Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.4.13

Bayerischer Datenschutzbeauftragter rügt Behörden wegen Social Plugins

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz hat 66 bayerische Behörden bzw. öffentliche Stellen aufgefordert, die direkte Einbindung von Social Plugins – wie den Gefällt-Mir-Button von Facebook – in ihren Internetauftritt zu unterlassen.

Nach Auffassung der Datenschutzbehörde ist die Einbindung von Social Plugins in die eigene Website datenschutzwidrig. In einer Orientierungshilfe für öffentliche Stellen erläutert der Datenschutzbeauftragte seine Rechtsauffassung folgendermaßen:

Durch eine bloße direkte Einbindung erhält die hinter dem Social Plugin stehende Stelle (beispielsweise Facebook) allein durch den Aufruf der Behördenseite als Information zumindest die IP-Adresse des Seitenbesuchers (bzw. des von ihm verwendeten Rechners), Daten über Browsereinstellungen und die Tatsache des Aufrufs dieser Behördenseite. Im Falle von Facebook fließen die entsprechenden Daten in die USA. Dieser Datenfluss ist unabhängig davon, ob der Besucher der Behördenwebseite ein Mitglied von Facebook ist oder auch nur jemals eine Facebookseite besucht hat.

Auf der Grundlage, dass IP-Adressen personenbezogene Daten sind, gilt Folgendes: Dieser Datenfluss erfolgt ohne gesetzliche Befugnis und regelmäßig ohne wirksame Einwilligung zumindest bei Besuchern der Behördenwebseite, die keine Facebookmitglieder sind.

Eine bayerische Behörde, die durch die direkte Einbindung des Social Plugins in ihre Webseite diesen Informationsfluss erst ermöglicht, muss sich eine entsprechende (Mit-)Verantwortlichkeit zurechnen lassen. Damit werden die datenschutzrechtlichen Vorgaben des Telemediengesetzes, beispielsweise §§ 12, 13 TMG, von dieser Behörde nicht erfüllt.

Über den gerade beschriebenen Datenfluss hinaus können im Übrigen je nach Konstellation weitere Datenflüsse erfolgen, bei denen Datenschutzverstöße im Raum stehen. Enthält der Browser eines Behördenseitenbesuchers etwa bereits einen Facebook Cookie, so wird dieser mit bloßem Aufruf der Behördenseite durch Facebook erkannt und ausgelesen. Facebook Cookies werden übrigens auch in die Browser von Nicht-Facebookmitgliedern gesetzt, wenn sie eine Facebookseite besuchen oder einen Like-Button anklicken.

Diese Vorgaben des Bayerischen Datenschutzbeauftragten gelten unmittelbar nur für Behörden und öffentliche Stellen, da der Datenschutzbeauftragte in Bayern nur für den öffentlichen Bereich zuständig ist. Für Private, insbesondere Unternehmen, ist in Bayern das Landesamt für Datenschutzaufsicht die zuständige Aufsichtsbehörde. In einigen anderen Bundesländern existiert diese gesplittete Zuständigkeit nicht, dort ist vielmehr der Landesdatenschutzbeaftragte sowohl für den öffentlichen als auch den nichtöffentlichen Bereich zuständig.

posted by Stadler at 11:20  

22.4.13

Netzpolitiker vor den Facebook-Karren gespannt?

Netzpolitiker lassen sich vor Facebooks Karren spannen“ titelte netzpolitik.org gestern und attackierte die meines Erachtens durchaus honorigen Abgeordneten Peter Tauber (CDU), Lars Klingbeil (SPD) und Manuel Höferlin (FDP) dafür, dass sie in einem Leitfaden Facebooks für Politiker und Amtsträger auftauchen und dort offenbar mit ihrem Einverständnis zitiert werden. Die Aussagen der Politiker beziehen sich primär darauf, dass man Facebook als Kanal dafür benutzt, Bürger (Wähler) zu informieren und mit ihnen zu kommunizieren.

