Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.2.14

Kammergericht: Für Facebook gilt deutsches Datenschutzrecht

Bereits vor einigen Wochen hatte ich über eine neue Entscheidung des Kammergerichts berichtet, die eine Entscheidung des Landgerichts Berlin bestätigt hatte, wonach der FriendFinder von Facebook sowie Teile der Nutzungs- und Datenschutzbedingungen des sozialen Netzwerks gegen deutsches Recht verstoßen (Urteil vom 24.01.2014, Az.: 5 U 42/12).

Mittlerweile liegt das Urteil im Volltext vor. Die Ausführungen des Gerichts sind vor allem deshalb interessant, weil es eine Anwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechts auf Facebook ausdrücklich bejaht. Das OVG Schleswig geht demgegenüber davon aus, dass für Facebook irisches Datenschutzrecht gilt.

Das Kammergericht stellt maßgeblich darauf ab, dass die Datenverarbeitung bei Facebook faktisch nicht in Irland, sondern in den USA bzw. durch die amerikanische Muttergesellschaft erfolgt. Das KG geht insoweit zudem davon aus, dass Facebbook in Deutschland Daten erhebt, weil es inländische „Mittel“ im Sinne der Datenschutzrichtlinie verwendet, indem es Daten – u.a. Cookies – auf den Computern der Nutzer speichert.

Darüber hinaus weist das Kammergericht auch darauf hin, dass das deutsches Datenschutzrecht zudem aufgrund einer Rechtswahl zwischen Facebook und dem Nutzer gelten würde, weil die Nutzungsbedingungen von Facebook ausdrücklich die Geltung des deutschen Rechts vorsehen.

Die Auffassung, dass für Facebook deutsches Datenschutzrecht gilt, habe ich in einem älteren Blogbeitrag ebenfalls vertreten.

posted by Stadler at 14:52  

16.2.14

Anwalt mahnt Kollegen wegen fehlendem Impressum bei XING ab

Ein Rechtsanwalt, der augenscheinlich zu wenig zu tun hat, mahnt Anwaltskollegen wegen angeblich fehlendem Impressum bei XING ab. Betroffen sind u.a. die Kollegen Carsten Ulbricht und Thomas Schwenke, die im IT-Recht keine Unbekannten sind. Der Kollege Schwenke hat das Abmahnschreiben ins Netz gestellt. Allein die vorformulierte Unterlassungserklärung ist durchaus bemerkenswert, weil die Höhe der Vertragsstrafe in das Ermessen des Gerichts gestellt werden soll. Das ist bekanntlich aber nicht zulässig. Das Gericht kann nur eine Leistungsbestimmung der Parteien überprüfen, ihm kann aber keine originäre Leistungsbestimmung übertragen werden.

Bei einem Profil auf einem Business-Netzwerk wie XING, das ja gerade dem Zweck dient, von potentiellen Mandanten/Kunden gefunden zu werden und deshalb vor Informationen zum Anbieter nur so strotzt, stellt sich außerdem die Frage, ob nicht ohnehin alle wesentlichen Anbieterinformationen die § 5 TMG verlangt, vorhanden sind.

Zu der Frage, wann Verstöße gegen die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung einen Wettbewerbsverstoß beinhalten, erwarte ich außerdem demnächst eine Änderung der Rechtsprechung. Die bisher gängige Vorgehensweise, Verstöße gegen § 5 TMG über die Vorschrift der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG stets als Wettbewerbsverstoß zu betrachten, dürfte seit dem letzten Jahr nicht mehr mit europäischem Recht vereinbar sein. Die Hintergründe hierzu habe ich in einem anderen Blogbeitrag dargelegt. Auch dieser Umstand wird vermutlich in Bälde dazu führen, dass Impressumsverstöße nicht mehr in jedem Fall als Verstoß gegen das UWG geahndet werden können, sondern nach einer Abwägung im Einzelfall nur noch dann, wenn der Verbraucher von einer informierten geschäftlichen Entscheidung abgehalten wird. Die Gerichte haben diese Konsequenz noch nicht gezogen, werden das aber früher oder später tun müssen, auch wenn derzeit bei den Instanzgerichten weiterhin zu erwarten ist, dass noch nach dem alten Schema vorgegangen wird.

posted by Stadler at 10:01  

14.2.14

Ist die Umgehung von Geo-Sperren urheberrechtswidrig?

