Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.6.12

Kurzanalyse des Gesetzesentwurfs zum Leistungsschutzrecht

Der Referentenentwurf des BMJ zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse liegt nunmehr vor. Dieser sieht die Einführung eines neuen § 87f UrhG vor, der wie folgt lauten soll:

Presseverleger
(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.
(2) Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient. Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen.

Gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Verlage sind einige Einschränkungen erkennbar. Nach dem aktuellen Entwurf ist vom Schutz nur das öffentliche Zugänglichmachen zu gewerblichen Zwecken umfasst. Das Leistungsschutzrecht wird damit auf Internetsachverhalte beschränkt. Die Beschränkung auf gewerbliche Zwecke soll offenbar dazu dienen, Hobbyblogger auszunehmen. Die Gesetzesbegründung erläuert allerdings, dass ein Blogger, der sich in seinem Blog mit seinem beruflichen Schwerpunktthema auseinandersetzt, ebenfalls zu gewerblichen Zwecken handelt, wenn er Presseerzeugnisse nutzt. Der Jounalist oder Jurist der also nebenher zu seinem hauptberuflichen Themenkreis bloggt, handelt nach dieser Lesart ebenfalls schon gewerblich.

Die ursprüngliche Idee der Schaffung eines Vergütungsanspruchs, der von einer Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden sollte, ist ebenfalls nicht mehr im Entwurf erhalten. Das bedeutet aber auch, dass der aktuelle Vorschlag keinerlei Vergütungsanspruch normiert, sondern nur auf die vorhandenen Instrumente des Unterlassungs- und Schadensersatzanspruchs Bezug nimmt.

Die spannendste Frage ist allerdings die, unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen das Leistungsschutzrecht gegeben ist und ob das Leistungsschutzrecht überhaupt weiter reicht, als das Urheberrecht/Nutzungsrecht an den journalistischen Texten selbst.

Der Gesetzesvorschlag spricht vom öffentlichen Zugänglichmachen des Presseerzeugnisses oder Teilen davon. Insoweit ist besonders interessant, dass die Gesetzesbegründung auf die BGH-Entscheidung „Metall-auf-Metall“ Bezug nimmt, die zum Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers ergangen ist. Damit will man ersichtlich die sog. „Snippets“ erfassen.

Das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers umfasst selbst “kleinste Tonfetzen”, wie der BGH in der Metall-auf-Metall-Entscheidung wörtlich ausgeführt hat. Übertragen auf ein Leistungsschutzrecht für Verlagsprodukte würde dies bedeuten, dass auch kleinste Textbestandteile, sogar einzelne Wörter, vom Schutz umfasst wären. Das beinhaltet dann allerdings die Gefahr, dass ein solches Leistungsschutzrecht zu einem Schutz der Information und der Sprache selbst führen würde, worauf u.a. die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) hingewiesen hat, die keinesfalls im Verdacht steht, urheberrechtsfeindlich zu agieren.

Das geplante Leistungsschutzrecht betrifft also keineswegs nur Dienste wie Google-News, sondern zunächst auch sämtliche Suchmaschinentreffer, die auf „Presseerzeugnisse“ verweisen, weil bei dieser engen Auslegung selbst das Einlesen des Titels eines Artikels schon einen Verstoß darstellt. Suchmaschinen dürfen damit keine Presseartikel mehr indexieren. Ich bin gespannt, wie die Verlage reagieren werden, wenn Google diese Konsequenz tatsächlich zieht.

Auch die Möglichkeit Links zu setzen, wird meines Erachtens durch den Entwurf beeinträchtigt. Davon, dass der Gesetzesentwurf unter Verweis auf die Paperboy-Entscheidung des BGH ausdrücklich darauf verweist, dass die bloße Verlinkung nicht betroffen sei, sollte man sich nicht täuschen lassen. Der Hyperlink als solcher begründet nach dieser Rechtsprechung zwar kein öffentliches Zugänglichmachen des verlinkten Werkes. Allerdings darf man im Linktext selbst dann keinesfalls mehr auch nur die Überschrift des Presseartikels verwenden, weil man damit bereits einen kleinen Fetzen des Presserzeugnisses öffentlich zugänglich gemacht und damit gegen das Leistungsschutzrecht verstößt.