Bei netzpolitik.org wird gleich zu Beginn des Artikels ein Zusammenhang zur Reform des europäischen Datenschutzrechts hergestellt. Hierzu sagt die Facebook-Broschüre allerdings rein gar nichts. Der Zusammenhang ist schlicht konstruiert, um politisch Stimmung zu machen. Der Facebook-Leitfaden enthält zwar auch einen allgemeinen Abschnitt zum Thema Datenschutz, zu dem die genannten Politiker allerdings nicht befragt wurden.

Die kritisierten Netzpolitiker nutzen Facebook so wie viele andere. Auch netzpolitik.org nutzt Facebook übrigens recht intensiv. Bereits auf der Startseite gibt es eine eigene Rubrik „Facebook“ im Navigationsmenü, in der auf die Facebook-Fanseite von netzpolitik.org verwiesen wird. Man nutzt dort Facebook also auf genau dieselbe Art und Weise wie es die kritisierten Politiker tun.

Die konkrete Kritik ist damit inkonsequent und der sachliche Zusammenhang zur EU-Datenschutzreform ist an den Haaren herbeigezogen.

Ich halte netzpolitik.org für wichtig. Dennoch stößt man dort immer wieder auf Texte, die ganz ersichtlich tendenziös sind. Ein bisschen mehr Sachlichkeit würde dem Portal manchmal wirklich gut tun.

posted by Stadler at 14:39  

20.4.13

Verstößt Google gegen die Impressumspflichten des § 5 TMG?

Die Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) hat Google wegen eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Impressumspflichten des § 5 TMG abgemahnt.

Hintergrund ist der Umstand, dass die im Impressum von Google angegebene E-Mail-Adresse keine direkte Kontaktaufnahme mit dem Suchmaschinenanbieter ermöglicht. Wer sich an die angegebene Adresse support-de@google.com wendet, enthält nur eine automatisierte Antwort, die Mails werden aber tatsächlich von niemandem gelesen, wie es im GoogleWatchBlog heißt. In der automatisierten Antwortmail wird stattdessen auf Onlinekontaktformulare verwiesen.

Das Gesetz fordert in § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG

Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation (…) ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post.

Auch die zugrundeliegende E-Commerce-Richtlinie verlangt die Möglichkeit einer schnellen Kontaktaufnahme und einer unmittelbaren und effizienten Kommunikation.

Diese Voraussetzungen dürften im Falle eines Autoresponders, der nur auf verschiedene Onlinekontaktformulare verweist, kaum erfüllt sein. Der Sinn der Angabe einer E-Mail-Adresse besteht nämlich gerade darin, dass sich der Nutzer damit direkt an den Anbieter wenden kann.

posted by Stadler at 14:21  

17.4.13

Die Willkür des bayerischen Richters

Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil eines bayerischen Amtsgerichts – und zwar bereits zum zweiten Mal in derselben Sache – aufgehoben und dem Amtsrichter einen Verstoß gegen das Verbot objektiver Willkür sowie gegen das Recht auf rechtliches Gehör attestiert. (Beschluss vom 14.3.2013, Az.: 1 BvR 1457/12).

Das Amtsgericht Landau a.d. Isar hatte erheblichen Sachvortrag und Beweisangabote unberücksichtigt gelassen und einseitig den Vortrag der Klagepartei – ein TK-Unternehmen – zugrunde gelegt.

Was wie ein krasser Fall klingt, kommt nach meiner Erfahrung gar nicht so selten vor. Schlampig begründete Urteile, bei denen ein Teil des streiterheblichen Vortrags überhaupt nicht gewürdigt bzw. einseitig der Sachvortrag einer Partei zugrunde gelegt wird, bekommt man als Anwalt durchaus häufiger zu Gesicht. Nur erheben eben nicht viele eine Verfassungsbeschwerde, wenn der ausgeurteilte Betrag EUR 500,- beträgt. Auch das ist Teil unserer Justizwirklichkeit, von der man in Sonntagsreden von Rechtspolitikern nur selten etwas erfährt. Und um ein spezifisch bayerisches Phänomen handelt es sich ebenfalls nicht, auch wenn die Sturheit eines bestimmten bayerischen Richters gerade bundesweite Aufmerksamkeit erregt.

