Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.10.10

Filesharing: Beschwerderecht des Anschlussinhabers

Eine ganz aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln bietet zumindest in einigen Fällen des Filesharings eine neue Verteidigungsmöglichkeit.

Die Ermittlung des Anschlussinhabers erfolgt regelmäßig über eine richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG, durch die der Provider verpflichtet wird, zu einer IP-Adresse denjenigen Anschlussinhaber zu benennen, der zu einem bestimmten Zeitpunkt online war. Die meisten Verfahren dieser Art finden beim Landgericht Köln statt, das für Auskunftsverfahren gegen die Deutsche Telekom zuständig ist.

Das OLG Köln hat nunmehr mit Beschluss vom 05.10.2010 (Az.: 6 W 82/10) entschieden, dass gegen eine solche richterliche Anordnung (des LG Köln) ein Beschwerderecht zum Oberlandesgericht gegeben ist, das grundsätzlich auch nicht fristgebunden ist. Wenn also die Abmahnung kommt und sich der abmahnende Rechteinhaber auf eine richterliche Anordnung eines Landgerichts beruft, kann gegen diese Anordnung Beschwerde eingelegt werden.

Die Beschwerde kann sich nach Ansicht des OLG Köln allerdings nur darauf stützen, dass der Gläubiger nicht Rechteinhaber ist oder die Rechtsverletzung nicht offensichtlich war oder kein gewerbliches Ausmaß erreicht hat.

Das OLG Köln sieht zwar ein gewerbliches Ausmaß nach wie vor sehr schnell als erreicht an, hat aber im konkreten Fall dennoch festgestellt, dass die richterliche Anordnung des Landgerichts den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt. Das Oberlandesgericht geht nämlich davon aus, dass zumindest bei einem Musikalbum, das schon länger als 6 Monate auf dem Markt ist, nicht ohne weiteres mehr von einem gewerblichen Ausmaß auszugehen ist. Vielmehr muss der Rechteinhaber in solchen Fällen besondere Umstände darlegen können. Das OLG Köln hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

Diese Entscheidung wird in Zukunft möglicherweise dazu führen, dass im Hinblick auf die derzeit gängige Abmahnpraxis nur noch ganz aktuelle Alben bzw. Titel erfolgreich verfolgt werden können. Das Landgericht Köln wird bei seinen Anordnungen auch stärker darauf zu achten haben, dass der Antragsteller die Aktualität des Musikwerks darlegt.

posted by Stadler at 16:52  

19.10.10

Gefälschte Filesharing-Abmahnungen

Seit einigen Tagen kursieren wieder Fake-Abmahnungen, die vermeintlich vom Kollegen Giese aus Hamburg für die Videorama GmbH ausgesprochen werden. Es hat mich dann doch überrascht, dass auch mich heute auch eine solche Abmahnung erreicht hat, gerichtet an eine meiner E-Mail-Adressen.

Dass es sich um den Versuch eines Betrugs handelt, ist leicht an Formulierungen wie dieser zu erkennen:

„Um weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und anderen offiziellen Unannehmlichkeiten wie Hausdurchsuchungen, Gerichtsterminen aus dem Weg zu gehen, gestatten wir ihnen den Schadensersatzanspruch unseres Mandanten aussergerichtlich zu loesen.“

Noch origineller ist die Bezahlmethode. Die geforderten 100 EUR sollen nämlich per UKASH beglichen werden. Der richtige Rechtsanwalt Giese weist auf seiner Website auch schon darauf hin, dass er nicht Absender dieser Abmahnungen ist. Unter „rechtsanwalt-giese.info“ ist allerdings weiterhin eine Fake-Website online, die von den Tätern benutzt wird.

posted by Stadler at 08:18  

13.10.10

Filesharing: Informationen von Verbraucherzentralen nicht immer hilfreich

Die Verbaucherzentrale Brandenburg hat eine Pressemitteilung zu Filesharing-Abmahnungen herausgegeben, die wenig hilfreich ist und bei Betroffenen zu falschen Schlussfolgerungen führen kann.