Der Entwurf lässt leider auch eine tragfähige Begründung der Notwendigkeit dieses Leistungsschutzrechts vermissen.

Update:
Udo Vetter hat ebenfalls zum Thema gebloggt und befürchtet neue Abmahnwellen, die sich vor allen Dingen gegen Blogger und Nutzer sozialer Medien richten könnten. Und diese Befürchtung ist keineswegs abwegig. Denn wenn ich künftig die Überschrift eines Presseartikels twitterte, würde, sofern man mir einen gewerblichen Zweck unterstellt, ein  Verstoß gegen das geplante Leistungsschutzrecht vorliegen.

Update vom 15.06.2012:
Till Kreutzer bietet eine lesenswerte, ausführliche rechtspolitische Analyse des Vorhabens.

posted by Stadler at 16:20  

1.6.12

Treffende juristische Analyse des Urteils Klehr ./. Kompa des LG Hamburg

Vor einigen Tagen habe ich hier über ein Urteil des Landgerichts Hamburg berichtet, durch das dem bloggenden Rechtsanwalt Markus Kompa der Verweis auf einen Filmbeitrag des ZDF, der über YouTube abrufbar war, verboten worden ist. Das Urteil hat für viel Diskussionsstoff und zahlreiche Medienberichte gesorgt.

Gerade lese ich eine wirklich scharfsinnige juristische Analyse des Urteils, die von dem hochgeschätzten Kollegen Dr. Ralf Petring stammt. Petring hat sich die Urteilsbegründung genauer angesehen und legt eine ganze Reihe von Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten der Argumentation des Landgerichts offen.

posted by Stadler at 22:59  

30.5.12

BGH zur Haftung bei der Einbindung von RSS-Feeds

Der BGH hat mit Urteil vom 27. März 2012 (Az.: VI ZR 144/11), das heute im Volltext veröffentlicht wurde, entschieden, dass der Betreiber eines Informationsportals, der erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien (hier: RSS-Feeds) ins Internet stellt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist erst verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.

Der BGH nimmt in seinem Urteil zunächt zu der Frage Stellung, unter welchen Voraussetzungen man sich online fremde Inhalte zu eigen macht und erläutert, dass jemand, der Nachrichten aus fremden Blogs und Websites einbindet, sich diese Nachrichten grundsätzlich nicht zu eigen macht, wenn keine redaktionelle Kontrolle stattfindet und erkennbar bleibt, dass es sich um Fremdinhalte handelt. Hierzu führt der Senat aus:

Maßgeblich für die Frage, ob sich der Anbieter die auf seinem Internetportal eingestellten Inhalte, die er nicht selbst geschaffen hat, zu eigen macht, ist eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere die Frage der inhaltlichen redaktionellen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind. Ein Zu-Eigen-Machen liegt regelmäßig vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Auch lediglich undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem Vertreiber zugerechnet werden, wenn er sie sich zu Eigen gemacht hat. Ob dies der Fall ist, ist jedoch mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen. Schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung kann sich ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; WM 2009, 1706, 1709; Senatsurteil vom 17. November 2009 – VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN). Im Streitfall liegt es vergleichbar.

Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts wird im Streitfall eine redaktionelle Kontrolle nicht durchgeführt; vielmehr ist der beanstandete Feed automatisiert im Rahmen eines bestehenden Abonnementvertrages zwischen der Beklagten und der Streithelferin ungeprüft übernommen worden.
Die auf der Website der Beklagten dargestellten Inhalte sind auch als fremd gekennzeichnet worden, indem sich direkt unter der Überschrift der Verweis auf die Ursprungs- bzw. Zielseite – hier: „Bild.de“ – befindet. Dadurch wird dem Leser hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei dem Artikel nicht um eine eigene Berichterstattung der Beklagten, sondern um eine fremde Nachricht – hier: der Streithelferin – handelt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als Betreiberin des Informationsportals eine inhaltliche Verantwortung für die veröffentlichten Nachrichten Dritter übernehmen wollte, finden sich nicht. Die Internetseite der Beklagten war nach den unangegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen als Informationsportal ausgestaltet, welches keine eigenen Inhalte enthielt, sondern mit Hilfe sogenannter RSS-Feeds Schlagzeilen aus Medien und Blogs wiedergab und jeweils einen Link zu dem entsprechenden Ursprungsartikel bereit hielt. In dem Impressum wies die Beklagte insofern unter anderem darauf hin, dass „alle Artikel und grafischen Elemente, so wie sie sind, … weiterverbreitet werden“.
Unter diesen Umständen reicht entgegen der Auffassung der Revision im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung allein die Tatsache, dass die Beklagte die Medien, von denen sie mittels eines Abonnementvertrages die RSS-Feeds bezog, vorausgewählt hatte, nicht aus, um einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des „Zu-Eigen-Machens“ zu begründen.

