Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.4.10

Neuer Player im Abmahngeschäft

Im Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen ist mir von der Kanzlei Kornmeier & Partner in letzter Zeit keine Abmahnung mehr für DigiProtect untergekommen. Dafür hat Dr. Kornmeier mit der GSDR GmbH, die wie er in Frankfurt am Main residiert, jetzt eine neue Mandantin gefunden.

Die GSDR GmbH wurde erst mit Gesellschaftsvertrag vom 03.03.2010 gegründet und am 06.04.2010 ins Handelsregister eingetragen. Geschäftszweck des Unternehmens ist laut Handelsregister der Erwerb von Rechten an Tonaufnahmen, Bildtonaufnahmen, Computerspielen, Filmen oder anderen Audio- oder audiovisuellen Produkten zum Schutze der vorgenannten Produkte gegen rechtswidrige Verwertungen, insbesondere im Internet. Das klingt doch sehr nach einer neuen Variante von DigiProtect.

Kornmeier mahnt derzeit für GSDR u.a. The Disco Boys „I Surrender“ ab.

posted by Stadler at 17:29  

8.3.10

Aktuelle Filesharing-Abmahnungen der Kanzlei Kornmeier

Die Rechtsanwälte Kornmeier & Partner, bekannt als Massenabmahner im Bereich des Filesharing, sind in letzter Zeit häufiger für andere Auftraggeber als die Firma DigiProtect tätig. Namentlich Abmahnungen für die

-Superstar Entertainment GmbH & Co. KG (Tobias Schulz, Guten Morgen Sonnenschein, Bravo Hits 67) und die

-Ministry of Sound Recordings GmbH (Laurent Wolf, Walk The Line, Sunshine Vol. 32)

sind mir insoweit aufgefallen.

Ob das wohl damit und damit zusammenhängt?

posted by Stadler at 12:48  

27.2.10

Großer Artikel über das Geschäftsmodell Filesharing-Abmahnung in der SZ

In der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung vom 27./28.02.2010 beschäftigt sich Johannes Boie unter dem Titel „Hier spielt die Musik“ mit dem Geschäftsmodell der Filesharing-Abmahnindustrie, insbesondere mit dem Netzwerk um die DigiProtect GmbH, die Rechtsanwaltskanzlei Kornmeier und die Fa. DigiRightSolutions. Der Artikel ist u.a. deshalb interssant, weil der Autor die DigiProtect GmbH und Rechtsanwalt Dr. Udo Kornmeier in Frankfurt besucht hat und auch seine diesbezüglichen Eindrücke schildert. Und eine interessante Zahl nennt Boie. DigiProtect hat nach eigenen Angaben im Jahr 2009 zwischen 45.000 und 60.000 Abmahnungen verschickt. Wenngleich ich diese Zahlen noch für eher untertrieben halte, zeigt das bereits die Dimension des Geschäftsmodells „Turn Piracy Into Profit“ auf. Denn DigiProtect ist nur einer von mehreren großen Playern in diesem Geschäftszweig, dessen Erstarken die Folge einer gesetzgeberischen Fehlentwicklung ist.

Update vom 28.02.10:
Der Artikel ist jetzt auch online abrufbar

posted by Stadler at 16:50  

4.2.10

Amtsgericht Frankfurt weist Klage von DigiProtect / Kornmeier auf Erstattung von Abmahnkosten ab

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 29.01.2010 (31 C 1078/09 – 78) eine Klage der Fa. DigiProtect, vertreten durch die Rechtsanwälte Kornmeier und Partner, auf Erstattung von Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgewiesen und nur Schadensersatz von EUR 150,- zugesprochen. Das berichtet Rechtsanwalt Alexander Kohut auf Twitter. Hintergrund der Klage war eine urheberrechtliche Abmahnung eines Filesharers durch DigiProtect.

Das Amtsgericht Frankfurt ist aufgrund neuer Erkenntnisse von seiner bisherigen Rechtsprechung abgerückt.