Denn es wird der Eindruck erweckt, man könne sich erfolgreich auf § 97a Abs.2 UrhG berufen, der die Abmahnkosten auf EUR 100,- beschränkt. Auch wenn man diese Rechtsansicht durchaus vertreten kann – ich neige ihr in den Fällen sog.One-Song-Abmahnungen auch zu – sollte man gleichzeitig wissen, dass die überwiegende Mehrzahl der Gerichte eine Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG auf Filesharing-Fälle gerade ablehnt. Und genau das muss man den Betroffenen als Verbraucherzentrale auch deutlich sagen.

posted by Stadler at 08:00  

7.10.10

Drittunterwerfung beim Filesharing

Das Landgericht Düsseldorf hatte sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 29.09.2010, Az.: 12 O 51/10)  u.a. mit der Frage der sog. Drittunterwerfung in Fällen des Filesharing zu befassen. Der Verfügungsbeklagte war zweimal wegen der Zugänglichmachung desselben Samplers (Chart-Container), allerdings von unterschiedlichen Rechteinhabern wegen zwei verschiedener Musikstücke, abgemahnt worden. Nachdem er bereits dem ersten Rechteinhaber gegenüber eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, hat er sich bei der zweiten Abmahnung hierauf berufen.

Das Landgericht Düsseldorf ist dem nicht gefolgt, was nicht überraschend ist. Eine Berufung auf eine sog. Drittunterwerfung ist wohl nur dann diskutabel, wenn man sich wegen desselben Werks bereits unterworfen hat. Aber auch solche Abmahungen kommen derzeit gehäuft vor. Das Landgericht Düsseldorf hat, ohne nähere Begründung, unter Verweis auf den Komentar von Schricker angenommen, dass eine Berufung auf eine Drittunterwerfung nur dann in Frage kommt, wenn es um eine Rechtsverletzung in der Nutzerkette geht. Allerdings lässt das Gericht offen, ob die Frage anders zu beurteilen wäre, wenn sich der Beklagte gegenüber einem anderen Inhaber von Rechten an demselben Werk unterworfen hätte.

In solchen Fällen halte ich eine Berufung auf eine Drittunterwerfung für statthaft, weil damit die sog. Wiederholungsgefahr insoweit beseitigt wird, als eine erneute Verletzung von Rechten an diesem Werk wegen der abgegebenen Erklärung nicht mehr ernstlich droht.

posted by Stadler at 17:24  

5.10.10

Die Musikindustrie und das Milchmädchen

Telemedicus hat ein durchaus instruktives Interview mit Dr. Florian Drücke, dem Justitiar des Bundesverbands Musikindustrie zur Krise seiner Branche und den angeblich großen Umsatzeinbußen, die durch das Filesharing verursacht werden, geführt.

Die Musikbranche beglückt uns seit vielen Jahren mit den immergleichen Milchmädchenrechnungen. Das war bislang aber zumindest ausreichend, um die Politik von der vermeintlichen Notwendigkeit immer neuer urheberrechtlicher Sonderregelungen zugunsten der Musik- und Filmindustrie zu überzeugen.

Das Interview bei Telemedicus ruft mir eine kleine Diskussion ins Gedächtnis, die ich mit Herrn Drücke vor einigen Monaten auf dem LAWCamp in Frankfurt zum selben Thema geführt habe. Drücke hat, wie auch gegenüber Telemedicus, darauf hingewiesen, dass die Zahl der illegalen Downloads seit 2003 rückläufig sei, was er u.a. auf die konsequente Rechtedurchsetzung durch die Mitglieder des Verbandes zurückführt. Als Herr Drücke in Frankfurt gleichzeitig darauf hinwies, dass die Umsätze der Musikindustrie im gleichen Zeitraum weiterhin spürbar rückläufig waren, habe ich mir den Hinweis gestattet, dass ich seine Ausführungen für widersprüchlich halte.

Wenn das Filesharing tatsächlich maßgeblich für die Umsatzverluste der Musikindustrie verantwortlich wäre, dann müsste eine Eindämmung des Filesharings einen Umsatzzuwachs in der Musikbranche bewirken. Da dies aber, wenn man den Zeitraum seit 2003 betrachtet, ofensichtlich nicht der Fall war, kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass die Zusammenhänge andere sein müssen. Auf diesen Einwand hin, hat Drücke nur geantwortet, dass man das nicht so monokausal – scheint ein Lieblingswort von ihm zu sein – betrachten dürfe.