(via verfassungsblog)

posted by Stadler at 17:05  

17.4.13

OLG Frankfurt: Keine Haftung für Ehegatten beim Filesharing

Das OLG Frankfurt hat zum wiederholten Mal entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses das Nutzungsverhalten seines Ehegatten nicht im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen überwachen muss und ihn insoweit regelmäßig auch keine Haftung als Störer trifft.

In einem neuen Beschluss vom 22. März 2013 (Az.: Az. 11 W 8/13) führt das OLG Frankfurt dazu folgendes aus:

Ein Ehemann kann daher seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, den auf seinen Namen laufenden Internetanschluss überlassen, ohne diese ständig überwachen zu müssen [Senat, a.a.O., Rn. 16; vgl. auch OLG Köln, a.a.O., Rn. 19 – jeweils veröffentlich bei juris]. Sofern der Anschlussinhaber nicht mit einer Rechtsverletzung durch seinen Ehepartner rechnen muss, sind Hinweis-, Aufklärungs- und Überprüfungspflichten diesem gegenüber unzumutbar.

Nach der m.E. fragwürdigen Rechtsprechung des BGH besteht zunächst eine Vermutung dahingehend, dass der Anschlussinhaber als Rechtsverletzter zu betrachten ist. Im Rahmen der sog. sekundären Darlegungslast muss er deshalb grundsätzlich Umstände vortragen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt. Nach neuester Rechtsprechung ist es hierfür aber ausreichend, wenn der Anschlussinhaber darlegen kann, dass der Anschluss auch von anderen Familienmitgliedern genutzt wird, weil allein dadurch die Vermutung entkräftet wird, der Anschlussinhaber sei selbst Täter der Urheberrechtsverletzung (OLG Köln, MMR 2012, 550; LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, Az. 33 O 353/11). Dies wird nunmehr auch durch die gerade veröffentlichte Entscheidung „Morpheus“ des BGH (Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12) bestätigt. Danach genügt bereits die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter und nicht der Anschlussinhaber den Internetzugang für die Rechtsverletzung benutzt hat.

 Auch eine Störerhaftung kommt in diesen Fällen nach richtiger Rechtsauffassung nicht in Betracht. Eine Haftung als Störer setzt die Verletzung von Prüfplichten voraus. Nach derzeit ganz überwiegender Rechtsprechung treffen einen Anschlussinhaber gegenüber Ehegatten oder volljährigen Familienmitgliedern derartige Prüfpflichten aber nicht (BVerfG, Beschluss vom 21.03.2012, Az. 1 BvR 2365/11; OLG Frankfurt, GRUR RR 2008, 73; OLG Köln, MMR 2012, 550). Dies bestätigt der BGH nunmehr in der „Morpheus“ Entscheidung zumindest für die Frage der Haftung des Anschlussinhabers für das Verhalten eines minderjährigen Kindes. Es dürfte fernliegend sein, für einen Ehegatten ein höheres Maß an Prüfpflichten anzunehmen, als im Hinblick auf ein minderjähriges Kind. Ausdrücklich entschieden hat der BGH die Frage der Störerhaftung für Ehegatten oder volljährige Kinder allerdings bislang nicht.

posted by Stadler at 11:47  

16.4.13

Was hat die Bundestags-App gekostet?

ifun.de wollte von der Bundestagsverwaltung im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes wissen, wieviel die Entwicklung der iPhone-App des Deutschen Bundestages gekostet hat.

Übersandt wurde dem Portal aber nur eine geschwärzte Abrechnung des beauftragten Unternehmens, verbunden mit dem Vermerk:

Im Ergebnis der rechtlichen Prüfung können Ihnen die ersichtlichen Unterlagen jedoch hinsichtlich der darin enthaltenen Preis- oder kalkulatorischen Angaben nur in geschwärzter Form zur Verfügung gestellt werden. Es bestehen insoweit seitens der Verwaltung des Deutschen Bundestages eigene schützenswerte Belange gemäß § 3 Nr. 6 IFG.