Im November war auf Wikileaks ein von Dr. Udo Kornmeier unterschriebenes Fax vom 19.03.2008 aufgetaucht, in dem dargestellt wird, dass die Kanzlei Kornmeier intern mit DigiProtect auf Basis einer (unzulässigen) Erfolgshonorarvereinbarung abrechnet. Kurze Zeit später hat Kornmeier dann in einer eidesstattlichen Versicherung vom 30.11.2009 gegenüber dem Landgericht Frankfurt erklärt, er würde mit DigiProtect auf Basis eines monatlichen Pauschalhonorars abrechnen, weil es für DigiProtect aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich sei, in jedem einzelnen Fall eine 1,3-Gebühr nach dem RVG aus einem Streitwert von EUR 10.000,- zu bezahlen. Dieses Dokument lag dem Amtsgericht Frankfurt vor und hat das Gericht offenbar dazu veranlasst, die auf das RVG gestützte Kostenklage abzuweisen. Denn eine Erstattung von RVG-Gebühren kann nur dann verlangt werden, wenn der Anwalt mit seinem Auftraggeber auch tatsächlich nach RVG abrechnet. Und genau das ist aber bei der Kanzlei Kornmeier nicht der Fall.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig und es ist daher gut möglich, dass Kornmeier Berufung einlegen wird. Denn die Entscheidung gefährdet das gesamte Geschäftsmodell DigiProtect / Kornmeier.

Update:
Das Urteil des Amtsgericht Frankfurt liegt nunmehr auch im Volltext vor.

posted by Stadler at 08:00  

21.1.10

Filesharing: Wie funktioniert das Abmahngeschäft von DigiProtect konkret?

Filesharing-Abmahnungen werden mittlerweile häufig von Unternehmen ausgesprochen, deren Geschäftszweck es ist, P2P-Netzwerke zu überwachen, dort Filesharer zu ermitteln und anschließend mit anwaltlicher Hilfe zu verfolgen. Wie das genau funktioniert, möchte ich anhand des Beispiels der Fa. „DigiProtect Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien GmbH“ einmal näher erläutern.

In einem ersten Schritt lässt sich DigiProtect von einem Rechteinhaber urheberrechtliche Nutzungsrechte einräumen. Bei dem Chart-Hit „Ayo Technology“ des Künstlers Milow, der im letzten Jahr sehr häufig Gegenstand von Abmahnungen war, ist Rechteinhaber eine Firma B1 Recordings. Diese Firma räumt der DigiProtect ausschließliche Nutzungsrechte ein, aber nur im Hinblick auf die Nutzung in Filesharing-Netzen. Ob das als eigenständige Nutzungsart durchgeht und eine solche beschränkte Rechtseinräumung somit überhaupt möglich ist, ist noch nicht abschließend geklärt, wird aber von der Rechtsprechung bislang durchgehend bejaht.

Anschließend beauftragt DigiProtect die Fa. DigiRight Solutions, die mit ihrer Software „File Watch“ in Peer-To-Peer-Netzwerken gezielt danach sucht, ob das Musikstück von Milow getauscht wird. Nach den Aussagen von DigiProtect in Antragsschriften zum Landgericht Köln werden „einschlägige Internettauschbörsen über einen längeren Zeitraum überwacht“ und dabei IP-Adressen von Tauchbörsennutzern erfasst und gespeichert, zusammen mit Datum und sekundengenauer Uhrzeit. Um festzustellen, dass es sich tatsächlich um das Stück von Milow handelt, bedient sich DigiRight Solutions der sog. Hash-Wert-Methode. Hierzu wird nach Angaben von DigiRight Solutions bei jedem einzelnen Teilnehmer ein Testdownload gestartet, um einen Teil der Datei zu erlangen und so den Hash-Wert-Vergleich zu ermöglichen. Was die Zuverlässigkeit dieser Form der Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen angeht, verweist DigiProtect auf ein Gutachten eines Dipl. Wirtschaftsingenieurs.

