Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.4.13

Netzpolitiker vor den Facebook-Karren gespannt?

Netzpolitiker lassen sich vor Facebooks Karren spannen“ titelte netzpolitik.org gestern und attackierte die meines Erachtens durchaus honorigen Abgeordneten Peter Tauber (CDU), Lars Klingbeil (SPD) und Manuel Höferlin (FDP) dafür, dass sie in einem Leitfaden Facebooks für Politiker und Amtsträger auftauchen und dort offenbar mit ihrem Einverständnis zitiert werden. Die Aussagen der Politiker beziehen sich primär darauf, dass man Facebook als Kanal dafür benutzt, Bürger (Wähler) zu informieren und mit ihnen zu kommunizieren.

Bei netzpolitik.org wird gleich zu Beginn des Artikels ein Zusammenhang zur Reform des europäischen Datenschutzrechts hergestellt. Hierzu sagt die Facebook-Broschüre allerdings rein gar nichts. Der Zusammenhang ist schlicht konstruiert, um politisch Stimmung zu machen. Der Facebook-Leitfaden enthält zwar auch einen allgemeinen Abschnitt zum Thema Datenschutz, zu dem die genannten Politiker allerdings nicht befragt wurden.

Die kritisierten Netzpolitiker nutzen Facebook so wie viele andere. Auch netzpolitik.org nutzt Facebook übrigens recht intensiv. Bereits auf der Startseite gibt es eine eigene Rubrik „Facebook“ im Navigationsmenü, in der auf die Facebook-Fanseite von netzpolitik.org verwiesen wird. Man nutzt dort Facebook also auf genau dieselbe Art und Weise wie es die kritisierten Politiker tun.

Die konkrete Kritik ist damit inkonsequent und der sachliche Zusammenhang zur EU-Datenschutzreform ist an den Haaren herbeigezogen.

Ich halte netzpolitik.org für wichtig. Dennoch stößt man dort immer wieder auf Texte, die ganz ersichtlich tendenziös sind. Ein bisschen mehr Sachlichkeit würde dem Portal manchmal wirklich gut tun.

posted by Stadler at 14:39  

18 Comments

  1. Volle Zustimmung.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 22.04, 2013 @ 14:45

  2. Das Engagement der Politiker ist vergleichbar mit Verkehrspolitikern, die in einer Automarke-Broschüre erklären, wie cool Autofahren in einer bestimmten Marke ist. Das ist eine gemeinsame Win-Win-Situation, Politiker werden in diesem Fall als moderne Social-Media-Nutzer vorgestellt, Facebook freut sich über Nähe, Sympathie und Werbeträger. Kann man machen, dann muss man sich aber damit konfrontieren lassen, dass man sich als Werbeträger im Besten Fall nutzen lässt.

    Comment by Markus — 22.04, 2013 @ 14:52

  3. Tauber ist ja einer der wenigen, die beim #LSR vernünftig gestimmt haben.

    Comment by ths — 22.04, 2013 @ 15:41

  4. netzpolitik.org macht leider den gleichen fehler wie die piraten: nämlich zu glauben, netzpolitik ganz allgemein und das eigene, sehr spezielle berliner milieu mit seinen sehr spezifischen politischen zielen und weltanschauungen seien identisch.

    das ist schade, weil man dort mal mit sachorientierter berichterstattung gestartet war. noch schader ist, dass netzpolitik, eigentlich „konservative“ und „progressive“ kräfte dieser gesellschaft verbindet. man diese gemeinsamkeiten aber mit der zunehmend zu beobachtenden tendenziösen positionierung sowohl der piraten als auch einer wichtigen plattform wie netzpolitik.org sabotiert. wirklich schade.

