinhaber damit praktisch auf Vorrat gespeichert. Die Frage wäre dabei allerdings dann auch, ob diese Verstoßliste sämtliche gemeldeten Rechtsverstöße verschiedener Rechteinhaber umfasst oder ob nach Rechteinhabern getrennte Verstoßlisten geführt werden müssten. Dieses System dürfte es dem Betroffenen, in noch stärkerem Maße als dies schon aktuell beim Filesharing der Fall ist, erschweren bzw. unmöglich machen, sich gegen eine Inanspruchnahme als Verletzer zur Wehr zu setzen. Bereits das aktuelle System der Beauskunftung und anschließenden Inanspruchnahme ermöglicht dem Betroffenen in Fällen des Filesharing in der Praxis keinen ausreichenden, effektiven Rechtsschutz mehr. Diese Schieflage würde durch den Vorschlag Schwartmanns noch verstärkt werden.
Ich finde es durchaus richtig, dass eine Diskussion über die Ahndung bzw. Beweissicherungsmöglichkeit bei derartigen Verstößen geführt wird. Es kann jedoch nicht angehen, dass eine Lobby es schafft, sämtliche für einen Zivilprozess oder zumindest die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen erforderlichen Beweismittel und mit deren Erhebung verbundenen Kosten einem relativ Unbeteiligten, dem ISP, auf zu erlegen.
Verabschieden muss sich die Internetgemeinde auf jeden Fall vom ‚Gratis’Konsum wobei der Trend des digitalen Musikabsatzes ganz klar in Richtung Onlinekauf verläuft. Ich finde dass es nicht erforderlich ist, Nutzer von illegalen Streamingportalen weiterhin unbehelligt zu lassen. Es gibt genügend legale Alternativen um in den Genuss der aktuellsten Serien etc. zu kommen.
Was jedoch nicht geschehen darf, ist eine abartige Kriminalisierung derer, die solche Portale nutzen. Hier ist Verhältnismäßigkeit gefragt. Fotomontagen zum Thema SOPA scherzen mit dem Vergleich:
Wer einen Song von Michael Jackson illegal erwirbt, bekommt eine 5 jährige Haftstrafe während der Arzt, der ihn ‚getötet‘ hat mit 4 Jahren davon kommt!
Natürlich ist es eine schwierige Materie, das Internet. Aber man darf sich nicht sämtlichen Regelungsversuchen versperren. Das größte Problem ist, dass es ein weltweiter, grenzenloser „Raum“ ist. Und an Landesgrenzen macht es nunmal nicht Halt.
My two cents,
Christian F.
Comment by Christian F. — 4.02, 2012 @ 13:19
und das triggern einer atombombe wird auch nur mit 5 jahren bestraft. da aber der illegale downloader einen messbaren schaden anrichtet und der triggerer einer atombombe einen unbemessbaren schaden anrichtet würde ich vorschlagen: alleine das ansehen der streams vom KI.Ka muss einem 6 jährigen zwingend lebenslängliche zwangsarbeit auserlegen.
Comment by choppa — 4.02, 2012 @ 15:50
@Christian F.: Wie genau komme ich in Deutschland legal an „aktuellste Serien“ („legal“ im Sinne von legal und „aktuellst“ im Sinne von in derselben Woche wie die US-Erstausstrahlung)? Falls es solche Angebote gibt, würde ich sie mir gern einmal anschauen.
Comment by CF — 4.02, 2012 @ 16:11
Man kommt ja legal noch nicht einmal – weder hierzulande noch in den USA – an knapp fünfzehn Jahre alte klassische US-Fernsehserien. Bei den aktuellen sieht es etwas besser aus, da kann man nach ein bis zwei Jahren für ein paar Jahre auf einen Vertrieb hoffen, aber auch nur, wenn die Serie erfolgreich war. Danach verschwinden die auch vom Markt. Der Verbraucher soll ja die dann aktuellen Serien sehen.
Durch „Depublikation“ haben wir eine ähnliche Situation was Produktionen des deutschen öffentlichen Rundfunks angeht.
Solche Kulturgüter sind ausschliesslich illegal zu haben. Pirate Bay und Konsorten erfüllen da derzeit die Funktion der Antiquariate.
