Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

18.10.13

Störerhaftung im Internet: Wie lange noch?

Der Bundesgerichtshof hat über viele Jahre hinweg – seit dem Urteil „Internet-Versteigerung“ aus dem Jahre 2004 – in einer ganzen Reihe von Entscheidungen die Auffassung vertreten, die Haftungsprivilegierungen des Telemediengesetzes (TMG) seien auf Unterlassungsansprüche nicht anwendbar und hat insoweit seine bewährten Grundsätze der Störerhaftung zur Anwendung gebracht. Diese Rechtsprechung ist in der juristischen Literatur sowohl auf Ablehnung als auch auf Zustimmung gestoßen.

Nachdem der EuGH bereits vor längerer Zeit entschieden hat, dass sich u.a. eBay und Google grundsätzlich auf die Haftungsprivilegierung des Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie, die in Deutschland in § 10 TMG umgesetzt ist, berufen können, ohne hierbei zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu differenzieren, stellt sich die Frage, ob die bisherige Rechtsprechung des BGH noch aufrecht erhalten werden kann oder ob sie in Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH steht. Diese Frage habe ich in diesem Blog bereits vor mehr als drei Jahren aufgeworfen und unter dem Titel „Das Ende der Störerhaftung im Internet“ auch in Aufsatzform (AnwZert ITR 21/2010, Anm. 2) vertieft. Dieser Aufsatz ist leider nicht (mehr) online, wurde aber bei Offene Netze und Recht ausführlich besprochen. Der I. Zivilsenat des BGH hat sich in einer Reihe aktueller Entscheidungen nicht mehr eindeutig zu dieser Frage positioniert – weil ihm möglicherweise bewusst ist, dass er seine Rechtsprechung wird aufgeben müssen – während der VI. Zivilsenat in aktuellen Entscheidungen immer noch explizit darauf verweist, dass die Haftungsregelungen des TMG nicht auf Unterlassungsansprüche anwendbar seien.

Der Kollege Kremer analysiert im CR-Blog eine bemerkenswerte Entscheidung des Kammgerichts (Urteil vom 16.04.2013, Az.: 5 U 63/12), die mit dieser BGH-Rechtsprechung bricht und dies lapidar damit begründet, dass die bisherige Rechtsprechung des I. Senats des BGH nicht mit der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung von Art. 14 und 15 der E-Commerce-Richtlinie vereinbar sei. Die Entscheidung des KG ist nicht rechtskräftig, sondern vielmehr in der Revision beim BGH anhängig, so dass der I. Senat nunmehr erneut die Gelegenheit hat, sich zu der Frage eindeutig zu äußern oder ggf. an den EuGH vorzulegen. Wenn man die Rechtsprechung des EuGH auch auf Unterlassungsansprüche überträgt, würde für die Störerhaftung bei Internetsachverhalten nicht mehr viel Raum bleiben. Der BGH müsste sich dann eventuell auch einmal ausführlicher mit der Frage befassen, ob die Haftungsprivilegien des TMG auch in den Filesharing-Fällen zum Tragen kommen können, was nach meiner Einschätzung durchaus naheliegend ist.

posted by Stadler at 12:20  

11.10.13

EGMR: Haftung eines Newsportals für Nutzerkommentare

In Estland wurde der Betreiber eines Newsportals zu Schadensersatz wegen der Veröffentlichung rechtswidriger Nutzerkommentare verurteilt, obwohl er die Kommentare zügig entfernt hatte, nachdem er auf die rechtswidrigen Inhalte der anonymen Kommentare hingewiesen wurde.

Haftung des Portalbetreibers für Nutzerkommentare verstößt nicht gegen Art. 10 MRK

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)  hat diese Verurteilung durch estländische Gerichte gebilligt und hierin keinen Verstoß gegen Art. 10 MRK (Meinungsfreiheit) gesehen (Urteil vom 10.10.2013, Az.: 64569/09). Zur Begründung führt der EGMR u.a. aus, dass die Rechtsverletzung schwerwiegend gewesen sei, dass die Inanspruchahme der Autoren wegen der Anonymität der Postings erschwert war und die Gerichte nur einen sehr geringen Schadensersatz zugesprochen haben, der ein kommerzielles Portal nicht stark beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund sieht der Gerichtshof keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Portals auf Meinungsfreiheit. Bedenklich an der Entscheidung erscheint mir allerdings der Hinweis des Gerichts, dass das Portal nicht genug getan hätte, um rechtswidrige Kommentare zu verhindern. Das führt nämlich zu der Frage, ob man als Newsportal tatsächlich gehalten ist, Kommentare vorab nicht nur automatisiert zu filtern, sondern vielleicht sogar redaktionell zu prüfen. Die hierdurch ausgelösten Chilling-Effects beleuchtet der EGMR nicht ausreichend.