Stern.de gibt in einem aktuellen Beitrag unter dem Titel „So sehen Sie legal US-Serien in Deutschland“ Tipps zur Umgeheung sog. Geo-Sperren. Konkret geht es darum, den US-Streamingdienst „Netflix“ zu abonnieren, der für Deutschland offiziell nicht verfügbar ist. Nutzer von außerhalb der USA werden anhand der IP-Adresse ausgesperrt. Stern.de schlägt deshalb vor, mittels eines kommerziellen VPN-Dienstes seine Herkunft zu verschleiern und den Eindruck zu erwecken, man würde „Netflix“ über eine zum amerikanischen Adressraum gehörende IP-Adresse ansteuern.

Stern.de bezeichnet das als legal und beruft sich dabei u.a. auf Rechtsanwalt Christian Solmecke, der die Umgehung sog. Ländersperren deshalb für urheberrechtlich zulässig hält, weil sie angeblich keine wirksamen technischen Maßnahmen im Sinne des Gesetzes darstellen. Ist diese Rechtsansicht tatsächlich zutreffend?

Ausgangspunkt ist Art. 6 Abs. 3 der Infosoc-Richtlinie, der wirksame technische Maßnahmen definiert als:

alle Technologien, Vorrichtungen oder Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Werke oder sonstige Schutzgegenstände betreffende Handlungen zu verhindern oder einzuschränken, die nicht von der Person genehmigt worden sind, die Inhaber der Urheberrechte oder der dem Urheberrecht verwandten gesetzlich geschützten Schutzrechte oder des in Kapitel III der Richtlinie 96/9/EG verankerten Sui-generis-Rechts ist. Technische Maßnahmen sind als „wirksam“ anzusehen, soweit die Nutzung eines geschützten Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands von den Rechtsinhabern durch eine Zugangskontrolle oder einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstands oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.

Im deutschen Recht ist diese Vorgabe praktisch wortgleich umgesetzt worden in § 95a Abs. 2 UrhG. Die Rechtsprechung neigt dazu, die Hürde für die Wirksamkeit der technischen Maßnahme eher niedrig anzusetzen. Der EuGH hat zu dieser Frage gerade erst entschieden, dass die Definition des Begriffs „wirksame technische Maßnahmen“ weit ist und eine Zugangskontrolle, ein Schutzmechanismus wie eine Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung des Werks oder ein Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung ausreichend ist. In der Entscheidung wird an mehreren Stellen deutlich, dass die Anforderungen an eine wirksame technische Maßnahme  gering sind. Eine sog. Geo-Sperre stellt mit Sicherheit eine Form einer Zugangskontrolle dar. Die  Umgehbarkeit schließt nach deutscher Rechtsprechung und Literatur eine wirksame Maßnahme nur dann aus, wenn noch nicht einmal der Durchschnittsnutzer von einem Zugriff abgehalten wird. Der Durchschnittsnutzer verschleiert seine IP allerdings nicht und wird deshalb von sog. Geo-Sperren sehr wohl davon abgehalten, Dienste wie Netflix zu abonnieren.

Mein Fazit lautet: Geo-Sperren stellen wirksame technische Maßnahmen im Sinne des Gesetzes dar, ihre Umgehung beinhaltet einen Verstoß gegen § 95a Abs. 1 UrhG. Dass der Stern online eine Anleitung zur Urheberrechtsverletzung anbietet, erscheint pikant.

posted by Stadler at 12:06  

13.2.14

LG München I: Auszüge aus Buchrezensionen verletzen das Urheberrecht

Wenn Bücher beworben werden, dann geschieht dies häufig durch mehr oder weniger lange wörtliche Auszüge aus Buchrezensionen. Diese durchaus gängige Praxis hat das Landgericht München I als Urheberrechtsverletzung qualifiziert und den Onlinebuchhändler buch.de zur Unterlassung verurteilt (Urteil vom 12.02.2014, Az.: 21 O 7543/12). Geklagt hatte die FAZ.