Mittels dieser IP-Adressen ermittelt man dann anhand einer WhoIs-Abfrage den Zugangsprovider, wobei die Software der DigiRight Solutions bereits automatisiert zu jeder ermittelten IP-Adresse eine WhoIs-Abfrage durchführt.

Mit diesen Informationen stellt DigiProtect schließlich, zumeist vertreten durch die Rechtsanwälte Kornmeier und Partner, beim Landgericht Köln einen „Antrag auf Anordnung der Zulässigkeit einer Auskunftserteilung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG“.

Das Landgericht Köln verpflichtet die Telekom dann in einem ersten Schritt per einstweiliger Anordnung die Verkehrsdaten zu sichern, da ja eine Löschung droht und gibt der Telekom außerdem Gelegenheit zur Stellungnahme.

In einem zweiten Schritt gestattet das Gericht dem Provider (Telekom) dann, Auskunft zu erteilen, über Namen und Anschrift des Nutzers der die ermittelte IP-Adresse zu dem fraglichen Zeitpunkt genutzt hatte. Die Telekom schickt der DigiProtect anschließend eine Liste mit Namen und Anschriften ihrer Kunden.

In einem solchen gerichtlichen Antrag werden von DigiProtect tausende von IP-Adressen gebündelt. In einem Beschluss des Landgerichts Köln vom 10.06.09 waren es beispielsweise 3641 IP-Adressen. Es gibt sogar Auskunftsverfahren, die mehr als 10.000 IP-Adressen zum Gegenstand haben.

Es werden also in einem einzigen Verfahren, das die Antragstellerin nur Gerichtsgebühren von EUR 200,- kostet, tausende von Filesharern ermittelt. Nachdem deutschlandweit jährlich hunderte, möglicherweise tausende solcher Anträge gestellt werden, kann man sich leicht ausrechnen, was für ein Massengeschäft dahinter steckt. Eine auf Schätzungen basierende Statistik geht von ca. 450.000 Filesharing-Abmahnungen im Jahre 2009 aus. Und das könnte noch zu tief gegriffen sein.

Und dieses Abmahngeschäft steht juristisch auf sehr wackeligen Beinen, wie ich schon dargelegt habe.

posted by Stadler at 12:00  

8.1.10

Abmahnindustrie: 450.000 Filesharing-Abmahnungen im Jahr 2009?

Netzwelt.de und gulli.com haben eine Jahresstatistik 2009 zu Abmahnungen von Urheberrechtsverletzungen in P2P-Netzwerken veröffentlicht.

Die Statistik geht von 453.000 Abmahnungen wegen Filesharings im Jahre 2009 aus, von denen allein 161.000 auf die DigiProtect GmbH entfallen sollen. DigiProtect wiederum beschäftigt damit gleich mehrere Anwaltskanzleien, u.a. Kornmeier und Partner, Denecke, von Haxthausen und Graf von Westphalen.

Da es sich bei den Zahlen um Hochrechnungen und Prognosen handelt, dürfte von einer erheblichen Ungenauigkeit auszugehen sein. Dass allerdings die Zahl der Filesharing-Abmahnungen deutlich zugenommen hat, deckt sich mit der Einschätzung aus meiner Sachbearbeitung. Dies ist vor allem bedingt durch die Einführung des gerichtlichen Auskunftsverfahrens nach § 101 Abs. 9, 2 UrhG. Wenn man berücksichtigt, dass das Landgericht Köln schon in einzelnen Auskunftsverfahren z.T. mehr als 10.000 IP-Adressen zu Anschlussinhabern zuordnet und zudem weiß, dass das Landgericht Köln nur für diese Verfahren eine eigene (Hilfs-)Kammer eingerichtet hat, so erscheint die Zahl von 450.000 Abmahnungen im Bereich des Filesharing keinesfalls abwegig.

Mittlerweile handelt es sich in jedem Fall um ein Geschäft von industriellem Ausmaß. Aus diesem Grund ist es auch wenig verwunderlich, wenn einer der Big-Player dieser Szene, Rechtsanwalt Udo Kornmeier, empfindlich darauf reagiert, dass man sein Geschäftsmodell in Frage stellt.