    Comment by golda meir — 22.04, 2013 @ 17:03

  5. @Markus
    Das Automarken-Beispiel hinkt. Es gibt keine Automarke, die von 24 Mio Menschen in Deutschland genutzt wird. In breiter Ansprache finden Politiker ihre Wähler in D nur in Facebook. Nicht in Twitter, nicht in G+, nicht in den abkackenden VZ-Dingern.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 22.04, 2013 @ 17:56

  6. Netzpolitik ist ja sowieso nicht mehr besonders seriös.

    Comment by jens — 22.04, 2013 @ 18:34

  7. @WolfgangKsoll.
    Wenn das Beispiel mit der Automarke nicht vorstellbar ist, dann vielleicht die „Bild“ mit ihrer Werbekampagne zum Vergleich? Eventuell ist es dann besser verständlich, was Herr Beckedahl mit dem Vergleich anstrengen wollte.

    @Herrn Stadler
    Der Zusammenhang EU-DSR zur Leitfaden-Kritik mag lose oder fern sein. Ich fände es gut, wenn aber die darüber hinaus gehende Kritik nicht übersehen wird. Was ist denn das für ein Demokratieverständnis, dass Facebook mit den Äußerungen in diesem Leitfaden mitsamt der dort bewusst zitierten genannten Politiker verkörpert?

    Siehe z.B. hier im Blog vom AK Vorrat:
    http://blog.vorratsdatenspeicherung.de/2013/04/19/facebook-lehrmeister-der-popular-demokratie/

    Comment by c.b. — 22.04, 2013 @ 19:23

  8. Netzpolitik.org fing mal gut an. Als Blog. Dann erkannte Beckedahl das Geschäftsmodell und hatte guten Traffic, bekam Auszeichnungen.

    Und damit endet das Lob. Damit fing das Elend an. Geschäft eben. Werber ohne Ende auf die Seite gezogen, nicht auf Datenschutz geachtet. Massive Eingriffe in die Meinungsfreiheit, die dort vorher so propagiert wurde. Aber man muß ja auf Werber Rücksicht nehmen, da hört die Meinungsfreiheit auf. Dann Leute eingestellt. Mehr Kohle mußte ran etc..

    Die User gingen. Beckedahl führte und führt heute Selbstgespräche.

    Mittlerweile macht er 4000 Euro im Monat Verlust und bettelt seine User an, Geld zu spenden, doch die wissen bereits, dafür nicht. Sie sind weg.

    Man kann nicht erst die Leute vergraulen und dann die Hand aufhalten.

    Ein Fallbeispiel für den Bankrott einer irgendwann mal guten Idee, die scheitert, wenn jemand davon leben möchte und aus einem Blog eine Firma macht.

    Comment by Wilms — 22.04, 2013 @ 20:31

  9. Nachtrag:

    Zeitraffer, wie man ein Blog zerstört, wie es Beckedahl gemacht hat, und warum die User wegbleiben, in Steigerungsstufen:

    1. Blog, Friede, Freude, Eierkuchen

    2. Werber kommen rein, man möchte Geld verdienen, Beckedahl auch

    3. Mißliebige Beiträge werden kommentarlos entfernt, sie verschwinden sofort oder Tage später

    4. User werden bis zum Einwahlknoten, bis in das Haus mittels IP verfolgt und gespeichert. Deren Beiträge gehen erst gar nicht mehr rein

    5. Alle Anons werden gesperrt

    6. Das Blog wird zur Festung

    7. Das reicht nicht, denn jetzt werden alle Antworten vor Veröffentlichung gelesen und erst Stunden später online gebracht

    Jetzt mal im Ernst, wer möchte dort posten?
    NIEMAND! Geld spenden für diese Glanzleistung?
    NOPE!

    Wenn netzpolitik.org pleite geht, wird gejubelt.

    Wenn Beckedahl hier Admin wäre, jeder zweite Beitrag in allen Blogs wäre dahin. Gelöscht, getilgt, entfernt.

    Herr Beckedahl darf sich an Herrn Stadler ein Beispiel nehmen. Ein Lehrstunde.

    Der eine ein feiger Geschäftemacher, der seine Ideale verraten hat, der andere ein mutiger Jurist, der keine Kasse macht mit seinen Blogs.