Das Landgericht führt zunächst aus, dass Zeitungsartikel regelmäßig urheberrechtlichen Schutz genießen und bereits die Übernahme kurzer, prägnanter Texpassagen aus Buchbesprechungen eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann und in den beanstandeten Fällen auch darstellt.

Das Landgericht ist außerdem der Meinung, dass es keine, von allen Beteiligten über einen längeren Zeitraum hinweg akzeptierte und praktizierte Branchenübung gebe, die eine solche Übernahme erlauben würde.

Das Gericht befasst sich schließlich noch mit dem Zitatrecht des § 51 UrhG und erläutert, dass es bereits an einem Zitatzweck fehlt, wenn Ausschnitte aus einem Text lediglich zum Zwecke der Werbung benutzt werden. Das ist wenig überraschend und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels spricht in einer Stellungnahme davon, dass das „symbiotische Miteinander von Buch- und Presseverlagen bei der Verwendung von Rezensionen nach diesem Urteil faktisch aufgekündigt ist.“

posted by Stadler at 15:37  

13.2.14

EuGH: Es darf verlinkt werden

Der EuGH hat sich in einem Urteil vom heutigen Tage (Az.: C?466/12) mit einer Frage befasst, die viele für eine Selbstverständlichkeit halten werden. Auf ins Internet eingestellte und dort frei zugängliche urheberrechtliche Werke, darf verlinkt werden. Eine Verlinkung auf frei zugängliche Internetinhalte stellt nach Ansicht des EuGH keine Handlung der öffentlichen Wiedergabe im Sinne der Infosoc-Richtlinie und damit keine Urheberrechtsverletzung dar.

Der EuGH geht hierbei davon aus, dass eine öffentliche Wiedergabe durch einen Link zwar in Betracht kommt, aber nur dann, wenn sich an ein neues Publikum gerichtet wird. Das ist aber nur dann der Fall, wenn es zunächst Zugangsbeschränkungen gab, die der Linkende umgeht bzw. beseitigt. Im Urteil heißt es hierzu:

Jedoch kann eine Wiedergabe wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die dieselben Werke umfasste wie die ursprüngliche Wiedergabe und wie diese im Internet, also nach demselben technischen Verfahren, erfolgte, nach ständiger Rechtsprechung nur dann unter den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 fallen, wenn sie sich an ein neues Publikum richtet, d. h. an ein Publikum, das die Inhaber des Urheberrechts nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten (vgl. entsprechend Urteil SGAE, Rn. 40 und 42, Beschluss vom 18. März 2010, Organismos Sillogikis Diacheirisis Dimiourgon Thetrikon kai Optikoakoustikon Ergon, C?136/09, Rn. 38, und Urteil ITV Broadcasting u. a., Rn. 39).

Im vorliegenden Fall führt der Umstand, dass die betreffenden Werke über einen anklickbaren Link der im Ausgangsverfahren verwendeten Art zugänglich gemacht werden, nicht zu einer Wiedergabe der fraglichen Werke für ein neues Publikum.

Das Zielpublikum der ursprünglichen Wiedergabe waren nämlich alle potenziellen Besucher der betreffenden Seite; da feststeht, dass der Zugang zu den Werken auf dieser Seite keiner beschränkenden Maßnahme unterlag, war sie demnach für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich.

Da die betreffenden Werke auf der Seite, auf der sie ursprünglich wiedergegeben wurden, sämtlichen Nutzern einer anderen Seite, für die eine Wiedergabe dieser Werke über einen anklickbaren Link erfolgte, ohne Zutun des Betreibers dieser anderen Seite unmittelbar zugänglich waren, sind die Nutzer dieser von ihm betriebenen Seite demnach als potenzielle Adressaten der ursprünglichen Wiedergabe und daher als Mitglieder der Öffentlichkeit anzusehen, die die Inhaber des Urheberrechts hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten.

posted by Stadler at 12:04  

13.2.14

Die Haftung von Google für rechtswidrige Suchergebnisse

Das Landgericht Hamburg hat Google kürzlich zur Unterlassung der Verbreitung persönlichkeitsrechtsverletzender Bilder verurteilt. Das Urteil, über das ich hier schon kurz berichtet habe, liegt mittlerweile im Volltext vor (Urteil vom 24.01.2014, Az.: 324 O 264/11). Bereits vor dem Urteilsspruch hatte ich mich ausführlicher mit dem Verfahren und seiner grundlegenden Bedeutung befasst.