Die Begründung der Bundestagsverwaltung – Beeinträchtigung  fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr – erscheint mir nicht wirklich stichhaltig. Welche fiskalischen Interessen sollten beeinträchtigt sein, wenn man den Bürger und Steuerzahler darüber informiert, welchen Preis der Bundestag für die Entwicklung einer iPhone-App bezahlt hat?

Sollte der Preis der Entwicklung den Schwellenwert der Vergabeverordnung überschreiten, stünde sogar ein Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften im Raum.

Mit der Informationsfreiheit ist es in diesem Land trotz aller gesetzlicher Regelungen immer noch nicht weit her.

posted by Stadler at 18:27  

12.4.13

BVerfG greift in Streit um die Sitzplatzvergabe beim NSU-Prozess ein

Das Bundesverfassungsgericht hat im NSU-Prozess den Vorsitzenden Richter mit Beschluss vom heutigen 12.04.2013 angewiesen, eine angemessene Zahl von Sitzplätzen an Vertreter von ausländischen Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern der angeklagten Straftaten zu vergeben.

Das ist eine schwere Klatsche für das OLG München und m.W. das erste Mal, dass das Bundesverfassungsgericht in die Frage der Journalistenakkreditierung eines Strafprozesses eingreift.

Ehrlich gesagt hatte ich den Eilanträgen türkischer Medien zunächst keine großen Erfolgsaussichten eingeräumt, weil die Platzvergabe nach dem Prioritätsprinzip im Regelfall nicht zu beanstanden ist. Das hat sich erst geändert, als nach und nach bekannt wurde, dass es selbst bei diesem Verfahren Unregelmäßigkeiten gegeben hatte und offenbar auch eine unzureichende Informationspolitik des Oberlandesgerichts speziell gegenüber ausländischen Medien. Und genau dieser Umstand spielt auch im Beschluss des BVerfG eine durchaus tragende Rolle.

Das BVerfG hat, wie bei Eilentscheidungen zulässig und üblich, noch keine abschließende Position zur Frage der Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde der türkischen Zeitung bezogen, sondern sich primär auf eine Folgenabwägung beschränkt.

Gleichwohl deutet alles darauf hin, dass das Verfassungsgericht einen Gleichheitsverstoß im publizistischen Wettbewerb für äußerst naheliegend hält. Die diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts sind, wenn man die bei Eilverfahren immer gebotene große Zurückhaltung berücksichtigt, bereits vergleichsweise deutlich:

Hier könnte von Bedeutung sein, dass die Justizpressestelle des Oberlandesgerichts einzelnen Medienvertretern bereits vorab die voraussichtliche Berücksichtigung der Akkreditierung nach der Reihenfolge der Eingänge mitgeteilt hat. Dabei wäre allerdings zu berücksichtigen, inwieweit sich eine verzögerte Information der Beschwerdeführer auf ihre Chance auf Zuweisung eines festen Sitzplatzes auswirkte. In Anbetracht des zu erwartenden und laut Stellungnahme des zuständigen Vorsitzenden auch erwarteten Medienandrangs kann zu erwägen sein, ob wegen des hierbei naheliegenden besonderen Interesses auch ausländischer Medien, insbesondere aus den Herkunftsländern der Opfer der angeklagten Straftaten, die Anwendung des Prioritätsprinzips bei der Akkreditierung und der Beginn des Akkreditierungsverfahrens rechtzeitig und auch für Unerfahrene eindeutig hätte angekündigt werden müssen. In Betracht zu ziehen ist auch, ob im Sinne der Fairness des Verfahrens dabei auf die absehbar jedenfalls begrenzte Zahl der zur Verfügung stehenden Sitzplätze für Medienvertreter hätte hingewiesen werden müssen, so dass sich gerade auch ausländische Medien, die nicht regelmäßig an deutschen Gerichtsprozessen teilnehmen, auf die Knappheit der Sitzplätze und die Eilbedürftigkeit der Anmeldung besser hätten einstellen können. Vor diesem Hintergrund können auch weitere Umstände des in Frage stehenden Akkreditierungsverfahrens verfassungsrechtlich gewürdigt werden, wie die Tatsache, dass die Geltung des Prioritätsprinzips in der Verfügung vom 4. März 2013 lediglich in Verbindung mit der Akkreditierung als solcher, nicht aber explizit in Verbindung mit einer Sitzplatzvergabe genannt wurde und die ausdrückliche Unterscheidung zwischen Akkreditierung und nachfolgender Sitzplatzvergabe erst nachträglich am 22. März 2013 verfügt wurde. Schließlich stellt sich auch die Frage, ob in Anbetracht der Herkunft der Opfer ausnahmsweise ein zwingender Sachgrund für eine eventuell teilweise Differenzierung zwischen verschiedenen Medien beispielsweise im Sinne einer Quotenlösung gegeben gewesen wäre.