    Danke!

    Comment by Wilms — 22.04, 2013 @ 21:18

  10. die Kritik von Netztpolitik.org teile ich im Prinzip, das Problem ist aber in der Tat, dass der Blog eben selbst „mit den Wölfen heult“, sprich F.B. mit nutzt.

    Schön, daß es wenigstens hier auf der Seite ohne geht, insofern ist die Schelte gut plaziert!

    Comment by Franz — 22.04, 2013 @ 22:22

  11. Hier noch ein Kommentar von mir bei netzpolitik.org, der dort wegen der vielen Links zu den Belegen auf Freischaltung wartet:

    “Entscheidend ist, warum gleich mehrere Abgeordnete verschiedener Parlamente, darunter zwei der zumindest bekanntesten Gesichter, der deutschen Netzpolitik, sich zum Testimonial für einen bestimmten Internetkonzern machen.”

    Das ist eine ziemlich scheinheilige Argumentation. Der grüne Fundi Dr. Thilo Weichert macht seit Jahren Werbung für ein Produkt namens Piwik. Das ist so ein skurriles Produkt, dass an der EU-Cookie-Richtlinie vorbei einem ein Cookie auf den Rechner setzt, wenn man nicht getrackt werden will. Wie Facebook ist Piwik für die Nutzer kostenlos.
    http://de.piwik.org/blog/2011/03/unabhangiges-landeszentrum-datenschutz-uld-piwik-datenschutzkonform-einsetzbar/
    https://www.datenschutzzentrum.de/presse/20110315-piwik.htm
    Nach Selbstauskunft steckt unter anderem AutoScout24 hinter Piwik:
    http://piwik.org/about/sponsors/
    (Vielleicht kommt daher Beckedahls Autobeispiel, das ich nicht verstehe, weil ich mich für Autos nicht interessiere :-)

    Bei Weichert meckert keiner, wenn der Werbung für Produkte macht und dafür sogar noch Ressourcen seines Amtes missbraucht für seinen antiamerikanischen Feldzug gegen Facebook, wo man sich auch skurrilen Verschwörungstheorien hingibt:
    http://www.tagesspiegel.de/medien/bloggerkolumne-schuetzt-sie-vor-sich-selbst/7569588.html

    Mir persönlich macht die Werbung von Weichert für von Autoscout24 gesponserten Produkten nichts aus. Aber man sollte mit gleicher Elle messen und nicht die einen verdammen und den anderen zum Helden hochstilisieren, weil man mit unterschiedlichen Maßstäben misst. Bei den Produkten, für die Politiker Werbung machen, kann man ruhig unterschiedlicher Meinung sein: ich nutze Facebook und ärgere mich jedes Mal über Piwik, dass Cookies setzt, um zu tracken, dass ich schon mal da war und nicht getrackt werden möchte.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 23.04, 2013 @ 09:34

  12. @Wolfgang Ksoll Der Vergleich von Facebook mit der Open Source Software Piwik und die Bezeichnung der letzteren als „skuril“ könnte kaum abwegiger sein. Sie illustriert aber das fehlende (Sach-)Verständnis des Vergleichenden.

    Comment by Andreas Kuckartz — 23.04, 2013 @ 11:45

  13. @Andreas Kuckartz
    Mach Dich doch einfach mal sachkundig zur Europäischen Cookie-Richtlinie, z.B. hier
    http://www.computerwoche.de/a/cookie-richtlinie-in-europa,2518064
    Wenn Du dann sachkundig bist, gehe mal zu ein paar englischen Anbietern. Dort wirst Du höflich gefragt, ob es OK ist, wenn man bei Dir ein Cookie setzt.