Das Landgericht Hamburg geht in seiner Entscheidung davon aus, dass Google ähnlich wie ein Host-Provider für rechtsverletzende Suchergebnisse ab dem Zeitpunkt haftet, ab dem es als Suchmaschinenbetreiber von den rechtsverletzenden Inhalten konkrete Kenntnis erlangt hat. Bemerkenswert ist insoweit auch, dass Google eine vollständige Unterlassungsverpflichtung treffen soll. Das heißt, es ist nicht ausreichend, wenn Google die beanstandeten Treffer entfernt, vielmehr muss es dafür sorgen, dass es auch in Zukunft nicht zu gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.

Was die Störerhaftung von Google angeht, stützt sich das Landgericht Hamburg maßgeblich auf die Entscheidung des BGH zur Autocomplete-Funktion von Google. Diese Entscheidungen beinhaltet allerdings den Sonderfall, dass die Ergänzungsvorschläge von Google selbst stammen und es gerade nicht um den bloßen Verweis auf im Internet auffindbare Inhalte geht. Was die Basisfunktionalität einer Suchmaschine angeht, erscheint es keinesfalls zwingend, eine Störerhaftung des Betreibers anzunehmen. Insoweit kann man sowohl einen adäquat-kausale Beitrag zur Rechtsverletzung verneinen, als auch die Zumutbarkeit von Prüfpflichten in Abrede stellen. Die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit von Suchmaschinen geht weit über den Schutz von legitimen Geschäftsinteressen hinaus. Sie ist vielmehr ein Anliegen von allgemeinem Interesse. Suchmaschinen sind zwingend notwendig dafür, dass die Nutzer im WWW überhaupt etwas finden können. Der Staat muss daher, gerade auch im Lichte von Art. 5 GG gewährleisten, dass sie möglichst ohne jede Einschränkung arbeiten können.

Was die Reichweite des Unterlassungsanspruchs angeht, setzt sich das Landgericht Hamburg auch nicht mit derjenigen Rechtsprechung auseinander, die davon ausgeht, dass die Störerhaftung eines Hosters nicht bereits mit Zugang der Abmahnung beginnt, sondern erst dann, wenn der Betreiber auf eine ausreichend konkrete Abmahnung hin untätig bleibt. Wenn der Betreiber unverzüglich löscht, wird er danach nie zum Störer (vgl. OLG Stuttgart, Az.:  4 W78/13; BGH, Az.: VI ZR 210/08 – Domainverpächter). Nachdem Google im konkreten Fall auf Aufforderung hin gelöscht hat, aber die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verweigerte, wird diese Rechtsprechung auch vorliegend relevant.

Wenn man auch grundsätzlich eine Störerhaftung von Google annimmt, bleibt die Frage zu klären, ob diese nur auf eine Beseitigung bestehender Verstöße gerichtet ist oder auch die Unterbindung künftiger Verstöße umfasst. Nachdem diese Frage sowohl in der Literatur als auch der Rechtsprechung immer wieder erörtert worden ist, hätte man vom Landgericht Hamburg zumindest erwarten dürfen, dass es sich damit eingehend befasst.

posted by Stadler at 11:43  

7.2.14

Gesponserte redaktionelle Presseveröffentlichungen müssen weiterhin als Anzeige gekennzeichnet werden

Die deutschen Landespressegesetze regeln, dass entgeltliche Veröffentlichungen deutlich als Anzeige gekennzeichnet werden müssen. Die Frage, ob diese Regelungen des deutschen Rechts mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar ist, hatte der BGH 2012 dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Der EuGH hat dann mit Urteil vom 17.10.2013 (Az.: C?391/12) entschieden, dass der Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie auf Fälle dieser Art überhaupt nicht eröffnet ist. Das zentrale Argument des EuGH hierbei war, dass das Verhalten des Presseunternehmens, das einen bezahlten Text nicht als Anzeige kennzeichnet, nicht geeignet sei, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers bei seiner Entscheidung, das Blatt zu erwerben oder zur Hand zu nehmen, wesentlich zu beeinflussen.