Mein Ausblick für das Jahr 2010: Die Luft wird für die Abmahnkanzleien erheblich dünner werden. Zumal der Gegenwind aus unterschiedlichen Richtungen kommen dürfte. Die Gerichte werden sich vermehrt mit neuen Erkenntnissen zur Abrechnungspraxis dieser Anwaltskanzleien auseinandersetzen müssen und auch Verbraucherschutzverbände sollten mittlerweile genügend Anlass und Munition haben, die Geschäftspraxis der Abmahnkanzleien kritisch zu beleuchten.

posted by Stadler at 13:00  

21.12.09

Vorerst kein Strafverfahren gegen Rechtsanwalt Kornmeier

Wie Gulli berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Rechtsanwalt Dr. Kornmeier wegen der Geltendmachung nicht berechtigter Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Abmahnung von Filesharern abgelehnt. Das Argument der Staatsanwaltschaft lautet, dass dem Abgemahnten im Ergebnis kein Schaden entsteht, selbst wenn man unterstellt, der Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten sei nur vorgetäuscht. Die Staatsanwaltschaft meint nämlich, der Auftraggeber von Kornmeier, die Fa. DigiProtectm hätte wegen der Verletzung der Urheberrechte einen Schadensersatzanspruch in Höhe eines Vielfachen der Anwaltskosten, was zu einer Schadenskompensation führen würde.

Diese Argumentation weist gleich mehrere Schwachpunkte auf.

Wenn ein Rechtsanwalt von seinem Gegner zu hohe Gebühren fordert, stellt dies einen Betrug dar (Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 352, Rn. 9).

Was die Staatsanwaltschaft zu der Annahme veranlasst, die Schadensersatzforderungen seien um ein Vielfaches höher als die Anwaltskosten, ist unklar. Wenn die Kanzlei Kornmeier für DigiProtect eine Kostenklage erhebt, macht sie regelmäßig ein Anwaltshonorar von EUR 651,80 geltend und ergänzend Schadensersatz in Höhe von EUR 150,-. Bereits diese eigene Bezifferung von DigiProtect zeigt deutlich, dass die Kanzlei Kornmeier von einem Schaden ausgeht, der wesentlich niedriger ist, als die geltend gemachten Anwaltskosten.

Diese Relation ist auch deshalb realistisch, weil DigiProtect weder Rechteinhaber ist noch über umfassende ausschließliche Nutzungsrechte an dem Werk verfügt. Vielmehr erhält DigiProtect vom Rechteinhaber ein Nutzungsrecht, das auf die öffentliche Zugänglichmachung über P2P-Netzwerke beschränkt ist.

Update vom 24.12.09:
Lese gerade in der c’t (vom 21.12.09, S. 154) den sehr ausführlichen Artikel von Holger Bleich „Die Abmahn-Industrie“. Dort findet sich auch ein Interview mit Volker Römermann, einem der Spezialisten für anwaltliches Berufsrecht. Römermann wörtlich: „Diese Abmahnanwälte laufen ein hohes Risiko. Fordern sie Gebührenerstattung ohne jede Rechtsgrundlage, dann ist das Betrug„. Es dürfte m.E. nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die Staatsanwaltschaften um diese Erkenntnis nicht mehr herum kommen. Die Luft wird dünner für diejenigen, die Filesharing-Abmahnungen zum Geschäftsmodell ausgebaut haben.

posted by Stadler at 14:15  

18.12.09

Neues von Kornmeier

Die von der Kanzlei Kornmeier beauftragte Frankfurter Anwaltskanzlei schreibt mir gerade, dass man sich entschlossen hätte, gegen diskreditierende Äußerungen, die von mir oder Teilnehmern (!) meines Blogs verbreitet werden, nicht weiter gerichtlich vorzugehen. Das freut mich natürlich außerordentlich, wenngleich dieser Rückzug nicht ganz freiwillig erfolgt ist.