Man kann nur hoffen, dass sich der bisherige, eher dilettantische Umgang des OLG München mit dem NSU-Verfahren in der Hauptverhandlung nicht fortsetzen wird.

Update vom 16.04.2013:
Dass sich das OLG München nunmehr dazu entschlossen hat, den Prozessbeginn zu verschieben und das Akkreditierungsverfahren vollständig zu wiederholen, anhand von Kriterien, die bislang nicht nicht bekannt gegeben worden sind, ist wohl die schlechteste aller Lösungen, passt allerdings zum Bild eine sturen und unbelehrbaren Senatsvorsitzenden.

Eine vollständige Neuvergabe der Presseplätze bietet sicherlich das größte Angriffspotential für weitere Verfassungsbeschwerden, denn einige Pressevertreter, die bislang einen Platz hatten, werden nun vermutlich leer ausgehen und sich benachteiligt fühlen. Das BVerfG hatte dem Gericht durchaus die Möglichkeit einer kleinen und wenig angreifbaren Lösung aufgezeigt. Der Vorsitzende hätte einfach die Saalöffentlichkeit um drei Plätze reduzieren und diese freien Plätze türkischen Medien – nach dem Losverfahren – zuteilen können. Juristisch wäre das kaum angreifbar gewesen.

Update vom 01.05.2013
Dass das vom OLG München nunmehr durchgeführte Losverfahren ebenfalls wieder fehlerhaft war, passt ins bisherige Bild. Um die angekündigten weiteren Verfassungsbeschwerden bzw. Eilanträge zum Bundesverfassungsgericht hat man in München durch die Entscheidung, die Akkreditierung komplett neu durchzuführen, förmlich gebettelt. Dabei hatte das BVerfG dem Vorsitzenden Richter, wie gesagt, eine einfache und unangreifbare Lösung aufgezeigt.

Der offenkundig gewordene Eigensinn und die Sturheit des Vorsitzenden Richters lässt bereits im Vorfeld Zweifel daran aufkommen, ob er wirklich die Befähigung besitzt, einen der bedeutendsten Strafprozesse der Geschichte der Bundesrepublik zu leiten.

Als Organ der Rechtspflege, das ich als Anwalt nach dem Gesetz bin, schäme ich mittlerweile für das unwürdige Schauspiel, das uns die Münchener Justiz derzeit präsentiert.

posted by Stadler at 22:06  

12.4.13

Wer schützt uns vor den Datenschützern?

Mir wurde heute eine nette kleine Anekdote zum Thema Datenschutz in Schilda Deutschland zugetragen. Der niedersächsische Datenschutzbeauftragte war bekanntlich ja schon immer mal für eine datenschutzrechtliche Groteske gut und er liefert auch aktuell wieder.

Denn der Landesdatenschutzbeauftragte verstößt – wie auch der gesamte Server niedersachsen.de – höchstselbst gegen datenschutzrechtliche Vorschriften.

