Twitter, der neue Handlanger der AfD
Wie ich nach der gestrigen Sperre meines Twitter-Accounts realisiert habe, handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Einige derjenigen, die gestern ebenfalls gesperrt wurden, haben aber längst wieder Zugriff auf ihren Account, weil sie den beanstandeten Tweet selbst gelöscht und ihren „Einspruch“, wie es twitter nennt, selbst wieder zurückgezogen haben.
Das werde ich allerdings nicht tun. Denn ich weigere mich, einen Tweet zu löschen, der äußerungsrechtlich so offensichtlich zulässig ist wie meiner.
Twitter verletzt damit nicht nur geltendes Recht, sondern bricht seine eigenen Regeln.
Fassen wir also zusammen: AfD-Anhänger melden systematisch Tweets die ihnen missfallen. Twitter sperrt wegen eines einzelnen Tweets, der erkennbar zulässig und rechtlich nicht zu beanstanden ist, den Zugriff auf meinen Account. Während der „Einspruch“ geprüft wird – was vermutlich bei Twitter auch Wochen dauern kann – bleibt der Zugriff auf den eigenen Account gesperrt. Das kann man verhindern, indem man seinen Einspruch zurückzieht. Das Groteske daran ist, dass andere Twitter-Nutzer überhaupt nicht erkennen können, dass man gesperrt ist.
Mich würde ernsthaft interessieren, ob Twitter auch Prominente wie Jan Böhmermann sperrt, der 2016, mehrere Tage nach mir, einen ganz ähnlichen Tweet abgesetzt hatte. Böhmenmann hat jedenfalls gerade zu dem Thema getwittert.
Ich denke es ist höchste Zeit, dass der (europäische) Gesetzgeber Meinungsplattformen wie Twitter und Facebook klare Vorgaben zum Beschwerdemanagement macht:
- Sowohl Maßnahmen der Plattform gegen rechtmäßige Postings/Tweets als auch das Nichtsperren rechtsverletzender Postings/Tweets müssen grundsätzlich sanktioniert werden können. Plattformen wie Twitter und Facebook müssen gesetzlich verpflichtet werden, Beschwerdefälle sorgfältig, unter Beachtung der Bedeutung der Meinungs- und Informationsfreiheit zu prüfen. Für die Prüfung ist eine zeitliche Grenze vorzugeben. Der Nutzer muss vom Netzwerk innerhalb angemessener Frist über die endgültige Entscheidung informiert, die konkrete Sperr- oder Löschmaßnahme muss ihm gegenüber nachvollziehbar begründet werden.
- Wenn ein einzelner Tweet bzw. ein einzelnes Posting beanstandet wird, kann dieser einzelne Tweet für die Dauer einer Überprüfung suspendiert werden, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Tweet/das Posting gelöscht werden dürfte. Die Sperrung des Zugriffs auf den kompletten Account ist in solchen Fällen aber unverhältnismäßig und stellt grundsätzlich keine geeignete Maßnahme der Plattform dar. Sie darf nicht dazu dienen, zu verhindern, dass der Betroffene seine Follower über den Vorgang informiert.
Update: Weil ich jetzt mehrfach gefragt wurde, warum ich glaube, dass Twitter seine eigenen Regeln verletzt und ich meine, mich nicht an die Twitter-Regeln halten zu müssen. Mit Twitter vereinbart habe ich die Nutzungsbedingungen, die in dem Zeitpunkt galten, als ich mich vor über 10 Jahren angemeldet habe. Es handelt sich hierbei um AGB, die Twitter auch nicht einseitig ändern kann, die Änderung muss Twitter vielmehr mit mir vereinbaren. Wenn man also annimmt, es würde eine neue Regelung geben, dann kann ich dagegen schon deshalb nicht verstoßen, weil diese neue Twitter-Regel nie mit mir vereinbart wurde. Darüber hinaus ist es aber nach aktueller Rechtsprechung auch so, dass soziale Netze gewährleisten müssen, dass äußerungsrechtlich zulässige Postings nicht gelöscht werden. Die Sperrung meines Accounts durch Twitter stellt also eine klare Vertragsverletzung von Twitter mir gegenüber dar.