Außerdem teilt man mir mit, dass man selbst die zuständige Staatsanwaltschaft vollinhaltlich über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt hätte und die Abteilung für Wirtschaftsstrafachen hierauf aber die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt habe. Wörtlich wird hierzu angefügt: „Sobald Sie Gelegenheit hatten, dies zu verifizieren, werden Sie hierüber sicherlich in Ihrem Blog „Internet-Law“ berichten„.

Das mach ich doch gerne liebe Kollegen, wobei es mir schwer fällt, diese Information jetzt zu verifizieren, weil die fragliche Strafanzeige jedenfalls nicht von mir erstattet worden ist und ich auch nicht weiß, wie sie begründet worden ist. Es wird sich vermutlich um die Strafanzeige der Gulli-Redaktion handeln.

Wie ich aus meiner Sachbearbeitung weiß, setzt die Kanzlei Kornmeier ihre Geschäftspraxis vorerst auch unverändert fort. Die Frage wird sein, wie lange noch.

posted by Stadler at 16:10  

11.12.09

Die Abrechnungspraxis der Filesharing-Abmahnanwälte

Am Landgericht Köln war vorgestern ein interessantes Spektakel zu beobachten. Die Rechtsanwälte Rasch und Spreckelsen waren als Zeugen geladen und sollten in einem Prozess, in dem sie selbst die Klagepartei – Major-Labels der Musikindustrie – vertreten, darüber Auskunft erteilen, wie sie ihr Anwaltshonorar mit ihren Mandanten abrechnen. Die Kanzlei Rasch gehört zu den Big-Playern im Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen.

Rechtsanwalt Solmecke berichtet auf seiner Website über die Zeugeneinvernahme. Die beiden Anwälte haben offenbar ausgesagt, dass sie im Innenverhältnis die Anwaltsgebühren reduzieren, wenn sie mit dem Abgemahnten einen Vergleich schließen. Aber Derartiges muss freilich vorher mit den Auftraggebern ausdrücklich abgestimmt sein.

Wenn die Abmahnkanzleien mit ihren Mandanten aber eine Vereinbarung getroffen haben, die vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abweicht, dann dürfen Sie auch von ihrem Gegner keine RVG-Gebühren fordern. Aber genau das passiert regelmäßig und war auch Gegenstand der Klage vor dem Landgericht Köln.

Die meisten der Kanzleien, die Filesharer verfolgen, verlangen vom Abgemahnten in ihrem Abmahnschreiben zunächst einen pauschalen Zahlbetrag der Anwaltshonorar und Schadensersatz beinhaltet, wobei nicht erkennbar ist, welcher Anteil genau auf die Anwaltskosten entfällt. Erst wenn der Abgemahnte sich weigert, diesen Betrag zu zahlen, erhöht man die Forderung in einem nächsten Schreiben, indem man eine Berechnung der Anwaltskosten nach dem RVG vornimmt und einen Schadensersatzbetrag hinzufügt. Diese erhöhten Kosten werden dann gelegentlich auch eingeklagt.

Hier stellt sich zunächst die Frage, wie man behaupten kann, nach RVG abzurechnen, wenn man zunächst und primär Anwaltshonorar fordert, das niedriger ist, als das nach dem RVG.