Der BGH hat infolge des Urteils des EuGH nunmehr entschieden, dass bezahlte (redaktionelle) Beiträge auch weiterhin entsprechend der Landespressegesetze als Anzeige gekennzeichnet werden müssen und ein Verstoß hiergegen über §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig ist (BGH, Urteil vom 6.02.2014, Az.: ­ I ZR 2/11 ­ GOOD NEWS II).

posted by Stadler at 15:30  

6.2.14

GEMA fordert Gebühren für Embedded-Videos

Blogger, Facebooknutzer und Redakteure von Internetportalen machen es praktisch jeden Tag: Sie betten Filme von Videoplattformen wie YouTube mittels eines Embedded-Links in das eigene Angebot ein. YouTube bietet hierfür unterhalb des Videos bereits einen entsprechenden Code an, den man mittels Copy & Paste einfach übernehmen kann. In technischer Hinsicht handelt es sich hierbei um einen sog. Inlineframe (iFrame). Dieser stellt im Grunde nur eine qualifizierte Form einer Verlinkung dar, das Video wird technisch betrachtet vom Nutzer nach wie vor via YouTube gestreamt. Durch die Einbettung wird lediglich ein Vorschaubild auf das YouTube-Video erzeugt, das direkt angeklickt werden kann.

Die GEMA hat gerade erklärt, dass sie beabsichtigt, für derartige Nutzungshandlungen künftig Gebühren zu verlangen. Wenn also schon YouTube nicht zahlt, dann sollen wenigstens die Nutzer bezahlen, die YouTube-Videos weiterverbreiten, so offenbar das Kalkül der GEMA. Die Frage ist insoweit aber zunächst, ob tatsächlich eine GEMA-pflichtige urheberrechtliche Nutzungshandlung vorliegt.

Wie ist die geltende Rechtslage?

Ob das Embedding eine Urheberrechtsverletzung darstellt, war bislang in der Rechtsprechung und der juristischen Literatur umstritten. Der BGH hat sich dann im letzten Jahr mit dieser Frage beschäftigt und die Auffassung vertreten, dass zwar kein Fall einer öffentlichen Zugänglichmachung vorliegt, aber ein sog. Zueigenmachen gegeben sei, mit der Konsequenz, dass dies als öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Infosoc-Richtlinie eingestuft werden müsse. Der BGH hat diese Frage allerdings nicht abschließend entschieden, sondern vielmehr dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Es wird also jetzt alles davon abhängen, wie der EuGH das Einbetten urheberrechtlich bewertet.

Warum ich die Entscheidung des BGH für falsch halte, habe ich hier gebloggt und in der gerade erschienenen Neuauflage des Juris Praxiskommentars zum Internetrecht (Roggenkamp/Stadler in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 4. Aufl. 2014, Kap. 10, Rn. 422 ff.) etwas ausführlicher kommentiert.

Der Ansatz des BGH, wonach das fremde Werk zum integralen Bestandteil der eigenen Internetseite gemacht wird, ist schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffend. Denn für den maßgeblichen Durchschnittsnutzer bleibt ohne weiteres erkennbar, dass er einen Stream startet, der von einer externen Videoplattform (YouTube) stammt. Letztlich handelt es sich nur um eine qualifizierte, zeitgemäße Variante des Hyperlinks,  die gerade in Blogs und sozialen Netzwerken mittlerweile der üblichen Nutzung entspricht. Der BGH differenziert nicht ausreichend deutlich zwischen unterschiedlichen Formen des Einbettens. Ein Inlinelink, bei dem tatsächlich der Eindruck entstehen muss, beispielsweise ein Bild sei integraler Bestandteil der eigenen Website, kann nicht mit einem Embedded-Video gleichgesetzt werden.

Die Ansicht des BGH führt auch zu weiteren, kaum auflösbaren Wertungswidersprüchen. Die Annahme eines Zueigenmachens führt haftungsrechtlich nämlich zu einer Haftung wie für eigene Inhalte. Derjenige, der ein YouTube-Video einbettet, würde damit strenger haften als YouTube selbst, das sich unstreitig auf die Haftunsbeschränkungen eines Hostingproviders berufen kann. Diese praktische Konsequenz ist widersinnig, weil der Nutzers im Vergleich zu YouTube ja weniger und nicht mehr macht, als die Videoplattform.