Anschließend verneint der BGH eine Störerhaftung in Form der sog. Verbreiterhaftung. Hierzu wird im Urteil folgendes ausgeführt:

Die Störerhaftung in der Form der Verbreiterhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Denn zu dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Kommunikationsprozess kann die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung auch dann zählen, wenn der Mitteilende sich diese weder zu Eigen macht noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet, sondern die fremde Äußerung lediglich verbreitet (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2009 – VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 13 mwN; BVerfGE 85, 1, 22; BVerfG, WM 2009, 1706). Eine Haftung des Verbreiters fremder Nachrichten als Störer setzt deshalb die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, aaO Rn. 22 und vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 – Domainverpächter, jeweils mwN).

Der Betreiber eines Informationsportals, der wie die Beklagte erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien und Blogs ins Internet stellt, ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Das würde den Betrieb des dem Informationsinteresse der Mediennutzer dienenden, auf schnelle und aktuelle Information ausgerichteten Informationsportals unzuträglich hemmen. Den Betreiber eines Informationsportals trifft deshalb erst dann eine Prüfpflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber eines Informationsportals auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Inhalt einer in das Portal eingestellten Nachricht hin, kann der Betreiber des Portals als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, aaO Rn. 24 – Hostprovider und vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, aaO Rn. 27 – Domainverpächter).

Wichtig erscheint mir auch noch folgende Urteilspassage:

Im Streitfall hat die Beklagte, nachdem sie von den Klägern auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts ihrer Mandantin durch die Streithelferin hingewiesen worden ist, die beanstandete Berichterstattung aus ihrem Angebot genommen. Infolgedessen ist sie nicht zur Störerin geworden und war auch keinem Unterlassungsanspruch ausgesetzt.

Wer also als sog. mittelbarer Störer einen bestimmten fremden Inhalt entfernt, nachdem er von einer Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt worden ist, hat damit die ihn treffende Verpflichtung erfüllt. Ein Unterlassungsanspruch besteht in diesem Fall gegen ihn dann nicht mehr.

posted by Stadler at 11:22  

25.4.12

Urheberrechtliche Haftung für „Embedded Content“

Das OLG Köln lehnt mit Urteil vom 16.03.2012 (Az.: 6 U 206/11) eine Urheberrechtsverletzung in Fällen des Framing ab. Es geht hierbei um die Frage, ob derjenige, der Fremdinhalte in einem Frame anzeigt, für Urheberrechtverletzungen auf der verlinkten Fremdseite haften soll.

Das Oberlandesgericht Köln beschäftigt sich zunächst mit der Frage, ob in Fällen des Framings überhaupt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG in Betracht kommt. Das OLG bezeifelt dies, weil kein kontrolliertes Bereithalten eines in der Zugriffssphäre des Verletzers befindlichen Werks zum Abruf stattfindet, lässt die Frage aber letztlich offen.

Nachdem das OLG kein mittelbares oder mittäterschaftliches Handeln desjenigen erkennen kann, der fremde Inhalte in einem Frame darstellt, fehlt es nach Ansicht des OLG Köln bereits an einer ausreichenden eigenen Vereltzungshandlung. Die Entscheidung stellt allerdings maßgeblich darauf ab, dass die Internetnutzer aufgrund der konkreten Gestaltung klar erkennen können, dass es sich um Fremdinhalte handelt und nicht um von der Beklagten verantwortete eigene Inhalte.

Eine Störerhaftung hat das OLG schließlich deshalb abgelehnt, weil das fragliche Framing bereits zwei Tage nach der Abmahnung beendet war. Dies ist offenbar von der Überlegung getragen, dass zumutbare Prüfpflichten im Sinne der Störerdogmatik frühestens dann entstehen, wenn der Störer von der Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurde.

Eine im Ergebnis sicherlich zutreffende Entscheidung.