Verstößt die Haftung des Portalbetreibers gegen EU-Recht?

Mit der Frage, ob die Entscheidung der estländischen Gerichte gegen EU-Recht verstößt, hat sich der EGMR nicht zu befassen. Sein Prüfungsmaßstab ist nur die Menschenrechtskonvention. Die EU-rechtliche Fragestellung gehört allerdings zu den eigentlich spannenden Aspekten des Falles. Die Eröffnung der Möglichkeit Nutzerkommentare zu posten, dürfte nämlich grundsätzlich unter die Haftungsprivilegierung von Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie fallen, nachdem es sich um eine  Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen handelt. Die estländischen Gerichte hatten die Anwendung der Haftungsprivilegierung mit dem Argument abgelehnt, der Portalbetreiber habe ein wirtschaftliches Interesse daran, dass Nutzer Kommentare posten. Dieser Aspekt ist allerdings nach der Richtlinie kein geeignetes Kriterium um die Haftungsprivilegierung zu versagen. Der estländische High Court hätte zumindest an den EuGH vorlegen müssen. Der EuGH geht nämlich grundsätzlich davon aus, dass sich selbst Onlinemarktplätze wie eBay auf die Haftungserleichterung berufen können. Das wirtschaftliche Eigeninteresse ist also kein ausreichendes Argument um die Haftungsprivilegierung zu versagen. Im übrigen ist die Frage, ob der Kommentarteil eines Newsportals im Hinblick auf die Haftung nicht eher mit einem sozialen Netzwerk vergleichbar ist, als mit einer Handelsplattform wie eBay. Bei sozialen Netzwerken hat der EuGH die Möglichkeit der Berufung auf Art. 14 der ECRL bejaht und zudem betont, dass den Betreibern wegen Art. 15 der ECRL keine allgemeine Filter- oder Überwachungspflicht auferlegt werden kann. Auf eine solche läuft die Rechtsprechung der estländischen Gerichte letztlich aber hinaus, denn die Schadensersatzhaftung lässt sich nur dadurch vermeiden, dass man bereits im Vorfeld prüft und filtert.

Zusammenfassung

Die Entscheidung des EGMR, der nur über einen Verstoß gegen Art. 10 MRK zu befinden hat, erscheint mir deshalb problematisch, weil er sich offenbar der Tragweite und der zu befürchtenden Chilling-Effects auf die Meinungsfreiheit nicht bewusst ist. Nicht zum Prüfungsmaßstab des EGMR gehört die Frage eines Verstoßes gegen die E-Commerce-Richtlinie. Ein solcher Verstoß liegt nach meiner Einschätzung materiell allerdings vor.

posted by Stadler at 10:12  

2.10.13

LG Mönchengladbach: Google haftet nicht für ehrverletzende Suchergebnisse

posted by Stadler at 10:52  

20.9.13

GbR-Gesellschafter haftet nicht persönlich für Unterlassungsverpflichtung der Gesellschaft

Der Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) haftet nicht persönlich auf Unterlassung für eine vertragliche Unterlassungspflicht der Gesellschaft. Das hat der BGH mit Urteil vom 20.06.2013 (Az.: I ZR 201/11) entschieden. Es ist danach auch nicht treuwidrig, wenn sich die Gesellschafter darauf berufen, dass sie persönlich keine Unterlassungserklärung abgegegben haben, sondern nur die GbR.

Damit ist natürlich noch nichts über die Frage ausgesagt, ob ein Unterlassungsanspruch auch gegen einen Gesellschafter bestehen kann. Die Entscheidung des BGH betrifft nur die Frage, wer für einen Verstoß gegen eine bereits begründete vertragliche Unterlassungsverpflichtung haftet.

Aus der Gesellschafterstellung alleine resultiert jedenfalls nicht ohne weiteres eine persönliche Unterlassungshaftung. Bei geschäftsführenden Geselllschaftern werden aufgrund ihrer Geschäftsführerstellung allerdings häufig auch direkte Unterlassungsansprüche in Betracht kommen.

posted by Stadler at 11:46  

4.9.13

BGH erweitert Prüfpflichten von Filehostern wie Rapidshare

Bereits im letzten Jahr hat der BGH entschieden, dass einen sog. File- bzw. Sharehoster – im konkreten Fall Rapidshare – Sperrpflichten sowie Prüf- und Filterpflichten für die Zukunft treffen, sobald er auf einen konkreten Urheberrechtsverstoß hingewiesen worden ist.

