Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.11.18

Recht auf Vergessenwerden gegenüber Suchmaschinen?

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass sich das in der Datenschutzgrund-Verordnung (DSGVO) normierte Recht auf Vergessenwerden auch gegen den Betreiber einer Suchmaschine richten kann und die Entfernung von Links aus der Trefferliste einer Suchmaschine grundsätzlich nach Art. 17 DSGVO geltend gemacht werden kann (Urteil vom 06.09.2018, Az.: 16 U 193/17).

Das Gericht hält aber im Suchmaschinenkontext dann stets eine Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit einerseits und dem Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung andererseits für notwendig, die der Senat an Art. 17 Abs. 3 Nr. 1 DSGVO festmacht. Das OLG Frankfurt bezweifelt sodann, dass die Grundsätze des Google-Spain-Urteils des EuGH auf Presseartikel übertragbar sind. Außerdem hält es das Gericht für denkbar, dass der „Regel-Ausnahme-Mechanismus“, wie ihn der EuGH in seinem google-spain-Urteil statuiert hat, im Rahmen der Abwägung nach Art. 17 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO keine Anwendung mehr findet. Das lässt das OLG letztlich aber offen und nimmt aufgrund einer Einzelfallabwägung ein überwiegendes öffentliches Interesse an.

Die Leitsätze des OLG Frankfurt lauten:

1.  Das Begehren auf Unterlassung, beanstandete Inhalte auf bestimmte Internetseiten durch Anzeige in den Suchergebnissen einer Suchmaschine mit entsprechender Verlinkung auffindbar zu machen, wird von der Rechtsfolge des Art. 17 DS-GVO erfasst.

2. Über die Rechtmäßigkeit der Verlinkung von Inhalten mit Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO ist nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) DS-GVO in Verbindung mit Art. 17 Abs. 3 lit. a) DS-GVO im Wege einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden, wobei sich die Abwägung an Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO orientieren kann.

3.  Die von dem EuGH in seinem Urteil vom 13.05.2014, C-131/12, zu einem „Recht auf Vergessen“ festgelegten Abwägungskriterien sind im Rahmen des Art. 17 Abs. 1 lit. a) lit. d) in Verbindung mit Art. 17 Abs. 3 lit. a), Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO nicht schematisch anzuwenden, sondern es ist den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen.

posted by Stadler at 17:33  

2 Comments

  1. Die Datensammlung der Suchmaschine geschieht vollautomatisch statt manuell und ist daher nicht durch Nebeninteressen korrumpiert. Die Datensammlung geschah unter keinerlei Vertraulichkeitsbedingung, sondern aufgrund öffentliche verfügbarer Daten, quasi in „freier Wildbahn“. Diese Datensammlung sollte von GG Art. 5 geschützt sein.

    Comment by Wolf-Dieter Busch — 14.11, 2018 @ 23:12

  2. „Recht auf Vergessen“: DSGVO Art. 17 Abschnitt (1) listet 6 (sechs) Gründe für Anrecht auf Löschen auf. Betrachten wir den vierten Punkt:

    „Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet.“

    Wann ist die „Verarbeitung“ „unrechtmäßig“? Welcher Laie (als Rechtssunterworfener) soll das verstehen? Welcher Abgeordnete, der das Gesetz schweigend abnickt?

    Eine Suchmaschine sucht ihre Daten aus frei zugänglichen Quellen. Sie „darf“ das laut Art. 5 GG.

    Ein „Recht auf Vergessen“ – so sehr mir meine Jugendsünden peinlich sein sollten – fügt sich nicht ins Konzept der Meinungsfreiheit ein, und letztlich nicht ins Konzept des Rechtsstaats. Sondern es erodiert diesen.

    Die DSGVO ist nichts weiter als das Sahnehäubchen auf diesem irrsinnigen Konstrukt. Sie gehört niedergerissen und ersetzt durch ein eindeutiges, verständliches Gesetz, das klar und deutlich unterscheidet zwischen „frei gesammeltem Wissen“ und „vertraulich mitgeteilten Daten“.

    Comment by Wolf-Dieter Busch — 15.11, 2018 @ 08:01

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