Im urheberrechtlichen Sinne dürfte diese Rechtsprechung auch auf die Fälle der Einbindung von YouTube-Videos in Blogs übertragbar sein, denn auch dort ist deutlich erkennbar, dass es sich nicht um eigenen Content des Bloggers handelt.

posted by Stadler at 09:26  

18.4.12

Linkhaftung und Jugendschutz

Vom Verwaltungsgericht Düsseldorf kommt eine durchaus denkwürdige Entscheidung  (Urteil vom 20.03.2012, Az.: 27 K 6228/10) , die sich mit der Frage der Haftung von Links auf Domainparking-Seiten befasst, die auf pornografische Inhalte verweisen.

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat gegenüber einer Domainvermarktungsgesellschaft Links auf einer Domainparkingwebsite als Verstoß gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) beanstandet. Ein Domainvermarkter hatte die fragliche Domain auf sich, aber im Kundenauftrag, registriert. Er hat gegen den Verwaltungsakt der KJM Klage erhoben und sich u.a. darauf berufen, dass er nicht Anbieter der fraglichen Inhalte gewesen sei und die Parkseite und die Werbelinks auch nicht bearbeitet habe. Die Domain sei durch einen Dienst ohne sein Zutun in die Parkseite eingebunden worden. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sich auf den beworbenen Websites erotische Inhalte befunden hätten.

Diese Einlassung hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf nicht für beachtlich gehalten und die Klage (weitgehend) abgewiesen.

Das VG Düsseldorf geht zunächst davon aus, dass der Kläger Anbieter der Inhalte (der Website) im Sinne des JMStV war, was wiederum allein aus dem Umstand hergeleitet wird, dass er als Domaininhaber eingetragen war.

Bereits diese Gleichsetzung von Domain und Website ist nicht unproblematisch.

Interessant ist dann auch die weitere Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, nach der sich der Inhaber einer Domain, unter der eine Domainparking-Seite mit Werbelinks abrufbar ist, die verlinkten Inhalte stets zu Eigen macht. Das Verwaltungsgericht führt dazu aus:

Ziel des Domaininhabers, der seine Domain mit der Absicht der Gewinnerzielung auf eine Parkseite weiterleitet, ist es, dass die Besucher seiner Domain die von der Parkseite aus verlinkten Domains aufsuchen. Der Inhaber der Parkseite macht sich so die Inhalte der verlinkten Domains zu Eigen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Parkseite – wie die des Klägers – nicht auf eine bloße Auflistung von Links beschränkt, sondern die zu erreichenden Inhalte weitergehend „anpreist“ oder beschreibt. So fanden sich auf der Parkseite des Klägers sowohl Beschreibungen der beworbenen Inhalte als auch Screenshots der Angebote. Zu dem Link auf das Angebot der Domain „www.E6.com“ hieß es etwa: „Für nur 2,50 bekommst Du einen #1# – Memberbereich mit Livesex, Commandocams, Direktkontakten, Pornofilme in Bildschirmgröße mit Sound und vielen weiteren Spezialangeboten für Deinen Geschmack. Keine Dialer, keine Popups, einfach nur fair.

Ob es dem Kläger bewusst war, welche Inhalte von seiner Domain aus im Einzelnen erreichbar waren, ist ohne Relevanz. Zum Störer wird jemand dadurch, dass durch sein eignes bzw. ihm zurechenbares fremdes Verhalten eine Gefahr verursacht wird oder eine solche Gefahr aus dem Zustand einer von ihm rechtlich oder tatsächlich beherrschten Sache entsteht. Unerheblich ist, ob den Ordnungspflichtigen ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft.

Diese Argumentation ist jedenfalls nicht konsistent. Denn man kann nicht einerseits unterstellen, jemand würde aufgrund des Konstrukts eines Zueigenmachen in gleicher Weise haften wie der Anbieter originär eigener Inhalte und andererseits aber annehmen, es sei unerheblich, ob der Betroffene überhaupt Kenntnis von den Inhalten hat, die er sich angeblich zu Eigen macht. Den ein Zueigenmachen liegt nach der Rechtsprechung des BGH nur dann vor, wenn man einem Inhalt zustimmt bzw. erkennbar die Inhaltsverantwortung übernehmen will. Genau diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben.