Was ist künftig geplant?

Derzeit läuft die öffentliche Anhörung zur Evaluierung der urheberrechtlichen Regelungen des EU-Rechts, die unlängst bis zum 05.03.2014 verlängert wurde. Im Rahmen dieses Gesetzgebungsprozesses fordern Verwertungsgesellschaften wie die österreichische AKM oder die GEMA eine Vergütungspflicht für das Einbetten von urheberrechtlichem Content. Parallel zur gerichtlichen Klärung wird also auch versucht, ein erweiterte ausdrückliche gesetzliche Regelung zugunsten von GEMA & Co. zu verankern.

Man kann sich an diesem Evaluierungsprozess übrigens auch aktiv beteiligen und versuchen, das Urheberrecht anders als vielleicht von der GEMA erhofft, umzugestalten.

posted by Stadler at 10:09  

5.2.14

Die offizielle Olympia-App des DOSB verstößt gegen geltendes Recht

Die vielleicht umstrittensten Olympischen Spiele der jüngeren Zeit beginnen in zwei Tagen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bietet dazu eine offizielle Olympia-App für iOS und Android an, die vollmundig folgendermaßen beworben wird:

Erlebe die Faszination Olympia direkter als je zuvor. Sei ganz nah dran, wenn die Deutsche Olympiamannschaft um Medaillen kämpft. In der App der Deutschen Olympiamannschaft nehmen Dich Deine Stars unter dem Motto „Wir für Deutschland“ mit auf ihre olympische Reise: Training, Wettkämpfe, Olympische Spiele. Sei immer und überall dabei und blicke hinter die Kulissen, wenn es um mehr geht als Gold, Silber und Bronze.

Wer sich die App runterlädt, wird anschließend verschiedenste Werbemails des DOSB und der DOSB New Media GmbH erhalten:

Außerdem informieren wir Dich nach Deiner Anmeldung per E-Mail über News rund um die Themen „Wir für Deutschland“, Deutsche Olympiamannschaft, diese App und weitere Onlineangebote des DOSB e. V. und der DOSB New Media GmbH

Als Jurist reibt man sich da schon mal kräftig die Augen. Denn Onlinewerbemails ohne ausdrückliche Einwilligung des Nutzers (Opt-In), stellen sowohl eine Wettbewerbsverletzung dar als auch eine unerlaubte Handlung im Sinne des BGB. Daniel Mack hat diesbezüglich beim DOSB nachgefragt und ist dort auf die Möglichkeit eines Opt-Out verwiesen worden, wie er in seinem Blog schreibt. Das beseitigt den Rechtsverstoß bekanntlich aber nicht.

Noch bedenklicher ist aber der Umstand, dass man die App effektiv nur nutzen kann, wenn man sich wie z.B. in der Rubrik Fancorner gefordert, mit seinem Facebook- oder Twitter-Account einloggt. Bei einem solchen Facebook-Log-In bekommt man als Nutzer dann den Hinweis, dass die „Deutsche Olympiamannschaft“ folgende Informationen erhält: Öffentliches Profil, Freundesliste und E-Mail-Adresse. Nach einer Datenschutzerklärung die, wie von § 13 TMG gefordert, in verständlicher Form darüber informieren würde, zu welchem Zweck diese Daten erhoben und verarbeitet werden und ob eine Weiterleitung an Dritte erfolgt, sucht man vergeblich. Wer die „Deutsche Olympiamannschaft“ genau ist und damit verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts wird ebenfalls nicht deutlich gemacht.

Mein Fazit: Die offizielle App des DOSB verstößt gegen geltendes Recht. Datenschutzbehörden und Verbraucherverbände dürfen sich aufgerufen fühlen, dagegen vorzugehen.