Comment by Ein Mensch — 6.02, 2012 @ 08:10
Ich denke, man sollte Netzsperren (sperren auf Netzebene) mit „Internet-Verboten“ wie den Three Strikes-Lösungen nicht durcheinander bringen. Beim einen wird auf Netzebene ein bestimmter Inhalt von der Weiterleitung ausgeschlossen. Beim anderen wird einer einzelnen Person verboten, sich mit dem Internet insgesamt zu verbinden. Diese beiden Strategien haben eigentlich nur gemeinsam, dass sie beide mit dem Internet zu tun haben und dabei hochproblematisch sind.
Die EuGH-Entscheidung „Scarlet Extended“ betrifft Netzsperren. Die Three Strikes-Ansätze betreffen die Internet-Verbote. Just my 2 cents. ;)
Comment by Simon — 6.02, 2012 @ 09:32
Ein Durcheinanderbringen sehe ich hier nicht, wenn man es mit Blick auf die Provider betrachtet. Bei beiden „Strategien“ (if any) stellt sich insbesondere die Frage, ob den Providern die hier in Rede stehenden Pflichten auferlegt werden können. „Scarlet Extended“ spricht aus meiner Sicht eher dagegen.
Comment by Til — 6.02, 2012 @ 10:23
@CF:
es gibt zB http://www.netflix.com oder auch http://www.hulu.com
dort kann man legal, gegen bezahlung alles ansehen, was man möchte. ferner kann man sich einen iTunes US account einrichten…
Comment by Christian F. — 6.02, 2012 @ 18:55
@Christian F.:
wenn ich netflix bzw. hulu aufrufe, bekomme ich folgende hinweise:
—
Watch right on your TV or computer
Cancel online anytime
Sorry, Netflix is not available in your country… yet
—
Sorry, currently our video library can only be watched from within the United States
Hulu is committed to making its content available worldwide. To do so, we must work through a number of legal and business issues, including obtaining international streaming rights.
—
wie ist das nun mit dem „legal“? hat zB hulu doch diese rechte und lügt mich nur nur an, ich muss also nur noch hulu bzgl. meines aufenthaltsorts belügen und dann ist rechtlich alles im grünen bereich? sicher?
Comment by CF — 7.02, 2012 @ 10:36
@CF:
Ich wüsste nicht, was dagegen spräche eine US IP zu nutzen. Ich mache das zB jeden Tag. Und solange die ihr Geld bekommen, stellen die auch keine Fragen… Und die 5,20€/Monat (monatlich kündbar) sind es mir wert…
Comment by Christian F. — 7.02, 2012 @ 22:24
Guten Tag) Ich habe nicht Schlechte Bildung und die Bekannten fragen mich oft nach einem Rat. Und ich will allen eigene Erfahrung mitteilen. So, eigentlich. Ich will über die Information reden- dieses Ding in der modernen Welt ist der Hauptwert. Und das Internet wird immer mehr der Müllgrube ähnlich, in der etwas zu finden sehr schwer ist. Zum Beispiel. Alle wissen, dass es unmöglich ist auf manche Fragen Antworten im gewöhnlichem Suchsystem zu finden. Wenn man etwas braucht, was nur Leute, die sich damit professionell beschäftigen, wissen. Und das ist ein Problem. Also man muss sich quälen und Stundenlang suchen.
Man braucht doch irgendwie diese Information zu bekommen. Natürlich kann man etwas machen. Viele unter den Bekannten versuchen den nötigen Spezialist zu finden und ihn zu fragen. Aber diese Weise ist noch komplizierter. So. Ich muss Ihnen einfach in der am meist entzückten Form von einer Webseite erzählen. Es gibt gewiss fast die zauberhafte Weise die Lösung des Problems. Die Lösung existiert. Das ist so geil. Ich sah noch nicht’s so was ähnliches. Das ist hahaped Dort überhaupt kann man alles was du willst finden. Sie haben solches System gemacht, das die gegebene Zeit überholt hat. Ich bin sehr zufrieden.
Comment by Vitalij — 8.02, 2012 @ 11:59
@Christian F.:
dann haben wir unterschiedliche begriffe von „legal“ … für mich ist „jemanden durch vorspiegelung falscher tatsachen glauben machen, er dürfe etwas, was er nicht darf“ nicht „legal“. „legal“ wäre für mich, wenn zB netflix seine dienste ganz offiziell und mit zustimmung der rechteinhaber in deutschland anbieten dürfte.
Comment by CF — 10.02, 2012 @ 15:44
@CF
Und was soll daran illegal sein? Erfüllt es einen Tatbestand des StGB? Nein.
Zivilrechtlich könnten sich die Anbieter uU vom Vertrag lösen. Aber was habe ich dann verloren?
Comment by Christian F. — 11.02, 2012 @ 11:13