Diese Rechtsprechung hat der BGH nunmehr mit Urteil vom 15.08.2013 (Az.: I ZR 80/12) konkretisiert und erweitert. Die amtlichen Leitsätze dieser neuen Entscheidung lauten wie folgt:

a) Ist das Geschäftsmodell eines File-Hosting-Dienstes nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt, ist der Umstand, dass der Betreiber durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung des Dienstes fördert, bei der Bestimmung des Umfangs der ihm als Störer obliegenden Prüfpflichten zu berücksichtigen (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 21 ff. – Alone in the Dark).

b) Leistet ein File-Hosting-Dienst durch sein konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub, so ist ihm eine umfassende regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf seinen Dienst verweisen (Fortführung von BGHZ 194, 339 Rn. 39 – Alone in the Dark).

c) Die Prüfpflichten des Störers, die sich danach ergeben, bestehen in Bezug auf jedes Werk, hinsichtlich dessen ihm eine klare Rechtsverletzung angezeigt worden ist; sie verringern sich nicht deswegen, weil er auf eine große Zahl von Verletzungen – im Streitfall auf das Öffentlich-Zugänglichmachen von über 4800 Musiktiteln – hingewiesen worden ist.

Der BGH geht also nunmehr wesentlich deutlicher als bislang davon aus, dass das Geschäftsmodell von Rapidshare zwar nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt ist, weil es auch einen erheblichen Anwendungsbereich für eine legale Nutzung bietet, aber dennoch die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung durch eigene Maßnahmen fördert. Dies macht der BGH vor allem an den Premium-Konten fest, die Rapidshare anbietet. Und genau dieser Umstand führt im Rahmen der Störerhaftung nach Ansicht des BGH zu erhöhten Prüf- und Sorgfaltspflichten.

Den Umfang der konkreten Prüfmaßnahmen im Hinblick auf künftige Urheberrechtsverletzungen hat der BGH dann erstaunlich weit gezogen. Den Sharehoster trifft danach eine generelle Marktbeobachtungspflicht, sobald er einmal auf die Verletzung eines konkreten Werks (Film oder Musiktitel) hingewiesen worden ist:

Die vom Berufungsgericht der Beklagten in diesem Umfang auferlegte allgemeine „Marktbeobachtungspflicht“ ist unter den konkreten Umständen des Streitfalls zumutbar und geboten. Die Beklagte ist somit verpflichtet, über allgemeine Suchmaschinen wie Google, Facebook oder Twitter mit geeignet formulierten Suchanfragen und gegebenenfalls auch unter Einsatz von sogenannten Webcrawlern zu ermitteln, ob sich hinsichtlich der konkret zu überprüfenden Werke Hinweise auf weitere rechtsverletzende Links auf ihren Dienst finden.

Das dürfte für Dienste wie Rapidshare ein äußerst aufwändiges Unterfangen darstellen, mit dem man sein Haftungsrisiko dennoch nur minimieren aber kaum ausschließen kann.

Es ist also durchaus möglich, dass dies kurz- oder mittelfristig das Aus für Dienste wie Rapidshare in Deutschland bedeuten wird.

posted by Stadler at 10:38  

2.8.13

Bewertungsportal muss keine Auskunft über den Verfasser einer Bewertung geben

Das Landgericht München I hat entschieden (Urteil vom 3.7.2013, Az.: 25 O 23782/12), dass ein Arzt keinen Auskunftsanspruch gegen ein Arztbewertungsportal darauf hat, den Verfasser einer (negativen) Bewertung namentlich zu benennen.

Das Landgericht geht zunächst davon aus, dass ein Diensteanbieter nach § 12 TMG die für die Bereitstellung von Telemedien erhobenen personenbezogenen Daten für andere Zwecke nur verwenden darf, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.

Da weder eine Einwilligung noch eine gesetzliche Gestattung gegeben ist, folgt daraus nach Ansicht des Gerichts letztlich, dass der Portalbetreiber die Daten nach geltender Rechtslage gar nicht herausgeben darf. Da außerdem § 13 Abs. 6 TMG ausdrücklich vorsieht, dass eine anonyme oder pseudonyme Nutzung ermöglicht werden muss, ist die Handhabung des Portalbetreibers rechtlich zulässig und kann auch einem sich aus § 242 BGB abgeleiteten Auskunftsanspruch entgegen gehalten werden.

