Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.5.10

Reaktionen aus USA auf W-LAN-Urteil des BGH

Das einflussreiche amerikanische Blog „Techdirt“ hat das hierzulande vieldiskutierte Urteil des BGH, wonach der Betreiber eines privaten W-LANs verpflichtet ist, dieses zu verschlüsseln, als „bizzarre“ bezeichnet.

Der Beitrag weist völlig zu Recht darauf hin, dass es gute Gründe dafür gibt, ein W-LAN offen zu betreiben. Wenn man die Kommentare im Blog liest, erkennt man aber, dass es auch bei den Lesern des Techdirt-Blogs vereinzelt Zustimmung zur Haltung des BGH gibt.

Heute ist von mir zu dem Thema auch ein juristischer Aufsatz – der vor der Urteilsverkündung  geschrieben wurde – erschienen: Der unfreiwillige Access-Provider – Haftung des Anschlussinhabers für Rechtsverletzungen über (offene) W-LANs, AnwZert ITR 9/2010, Anm. 3.

Update: Zu den Auswirkungen des Urteils auf Internet-Cafes haben sich die Kollegen Jens Ferner und Reto Mantz Gedanken gemacht.

posted by Stadler at 09:33  

12.5.10

BGH: Betreiber eines W-LANs haftet mit Einschränkungen

Der BGH hat mit Urteil vom 12.05.2010 (Az.: I ZR 121/08) eine Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses, über dessen W-LAN Dritte Urheberrechtsverletzungen (Filesharing) begehen, grundsätzlich bejaht. Dabei schränkt der BGH die Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers allerdings deutlich ein. Denn der BGH sieht nur einen Unterlassungs- aber keinen Schadensersatzanspruch als gegeben an. Vor allen Dingen möchte der BGH  in diesen Fällen – anders als die Mehrheit der instanzgerichtlichen Rechtsprechung – die Regelung des § 97 a Abs. 2 UrhG anwenden, wodurch die Abmahnkosten auf einen Betrag von EUR 100,- begrenzt werden.

Auch wenn ich die Entscheidung des BGH in rechtsdogmatischer Hinsicht für zweifelhaft halte, gibt es für diejenigen, die die Filesharing-Abmahnung zum Geschäftsmodell ausgebaut haben, keinen Grund zum Jubeln. Denn so wie bisher wird es vermutlich nicht weiter gehen. Bei den One-Song-Abmahnungen wie sie zum Beispiel von den Kanzleien Kornmeier oder Nümann & Lang zumeist versandt werden, kann in Zukunft regelmäßig wohl kein Schadensersatz mehr und nur noch EUR 100,- Abmahnkosten verlangt werden.

Die Entscheidung werde ich eingehend besprechen, sobald sie im Volltext vorliegt.

Update: Jens Ferner hat eine instruktive Anmerkung zum Urteil gebloggt. Ganz generell frage ich mich, ob sich der BGH der Auswirkung der Entscheidung auf offene Netze (Freifunk, Internet-Cafes, Hotspots) bewusst war. Das werden wohl erst die Gründe ergeben.

posted by Stadler at 09:53  

8.5.10

Filesharing: 4000 Auskunftsanträge beim Landgericht Köln allein in 2010

Die Initiative „Abmahnwahn Dreipage“ hat ein Interview mit dem Pressesprecher des Landgerichts Köln zum Thema Filesharing und Auskunftsverfahren gegen Provider zur Ermittlung von Anschlussinhabern geführt.

Obwohl mir bewusst war, dass die Zahl der Verfahren beim Landgericht Köln sehr hoch ist, hat die Aussage, dass allein im Jahr 2010 (bis Ende April) 4000 solcher Auskunftsanträge dort eingegangen sind, meine Befürchtungen noch übertroffen. Nachdem mir einige Akten aus derartigen Verfahren (aus dem Jahr 2009) vorliegen, lässt sich sagen, dass in jedem dieser Verfahren mehrere hundert, oftmals sogar mehrere tausend IP-Adressen dem jeweiligen Anschlussinhaber zugeordnet werden. Prinzipiell kann aus jeder einzelnen IP-Adresse eine Abmahnung resultieren. Daher liegt die Schlussfolgerung nahe, dass allein das Landgericht Köln für mehrere Millionen Filesharing-Abmahnungen im Jahr den Boden bereitet. Auskunftsverfahren bei anderen Landgerichten kommen hinzu. Wie das Geschäftsmodell Filesharing-Abmahnung funktioniert, habe ich vor einigen Monaten am Beispiel von DigiProtect erläutert.