Die aus meiner Sicht juristisch relevante Frage wäre an dieser Stelle gewesen, ob die Verlinkung auf pornografische Inhalte (objektiv) ein strafrechtliches Zugänglichmachen solcher Inhalte nach § 184 Abs. 1 StGB darstellt. In diesem Sinne hat beispielsweise das OLG Stuttgart für eine Verlinkung auf volksverhetzende Inhalte entschieden.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Berufung zugelassen.

posted by Stadler at 17:20  

2.3.12

Unterlassungsanspruch statt Leistungsschutzrecht?

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin spricht sich in seinem Blog gerade gegen ein Leistungsschutzrecht für Verlage aus, was generell zu begrüßen ist. Unmittelbar im Anschluss unterbreitet er dann allerdings einen äußerst schrägen Alternativvorschlag. Höferlin schreibt nämlich:

„Verlage, die sich gegen die Anwendung der Kulturtechnik des Verlinkens im Internet wehren wollen, könnten dies mit einem Unterlassungsanspruch tun. Hierfür könnten wir eine gesetzliche Regelung finden.“

Der Abgeordnete Höferlin schlägt also allen Ernstes vor, einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch zu schaffen, der es Verlagen ermöglicht, eine Verlinkung auf ihre Inhalte zu verbieten.

Ich glaube hier hat wieder mal einer die Grundstruktur des WWW nicht verstanden.

Gut gefällt mir übrigens auch der Titel „Manuel Höferlin’s Blog„. Diese Form der Verwendung des Apostrophs erinnert mich irgendwie an den Kabarettisten Han’s Klaffl.

posted by Stadler at 22:05  

30.1.12

BVerfG zu Hyperlinks und Meinungsfreiheit

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen das Urteil des BGH „AnyDVD“ richtete, mit Beschluss vom 15.12.2011 (Az.: 1 BvR 1248/11) nicht zur Entscheidung angenommen. Der BGH hatte eine Entscheidung des OLG München aufgehoben, die es dem Heise-Verlag untersagt hatte, im Rahmen einer redaktionellen Berichterstattung auf einen Anbieter einer Software zu verlinken, die Kopierschutz umgeht.

In dem Beschluss des 1. Senats werden interessante und aufschlussreiche Ausführungen zum Thema Hyperlinks, Meinungs- und Pressefreiheit gemacht:

„So begegnet es keinen Bedenken, dass der Bundesgerichtshof das Setzen eines Links in einem Online-Artikel wegen seiner Einbettung in eine pressetypische Stellungnahme neben der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterstellt. Denn es ist Teil des meinungsbildenden Diskussionsprozesses, dessen Schutz Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG im Sinn hat, sich und andere auch über Stellungnahmen Dritter zu informieren (vgl. BVerfGE 85, 1 <22>). Die Pressefreiheit schützt – insoweit darüber hinausgehend – auch die bloß technische Verbreitung von Äußerungen Dritter, selbst soweit damit keine eigene Meinungsäußerung des Verbreiters verbunden ist (vgl. BVerfGE 21, 271 <278 f.>).

Soweit in der Verfassungsbeschwerde das vom Bundesgerichtshof gefundene Abwägungsergebnis als – selbst bei Hinzutreten des Schutzes aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG – nicht zwingend angegriffen wird, übersehen die Beschwerdeführerinnen, dass in einer Konstellation, in der sich konkurrierende Grundrechtspositionen gegenüberstehen, die Verfassungsbeschwerde regelmäßig nur mit dem Argument Erfolg haben könnte, dass abwägungsrelevante Umstände oder Rechtspositionen nicht oder fehlerhaft berücksichtigt oder grundrechtsrelevant fehlgewichtet wurden. Dies zeigt die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht auf. Der Bundesgerichtshof gelangt zum Überwiegen der Meinungs- und Pressefreiheit des Beklagten im Übrigen insbesondere deswegen, weil die Linksetzung nicht auf eine technische Dienstleistung zu reduzieren und dadurch isoliert zu betrachten sei, sondern wegen ihres informationsverschaffenden Charakters am grundrechtlichen Schutz teilhabe. Diese Einschätzung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

bb) Dem angegriffenen Urteil kann nicht mit verfassungsrechtlicher Relevanz entgegengehalten werden, es weiche in einem entscheidenden Punkt von der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der „Schöner Wetten“-Entscheidung ab. Dabei kann dahinstehen, ob dies überhaupt zutrifft (vgl. Bölke, NJW 2011, S. 2440; Lederer, jurisPR-ITR 9/2011 Anm. 4).