Die Website des Landesdatenschutzbeauftragten enthält nämlich folgenden Tracking-Code des Tools Piwik:

Tracking-Piwik

In der Datenschutzerklärung des Landesdatenschutzbeauftragten findet sich dazu nichts. An anderer Stelle kann man allerdings beim Datenschutzbeauftragten den folgenden Hinweis finden:

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind viele der bekannten verwendeten Webtracking-Dienste unzulässig

Das würde ich so pauschal zwar nicht formulieren. Unzulässig ist es aber in jedem Fall dann, wenn man die Nutzer des Angebots nicht auf das Tracking hinweist. Die Nutzung des Tracking-Tools gehört wegen § 13 Abs. 1 TMG zumindest in die Datenschutzerklärung.

Wer kontrolliert eigentlich Datenschutzbehörden, die sich selbst nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten?

posted by Stadler at 16:25  

12.4.13

BGH: Einwilligung in Werbeanrufe auch in AGB möglich

Der BGH hat mit Urteil vom 25.10.2012 (Az.: I ZR 169/10) entschieden, dass eine Einwilligung in Werbeanrufe auch im Rahmen von AGB eines Glückspielanbieters möglich sind. Der BGH führt dazu aus:

Der deutsche Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG die Opt-In-Lösung umgesetzt (…). Diese Vorschrift wirkt sich aber nur dann nicht als faktisches Verbot jeder Telefonwerbung im privaten Bereich aus, wenn eine im modernen Geschäftsleben praktikable Möglichkeit besteht, die Einwilligung zu erhalten. Das setzt voraus, dass die Einwilligung grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam erteilt werden kann. (…) Davon geht auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur E-Mail-Werbung aus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 29, 33). Soweit früheren Entscheidungen des Senats etwas Abweichendes entnommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 – I ZR 241/97, GRUR 2000, 818 = WRP 2000, 722 – Telefonwerbung VI; Urteil vom 2. November 2000 – I ZR 154/98, VersR 2001, 315), wird daran nicht festgehalten.

Die Frage, ob damit tatsächlich den strengen gesetzlichen Vorgaben, wonach eine vorherige ausdrückliche Einwilligung erforderlich ist, Genüge getan werden kann, erörtert der BGH leider nicht. Eine ausdrückliche Einwilligung im Rahmen von AGB muss man bereits deshalb als problematisch ansehen, da AGB ja nicht zwingend zur Kenntnis genommen werden müssen, sondern vielmehr die zumutbare Möglichkeit einer Kenntnisnahme für die Einbeziehung von AGB reicht.

Der BGH stützt sich in seiner Entscheidung nicht auf den Wortlaut des UWG, sondern ausschließlich auf die Richtlinie und führt aus, dass die Einwilligung in Kenntnis der Sachlage erfolgen muss, was voraussetzt, dass der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Das setzt allerdings voraus, dass deutlich gemacht wird, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst.

Wenn also im Rahmen einer Teilnahme eines Verbrauchers an einem Glückspiel eine Einwilligung in Telefon- oder E-Mail-Werbung eingeholt werden soll, dann kann diese Einwilligung nicht pauschal erfolgen, sondern muss immer Bezug auf ein konkretes Unernehmen und konkrete Produkte nehmen.

posted by Stadler at 11:50  

11.4.13

BGH: Keine Haftung der Eltern beim Filesharing durch 13-jähriges Kind

Der mit Spannung erwartete Volltext der sog. Morpheus-Entscheidung des BGH vom 15.11.2012 (Az.: I ZR 74/12) ist mittlerweile online.

Der BGH verneint eine Haftung der Eltern für ihren 13-jährigen Sohn wegen eines urheberrechtswidrigen Filesharings. Aus der Urteilsbegründung wird deutlich, dass mangels einer Aufsichtspflichtverletzung weder eine Haftung nach § 832 BGB in Betracht kommt noch eine Störerhaftung. Die Störerhaftung verneint der BGH mit dem knappen Hinweis, dass die Prüfpflichten im Rahmen der Störerhaftung nicht weiter reichen als die Aufsichtspflicht für minderjährige Kinder im Sinne von § 832 BGB. Weitergehende Ausführungen zur Störerhaftung finden sich in der Entscheidung, wie ich bereits befürchtet hatte, allerdings nicht.