Einige unsortierte Thesen von mir zum Thema:

1. Die Musikindustrie verfolgt kein konsequentes Konzept der Verteidigung ihrer Rechte. Bei praktisch allen aktuellen Abmahnungen die sich gegen Filesharer richten, werden immer nur dieselben einzelnen Musiktitel abgemahnt, die in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf den immergleichen Samplern (Bravo Hits, The Dome, German Top 100) enthalten sind. Die massenhafte Abmahnung von nur einer Handvoll Einzeltiteln deckt nur ein kleines Spektrum ab und ist damit nicht geeignet, die Rechte in der Breite zu verteidigen.  Dieses Vorgehen hat lediglich zur Entstehung einer neuen Abmahnindustrie geführt, die der Musikbranche selbst insgesamt mehr schadet als nützt.

2. Wenn man nach den Gründen für den Umsatzeinbruch der Musikindustrie fragt, sollte man berücksichtigen, dass das Ende des CD-Booms Mitte der neunziger Jahre eher zufällig zeitlich mit dem Aufstieg des WWW einherging. Aus dieser zufälligen zeitlichen Koinzidenz sind falsche Schlussfolgerungen gezogen worden. Denn einer der Hauptgründe für den Ende der achtziger Jahre einsetzenden CD-Boom bestand darin, dass man einem kaufkräftigen Publikum die Platten die es schon auf Vinyl hatte erneut als CD verkauft hat. Nachdem irgendwann auch der Letzte seine Pink Floyd Alben nochmals auf CD erworben hatte, musste diese Entwicklung zwangsläufig ihr Ende finden. Die Musibranche hätte deshalb auch ohne das Internet Ende der neunziger Jahre einen erheblichen Umsatzeinbruch erlebt.

3. Der Musikindustrie ist es im Laufe der Zeit immer weniger gelungen, interessante neue Musik zu ihrem Publikum zu bringen. Ich höre in Gesprächen mit Menschen meiner Generation immer wieder die Aussage: „Ich würde ja neue Platten kaufen, aber es gibt keine guten neuen Bands mehr“.  Die Branche hat also ein Vermittlungsproblem.

4. Gerade bei Jugendlichen ist im Vergleich zu den achziger Jahren ein stark verändertes Konsumverhalten festzustellen. Dies führt dazu, dass einfach weniger Geld für Musik ausgegeben wird.

5. Die Musikindustrie hat das Filesharing selbst groß gemacht, weil sie es um die Jahrtausendwende herum verabsäumt hat, dem zahlungswilligen Kunden zu sagen, wohin er das Geld für seinen Download überweisen kann. Die Musikindustrie hat stattdessen jahrelang nur gejammert, bis Apple 2004 mit iTunes kam und aufgezeigt hat, wie man im Internet mit Musik Geld verdienen kann.

6. Der Rückgang der „illegalen Downloads“ seit 2004 ist nicht die Folge des Kampfs der Industrie gegen das Filesharing, sondern primär ein Resultat des Aufkommens von Online-Stores wie iTunes, bei denen man erstmals auch legal Musik downloaden konnte.

7. Musik ist im Internet immer noch zu teuer. Als iTunes mit seinem Preiskonzept von 99 Cent pro Song und 9,99 EUR pro Album an den Start ging, war das der Industrie zu wenig. Aber warum nicht sogar nur 49 Cent bzw. 4,99 EUR verlangen? Der Online-Vertrieb von Musik ist deutlich billiger als der Vertrieb von physikalischen Tonträgern, weshalb man Musik online deutlich günstiger anbieten könnte. Und die Musikindustrie würde sich wundern, wie eine derartige Preispolitik den Umsatz ankurbeln würde.

8. Die Musikindustrie, wie wir sie kennen, wird es in Zukunft zunehmend schwerer haben. Der Grund dafür ist nicht so sehr das Filesharing, als vielmehr der Umstand, dass der Künstler nicht mehr zwingend auf eine Plattenfirma als Mittler angewiesen ist, weil ihm das Internet ermöglicht, seine Musik selbst zu vertreiben.

9. Neue urheberrechtliche Regelungen, wie der zivilrechtliche Auskunftsanspruch gegen Provider oder das Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, die zugunsten der Musikindustrie geschaffen wurden, haben der Industrie nicht aus der Krise helfen können. Sie haben nur dazu geführt, dass künstlich neue Branchenzweige (Anti-Piracy-Unternehmen) entstehen konnten, die ihrerseits in rechtlich fragwürdiger Weise agieren. An dieser Stelle sind die negativen Auswüchse des Lobbyismus deutlich sichtbar, sie werden aber von der Politik noch ignoriert.

posted by Stadler at 22:31  

3.10.10

Filesharing: Haften Gastwirte für offenes W-LAN?