Jedenfalls wäre selbst eine Abweichung von früherer Rechtsprechung, gleich ob sie offengelegt wird oder nicht, für sich genommen nicht geeignet, ein grundrechtlich relevantes Abwägungsdefizit zu begründen. Die Zivilgerichte müssen bei der Entscheidung des ihnen unterbreiteten Einzelfalls die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>). Unrichtige Anschauungen von Grundrechten sind insbesondere dann verfassungsrechtlich bedeutsam, wenn darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen leidet (vgl. BVerfGE 112, 332 <358 f.>). Gegebenenfalls kann ein Gericht sogar gehalten sein, frühere Rechtsprechung zu revidieren, um eine verfassungsgemäße Entscheidung treffen zu können. Eine Rechtsprechungsänderung mag im Einzelfall unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes Bedeutung erlangen (vgl. BVerfGE 122, 248 <277 f.> m.w.N.); ein Gleichheitsproblem (vgl. BVerfGE 19, 38 <47>) oder ein Abwägungsdefizit liegt in ihr aber grundsätzlich nicht.

cc) Weiter geht die Verfassungsbeschwerde fehl, soweit sie die Frage, ob sich der Linksetzer den verlinkten Inhalt zu eigen mache, für nicht maßgeblich hält (vgl. BVerfGK 10, 153 <156 f.>). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen wird der Inhalt der durch einen Link in Bezug genommenen Internetseite nicht schon qua Verlinkung zum Teil der vom Presseorgan geäußerten eigenen Meinung.

dd) Schließlich bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Erwägung des Bundesgerichtshofs, gerade die Schwere des in Frage stehenden Verstoßes könne ein besonderes Informationsinteresse begründen. Entgegen der Darstellung in der Verfassungsbeschwerde behauptet der Bundesgerichtshof nicht, schon das durch die Schwere des Rechtsverstoßes ausgelöste Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertige ohne Weiteres die Linksetzung. Der Bundesgerichtshof wendet sich vielmehr umgekehrt gegen die Meinung der Vorinstanz, ein schwerer Urheberrechtsverstoß gebiete schon für sich ein Zurücktreten der Pressefreiheit.

Zutreffend nimmt der Bundesgerichtshof in seiner Abwägung zusätzlich in den Blick, dass die Linksetzung als solche den Eingriff in Urheberrechte nicht erheblich vertiefe, weil die Seite des Softwareherstellers auch über eine Suchmaschine problemlos gefunden werden könne.“

posted by Stadler at 21:19  

13.12.11

OLG Düsseldorf: Haftung für Embedded-Content

Das OLG Düseldorf hat mit Urteil vom 08.11.2011 (Az.: I-20 U 42/11) entschieden, dass im Falle von „Embedded Content“, anders als bei einfachen Hyperlinks, ein geschütztes Werk durch den Linksetzenden öffentlich zugänglich gemacht wird und mithin eine Urheberrechtsverletzung stattfindet bzw. die Lichtbildrechte des Fotografen verletzt werden.

Die Begründung des OLG Düseldorf hierfür lautet

Um die Bilder zu sehen, müssen die Internetnutzer zwangsläufig seine Webseite aufsuchen und zur Kenntnis nehmen. Trotz der Unentgeltlichkeit des Zugriffes ist das Betreiben der Webseite darauf ausgerichtet, die Aufmerksamkeit der kommerziellen Nutzer mit dem Zweck des Abschlusses von Lizenzverträgen zu gewinnen und die Attraktivität der Webseite für die Platzierung von Bannerwerbung zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund bedient sich der Linksetzende der Werke des Berechtigten, um eigene Inhalte oder die Website eines Dritten attraktiver zu gestalten

und sie überzeugt mich nicht, auch wenn das Ergebnis zutreffend ist. Für maßgeblich halte ich, dass das Werk – ohne Zustimmung des Urhebers – in einen neuen Kontext eingebettet wird und das Bild letztlich als integraler Bestandteil der Website desjenigen erscheint, der den Embedding-Link setzt. Tim-Berners-Lee – der „Erfinder“ des WWW – hat den Unterschied zwischen verweisendem Link und „Embedding-Link“ in einem älteren Beitrag herausgearbeitet, der deutlich macht, weshalb diese Differenzierung auch rechtliche Bedeutung hat.