posted by Stadler at 15:15  

6.5.10

Urheberrecht: Google verklagt Plattenlabel

Google hat das Plattenlabel Blue Destiny Records vor einem Gericht in Kalifornien auf Feststellung verklagt, dass Google mit Suchmaschinenlinks die auf Downloadmöglichkeiten bei dem Sharehoster Rapidshare verweisen, die Urheberrechte des Labels nicht verletzt. Die Klageschrift ist vollständig online.

posted by Stadler at 08:15  

4.5.10

Aufsatz zur Haftung des W-Lan Betreibers

In einem neuen Aufsatz für JurPC erörtert Reto Mantz die umstrittene Frage, ob und inwieweit der Inhaber eines privaten Internetanschlusses, der anderen mittels eines W-Lans den Internetzugang ermöglicht, für Rechtsverletzungen haftet, die über seinen Zugang erfolgen. In den Filesharing-Fällen wird praktisch immer der Anschlussinhaber in Anspruch genommen.

Mantz lehnt in diesem lesenswerten Aufsatz eine Verantwortlichkeit des Betreibers eines W-Lan sim Ergebnis  ab und stellt u.a. auf den bislang noch wenig diskutierten Umstand ab, dass der Anschlussinhaber in diesen Fällen auch eine Art Access-Provider ist und kein triftiger Grund ersichtlich ist, ihn schlechter zu behandeln, als kommerzielle Zugangsprovider, die sich auf die Privilegierung des § 8 TMG berufen können und darauf, dass sie keine Prüfpflichten im Rahmen der Störerhaftung treffen. Auch die Prämisse, wonach der Betreiber eines W-Lan-Routers eine Gefahrenquelle eröffnet, stellt Mantz zu Recht in Frage. Siehe hierzu auch meinen Beitrag „Grundrecht auf offene Netze?“.

Bleibt zu hoffen, dass der BGH den Aufsatz vor seiner Entscheidung am 12.Mai noch liest.

posted by Stadler at 17:16  

1.5.10

OLG Düsseldorf: Rapidshare haftet nicht als Störer

Im Gegensatz zu anderen Gerichten hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 27.04.2010 (I-20 U 166/09) eine Störerhaftung des Sharehosters Rapidshare für von Nutzern des Dienstes hochgeladene Filmwerke verneint.

Die Argumentation des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist in Teilen durchaus innovativ. Das OLG Düsseldorf verneint Unterlassungsansprüche gegen Rapidshare vor allen Dingen deshalb , weil es dem Sharehoster technisch nicht zuverlässig und zielgenau möglich sei, die künftige Zugänglichmachung von Filmen durch Nutzer zuverlässig zu verhindern.

Außerdem führt das OLG Düsseldorf aus, man könne Rapidshare letztlich nur verbieten, dass Nutzer des Dienstes bestimmte Dateien auf den Servern des Sharehosters speichern. Das sieht der Senat aber mit Blick auf  die urheberrechtliche Schranke der Privatkopie (§ 53 Abs. 1 UrhG) als problematisch an. Denn der Nutzer kann eine rechtmäßig erworbene Filmkopie grundsätzlich auch auf externen Servern zu privaten Zwecken speichern. Er darf nur den „Standort” nicht öffentlich preisgeben, kann aber im Rahmen des § 53 Abs. 1 UrhG den Film mit Familienmitgliedern oder Freunden teilen. Würde man Rapidshare zwingen, bereits den Upload bestimmter Film- oder Musikdateien generell zu verhindern, dann wäre es den Rechteinhabern damit auch gelungen, die bei ihnen ohnehin unbeliebte Möglichkeit der Privtakopie insoweit auszuhebeln. Das ist eine, wie ich finde, durchaus beachtliche Argumentation des OLG Düsseldorf..

posted by Stadler at 17:09  

27.4.10

Neuer Player im Abmahngeschäft

Im Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen ist mir von der Kanzlei Kornmeier & Partner in letzter Zeit keine Abmahnung mehr für DigiProtect untergekommen. Dafür hat Dr. Kornmeier mit der GSDR GmbH, die wie er in Frankfurt am Main residiert, jetzt eine neue Mandantin gefunden.

Die GSDR GmbH wurde erst mit Gesellschaftsvertrag vom 03.03.2010 gegründet und am 06.04.2010 ins Handelsregister eingetragen. Geschäftszweck des Unternehmens ist laut Handelsregister der Erwerb von Rechten an Tonaufnahmen, Bildtonaufnahmen, Computerspielen, Filmen oder anderen Audio- oder audiovisuellen Produkten zum Schutze der vorgenannten Produkte gegen rechtswidrige Verwertungen, insbesondere im Internet. Das klingt doch sehr nach einer neuen Variante von DigiProtect.