Die Entscheidung des LG München I entspricht der vorherrschenden Rechtsprechung. Soweit ersichtlich hat bisher nur das OLG Dresden eine andere Ansicht vertreten.

posted by Stadler at 16:26  

25.6.13

Generalanwalt beim EuGH zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit von Google

Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat in seinem Schlussantrag vom 25.06.2013 in einem Rechtsstreit zwischen Google und der spanischen Datenschutzaufsichtsbehörde (Az.: C -131/12) bemerkenswerte Rechtsauffassungen vertreten. Der EuGH ist an die Einschätzung des Generalanwalts nicht gebunden, folgt ihr aber zumeist.

Google wendet sich mit seiner Klage gegen eine Löschungsaufforderung der spanischen Datenschutzbehörde, die von Google verlangt hatte, Suchergebnisse zu löschen, die nach Eingabe des Namens einer bestimmten Person in die Suchmaske der Suchmaschine angezeigt wurden.

Der Generalanwalt ist zunächst der Ansicht, dass spanisches Datenschutzrecht auf Google auch dann anwendbar ist, wenn Goggle lediglich werbende nationale Tochterunternehmen unterhält, wie z.B. in Spanien oder auch in Deutschland. Er schlägt dem EuGH insoweit vor festzustellen,

dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen einer Niederlassung des für die Verarbeitung Verantwortlichen stattfindet und daher nationale Datenschutzbestimmungen auf einen Suchmaschinenbetreiber anwendbar sind, wenn dieser in einem Mitgliedstaat für die Vermarktung und den Verkauf von Werbeflächen der Suchmaschine eine Niederlassung einrichtet, deren Tätigkeit sich an die Einwohner dieses Staats richtet.

Im Hinblick auf die Frage einer datenschutzrechtlichen Haftung/Verantwortlichkeit von Google ist der Generalanwalt allerdings der Ansicht, dass der Betreiber einer Suchmaschine hinsichtlich personenbezogener Daten auf Quellenwebseiten, die auf dem Server eines Dritten gehostet werden, weder rechtlich noch tatsächlich die in der Datenschutz-Richtlinie vorgesehenen Pflichten eines für die Verarbeitung Verantwortlichen erfüllen kann. Eine nationale Datenschutzbehörde kann einen Internetsuchmaschinen-Diensteanbieter deshalb nicht zur Entfernung von Informationen aus seinem Index verpflichten, es sei denn, der Diensteanbieter hat exclusion codes nicht beachtet oder ist einer Aufforderung seitens des Websitebetreibers zur Aktualisierung des Cache nicht nachgekommen.

Der Generalanwalt stellt außerdem klar, dass die geltende Richtlinie auch unter Berücksichtigung der Grundrechtecharta kein allgemeines „Recht auf Vergessenwerden“ kennt und Suchmaschinenbetreiber deshalb auch unter diesem Aspekt nicht zu einer Bereinigung des Index verpflichtet sind.

Man darf auf die Entscheidung des EuGH gespannt sein.

posted by Stadler at 16:01  

14.6.13

OLG Hamburg zur Frage, ob ein Sharehoster als Gehilfe haften kann

Wenn ein Sharehoster für mehrere Wochen untätig bleibt, nachdem er von einer Urheberrechtsverletzung durch einen Nutzer des Dienstes in Kenntnis gesetzt worden ist, dann haftet er nach einer neuen Entscheidung des OLG Hamburg als Gehilfe des Verletzers (OLG Hamburg, Beschluss vom 13.05.2013, Az.: 5 W 41/13).

Das Oberlandesgericht führt dazu aus, dass sich der Sharehoster nicht mehr auf die Haftungsprivilegierung des § 10 TMG berufen kann, wenn er trotz Kenntnis – und hier offenbar sogar der Zusicherung die Inhalte zu entferen – untätig bleibt, sondern dann nach allgemeinen Grundsätzen haftet. Das bedeutet dann im Ergebnis, dass der Sharehoster auch auf Schadensersatz haftet kann und zudem eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der beim Filehoster handelnden Personen in Betracht kommt.

Im konkreten Fall hat der Senat zwar eine Haftung als Mittäter verneint, aber eine solche wegen Beihilfe bejaht. Das OLG geht insoweit davon aus, dass eine objektive Unterstützungshandlung des Sharehosters vorliegt und zudem auch bedingter Vorsatz, nachdem man nach Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung untätig geblieben ist und die Fortsetzung der Rechtsverletzung damit billigend in Kauf genommen hat.

Die Entscheidung dürfte auch auf gewöhnliche Hoster sowie alle, die fremde Inhalte zur Verfügung stellen oder publizieren, übertragbar sein.

