Der Fall Perlentaucher ist unlängst vom Bundesgerichtshof an das OLG Frankfurt zurückverwiesen worden.
Das Onlinekulturmagazin Perlentaucher bietet Zusammenfassungen von Feuilletonartikeln verschiedener Zeitungen an. Solche “Abstracts” lizenziert der Perlentaucher gegen Entgelt u.a. auch an Amazon und buecher.de, soweit sie Literaturkritiken zum Gegenstand haben. Hiergegen klagten die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung zunächst erfoglos.
Der BGH hatte zwar betont, dass eine Zusammenfassung eines fremden, urheberrechtlich geschützten Texts regelmäßig eine zulässige, freie Benutzung des Ausgangswerks nach § 24 UrhG darstellt, dass sich diese Betrachtung aber dann ändern kann, wenn Passagen des Werkes wörtlich übernommen werden, weil es sich dann um eine abhängige Bearbeitung (§ 23 UrhG) handelt, die der Zustimmung des Urhebers bedarf. Die bloße Kürzung des Originaltextes bei gleichzeitiger Übernahme besonders aussagekräftiger und markanter Textpassagen betrachtet der BGH nicht als eine erhebliche eigenschöpferische Leistung.
Nachdem dies auf einige, aber nicht auf alle, der Abstracts zutrifft, die Gegenstand des Rechtsstreits waren, hat das Oberlandesgericht Frankfurt der Berufung der Verlage jetzt (Urteile vom 1.11.2011, Az.: 11 U 75/06 und 11 U 76/06) teilweise stattgegeben.
posted by Stadler at 20:18
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Der BGH hat mit Urteil vom 27. Oktober 2011 (Az.: I ZR 131/10 – regierung-oberfranken.de) entschieden, dass DENIC eine Domain dann löschen muss, wenn es auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen worden ist und die Rechtsverletzung offenkundig und für sie ohne weiteres feststellbar ist.
Das trifft auf Domains wie „regierung-oberfranken.de“ zu, weil es sich um die offizielle Bezeichnung der Regierung eines bayerischen Regierungsbezirks handelt. DENIC kann ohne weiteres erkennen, dass solche als Domainnamen registrierten Bezeichnungen allein einer staatlichen Stelle und nicht einem in Panama ansässigen privaten Unternehmen zustehen.
Mir stellt sich die Frage, warum DENIC diese Frage, nachdem man die Domain ohnehin gelöscht hatte und der Rechtsstreit damit in der Hauptsache erledigt war, unbedingt noch vor den BGH bringen wollte. Denn diese Niederlage war mit Verlaub absehbar. Die Rechtsabteilung von DENIC ist allerdings auch dafür bekannt, gelegentlich etwas seltsame Rechtsansichten zu vertreten.
posted by Stadler at 09:25
Der BGH hat heute (Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: VI ZR 93/10) darüber entschieden, ob und inwieweit ein Host-Provider für Blogbeträge in einem bei ihm gehosteten Blogs verantwortlich gemacht werden kann.
Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht (OLH Hamburg) zurückverwiesen und dargelegt, dass der Hostprovider nur dann haftet, wenn er folgende Pflichten verletzt hat:
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann.
Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 25.10.2011
posted by Stadler at 11:52
Beim Bundesgerichtshof tobt derzeit ein Streit zwischen dem Gerichtspräsidenten Klaus Tolksdorf und dem Bundesrichter Thomas Fischer, dem Autor des führenden Kommentars zum StGB, um die Besetzung des Vorsitzes des 2. Strafsenats. Auf Vorschlag Tolksdorfs soll dieser Posten nämlich mit dem Bundesrichter Rolf Raum besetzt werden und nicht mit Fischer, der zunächst als Favorit galt. Hiergegen wehrt sich Fischer mittlerweile vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe.
Die ZEIT (Print) hat dieser Personalie in ihrer aktuellen Ausgabe (Nr. 41 vom 06.10.2011, S. 17) ein Dossier gewidmet, das versucht, den Fall aufzuarbeiten. Die Gerichtsreporterin der ZEIT Sabine Rückert, der man die Sympathie für Fischer anmerkt, hält diese Entscheidung nicht für nachvollziehbar, zumal Fischer offenbar zunächst zwei äußerst positive dienstliche Bewertungen von Tolksdorf erhalten hat, während die dritte dann eher negativ ausfiel.
Rückert skizziert Fischer als unbequemen Richter, der sich auch gerne deutlich zu rechtspolitischen Fragestellungen äußert und u.a. als erklärter Gegner und Kritiker des mittlerweile gesetzlich geregelten „Deals“ im Strafverfahren gilt. Dies könnte auch der Grund für die Nichtberücksichtigung Fischers sein.