Kornmeier mahnt derzeit für GSDR u.a. The Disco Boys „I Surrender“ ab.

posted by Stadler at 17:29  

22.4.10

Filesharing: Amtsgericht Düsseldorf weist Klage auf Erstattung von Abmahnkosten ab

Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 14.04.2010 (Az.: 57 C 15741/09) eine Klage der Uptunes GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte Nümann + Lang, auf Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz abgewiesen.

Das Gericht stützt seine Entscheidung allein auf den Umstand, dass die Uptunes GmbH das Bestehen ausschließlicher urheberrechtlicher Nutzungsrechte und damit die Aktivlegitimation nicht nachweisen konnte. Vermutlich wird gegen das Urteil Berufung eingelegt werden.

posted by Stadler at 17:30  

21.4.10

Bushido: Plagiatsurteile des LG Hamburg im Volltext

Der Rapper und Filesharing-Abmahner Bushido hat selbst in ganz erheblicher Weise das Urheberrecht verletzt und sich für eigene Songs bei Aufnahmen einer französischen Band bedient.

Bushido und sein Verlag wurden deshalb vom Landgericht Hamburg zur Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz dem Grunde nach verurteilt und Bushido persönlich auch zu sog. Billigkeitsentschädigung.

Die beiden Entscheidungen vom 23.03.2010 (Az. 308 O 175/08) und (Az. 310 O 155/08) sind u.a. bei Telemedicus jetzt im Volltext online.

Die Urteile sind auch deshalb interessant, weil sie sich näher mit der Frage von Urheberrechtsverletzungen durch Samples bzw. Loops beschäftigen.

Zu dieser Frage hat sich der BGH im letzten Jahr ebenfalls geäußert, in der vielbeachteten „Metall auf Metall“  Entscheidung, der eine Auseinandersetzung zwischen der Kultband Kraftwerk und dem Musikproduzenten Moses Pelham zugrunde lag.

posted by Stadler at 12:42  

19.4.10

Grundrecht auf offene Netze?

Im Zusammenhang mit der anstehenden Entscheidung des BGH zur Haftung eines Betreibers eines (offenen) W-Lans für Rechtsverletzungen durch Dritte, stellt Oliver Garcia bei Telepolis die nicht ganz unberechtigte Frage nach der verfassungsgrechtlichen Dimension der Thematik.

Und man sollte in der Tat die Frage stellen, ob es in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht sogar ein Recht darauf geben muss, offene Netze unterhalten zu können. Welche Auswirkungen eine restriktive Haltung der Rechtsprechung hätte, habe ich in einem früheren Beitrag schon skizziert.

Würde der Staat einen flächendeckenden Internetzugang zur Verfügung stellen, was unter dem Aspekt der Daseinsvorsorsorge gar keine so abwegige Vorstellung ist, so wäre dieser Zugang ebenfalls offen und frei und deshalb natürlich mit der Gefahr von Urheberrechtsverletzungen verbunden. Wäre ein solches Vorhaben deshalb unzulässig? Würde eine Teilhabe aller Menschen an den Interessen einer kleiner Gruppe von Rechteinhabern scheitern? Einen solchen Ansatz hat unsere Verfassung noch nie verfolgt, es ist der Ansatz von Lobbyisten.

Die zivilrechtliche Diskussion hat sich bisher wenig mit der vorgelagerten und letztlich entscheidenden Fragestellung befasst, ob man wirklich von einer Gefahrenquelle sprechen kann, die die Gefahr von Rechtsverletzungen schafft oder erhöht. Die Gefahrenquelle wäre dabei nämlich nicht der Netzzugang, sondern das Internet selbst. Denn es ist die Existenz des Netzes, die die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen durch Nutzung von P2P-Netzwerken erhöht.

Wäre also der Ansatz richtig, dass die Haftung an die Schaffung einer Gefahrenquelle anknüpft, dann müssten konsequenter Weise für Urheberrechtsverletzungen auch diejenigen haften, die die Netzinfrakstruktur bereit stellen, weil sie die“ Gefahrenquelle“ Internet schaffen. Das wären z.B. Carrier wie die Telekom und die Provider. Dass dies Unsinn ist, leuchtet wohl jedem ein.

Es ist deshalb an der Zeit, sich von der Vorstellung vom Internet als Gefahrenquelle zu verabschieden. Die Existenzberechtigung für offene Netze sollte in einem freiheitlichen Staat eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Dass in freiheitlich-demokratischen Staaten die Gefahr von bestimmten Rechtsverletzungen mitunter höher sein kann, weil es an einer Überwachung wie in einem totalitären Staat fehlt, wissen wir. Es handelt sich hierbei um den Preis der Freiheit, den alle Mitglieder dieser Gesellschaft zu zahlen haben, auch die Inhaber von Urheberrechten.

posted by Stadler at 17:00  
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