Die Entscheidung wird auch bei Telemedicus besprochen.

posted by Stadler at 11:55  

6.6.13

Wie die Angst vor einer Haftung den Aufbau öffentlicher W-LANs hemmt

Nicht nur große Städte wie Berlin oder München wollen ihren Bürgern und Besuchern gerne an zentralen Plätzen einen kostenlosen Internetzugang anbieten, sondern auch kleinere Kommunen interessieren sich mittlerweile für das Thema.

Gerade heute habe ich mit einem Provider gesprochen, der für eine kleinere Stadt ein W-LAN an einem zentralen öffentlichen Platz schaffen soll. Die Gemeinde will dabei aber nicht als Anbieter auftreten, weil man befürchtet, wegen rechtswidriger Handlungen der Nutzer in Anspruch genommen zu werden. Als Betreiber soll daher der Provider fungieren. Beratungsanfragen dieser Art hatte ich in letzter Zeit mehrere, die Haftungsfrage, insbesondere bei Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer des Angebots, stand dabei regelmäßig im Vordergrund. Vermutlich wäre man in Deutschland beim Aufbau öffentlicher und kostenloser W-LANs vielerorts schon deutlich weiter, gäbe es diese Angst vor einer Haftung nicht.

Gestern hatte ich darüber gebloggt, dass der Bundestag, ebenso wie die Bundesregierung, dennoch eine Haftungsbeschränkung für die Betreiber freier öffentlicher W-LANs nicht gesetzlich verankern will. Die Bundesregierung will stattdessen abwarten, bis der BGH entscheidet. Das kann allerdings Jahre dauern. Es ist zudem gerade die problematische und missverständliche Rechtsprechung des BGH, die die Angst vor einer Haftung der Betreiber freier öffentlicher W-LANs nährt. In dieser Situation müsste der Gesetzgeber klarstellend eingreifen, anstatt darauf zu hoffen, dass das höchste Zivilgericht, das zudem maßgeblich für die bestehende Rechtsunsicherheit verantwortlich ist, die Frage schon noch klären wird. Einer Bundesregierung die nicht handelt, obwohl sie dazu in der Lage ist und eine entsprechende Notwendigkeit besteht, fehlt es an Überzeugungskraft.

posted by Stadler at 14:11  

24.5.13

Urteil des BGH zur Haftung von Google für die Suchwortvervollständigung im Volltext

Das Urteil des BGH vom 14.05.2013 (Az.: VI ZR 269/12 ) zur Haftung von Google für seine Autocompletefunktion liegt nunmehr im Volltext vor. Ich hatte zu der Thematik bereits vor längerer Zeit gebloggt und letzte Woche das jetzige Urteil auch vorläufig für Heise analysiert.

Der BGH geht in seiner Urteilsbegründung davon aus, dass der Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers in die Suchmaschine und den dann „automatisch“ angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen „Scientology“ und „Betrug“ die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger und den negativ konnotierten Begriffen bestehe ein sachlicher Zusammenhang.

Der BGH beantwortet allerdings dann die Frage nicht, wann Google im Rahmen seiner nach Kenntnis entstehenden Prüfpflichten von einem solchen sachlichen Zusammenhang tatsächlich ausgehen darf bzw. muss. Wenn sich gar keine einschlägigen Suchtreffer finden, wird man nach dieser Rechtsprechung davon auszugehen haben, dass Google künftig dafür zu sorgen hat, dass solche Ergänzungsvorschläge nicht mehr angezeigt werden. Wie aber wäre der – hier offenbar nicht vorliegende – Fall zu beurteilen, in dem tatsächlich einschlägige Suchtreffer vorhanden sind, in denen über eine Verbindung zu Scientology oder über Betrugsvorwürfe berichtet wird? Wie weit reicht die Prüfpflicht von Google in diesem Fall?

Hierzu führt der BGH lediglich aus, dass nach dem Vortrag des Klägers revisionsrechtlich davon auszugehen ist, dass er weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht und er die Äußerung von solchen unwahren Tatsachen nicht hinnehmen muss. Ob Google allerdings in dem Fall, in dem die Wahrheit einer bestimmten Tatsachenbehauptung in Streit steht, den Wahrheitsnachweis führen muss oder es für eine Enthaftung genügt, dass einschlägige Suchtreffer auffindbar sind, bleibt damit letztlich offen.

Der Fall könnte durchaus noch ein verfassungsgerichtliches Nachspiel haben, denn die Interessen von Google berühren die Grundrechte aus Art. 5 und Art. 14 GG, worauf der Senat in seiner Urteilsbegründung auch hinweist. Die Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht einerseits und Meinungs- und Informationsfreiheit andererseits, kann man möglicherweise aber auch anders vornehmen, als dies der BGH getan hat.

posted by Stadler at 10:24  
« Vorherige SeiteNächste Seite »