Was die Kanzlei Kornmeier und ihre Auftraggeberin die Fa. DigiProtect angeht, so liegen mir diesbezüglich neue Erkenntnisse vor. In einer eidesstattlichen Versicherung vom 30.11.2009 – abgegeben gegenüber dem Landgericht Frankfurt am Main – erklärt Herr Dr. Udo Kornmeier, dass es seiner Mandantin DigiProtect wegen der Vielzahl von Abmahnschreiben aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich ist, für jeden einzelnen Fall eine anwaltliche Vergütung auf Basis einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem angemessenen Streitwert von EUR 10.000,- zu bezahlen. Kornmeier erklärt weiter, dass seine Kanzlei deshalb mit DigiProtect ein monatliches Pauschalhonorar vereinbart hat, dessen Höhe sich nach dem monatlichen Zeitaufwand sowie der von der Kanzlei gestellten personellen oder sonstigen Infrakstruktur richtet (was allerdings wiederum nicht ganz widerspruchsfrei ist – Anm. d. Verf.). Erst wenn der Rechtsverletzter mit einem pauschalierten Vergleichsangebot nicht einverstanden ist, so Kornmeier weiter, erteilt DigiProtect Klageauftrag, wobei es Gegenstand des Klageauftrags ist, eine 1,3 RVG-Gebühr aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- geltend zu machen. Und nur in diesem Fall, wird DigiProtect eine Rechnung nach RVG ausgestellt und laut Kornmeier von DigiProtect auch beglichen.

Das bedeutet nichts anderes, als dass man zunächst ein Pauschal- oder Zeithonorar vereinbart hat. Da der Abgemahnte aber nur die Kosten erstatten muss, die tatsächlich entstanden sind, kann er nicht verpflichtet sein, Kosten nach dem RVG zu erstatten. Daran ändert sich auch nichts, wenn diese nicht entstandenen Kosten anschließend eingeklagt werden, denn durch die Klageerhebung entstehen die Kosten ebenfalls nicht. Was DigiProtect und Kornmeier vereinbart haben, dient einzig und allein der größtmöglichen Einnahmenerzielung. Denn die Auswechslung der Abrechnungsmodalitäten dient allein dem Zweck, den vom Gegner zu erlangenden Erstattungsbetrag zu erhöhen, während DigiProtect diese Gebühren ansonsten nicht bezahlen müsste. Die Gebühren sind somit letztlich fiktiv und fiktive Gebühren sind nicht erstattungsfähig. Im Falle von DigiProtect ist aufgrund eines Telefaxschreibens von Dr. Kornmeier vom 19.03.08, in dem er das Geschäftsmodell durchaus abweichend darstellt, aber ohnehin fraglich, ob nicht doch noch ganz anders abgerechnet wird.

Ganz generell ist zu fragen, wozu es führt, wenn Abmahnkanzleien die Gebührenvereinbarungen mit ihren Auftraggebern flexibel bzw. variabel ausgestalten. Wenn der Abgemahnte sofort bezahlt, dann geben sich Kanzleien wie Rasch oder Kornmeier mit einem Honorarbetrag zufrieden, der in der geforderten Pauschale enthalten ist und der die gesetzlichen Gebühren unterschreitet, wobei nicht genau erkennbar ist, wie hoch der Honoraranteil ist. Erst wenn nicht bezahlt wird, berechnet man Honorar auf Basis des RVG und klagt dieses in manchen Fällen sogar ein.

Ein Blick in die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) belegt, dass es sich bei diesem Konstrukt keineswegs um eine Gebührenabrechnung nach RVG handelt, sondern um eine Erfolgshonorarvereinbarung. In § 49b Abs. 2 RVG ist das Erfolgshonorar legal definiert als:

Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält

Und genau mit einem solchen Fall haben wir es zu tun. Die Höhe der anwaltlichen Vergütung steht nicht von vornherein fest, sondern sie richtet sich nach dem Verlauf der Angelegenheit und hängt davon ab, in welcher Höhe der Abgemahnte zahlt. Dieses Abrechnungsmodell lässt sich deshalb als Erfolgshonorarvereinbarung qualifizieren. Und eine solche Erfolgshonorarvereinbarung ist nur in den engen Grenzen des § 4a RVG zulässig. Und die Voraussetzungen dieser Norm sind in den Filesharing-Fällen kaum erfüllt.

Geht man davon aus, dass diese Form der Vergütungsvereinbarung unzulässig und damit unwirksam ist, dann kann man stattdessen freilich nicht ohne weiteres auf die gesetzlichen Gebühren zurückgreifen, weil dies nach der Rechtsprechung des BGH bereits gegenüber dem eigenen Mandanten eine unzulässige Rechtsausübung darstellen würde, was erst Recht gegenüber dem Gegner gelten müsste.