Wie gulli.com berichtet, stellt die Cafe-Kette Woyton ihren Service eines Internetzugangs für die Gäste über ein offenes W-LAN nunmehr ein. Der Grund: Die Cafe-Betreiber haben mehrfach Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch Gäste erhalten.

Die massenhaften Abmahnungen der Rechtsanwälte, Rasch, Waldorf, Kornmeier, Nümann & Lang u.a. treffen in der Tat nicht nur die Inhaber privater Internetzugänge, sondern immer wieder auch Gastwirte und Hoteliers, die ihren Gästen den Internetzugang als Service anbieten.

Die fragwürdige BGH-Entscheidung zur Haftung des Betreibers offener W-LANs ist aber auf diese Fälle nicht ohne weiteres zu übertragen. Es wäre vorschnell aus dieser Entscheidung auch eine (Störer-)Haftung von Gastwirten abzuleiten. Der BGH hat die Tür für eine abweichende Beurteilung dieser Fälle ausdrücklich offen gelassen und deutet an, dass er im Falle der Gefährdung eines legitimen Geschäftsmodells geneigt ist, anders zu entscheiden. Es wäre daher durchaus interessant, wenn die Thematik in dieser Konstellation oder auch mit der Frage der Störerhaftung für Mitbewohner oder Familienangehörige nochmals vor den BGH gebracht würde. Zumal dem I. Senat Gelegenheit gegeben werden sollte, seine dogmatisch falsche Entscheidung zu korrigieren.

posted by Stadler at 20:13  

29.9.10

Nervöse Abmahnanwälte

Der für die massenhafte Abmahnung von Filesharern bekannte Rechtsanwalt Peter Nümann (Kanzlei Nümann & Lang) geht nicht zum ersten Mal gegen eine ihm unliebsame Berichterstattung vor. Betroffen ist in diesem Fall ein Blogbeitrag des Kollegen Feil.

Seltsam daran ist, dass in dem beanstandeten Blogbeitrag die Kanzlei Nümann & Lang überhaupt nicht genannt wird. Nur unterhalb des Beitrags erscheint – deutlich abgesetzt – unter der Rubrik „Ähnliche Artikel“ ein Link auf einen anderen Blogeintrag mit dem Titel „Abmahnung Nümann & Lang“. Herr Nümann wird nun vermutlich damit argumentieren, dass dadurch eine Beziehung zu seiner Person hergestellt und der Eindruck erweckt wird, er würde solche sittenwidrigen Ratenzahlungsvereinbarungen abschließen, von denen im Beitrag des Kollegen Feil die Rede ist.

Nümann versucht mit diesem Vorgehen offenbar sein Geschäftsmodell zu verteidigen. Den „Streisand-Effekt“ hat er schließlich nicht zu befürchten, nachdem man nicht behaupten kann, seine Kanzlei hätte im Netz einen Ruf zu verlieren. Er ist aber nicht der einzige Abmahnanwalt, der sich in letzter Zeit etwas nervös gezeigt hat.

posted by Stadler at 20:49  

26.9.10

DigiProtect in UK: Wie die Filesharing-Erlöse verteilt werden

Das Blog TorrentFreak berichtet aktuell über ein geleaktes E-Mailarchiv der britischen Anwaltskanzlei ACS:Law aus dem sich auch Angaben über die Aufteilung der durch Filesharing-Abmahnungen erzielten Erlöse ergeben. Die Gewinne werden in Großbritannien durchgehend, nach unterschiedlichen Schlüsseln, prozentual zwischen der Anwaltskanzlei, dem Rechteinhaber und dem Anti-Piracy-Unternehmen, das den Verletzter ermittelt, aufgeteilt.

Interessant für Deutschland ist daran, dass auch das deutsche Unternehmen DigiProtect zu den Mandanten von ACS:Law gehört. Die Erlöse werden in diesem Fall so verteilt, dass DigiProtect 50 %, die Anwälte 37,5 % und das Monitoring-Unternehmen 12,5 % der erzielten Erlöse bekommen.

