Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.7.12

Auskunftspflicht von Bloggern?

Eine neuere Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 08.02.2012, Az.: 4 U 1850/11) die zunächst unspektakulär wirkt, wartet zum Ende hin mit der Rechtsansicht auf, dass ein Blogger verpflichtet sein kann, Auskunft über den Verfasser eines Kommentars zu erteilen.

Das OLG Dresden führt hierzu aus:

Spezialgesetzliche Drittauskunftsansprüche aus § 101 II 1 UrhG, § 140b PatG und § 19 MarkenG sind zwar ebenso wenig einschlägig, wie der Auskunftsanspruch des „sonstigen Betroffenen“ in §§ 13, 13a UKlaG. Auch auf § 810 BGB kann ein Auskunftsanspruch nicht gestützt werden, da die Herausgabe von Nutzerdaten nicht mit der Einsicht in eine Urkunde gleichgestellt werden kann.
In Betracht kommt allerdings der allgemeine bürgerlichrechtliche Auskunftsanspruch gemäß §§ 242, 259, 260 BGB, der auch auf Dritte als Nicht-Verletzer anwendbar ist (BGH GRUR 2001, 841; Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, S. 146). Er besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635). Eine für den Anspruch erforderliche rechtliche Sonderverbindung folgt dann aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Stellt sich ein Kommentar in einem Blog als rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verletzten dar, unterliegt nämlich auch der Blogbetreiber ebenso wie ein Hostprovider unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich bei Verletzung von Prüfpflichten der allgemeinen Störerhaftung (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – zitiert nach Pressemitteilung; NJW 2011, 753; CR 2010, 458; Senat, Hinweisbeschluss vom 7.10.2011, 4 U 919/11 n.v.). Der Auskunftsanspruch ergibt sich dann als Minus zu den ansonsten bestehenden Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung persönlichkeitsverletzender Einträge.

Das OLG Dresden geht also davon aus, dass in den Fällen, in denen gegen den Blogger Ansprüche auf Unterlassung und Löschung bestehen, zugleich auch ein Anspruch auf Auskunft über die Person desjenigen besteht, der einen rechtsverletzenden Kommentar im Blog hinterlassen hat.

Das OLG Dresden schränkt allerdings sogleich ein, dass dieser Auskunftsanspruch nur dann besteht, wenn dem Blogger der Klarname des Kommentators auch tatsächlich bekannt ist.

Leider erörtert das OLG Dresden die Frage nicht, ob sich der Blogger gegenüber diesem Drittauskunftsanspruch auf die Vorschrift des § 10 TMG berufen kann. Jedenfalls ist es aber auch so, dass die Pflicht zur Beseitigung einer Rechtsverletzung und damit die Störerhaftung frühestens in dem Zeitpunkt einsetzen kann, in dem der Blogger Kenntnis von einem Rechtsverstoß erlangt. Der Auskunftsanspruch, den das OLG Dresden für denkbar hält, würde allerdings dazu führen, dass dieser Zeitpunkt vorverlagert wird, weil der Blogbetreiber auf Informationen zurückgreifen müsste, die er bereits zeitlich vor der Rechtsverletzung erlangt hat.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung, z.B. des OLG Frankfurt, wird entgegen der Ansicht des OLG Dresden zudem davon ausgegangen, dass die Störerhaftung kein Grundlage für Auskunftsansprüche bildet, weil sie lediglich der Abwehr von Rechtsverletzungen dient.

posted by Stadler at 17:19  

5 Comments

  1. Jeder Kann doch bei einem Free Mailer
    einen Phantasie Namen Wählen und eine E Mail Adresse wählen

    Was Bringt es dann wenn die Behörden Eben Diesen Namen wissen .

    Weil wie soll ich als Blogger der bei einem Webspace Hoster seinen Blog hat wissen ob es die Person die Kommentiert wirklich gibt ? als Reale Person

    Comment by Guido Waldenmeier — 10.07, 2012 @ 17:25

  2. § 10 TMG kann m.E. von vornherein in den meisten Fällen nicht einschlägig sein. Das TMG gilt nur für geschäftsmäßige Blogs. Weiter reicht auch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes unbestrittenermaßen nicht.

    Comment by OG — 10.07, 2012 @ 17:38

  3. @ Guido Waldenmeier:

    Eben, genau das war eine der Verteidigungslinien in diesem Verfahren. Vgl. auch die Vorinstanz LG Leipzig 8 O 1142/11 vom 28.10.2011

    Comment by RA JM — 10.07, 2012 @ 18:51

  4. @OG: Da muss ich widersprechen. Das TMG gilt ersichtlich für alle Telemedien. Siehe § 1. Die Beschränkung auf geschäftsmäßige Telemedien haben wir nur bei der Anbieterkennzeichnung. Die Reichweite der Gesetzgebungskompetenz des Bundes war in diesem Zusammenhang immer diskutabel. Aber selbst wenn das Gesetz insoweit formell verfassungswidrig wäre, ist es zu beachten.

    Comment by Stadler — 10.07, 2012 @ 21:28

  5. The Tor Project is your friend.

    Comment by Resist! — 10.07, 2012 @ 21:52

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