Das OLG Düsseldorf hat außerdem entschieden, dass der Betreiber einer Blogplattform, der fremde Blogbeiträge veröffentlicht, nicht als Inhaltsanbeiter zu betrachten ist und es für ihn deshalb ausreichend ist, wenn er rechtsverletzenden Content auf Aufforderung hin löscht. Ein Anspruch gegen den Blogbetreiber, von vornherein durch technische Vorkehrungen die Möglichkeit zu unterbinden, Bilder in das Forum einzustellen, durch deren Veröffentlichung die Rechte Dritter verletzt werden, besteht nach Ansicht des OLG Düsseldorf nicht.

posted by Stadler at 10:56  

20.10.11

Störerhaftung von Google?

Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 16.08.2011 (Az.: 7 U 51/10) über die Frage entschieden, ob Google als Suchmaschinenbetreiber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, weil nach einer Google-Suche in der Trefferliste auf Webseiten verwiesen wird, die wiederum bestimmte Äußerungen über die Person des Klägers enthalten.

Obwohl das OLG Hamburg die Klage abgewiesen hat, wird das Urteil noch für Diskussionen sorgen, denn das OLG Hamburg hält eine Störerhaftung von Google nicht per se für ausgeschlossen.

In der Urteilsbegründung wird u.a. ausgeführt:

Dem Betreiber einer Suchmaschine zumutbar dürfte eine Prüfpflicht hinsichtlich der von der Suchmaschine aufgefundenen Internetseiten nur dann sein, wenn sie sich auf eine konkrete, formal erfassbare Verletzungsform bezieht; denn eine Suchmaschine sucht im Internet nach Eingabe des Suchbegriffs nicht nach gedanklichen Inhalten, sondern, ihrer Anlage als Maschine entsprechend, rein mechanisch nach Buchstaben- und Zeichenfolgen oder geometrischen Formen. Nur abstrakt beschriebene Inhalte kann sie in einem Internetauftritt nicht als Inhalte erkennen, wenn dessen Verfasser sie nicht offenbar, sondern verklausuliert oder in sonstiger Weise verborgen ausdrückt.

Das OLG hat die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze über die Störerhaftung bei der bloßen Mitwirkung an der Verbreitung von Äußerungen Dritter – u.a. aus der Schöner-Wetten-Entscheidung –  auf den Betrieb einer Suchmaschine übertragen und meint deshalb, dass in Bezug auf einen konkret bezeichneten Inhalt Unterlassungsansprüche gegeben sein können.

Ob man hierbei allerdings tatsächlich redaktionelle Links und Suchmaschinentreffer ohne weiteres vergleichen kann, erscheint mir eher zweifelhaft. Wegen der überragenden Bedeutung der Suchmaschinen für die Suche im Web und dem Umstand, dass sowohl die Indexierung als auch die Suche vollständig automatisiert ablaufen, erscheint es vielmehr naheliegend von einem grundsätzlichen Ausschluss der Haftung eines Suchmaschinenanbieters auszugehen.

posted by Stadler at 15:47  

11.4.11

BGH: Meinungsfreiheit für Links

Der Volltext der Entscheidung „Any-DVD“ (SlySoft), in der es um die Frage ging, ob im Rahmen einer redaktionellen Berichterstattung auf den Hersteller einer Software die Kopierschutz umgeht, verlinkt werden darf, liegt nunmehr vor. Ich hatte über das Verfahren bereits berichtet und auch vor Jahren einen Aufsatz zum Thema verfasst.

Der Leitsatz des BGH lautet:

Sind in einem im Internet veröffentlichten, seinem übrigen Inhalt nach dem Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit unterfallenden Beitrag elektronische Verweise (Links) auf fremde Internetseiten in der Weise eingebettet, dass sie einzelne Angaben des Beitrags belegen oder diese durch zusätzliche Informationen ergänzen  sollen, so werden auch diese Verweise von der Presse- und Meinungsfreiheit umfasst.

BGH, Urteil vom 14. Oktober 2010I ZR 191/08

posted by Stadler at 13:06  
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