Ob es nur die fehlende Zurückhaltung Fischers ist oder ob vielleicht auch persönliche Animositäten eine Rolle spielen oder gar politische Gründe – Fischer wurde beispielsweise vom CDU-Abgeordneten Volker Kauder wegen eines Auftritts im Rechtsausschuss des Bundestags gerügt – deutet der Artikel von Rückert zwar an. Letztlich bleibt dies aber Spekulation.
Der Blick auf das Besetzungskarussell eines Bundesgerichts ist in jedem Falle lesenwert. Zumal man schon immer vermuten durfte, dass auch dort nicht nur sachliche Kriterien eine Rolle spielen.
posted by Stadler at 09:42
Der Weiterverkauf von Windows-Recovery-CDs, bei denen zusätzlich das am PC-Gehäuse angebrachte Echtheitszertifikat abgelöst und der weiterveräußerten CD beigelegt wird, verstößt gegen die Markenrechte von Microsoft.
Das hat der BGH heute entschieden (Urteil vom 6. Oktober 2011 – I ZR 6/10 – Echtheitszertifikat).
Quelle: PM Nr. 157/11 des BGH vom 06.10.2011
posted by Stadler at 17:04
Der BGH hat entschieden, dass auch die Presse Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch zu Recherchezwecken haben kann. Hintergrund war die Recherche eines Nachrichtenmagazins über Grundstücksgeschäfte eines Politikerehepaars, wobei das Magazin den Verdacht hatte, den Eheleuten seien für den Erwerb des Grundstücks finanzielle Vergünstigungen durch einen bekannten Unternehmer gewährt worden.
In dem Beschluss vom 17.08.2011 (Az.: V ZB 47/11) führt der BGH u.a. aus:
Das Interesse der Presse an der Kenntnisnahme des Grundbuchinhalts erweist sich als gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Eingetragenen vorrangig, wenn es sich um eine Frage handelt, die die Öffentlichkeit wesentlich angeht – was vorliegend mit Blick auf die herausgehobene politische Stellung eines der Eigentümer der Fall ist – und wenn die Recherche der Aufbereitung einer ernsthaften und sachbezogenen Auseinandersetzung dient.
Das ist im Grundsatz nicht neu. Der BGH hat allerdings ergänzend ausgeführt, dass das berechtigte Informationsanliegen zusätzlich zur Folge hat, dass der gesamte Inhalt des Grundbuchs zugänglich zu machen ist und nicht auf einzelne Abteilungen des Grundbuchs beschränkt werden kann.
Das Grundbuchamt darf nach Auffassung des BGH lediglich prüfen, ob das Rechercheinteresse in einem konkreten Bezug zu dem betreffenden Grundstück steht. Eine eigene Bewertung, welcher Erkenntniswert den einzelnen Eintragungen zukommt, ist dem Grundbuchamt demgegenüber verwehrt.
posted by Stadler at 16:45
Grundsätzlich besteht im Reparatur-, Ersatzteil- und Zubehörgeschäft in gewissem Umfang die Notwendigkeit, die Marken des Herstellers zu verwenden.
Dem trägt die Vorschrift des § 23 Nr. 3 MarkenG Rechnung, indem sie gestattet, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt.
Hierzu hat der BGH jetzt entschieden (Urteil vom 14.04.2011, Az.: I ZR 33/10), dass die Verwendung einer bekannten Wort-/Bildmarke eines Automobilherstellers (VW) in der Werbung einer Autoreparaturwerkstatt für Inspektionsarbeiten gegen die guten Sitten verstößt, wenn die Benutzung der bloßen Wortmarke die schützenswerten Interessen des Markeninhabers weniger beeinträchtigt.
Der BGH ist sogar der Meinung, dass die Verwendung einer Wortmarke die berechtigten Interessen des Markeninhabers regelmäßig weniger einschneidend berührt als die Benutzung seiner Wort-/Bildmarke oder Bildmarke, weil sich die Wortmarke in erster Linie zur Beschreibung der Bestimmung der Dienstleistungen eignet und zumindest ein bekanntes Wort-/Bildzeichen oft zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugt und deshalb eher die Gefahr der Rufausbeutung in sich birgt.