    Bei dem von Dr. Thilo Weichert beworbenen Produkt, das von Autoscout24 gesponserte Produkt Piwik, fragt, ob Du getrackt werden willst. Wenn Du nein sagst, setzte es bei Dir ein Cookie. Schräger kann man Datenschutz nicht verhöhnen: Anhand des Cookies sieht dann der Piwik-Betreiber, dass du schon einmal da warst, obwohl du explizit sagst, dass die Dir nicht nach schnüffeln sollen. Das ist so skurril wie die Unkenntnisse von Dr. Thilo Weichert im europäischen Datenschutzrecht, die ihm heute erneut von einem Gericht bescheinigt wurden. Aber so sind grüne Fundis: Die halten sich bei ihren Verschwörungstheorien nicht lange mit so irdischen Dingen wie der Realität auf.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 23.04, 2013 @ 16:05

  14. Info am Rande: Ich hab Markus Beckedahl einfach mal direkt gefragt, was er dazu sagt. Ich persönlich finde das jedenfalls besser/ehrlicher/fairer/… als „hinten herum“
    Und zwar auf netzpolitik.org, in diesem thread:
    https://netzpolitik.org/2013/investiere-in-digitale-burgerrechte-unterstutze-netzpolitik-org/
    Ich hab in meinem dortigen Beitrag lediglich hierhin verlinkt, aber anscheinend muss selbst das irgendwie freigeschaltet werden (?) … oder so. Warum auch immer… Aber für mich isses auch etwas seltsam, denn „Freedom of speech“, „Freedom of press“ etc. verurteilen auch jede Art von (Vor-)Zenzur (und nichts anderes ist dieses Selektieren doch, oder!?).
    Mein Verständnis von netzpolitik.org war bisher jedenfalls immer, daß unter anderem auch und insbesondere gegen jedwede Form der Zensur gekämpft wird…
    Bitte entschuldigt die gerade verwendeten US-Amerikanischen Bezeichnungen für Meinungs- und Pressefreiheit aber die sind diesbzgl. m.E. nun mal das „Original“ sozusagen (Vgl. Unabhängigkeitserklärung) und wurden noch gelebt. So hatte beispielsweise Thomas Jefferson seinerzeit bereits folgendes festgestellt:
    A democracy cannot be both ignorant and free

    In diesem Sinne, Baxter
    —————–
    P.S. [OFF-TOPIC]: Krass die Bayern! Glückwunsch zum 4:0 und damit zum
    Einzug ins Finale der Champions League! Respekt aus Köln…

    Comment by Baxter — 24.04, 2013 @ 00:44

  15. Nachtrag: Hatte noch ein „Test“ als Test gepostet. ;-) Das ist da, also muss es wohl doch am link liegen (?). K.A.

    Comment by Baxter — 24.04, 2013 @ 00:54

  16. @Baxxter: Der ist nicht gelöscht, du hast ihn nur in einem anderen Thread gepostet…

    Und ich frage mich ja, woher dieses seltsame Anspruchsdenken kommt, dass jemand in seiner Freizeit/mies bezahlten Arbeitszeit jeden Schrott-Kommentar auf seinem Blog dulden muss. Bei dem Aufkommen (deutlich über 100.000 zugelassene Kommentare, k.A. wieviele nicht zugelassene) ist es kein Wunder, dass da auch gelöscht wird; und ohne Spam-Filter geht sowas schlicht nicht. Vgl. https://netzpolitik.org/2012/einfach-mal-die-kommentare-schliesen/ und https://netzpolitik.org/2012/kommentarkultur-neu-entwickeln/

    Comment by Referat Z II 1 — 24.04, 2013 @ 01:26

  17. Ernsthaft, sowas bleibt hier dann auch stehen? http://www.internet-law.de/2013/04/netzpolitiker-vor-den-facebook-karren-gespannt.html#comment-21322

    Tolle Meinungsfreiheit, Herr Stadler!

    Comment by Referat Z II 1 — 24.04, 2013 @ 15:37

  18. Die FAZ stimmt Netzpolitik zu: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/politiker-in-facebook-broschuere-nuetzliche-netzidioten-12158417.html

    Comment by MORTEN FREIDEL — 25.04, 2013 @ 11:31

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