Danke an Daniel Mack für den Hinweis. Dass der DOSB hier vielleicht Daten zu Gold machen will, ist keine ganz abwegige Annahme.

posted by Stadler at 22:01  

4.2.14

Abmahnfalle Pixelio-Bilder

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Köln (Urteil vom 30.01.2014, Az.: 14 O 427/13sorgt im Netz gerade für Aufregung. Ein Hobbyfotograf, der seine Bilder selbst über das Fotoportal Pixelio zur „kostenlosen“ Nutzung bereit stellt, hat einen solchen Nutzer wegen fehlender Urheberbenennung gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Nutzer hatte zwar auf der Website, auf der das Bild eingeblendet wurde, einen Hinweis auf den Urheber angebracht, nicht aber auf dem Bild selbst. Bei Direktaufruf der Bild-URL, den man als Besucher der Website sehr schnell über das Kontextmenü bewerkstelligen kann, erscheint natürlich kein Urhebervermerk, denn dazu müsste dieser auf dem Bild selbst aufgebracht worden sein. Das Landgericht Köln hat zur Unterlassung verurteilt, weil bei Direktaufruf der Bilddatei keine Urheberbenennung angezeigt wird.

Um es vorwegzunehmen: Ich halte das Urteil ebenfalls für falsch, aber vollkommen abwegig oder schwachsinnig, wie ich es teilweise auch von Kollegen gelesen habe, ist es wohl eher nicht. Denn natürlich kann man aus urheberrechtlicher Sicht die Ansicht vertreten, dass eine effektive Urheberbenennung voraussetzt, dass der Hinweis in der Bilddatei selbst enthalten sein muss.

Im konkreten Fall hat das Landgericht die maßgeblichen Nutzungsbedingungen von Pixelio meines Erachtens allerdings falsch ausgelegt und auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich der Fotograf treuwidrig verhält.

Die Nutzungsbedingungen von Pixelio verlangen nicht zwingend eine Urherbenennung auf dem Bild selbst, sondern formulieren:

Der Nutzer hat in für die jeweilige Verwendung üblichen Weise und soweit technisch möglich am Bild selbst oder am Seitenende PIXELIO und den Urheber mit seinem beim Upload des Bildes genannten Fotografennamen bei PIXELIO in folgender Form zu nennen: ‚© Fotografenname / PIXELIO‘

Das Urteil des Landgerichts Köln führt demgegenüber zwingend dazu, dass man die Urheberbenennung auf dem Bild selbst anbringen muss. Die von den Nutzungsbedingungen alternativ und gleichwertig vorgesehene Nennung am Seitenende wäre nach der Entscheidung des Landgerichts nie ausreichend, da diese Form der Nennung bei der stets möglichen Direkteingabe des Pfades der Bilddatei für den Betrachter nie sichtbar wird.  Das Landgericht Köln hat also zwei, nach den Nutzungsbedingungen ausdrücklich gleichwertige Möglichkeiten der Benennung, auf eine einzige reduziert und die zweite Möglichkeit gleichzeitig als unzureichend qualifiziert. Das entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Nutzungsbedingungen und greift letztlich auch in die Vertragsfreiheit der Beteiligten ein.

Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob sich der Fotograf mit seinem Vorgehen nicht treuwidrig verhält. Wer seine Fotos auf einer Plattform wie Pixelio selbst einstellt, gleichzeitig aber fordert, dass bei jedweder Anzeige und Darstellung seines Bildes eine Urheberbenennung vorhanden sein muss, der kann dies sehr einfach selbst bewerkstelligen, indem er auf seinem Bild von vornherein eine eigene Urheberbenennung anbringt. Tut er das nicht, muss er immer damit rechnen und auch damit leben, dass es zu Darstellungen seines Fotos kommt, die keine Urheberbenennung enthalten. Das ist im Zeitalter von Bildsuchmaschinen und sozialen Netzwerken naheliegend und unvermeidbar. Es drängt sich im konkreten Fall der Verdacht auf, dass der Fotograf, der seine Bilder selbst und kostenfrei ins Netz stellt, versucht, auf dem Abmahnweg Kasse zu machen.

Im übrigen ist auch die Eigendarstellung von Pixelio bedenklich. Das Portal wirbt auf der Startseite mit dem Slogan „Deine kostenlose Bilddatenbank für lizenzfreie Fotos“. Das ist allerdings eine glatte Irreführung, denn lizenzfrei sind die dort eingestellten Fotos eben gerade nicht, wie die Entscheidung des LG Köln zeigt.

Ebenfalls zum Thema:
Thomas Schwenke bei I Law It
Niklas Plutte (der die Verfügungsbeklagte vertreten hat)

posted by Stadler at 10:16  
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