Das weist erstaunliche Parallelen zu der Praxis auf, die Rechtsanwalts Udo Kornmeier in einem Fax vom 19.03.2008 an einen britischen Kollegen der Kanzlei Davenport Lyons skizziert hatte. Rechtsanwalt Kornmeier erläutert seinem Kollegen aus London in diesem Telefax die finanzielle Seite der Vereinbarung mit DigiProtect. Das ganze Projekt sei, so erläutert Kornmeier in dem Fax vom 19.03.2008, aus der Sicht von DigiProtect eine Art “Joint Venture” aus dem die Anwaltskanzlei 37,5 % der Einnahmen erhält, wobei darin aber die Kosten/Gebühren für die Rechtsverfolgung enthalten sind, mithin also explizit auch die Anwaltskosten. Rechtsanwalt Kornmeier stellt in seinem Faxschreiben klar, dass dies in Deutschland so gehandhabt wird. Nach deutschem Recht ist eine solche Praxis freilich rechtswidrig.

Kornmeier vertritt DigiProtect übrigens mittlerweile kaum oder gar nicht mehr, die Vertretung erfolgt durch verschiedene andere Kanzleien.

posted by Stadler at 19:28  

22.9.10

„Ihre rechtliche Beurteilung geht fehl“

Die Korrespondenz mit Anwaltskollegen, die massenhaft Filesharer abmahnen, bietet immer wieder Anlass zur Erheiterung. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft schreibt mir gerade:

„Ihre rechtliche Beurteilung, dass Ihre Mandantschaft unserer Mandantschaft gegenüber nur zur Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung verpflichtet sei, geht fehl. (…) Gerichtsstand ist bekanntlich Hamburg“.

Ich könnte den Kollegen jetzt zum Beispiel folgendes schreiben:

„Ihre rechtliche Beurteilung, wonach zwingend die vorformulierte Unterlassungserklärung abgegeben werden muss, geht fehl. Gerne können wir auch vor dem Landgericht Hamburg über die Rechtswirksamkeit einer von mir formulierten Unterlassungserklärung streiten“.

Die Anwälte dieser Kanzlei sind natürlich auch schlauer als die bei Waldorf, Rasch, Nümann & Lang oder Kornmeier. Dort akzeptiert man meine Unterlassungserklärungen nämlich.

posted by Stadler at 10:28  

16.9.10

Kritische Anmerkung zur W-LAN-Entscheidung des BGH

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Computer und Recht (CR 2010, 592) ist eine Anmerkung von Gerald Spindler zur Entscheidung des BGH „Sommer unseres Lebens“ erschienen. Spindler, einer der bedeutendsten deutschen Rechtswissenschaftler, setzt sich in seinem Aufsatz äußerst kritisch mit der Rechtsprechung des I. Zivilsenats auseinander, die eine Haftung des Betreibers eines privaten W-LAN-Routers für Urheberrechtsverletzungen bejaht.

Spindler erachtet es zunächst als zweifelhaft, dass der BGH die IP-Adresse als ausreichenden Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Rechtsverletzung des Anschlussinhabers genügen lässt. Spindler weist insoweit u.a. auf einen Widerspruch in der Entscheidung hin, die er in den Ausführungen des BGH sieht, wonach die IP-Adresse bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person eines Nutzers gibt. Nicht ganz zu Unrecht fragt Spindler, wie diese Feststellung mit der Annahme einer Vermutung einer Rechtsverletzung durch den Anschlussinhaber vereinbar sein soll.

Spindler ist ferner der Auffassung, dass der Betreiber eines privaten W-LANs, ebenso wie ein kommerzieller Access-Provider, in den Genuss der Haftungsprivilegierung des § 8 TMG kommen muss. Eine Ansicht, die ich auch immer wieder vertreten habe, z.B. in dem Aufsatz „Der unfreiwillige Access-Provider – Haftung des Anschlussinhabers für Rechtsverletzungen über (offene) W- LANs, AnwZert ITR 09/2010, Anm. 3“ und in diesem Blog.

Völlig zu Recht weist Spindler zudem darauf hin, dass das eventuelle Eigeninteresse an einer Verschlüsselung des W-LAN nicht per se in eine Pflicht gegenüber Dritten umschlagen muss. Spindler stellt des weiteren auch die berechtigte Frage, warum solche Sicherungsmaßnahmen (Verschlüsselung eines W-LAN) überhaupt geeignet sein sollen, die Rechtsgüter Dritter (also die Urheberrechte der Rechteinhaber) zu schützen.

Wie in praktisch allen seinen Veröffentlichungen bietet Gerald Spindler, auch wenn man seine Ansicht nicht in jedem Punkt teilen muss, eine durchdachte und dogmatisch überzeugende Argumentation an.

posted by Stadler at 18:43  
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