Auf die Benutzung bekannter Bild oder Wort-/Bildmarken im Zubehör- und Ersatzteilgeschäft sollte man deshalb besser verzichten. Das gilt für alle bekannten Marken in gleichem Maße. Wer also Apples angebissenen Apfel im Zubehörgeschäft verwendet, dürfte ebenso die Markenrechte verletzten wie die Autowerkstatt, die das VW-Symbol ohne Gestattung benutzt.
posted by Stadler at 17:31
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Das Geschmacksmuster fristet in der öffentlichen Wahrnehmung unter den gewerblichen Schutzrechten, im Vergleich zu den bekannteren Rechten wie Marken und Patente bislang eher ein Schattendasein. In das öffentliche Bewusstsein ist das Geschmacksmuster allerdings kürzlich deshalb getreten, weil sich Apple und Samsung medienwirksam vor Gericht über die Nachahmung des Designs des iPads durch Samsung gestritten haben.
Eine ganz andere, aber äußerst interessante Frage des Geschmacksmusterrechts hatte der BGH mit Urteil vom 07.04.2011 (Az.: I ZR 56/09) zu klären. Kann man ein Geschmacksmuster zitieren und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Dass eine Zitierung eines Geschmacksmusters denkbar ist, ergibt sich aus § 40 Nr. 3 GeschmMG. Welchen Voraussetzungen eine solche Zitierung unterliegt, war bislang allerdings unklar.
Der BGH hat jetzt schlicht die Grundsätze des urheberrechtlichen Zitats auf das Geschmacksmuster übertragen.
Sowohl § 40 Nr. 3 GeschmMG als auch § 51 UrhG dienen dem Ziel, die geistige Auseinandersetzung mit fremden Gedanken bzw. schöpferischen Leistungen zu erleichtern. Die allgemeinen Anforderungen an die Zulässigkeit eines Zitats sind deshalb nach Ansicht des BGH mit Blick auf diesen Zweck dieselben.
Ein Zitat ist nach § 51 UrhG nur zulässig, wenn eine innere Verbindung zwischen dem verwendeten fremden Werk und eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt wird und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden dient.
Dementsprechend setzt auch die Zulässigkeit einer Zitierung im Sinne des § 40 Nr. 3 GeschmMG eine innere Verbindung zwischen dem wiedergegebenen Muster und eigenen Gedanken des Zitierenden voraus. Die Wiedergabe des Musters muss folglich als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für eigene Ausführungen des Zitierenden dienen.
Die Entscheidung ist auch, wenngleich die Ausführungen hierzu nicht neu sind, im Hinblick auf die Zulässigkeit urheberrechtlicher Zitate von Bedeutung.
posted by Stadler at 14:46
Sog. Unternehmenskennzeichen (Firmennamen, besondere Bezeichnungen eines Geschäftsbetriebs) genießen Schutz nach dem Markengesetz. Bei der Frage, ob eine Verletzung eines fremden Unernehmenskennzeichens vorliegt, kommt es auf die sog. Verwechslungsgefahr an, die wiederum von zwei Aspekten abhängt, nämlich der sog. Zeichenähnlichkeit und der Branchennähe der sich gegenüberstehenden Unternehmen.
Hierzu hat der BGH jetzt entschieden (Urteil vom 20.01.2011, Az.: I ZR 10/09), dass es für die Frage der Branchennähe in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete ankommt, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien.
Die Frage, ob von einer absoluten Branchenunähnlichkeit auszugehen ist, ist losgelöst von der konkreten Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichen des Klägers zu prüfen. Bei Unternehmen, die beide im Bereich der Informationstechnologie tätig sind und die beide u.a. Sicherheitslösungen anbieten, kann eine Branchennähe nicht verneint werden. Nach Ansicht des BGH besteht vielmehr eine teilweise Branchenidentität oder zumindest hochgradige Branchenähnlichkeit.
posted by Stadler at 09:45
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Die Frage der Markenrechtsverletzung durch Verwendung von fremden Marken als Keywords bei der Schaltung von Anzeigen im Rahmen von Google-AdWords ist nach der Entscheidung des EuGH wieder beim BGH gelandet, dessen Entscheidung allerdings keine große Überraschung mehr beinhaltet.
Der Leitsatz des heute im Volltext veröffentlichten Urteils des BGH vom 13.01.2011 (Az.: I ZR 125/07) lautet:
Gibt ein Dritter ein mit einer Marke identisches Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort an, damit bei Eingabe des mit der Marke identischen Zeichens als Suchwort in die Suchmaschine ein absatzfördernder elektronischer Verweis (Link) zur Website des Dritten als Werbung für der Gattung nach identische Waren oder Dienstleistungen in einem von der Trefferliste räumlich getrennten, entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint (Adwords-Werbung), liegt darin keine Benutzung der fremden Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a MarkenRL, § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn die Anzeige selbst weder das Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte enthält, der angegebene Domain-Name vielmehr auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist.
posted by Stadler at 13:39
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