Der BGH betont, dass eine Verpflichtung zur Überwachung des Internetnutzungsverhaltens oder gar teilweisen Sperrung des Zugangs gegenüber minderjährigen Kindern nicht besteht. Allerdings verlangt der BGH, der Minderjährige müsse von den Eltern über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt werden und die Eltern müssten und ihm eine Teilnahme daran auch verbieten.

Allein dieser Ansatz des BGH ist mehr als problemtisch und zeigt, dass der I. Zivilsenat hier die Lebenswirklichkeit und die tatsächlichen Gegebenheiten verkennt. Internettauschbörsen – gemeint sind wohl P2P-Netzwerke – sind keineswegs rechtswidrig. Ebensowenig wie ein Messer rechtswidrig ist, auch wenn man damit einen Menschen erstechen kann. Es gibt vielfältige legale Nutzungsmöglichkeiten für P2P-Netzwerke. Ein Verbot der Nutzung von P2P-Netzwerken wäre also so, als würde der BGH verlangen, Kindern die Benutzung von Messern zu verbieten, nachdem man sie zuvor über die Gefährlichkeit belehrt hat. Der Ansatz des BGH impliziert aber auch, die Eltern wüssten immer ganz genau, was „Tauschbörsen“ bzw. P2P-Netzwerke eigentlich sind. In Wirklichkeit ist es vielfach allerdings so, dass Eltern mit (unter-)durchschnittlichen PC- und Internetkenntnissen oft überhaupt keine Ahnung davon haben, was ihre Kinder im Netz machen und vielfach bis zum Zeitpunkt der Abmahnung noch nie etwas von Filesharing gehört haben. Das ist jedenfalls meine Erfahrung aus der anwaltlichen Beratungspraxis.

Die BGH-Entscheidung stellt, gemessen an der restriktiven Rechtsprechung vieler Instanzgerichte, dennoch einen Fortschritt dar.

Die vom BGH postulierte Vermutung, wonach der Anschlussinhaber auch der Rechtsverletzter ist, sieht der BGH als entkräftet an, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat. Hier stellt sich zunächst die Frage, was die Grundlage der vom BGH aufgestellten Vermutungsregel sein soll. Sie könnte nämlich nur dann gerechtfertigt sein, wenn ihr in typischen Fällen ein wahrscheinlicher Geschehensablauf zugrunde liegt. Wenn man allerdings bedenkt, dass in einem deutschen Haushalt nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt etwas mehr als zwei Personen leben, bedeutet dies für Fälle des Filesharing, dass eine Wahrscheinlichkeit von nur knapp unter 50 % für die Annahme einer Rechtsverletzung durch den Anschlussinhaber spricht. Bei dieser Sachlage gibt es keinen überwiegend wahrscheinlichen Geschehensablauf und damit richtigerweise auch keine juristische Vermutung. Der I. Senat täte wirklich gut daran, seine Rechtsprechung gelegentlich einem Reality-Check zu unterziehen.

Mit dieser neuen Rechtsprechung ist außerdem für andere Sachverhalte noch nicht gänzlich klar, ob es bereits genügt, darzulegen, dass auch andere Familienmitglieder oder Mitbewohner den Anschluss benutzen und deshalb auch andere als Verletzer in Betracht kommen. Darüber wird der BGH aber eventuell demnächst entscheiden müssen.

Auch wenn ich diese BGH-Entscheidung also nicht für gänzlich überzeugend halte, ist sie dennoch ein weiterer Schritt in Richtung einer Einschränkung der Filesharing-Abmahnungen bzw. der pauschalen Haftung des Anschlussinhabers.

posted by Stadler at 16:34  
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