Der Abgemahnte muss immer nur diejenigen Gebühren erstatten, die bei seinem Gegenüber auch tatsächlich und nachweisbar entstanden sind. Welche Gebühren sind aber entstanden, wenn man es von vornherein mit einer variablen Vereinbarung zu tun hat und nicht mit feststehenden und unveränderlichen RVG-Gebühren? Lassen sich in diesem Fall überhaupt konkrete Gebühren auf den Einzelfall umlegen bzw.sind solche Gebühren berechenbar?

Und genau hier stößt man an die Grenzen des Geschäftsmodells Filesharing-Abmahnung. Selbst wenn man nicht unterstellt, dass das Geschäftsmodell ohnehin so konzipiert ist, dass der Anwalt seinen Auftraggeber von jeglichem Kostenrisiko freistellt, bleibt immer die Frage bestehen, ob tatsächlich feste, berechenbare Anwaltskosten entstanden sind, deren Erstattung verlangt werden kann.

Die Geltendmachung von RVG-Gebühren kommt m.E. in diesen Fällen jedenfalls nicht in Betracht. Die Kostenklagen die Kornmeier oder Rasch für ihre Mandanten erheben, stellen m.E. deshalb eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung von Gebühren dar, die in dieser Form mit der eigenen Mandantschaft nicht vereinbart sind und tatsächlich auch nicht entstanden sind, sondern vielmehr fiktiv zum Zwecke der Einnahmenerzielung berechnet werden.

Sinn und Zweck der Abmahnung ist es aber nicht, Einnahmen zu erzielen, sondern Rechte zu verteidigen. Dieses Ziel ist aber hier deutlich in den Hintergrund getreten. Turn Piracy Into Profit lautet stattdessen die Devise. Die Rechteinhaber und einige findige Unternehmen wie DigiProtect haben erkannt, dass man aus der Piraterie eben auch Profit schlagen kann. Das mag man je nach Standpunkt als legitim betrachten, mit deutschem Recht ist es nicht vereinbar.

posted by Stadler at 12:45  

9.12.09

Kornmeier nimmt Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück

Vor zwei Wochen habe ich darüber berichtet, dass mich Rechtsanwalt Dr. Udo Kornmeier wegen eines Blobeitrags abgemahnt und die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert hat. Daraufhin habe ich Schutzschriften bei verschiedenen Landgerichten hinterlegt und die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert.

Die Kanzlei Kornmeier, vertreten durch eine andere Anwaltskanzlei, hat deshalb am 30.11.09 beim Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-03 O 550/09) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Diese Verfügung hat das Landgericht aber nicht erlassen, vielmehr hat Kornmeier am 04.12.09 seinen Verfügungsantrag – offenbar auf Anraten des Gerichts – wieder zurückgenommen. Zuvor hatte die von den Rechtsanwälten Kornmeier beauftragte Kanzlei vergeblich versucht, das Landgericht Frankfurt unter Hinweis auf einen Beschluss des Landgerichts Köln vom 25.11.09 umzustimmen.

Das Landgericht hat offenbar auch meine Schutzschrift berücksichtigt, denn mit Beschluss vom 07.12.09 wurden der Partnergesellschaft Kornmeier die Kosten des Verfügungsverfahrens auferlegt, wie von mir in der Schutzschrift beantragt. Einziger Wermutstropfen: Das Gericht hat den Streitwert nicht entsprechend der Antragsschrift auf EUR 250.000,- festgesetzt, sondern nur auf EUR 30.000,-.

Mit dieser Aktion hat es die Kanzlei Kornmeier natürlich auch geschafft, den zugrundeliegenden Sachverhalt bei ihrem Hausgericht in Frankfurt bekannt zu machen. Auch eine Form des Streisand-Effekts. ;-)

posted by Stadler at 14:10  
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